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'''Günther Jansen''', * [[14. Juli]] [[1936]] in Eutin; Verwaltungsbeamter. Verheiratet mit [[Sabine Jansen]], zwei Kinder. Seit [[1957]] Mitglied der SPD<ref>''Der neue Landesvorsitzende der SPD, Günther Jansen'', ''Kieler Nachrichten'', 17.7.1975</ref>, von [[1975]] bis [[1987]] [[Landesvorsitzende/r|Landesvorsitzender]]. | |||
== | == Werdegang == | ||
Nach der mittleren Reife absolvierte Günther Jansen eine Verwaltungsausbildung mit dem Abschluss für den gehobenen Dienst. Bis [[1969]] war er als Amtmann bei der Kreisverwaltung [[Kreisverband Ostholstein|Eutin]] tätig, wo ihn sein Vorgesetzter [[Klaus Konrad]] für die Mitgliedschaft in der SPD warb.<ref name=":1">Emde, Constanze: ''[http://www.shz.de/lokales/ostholsteiner-anzeiger/ein-urgestein-der-spd-wird-80-guenther-jansen-id14269451.html Ein Urgestein der SPD wird 80: Günther Jansen]'', ''Ostholsteiner Anzeiger'', 14.7.2016</ref> [[1970]] wurde er hauptamtlicher Bürgermeister der Gemeinde [[Ortsverein Süsel|Süsel]] und setzte dort Akzente mit dem ersten kommunalen Altenparlament und dem ersten Jugendparlament in Schleswig-Holstein.<ref name=":2">''[http://web.archive.org/web/20141220194732/http://www.schleswig-holstein.de/ArchivSH/PI/STK/2004/040316_stk_jansen.html Ehrentitel "Professor" an Günther Jansen: Simonis würdigt Engagement für das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein]'', Presseinformation der Landesregierung, 16.3.2004, jetzt im Internet Archive, abgerufen 6.1.2016</ref> Die von ihm eingeführte Einwohnerfragestunde im Gemeinderat wurde von der Kommunalaufsicht mehrfach gerügt.<ref name=":1" /> | |||
[[1980]] wurde er als Nachfolger von [[Klaus Konrad]] in den Bundestag gewählt, [[1988]] Landesminister in Schleswig-Holstein. | |||
Bis März [[1981]] war er Mitglied im Verwaltungsrat des NDR, außerdem zeitweise Mitglied im Aufsichtsrat der Studio Hamburg GmbH und fast 40 Jahre lang stellvertretender Vorsitzender der [[Gustav-Heinemann-Bildungsstätte|Gesellschaft für Politik und Bildung e.V.]]. | |||
Nach seinem Rücktritt [[1993]] zog er sich zunächst aus der Öffentlichkeit zurück, wurde dann Verwaltungsleiter einer Klinik und engagierte sich wieder ehrenamtlich im Sozial- und Gesundheitsbereich.<ref name=":0" /> [[1997]] übernahm er den Vorsitz des Patienten-Ombudsvereins Schleswig-Holstein, [[2003]] den Vorsitz der Schiedsstelle des Landes für Angelegenheiten des Pflegeversicherungsgesetzes. Ab Juli [[2003]] war er Mitglied des Landes-Schiedsamtes für die vertragsärztliche Versorgung.<ref name=":2" /> | |||
[[2003]] legte er mit "viel Geschick und Hartnäckigkeit", wie [[Heide Simonis]] ihm bescheinigte, als Übergangsvorsitzender die Fundamente für die Integration der beiden Universitätskliniken Kiel und Lübeck zum Universitätsklinikum Schleswig-Holstein.<ref name=":2" /> | |||
== Parteiämter == | |||
Von [[1968]] bis [[1969]] war Günther Jansen Landesvorsitzender der [[Jusos]], ab [[1969]] stellvertretender Landesvorsitzender der [[Landesverband|SPD Schleswig-Holstein]]. Von [[1970]] - [[1975]] war er Vorsitzender der SPD im [[Kreisverband Ostholstein]]<ref>''Politik und Organisation'', SPD-Landesverband Schleswig-Holstein, Berichte zum Landesparteitag am 24. und 25. Februar 1973 in Eckernförde, Stadthalle</ref>. | |||
=== Landesvorsitzender === | |||
[[1975]] wurde Günther Jansen als Nachfolger von [[Jochen Steffen]] zum [[Landesvorsitzende/r|Landesvorsitzenden]] gewählt. Der SPIEGEL schrieb nach seiner Wahl: | |||
<blockquote>"Günther Jansen, 38 [...], Bürgermeister der ostholsteinischen Großgemeinde Süsel (4500 Einwohner), wurde am vorvergangenen Wochenende zum Vorsitzenden des SPD-Landesverbandes Schleswig-Holstein (40 000 Mitglieder) gewählt. Anders als sein Vorgänger Jochen Steffen [...] gilt Jansen als Pragmatiker. Er machte bisher lediglich als 'bienenfleißiger Parteiarbeiter' (so ein Kieler Funktionär) parteiintern und durch sein Süseler 'Amt für Bürgerhilfe' (Kindergartenplätze für alle Vierjährigen, Freizeitangebote und Betreuung für alle Rentner) in kommunalpolitisch begrenztem Kreis auf sich aufmerksam. Als Landeschef will der Verwaltungsbeamte (Oberamtmann) und ehemalige Juso-Landesvorsitzende (1967 bis 1969) Steffens Politik, 'die ich bisher als Jochens Stellvertreter mitgetragen und mitentwickelt habe", gleichwohl fortsetzen und 'nicht nur verwalten'. Steffen, der weiter als Beisitzer dem Landesvorstand und der Grundwertekommission des SPD-Bundesvorstandes angehört, soll ihm dabei helfen. Jansen loyal: 'Er bleibt für uns ein unentbehrliches Reservoir, was die theoretische Entwicklung und das Durchdenken sozialdemokratischer Politik betrifft.'"<ref>''[http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41484061.html Berufliches]'', DER SPIEGEL, 16.6.1975</ref></blockquote> | |||
Er selbst erinnerte sich [[1981]]: | |||
<blockquote>"Als ich [[1975]] die Nachfolge im Landesvorsitz antrat, waren viele Freunde vom [[Jochen Steffen|Jochen]] darüber enttäuscht, daß nun ein pragmatischer Kommunalpolitiker die SPD Schleswig-Holstein womöglich an die rechte Hand der Bundes-SPD zurückführen werde. Ein paar Jahre später formulierten meine kommunalpolitischen Freunde skeptische Anmerkungen über meinen angeblich zu linken Kurs. Dabei gab es für mich weder einen Nachlaß zu verwalten, noch einen Widerspruch zwischen politischem Pragmatismus und klarer Positionsbestimmung."<ref name=":0">''Kleine Schritte und großer Optimismus - Portrait des Landesvorsitzenden Günther Jansen'', in: WIR, 4/1981, Seite 6f.</ref></blockquote>Unter Jansens Leitung blieben die Nordlichter streitbar. [[Helmut Schmidt]] soll sich einmal beklagt haben, "Alle Welt applaudiere ihm, nur der 'Bürgermeister von Tütel' kritisiere ihn unentwegt".<ref name=":1" /> Die Presse bezeichnete ihn sogar als "Ayatolla von Süsel".<ref name=":0" /> | |||
Bereits Mitte der 70er Jahre erklärte die SPD Schleswig-Holsteins die [[Energiewende]] zum zentralen Ziel ihrer Politik. Der damalige Landesgeschäftsführer [[Rolf Selzer]] schreibt in seinen Erinnerungen: | |||
<blockquote>"Jansen trug "sein Bekenntnis 'Atomkraft - Nein Danke!' offen zu Schau. Er beteiligte sich in der ersten Reihe an Demonstrationen der Kernkraftgegner zum bevorstehenden Bau des Atommeilers in Brockdorf [sic!]. Der von CDU-Innenminister Dr. Dr. Uwe Barschel [1981] demonstrierten Stahlhelm- und Knüppelgewalt, seinen über Menschenmengen hinwegmahlenden Hubschraubern und den mit vergiftetem Wassern schießenden Wasserwerfern der Polizei setzte Jansen Widerstand durch persönliche Teilnahme entgegen. Er scheute auch nicht davor zurück, Strafanzeige gegen besonders eifrigen Polizeieinsatz zu erstatten. Nicht einmal dann, wenn einer der verantwortlichen Einsatzleister der Polizei ein Familienangehöriger gewesen ist."<ref>Selzer, Rolf: ''Stiernackige profilierte Dickschädel - Hintergründiges über SPD-Lichtgestalten aus der Provinz im Norden'', unveröffentlicht</ref></blockquote> | |||
[[1976]] wurde der Ausstieg aus der [[Atomkraft|Atomenergie]] Beschlusslage. Bald wurde auch der Ausbau der [[Windenergie]] propagiert und ab [[1988]] in der Regierungsverantwortung mit aller Kraft vorangetrieben. <blockquote>"Das Ziel, ohne Wenn und Aber aus der Atomenergie auszusteigen, und gleichzeitig die Umsetzung einer umweltfreundlichen neuen Energiepolitik bleibt die herausragende zukunftsweisende Leistung von Günter Jansen," sagte Landesvorsitzender [[Ralf Stegner]] [[2011]] anlässlich von dessen 75. Geburtstag.<ref name=":3">SPD Schleswig-Holstein: ''[https://www.spd-schleswig-holstein.de/archiv-1323/ SPD-Landesvorsitzender Ralf Stegner gratuliert Günther Jansen zum 75. Geburtstag]'', Presseinformation, 13.7.2011</ref></blockquote> | |||
[[1987]] trat Günther Jansen als Landesvorsitzender nicht wieder an. Er hinterließ, nach dem Urteil von [[Willy Brandt]], den bestorganisierten [[Landesverband]] der SPD in ganz Deutschland.<ref name=":1" /> | |||
== Bundestag == | |||
[[Datei:Freie Erde.jpg|thumb|left|200px|Artikel aus FREIE ERDE, 7.4.1987]]Von [[1980]] bis [[1988]] gehörte Günther Jansen dem Bundestag an, zunächst direkt gewählt für den Wahlkreis 9 (Ostholstein), dann über die Landesliste. Er legte sein Bundestagsmandat nieder, um Minister in Schleswig-Holstein zu werden. | |||
Als Bundestagsabgeordneter unterstützte er [[Björn Engholm]]s Politik der Kontakte mit der DDR. Im April [[1987]] fuhren die beiden mit einer Delegation von schleswig-holsteinischen Betriebsräten zu Gesprächen mit dem Zentralkomitee der SED nach Berlin. Die Delegation besuchte auch Neubrandenburg, worüber das örtliche SED-Organ FREIE ERDE ausgiebig berichtete. | |||
== Landesregierung == | |||
Nach der gewonnenen [[Landtagswahl 1988]] berief Ministerpräsident [[Björn Engholm]] Günther Jansen zum Minister für Soziales, Gesundheit und Energie. Nach der [[Landtagswahl 1992]] wurde sein Aufgabenbereich erweitert auf Arbeit und Soziales, Jugend, Gesundheit und Energie. Gleichzeitig wurde er Stellvertreter des Ministerpräsidenten. | |||
Nicht erst als Minister machte er sich für eine Politik für Menschen mit Behinderung stark. Als zuständiger Minister ist sein Name auch eng mit der [[Energiewende]] in Schleswig-Holstein verknüpft. | |||
Am [[23. März]] [[1993]] trat er wegen der sogenannten "Schubladenaffäre"<ref>Dachs, Gisela: ''[http://www.zeit.de/1993/13/saubermaenner-unter-waschzwang/komplettansicht Saubermänner unter Waschzwang]'', ''DIE ZEIT'', 26.3.1993</ref> zurück. Er hatte den Journalisten Rainer Pfeiffer, den Helfershelfer von Ministerpräsident Barschel bei dessen Schmutzkampagne gegen die SPD und ihren Spitzenkandidaten [[Björn Engholm]], nach seinem Sturz vertraulich mit einer fünfstelligen, in der Küchenschublade gesammelten Summe unterstützt. Interessierte interpretierten dies als "Bezahlung" für Dienste Pfeiffers. Damit wurde versucht, die "Barschel-Affäre" zu relativieren und die Verantwortung dafür auf die SPD auszudehnen. | |||
Bis heute widerlegt allerdings nichts Jansens Aussage, er habe nicht aus politischen, sondern aus rein persönlichen Gründen der Menschlichkeit gehandelt. Den mittlerweile verarmten und isolierten Pfeiffer betrachte er ein Stück weit als Opfer von Barschel. Dies würde zu dem Bild vom Verfechter der Humanität in der Politik und vom "Kümmerer"<ref name=":3" /> passen, das viele seiner Weggefährten auch außerhalb der Partei von ihm zeichnen. | |||
<blockquote>"Wer Jansen gut genug kennt, weiß, dass er sich nicht zu schade war, zum Beispiel für einen "Tippelbruder" persönlich die Wochenration an Lebensmitteln zu kaufen. Oder dass er der Gemeinde Süsel seine Bürgermeisterrente als Spende zurück überwiesen hat."<ref name=":1" /></blockquote> | |||
== Ehrungen == | |||
Für seine Zusammenarbeit mit den Vertriebenenverbänden und den Landsmannschaften wurde Günther Jansen [[1991]] mit der Fritz-Reuter-Medaille ausgezeichnet.<ref name=":2" /> | |||
Am [[16. März]] [[2004]] verlieh ihm Ministerpräsidentin [[Heide Simonis]] eine Ehrenprofessur des Landes Schleswig-Holstein. Dies geschah "In Anerkennung und in Würdigung seines außerordentlichen ehrenamtlichen Engagements im Sinne der Kultur einer Bürgergesellschaft und insbesondere seiner herausragenden Verdienste um das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein".<ref>[http://www.schleswig-holstein.de/DE/Fachinhalte/A/auszeichnungen/ehrenprofessur.html schleswig-holstein.de - Auszeichnungen: Ehrentitel "Professorin" oder "Professor"], abgerufen 6.1.2016. Das dort angegebene Jahr 2003 scheint ein Druckfehler zu sein; die zugehörige Presseinformation (vgl. "Quellen") erschien am Tag der Verleihung, dem 16.3.2004.</ref> | |||
Am [[14. Juli]] [[2011]] wollte ihm zu seinem 75. Geburtstag im Rahmen einer privaten Geburtstagsfeier von Amtsnachfolger [[Ralf Stegner]] der Ehrenvorsitz der SPD Schleswig-Holstein verleihen. Zuvor hatte der [[Landesvorstand]] einstimmig dieser besonderen Auszeichnung zugestimmt. Günther Jansen lehnte jedoch ab. Er wollte kein Amt mitsamt seinen Verpflichtungen übernehmen. | |||
== Stimmen == | |||
* "Günther Jansen [lebt] diese Kultur des ehrenamtlichen Engagements wirklich vorbildlich [...], unaufgeregt und selbstverständlich. Seit Jahrzehnten beweist er, wie viel ein Mensch bewegen kann, wenn er seine Kenntnisse und Fähigkeiten für Themen einsetzt, die ihm wichtig sind." [[Heide Simonis]] bei der Verleihung der Ehrenprofessur<ref name=":2" /> | |||
* "Viele sind überzeugt, dass Günther Jansen mit Abstand der bislang beste Sozialminister des Landes gewesen ist. Engagiert, sachkundig, durchsetzungsfähig im Amt, humorvoll, herzlich und fürsorglich im persönlichen Umgang."<ref name=":1" /> | |||
* "Jansens Stärke ist der ungebrochene Optimismus, daß Veränderungen zum Guten in den alltäglichen politischen Konflikten möglich sind, Bürokraten zur Menschlichkeit überredet werden können, Gerechtigkeit nur eine Frage der Zeit ist, in der die Mehrheit der Menschen nach den Gesetz der Logik und für Ihre Interessen zu handeln in der Lage sind. Daß in einer Welt, in der kommunalpolitische Vernunft - wie einst in Süsel - durch- setzbar ist, auch die großen Bedrohungen durch [[Friedenspolitik|Rüstung]] und [[Umweltpolitik|Umweltvernichtung]] am Ende von vernünftigen Menschen in den Griff zu bekommen sind."<ref name=":0" /> | |||
== Literatur == | |||
* Beier, Jürgen: ''Kleine Schritte und großer Optimismus - Portrait des Landesvorsitzenden Günther Jansen'', in: WIR, 4/1981, Seite 6f. | |||
== Links == | == Links == | ||
* [http://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnther_Jansen | *Landtagsinformationssystem: [http://lissh.lvn.parlanet.de/cgi-bin/starfinder/0?path=samtflmore.txt&id=fastlink&pass=&search=ID%3D2589&format=WEBVOLLLANG Günther Jansen] | ||
*Wikipedia: [http://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnther_Jansen Günther Jansen] | |||
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Aktuelle Version vom 7. Dezember 2022, 06:10 Uhr
Günther Jansen |
Günther Jansen, * 14. Juli 1936 in Eutin; Verwaltungsbeamter. Verheiratet mit Sabine Jansen, zwei Kinder. Seit 1957 Mitglied der SPD[1], von 1975 bis 1987 Landesvorsitzender.
Werdegang
Nach der mittleren Reife absolvierte Günther Jansen eine Verwaltungsausbildung mit dem Abschluss für den gehobenen Dienst. Bis 1969 war er als Amtmann bei der Kreisverwaltung Eutin tätig, wo ihn sein Vorgesetzter Klaus Konrad für die Mitgliedschaft in der SPD warb.[2] 1970 wurde er hauptamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Süsel und setzte dort Akzente mit dem ersten kommunalen Altenparlament und dem ersten Jugendparlament in Schleswig-Holstein.[3] Die von ihm eingeführte Einwohnerfragestunde im Gemeinderat wurde von der Kommunalaufsicht mehrfach gerügt.[2]
1980 wurde er als Nachfolger von Klaus Konrad in den Bundestag gewählt, 1988 Landesminister in Schleswig-Holstein.
Bis März 1981 war er Mitglied im Verwaltungsrat des NDR, außerdem zeitweise Mitglied im Aufsichtsrat der Studio Hamburg GmbH und fast 40 Jahre lang stellvertretender Vorsitzender der Gesellschaft für Politik und Bildung e.V..
Nach seinem Rücktritt 1993 zog er sich zunächst aus der Öffentlichkeit zurück, wurde dann Verwaltungsleiter einer Klinik und engagierte sich wieder ehrenamtlich im Sozial- und Gesundheitsbereich.[4] 1997 übernahm er den Vorsitz des Patienten-Ombudsvereins Schleswig-Holstein, 2003 den Vorsitz der Schiedsstelle des Landes für Angelegenheiten des Pflegeversicherungsgesetzes. Ab Juli 2003 war er Mitglied des Landes-Schiedsamtes für die vertragsärztliche Versorgung.[3]
2003 legte er mit "viel Geschick und Hartnäckigkeit", wie Heide Simonis ihm bescheinigte, als Übergangsvorsitzender die Fundamente für die Integration der beiden Universitätskliniken Kiel und Lübeck zum Universitätsklinikum Schleswig-Holstein.[3]
Parteiämter
Von 1968 bis 1969 war Günther Jansen Landesvorsitzender der Jusos, ab 1969 stellvertretender Landesvorsitzender der SPD Schleswig-Holstein. Von 1970 - 1975 war er Vorsitzender der SPD im Kreisverband Ostholstein[5].
Landesvorsitzender
1975 wurde Günther Jansen als Nachfolger von Jochen Steffen zum Landesvorsitzenden gewählt. Der SPIEGEL schrieb nach seiner Wahl:
"Günther Jansen, 38 [...], Bürgermeister der ostholsteinischen Großgemeinde Süsel (4500 Einwohner), wurde am vorvergangenen Wochenende zum Vorsitzenden des SPD-Landesverbandes Schleswig-Holstein (40 000 Mitglieder) gewählt. Anders als sein Vorgänger Jochen Steffen [...] gilt Jansen als Pragmatiker. Er machte bisher lediglich als 'bienenfleißiger Parteiarbeiter' (so ein Kieler Funktionär) parteiintern und durch sein Süseler 'Amt für Bürgerhilfe' (Kindergartenplätze für alle Vierjährigen, Freizeitangebote und Betreuung für alle Rentner) in kommunalpolitisch begrenztem Kreis auf sich aufmerksam. Als Landeschef will der Verwaltungsbeamte (Oberamtmann) und ehemalige Juso-Landesvorsitzende (1967 bis 1969) Steffens Politik, 'die ich bisher als Jochens Stellvertreter mitgetragen und mitentwickelt habe", gleichwohl fortsetzen und 'nicht nur verwalten'. Steffen, der weiter als Beisitzer dem Landesvorstand und der Grundwertekommission des SPD-Bundesvorstandes angehört, soll ihm dabei helfen. Jansen loyal: 'Er bleibt für uns ein unentbehrliches Reservoir, was die theoretische Entwicklung und das Durchdenken sozialdemokratischer Politik betrifft.'"[6]
Er selbst erinnerte sich 1981:
"Als ich 1975 die Nachfolge im Landesvorsitz antrat, waren viele Freunde vom Jochen darüber enttäuscht, daß nun ein pragmatischer Kommunalpolitiker die SPD Schleswig-Holstein womöglich an die rechte Hand der Bundes-SPD zurückführen werde. Ein paar Jahre später formulierten meine kommunalpolitischen Freunde skeptische Anmerkungen über meinen angeblich zu linken Kurs. Dabei gab es für mich weder einen Nachlaß zu verwalten, noch einen Widerspruch zwischen politischem Pragmatismus und klarer Positionsbestimmung."[4]
Unter Jansens Leitung blieben die Nordlichter streitbar. Helmut Schmidt soll sich einmal beklagt haben, "Alle Welt applaudiere ihm, nur der 'Bürgermeister von Tütel' kritisiere ihn unentwegt".[2] Die Presse bezeichnete ihn sogar als "Ayatolla von Süsel".[4]
Bereits Mitte der 70er Jahre erklärte die SPD Schleswig-Holsteins die Energiewende zum zentralen Ziel ihrer Politik. Der damalige Landesgeschäftsführer Rolf Selzer schreibt in seinen Erinnerungen:
"Jansen trug "sein Bekenntnis 'Atomkraft - Nein Danke!' offen zu Schau. Er beteiligte sich in der ersten Reihe an Demonstrationen der Kernkraftgegner zum bevorstehenden Bau des Atommeilers in Brockdorf [sic!]. Der von CDU-Innenminister Dr. Dr. Uwe Barschel [1981] demonstrierten Stahlhelm- und Knüppelgewalt, seinen über Menschenmengen hinwegmahlenden Hubschraubern und den mit vergiftetem Wassern schießenden Wasserwerfern der Polizei setzte Jansen Widerstand durch persönliche Teilnahme entgegen. Er scheute auch nicht davor zurück, Strafanzeige gegen besonders eifrigen Polizeieinsatz zu erstatten. Nicht einmal dann, wenn einer der verantwortlichen Einsatzleister der Polizei ein Familienangehöriger gewesen ist."[7]
1976 wurde der Ausstieg aus der Atomenergie Beschlusslage. Bald wurde auch der Ausbau der Windenergie propagiert und ab 1988 in der Regierungsverantwortung mit aller Kraft vorangetrieben.
"Das Ziel, ohne Wenn und Aber aus der Atomenergie auszusteigen, und gleichzeitig die Umsetzung einer umweltfreundlichen neuen Energiepolitik bleibt die herausragende zukunftsweisende Leistung von Günter Jansen," sagte Landesvorsitzender Ralf Stegner 2011 anlässlich von dessen 75. Geburtstag.[8]
1987 trat Günther Jansen als Landesvorsitzender nicht wieder an. Er hinterließ, nach dem Urteil von Willy Brandt, den bestorganisierten Landesverband der SPD in ganz Deutschland.[2]
Bundestag
Von 1980 bis 1988 gehörte Günther Jansen dem Bundestag an, zunächst direkt gewählt für den Wahlkreis 9 (Ostholstein), dann über die Landesliste. Er legte sein Bundestagsmandat nieder, um Minister in Schleswig-Holstein zu werden.
Als Bundestagsabgeordneter unterstützte er Björn Engholms Politik der Kontakte mit der DDR. Im April 1987 fuhren die beiden mit einer Delegation von schleswig-holsteinischen Betriebsräten zu Gesprächen mit dem Zentralkomitee der SED nach Berlin. Die Delegation besuchte auch Neubrandenburg, worüber das örtliche SED-Organ FREIE ERDE ausgiebig berichtete.
Landesregierung
Nach der gewonnenen Landtagswahl 1988 berief Ministerpräsident Björn Engholm Günther Jansen zum Minister für Soziales, Gesundheit und Energie. Nach der Landtagswahl 1992 wurde sein Aufgabenbereich erweitert auf Arbeit und Soziales, Jugend, Gesundheit und Energie. Gleichzeitig wurde er Stellvertreter des Ministerpräsidenten.
Nicht erst als Minister machte er sich für eine Politik für Menschen mit Behinderung stark. Als zuständiger Minister ist sein Name auch eng mit der Energiewende in Schleswig-Holstein verknüpft.
Am 23. März 1993 trat er wegen der sogenannten "Schubladenaffäre"[9] zurück. Er hatte den Journalisten Rainer Pfeiffer, den Helfershelfer von Ministerpräsident Barschel bei dessen Schmutzkampagne gegen die SPD und ihren Spitzenkandidaten Björn Engholm, nach seinem Sturz vertraulich mit einer fünfstelligen, in der Küchenschublade gesammelten Summe unterstützt. Interessierte interpretierten dies als "Bezahlung" für Dienste Pfeiffers. Damit wurde versucht, die "Barschel-Affäre" zu relativieren und die Verantwortung dafür auf die SPD auszudehnen.
Bis heute widerlegt allerdings nichts Jansens Aussage, er habe nicht aus politischen, sondern aus rein persönlichen Gründen der Menschlichkeit gehandelt. Den mittlerweile verarmten und isolierten Pfeiffer betrachte er ein Stück weit als Opfer von Barschel. Dies würde zu dem Bild vom Verfechter der Humanität in der Politik und vom "Kümmerer"[8] passen, das viele seiner Weggefährten auch außerhalb der Partei von ihm zeichnen.
"Wer Jansen gut genug kennt, weiß, dass er sich nicht zu schade war, zum Beispiel für einen "Tippelbruder" persönlich die Wochenration an Lebensmitteln zu kaufen. Oder dass er der Gemeinde Süsel seine Bürgermeisterrente als Spende zurück überwiesen hat."[2]
Ehrungen
Für seine Zusammenarbeit mit den Vertriebenenverbänden und den Landsmannschaften wurde Günther Jansen 1991 mit der Fritz-Reuter-Medaille ausgezeichnet.[3]
Am 16. März 2004 verlieh ihm Ministerpräsidentin Heide Simonis eine Ehrenprofessur des Landes Schleswig-Holstein. Dies geschah "In Anerkennung und in Würdigung seines außerordentlichen ehrenamtlichen Engagements im Sinne der Kultur einer Bürgergesellschaft und insbesondere seiner herausragenden Verdienste um das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein".[10]
Am 14. Juli 2011 wollte ihm zu seinem 75. Geburtstag im Rahmen einer privaten Geburtstagsfeier von Amtsnachfolger Ralf Stegner der Ehrenvorsitz der SPD Schleswig-Holstein verleihen. Zuvor hatte der Landesvorstand einstimmig dieser besonderen Auszeichnung zugestimmt. Günther Jansen lehnte jedoch ab. Er wollte kein Amt mitsamt seinen Verpflichtungen übernehmen.
Stimmen
- "Günther Jansen [lebt] diese Kultur des ehrenamtlichen Engagements wirklich vorbildlich [...], unaufgeregt und selbstverständlich. Seit Jahrzehnten beweist er, wie viel ein Mensch bewegen kann, wenn er seine Kenntnisse und Fähigkeiten für Themen einsetzt, die ihm wichtig sind." Heide Simonis bei der Verleihung der Ehrenprofessur[3]
- "Viele sind überzeugt, dass Günther Jansen mit Abstand der bislang beste Sozialminister des Landes gewesen ist. Engagiert, sachkundig, durchsetzungsfähig im Amt, humorvoll, herzlich und fürsorglich im persönlichen Umgang."[2]
- "Jansens Stärke ist der ungebrochene Optimismus, daß Veränderungen zum Guten in den alltäglichen politischen Konflikten möglich sind, Bürokraten zur Menschlichkeit überredet werden können, Gerechtigkeit nur eine Frage der Zeit ist, in der die Mehrheit der Menschen nach den Gesetz der Logik und für Ihre Interessen zu handeln in der Lage sind. Daß in einer Welt, in der kommunalpolitische Vernunft - wie einst in Süsel - durch- setzbar ist, auch die großen Bedrohungen durch Rüstung und Umweltvernichtung am Ende von vernünftigen Menschen in den Griff zu bekommen sind."[4]
Literatur
- Beier, Jürgen: Kleine Schritte und großer Optimismus - Portrait des Landesvorsitzenden Günther Jansen, in: WIR, 4/1981, Seite 6f.
Links
- Landtagsinformationssystem: Günther Jansen
- Wikipedia: Günther Jansen
Einzelnachweise
- ↑ Der neue Landesvorsitzende der SPD, Günther Jansen, Kieler Nachrichten, 17.7.1975
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 Emde, Constanze: Ein Urgestein der SPD wird 80: Günther Jansen, Ostholsteiner Anzeiger, 14.7.2016
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 Ehrentitel "Professor" an Günther Jansen: Simonis würdigt Engagement für das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Presseinformation der Landesregierung, 16.3.2004, jetzt im Internet Archive, abgerufen 6.1.2016
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 Kleine Schritte und großer Optimismus - Portrait des Landesvorsitzenden Günther Jansen, in: WIR, 4/1981, Seite 6f.
- ↑ Politik und Organisation, SPD-Landesverband Schleswig-Holstein, Berichte zum Landesparteitag am 24. und 25. Februar 1973 in Eckernförde, Stadthalle
- ↑ Berufliches, DER SPIEGEL, 16.6.1975
- ↑ Selzer, Rolf: Stiernackige profilierte Dickschädel - Hintergründiges über SPD-Lichtgestalten aus der Provinz im Norden, unveröffentlicht
- ↑ 8,0 8,1 SPD Schleswig-Holstein: SPD-Landesvorsitzender Ralf Stegner gratuliert Günther Jansen zum 75. Geburtstag, Presseinformation, 13.7.2011
- ↑ Dachs, Gisela: Saubermänner unter Waschzwang, DIE ZEIT, 26.3.1993
- ↑ schleswig-holstein.de - Auszeichnungen: Ehrentitel "Professorin" oder "Professor", abgerufen 6.1.2016. Das dort angegebene Jahr 2003 scheint ein Druckfehler zu sein; die zugehörige Presseinformation (vgl. "Quellen") erschien am Tag der Verleihung, dem 16.3.2004.
Landesvorsitzende: Heinrich Lienau (1891 - 1904) | E. Saalfeld (1905) | Friedrich Bartels (1906 - 1913) | Heinrich Kürbis (1913 - 1919) | Carl F. Alps (1919) | Rudolf Hackelberg (1919 - 1921) | Willy Verdieck (1921 - 1933) | Theodor Werner (1945 - 1946) | Wilhelm Kuklinski (1945 - 1947) | Heinrich Fischer (1947 - 1948) | Andreas Gayk (1948 - 1954) | Walter Damm (1955 - 1965) | Jochen Steffen (1965 - 1975) | Günther Jansen (1975 - 1987) | Gerd Walter (1987 - 1991) | Willi Piecyk (1991 - 1999) | Franz Thönnes (1999 - 2003) | Claus Möller (2003 - 2007) | Ralf Stegner (2007 - 2019) | Serpil Midyatli (Seit 2019)