Richard Vosgerau: Unterschied zwischen den Versionen
KKeine Bearbeitungszusammenfassung |
Skw (Diskussion | Beiträge) KKeine Bearbeitungszusammenfassung Markierung: 2017-Quelltext-Bearbeitung |
||
(5 dazwischenliegende Versionen von 2 Benutzern werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 33: | Zeile 33: | ||
Richard Vosgerau kam in Borby (heute Teil von [[Ortsverein Eckernförde|Eckernförde]]) zur Welt und wuchs zusammen mit vier Geschwistern in einem sozialdemokratisch geprägten Elternhaus auf. Er besuchte die Volksschule, machte in Kiel eine Bäckerlehre und absolvierte seinen Dienst bei der kaiserlichen Armee in der Provinz Posen. | Richard Vosgerau kam in Borby (heute Teil von [[Ortsverein Eckernförde|Eckernförde]]) zur Welt und wuchs zusammen mit vier Geschwistern in einem sozialdemokratisch geprägten Elternhaus auf. Er besuchte die Volksschule, machte in Kiel eine Bäckerlehre und absolvierte seinen Dienst bei der kaiserlichen Armee in der Provinz Posen. | ||
Nach seiner Entlassung arbeitete er ein Jahr lang in der Schmiede der Kaiserlichen Werft in Kiel. Politisiert durch den Gesamtstreik auf allen Werften des Kaiserreichs und dessen Folgen, trat er [[1911]] der Gewerkschaft (vermutlich dem Metallarbeiter-Verband) und der SPD bei. Nach der Rückkehr nach Eckernförde | Nach seiner Entlassung arbeitete er ein Jahr lang in der Schmiede der Kaiserlichen Werft in Kiel. Politisiert durch den Gesamtstreik auf allen Werften des Kaiserreichs und dessen Folgen, trat er [[1911]] der Gewerkschaft (vermutlich dem Metallarbeiter-Verband) und der SPD bei. Nach der Rückkehr nach Eckernförde [[1912]] heirateten er und Maria Soltau, die er während der Lehre in Kiel kennengelernt hatte. | ||
[[1921]] wurde Richard Vosgerau zum Gewerkschaftssekretär des [[ADGB]] Eckernförde gewählt. In dieser Rolle war er an vielen Streiks und Arbeitskämpfen beteiligt und erwarb sich Ansehen und Respekt als Arbeiterführer.<ref>Peters, Arne: ''[https://www.shz.de/2154861 Richard Vosgerau - ein Leben für die Sozialdemokratie]'', ''shz'', 3.5.2010</ref> Er engagierte sich in der Arbeiterkulturbewegung und wurde Geschäftsführer der Kreisbaugenossenschaft. | [[1921]] wurde Richard Vosgerau zum Gewerkschaftssekretär des [[ADGB]] Eckernförde gewählt. In dieser Rolle war er an vielen Streiks und Arbeitskämpfen beteiligt und erwarb sich Ansehen und Respekt als Arbeiterführer.<ref name=":0">Peters, Arne: ''[https://www.shz.de/2154861 Richard Vosgerau - ein Leben für die Sozialdemokratie]'', ''shz'', 3.5.2010</ref> Er engagierte sich in der Arbeiterkulturbewegung und wurde Geschäftsführer der Kreisbaugenossenschaft. | ||
==Partei & Politik== | |||
Bereits Richard Vosgeraus Vater [[Friedrich Vosgerau]] prägte die SPD in [[Ortsverein Eckernförde|Eckernförde]]: Nachdem das [[Sozialistengesetz|Sozialistengesetz]] nicht erneuert worden war, gehörte er am [[11. Oktober]] [[1891]] zu den Begründern des [[Arbeiterbildungsverein|Arbeiter-Bildungsvereins für Eckernförde, Borby und Umgebung]]. | |||
Im März [[1914]] wählte die [[Ortsverein Eckernförde|Eckernförder SPD]] Richard Vosgerau zum Vorsitzenden. | |||
Ab [[1929]] war er Gemeindevorsteher der noch (bis [[1933]]) selbstständigen Gemeinde Borby. In diesem Amt sorgte er für eine Verbesserung der Infrastruktur, verschaffte Arbeitslosen Arbeit, sorgte für günstigen Wohnraum und sanierte den Haushalt der Gemeinde.<ref name=":0" /> Er sorgte auch für Umbau und Erweiterung der Borbyer Schule.<ref>Richard-Vosgerau-Schule Eckernförde: ''[https://www.richard-vosgerau-schule.de/geschichte-der-rvs/ Kurzer Abriss der geschichtlichen Entwicklung]'', abgerufen 24.1.2024</ref> | |||
Anfang [[1933]] legte er aus Protest gegen die Machtübergabe an die Nazis seine Ämter nieder. | |||
===NS-Diktatur=== | ===NS-Diktatur=== | ||
Nach der Machtübergabe nahmen die Nazis ihn von April bis September [[1933]] in "Schutzhaft" in Schleswig und im Zuchthaus Rendsburg. Er sollte angeblich Gewerkschaftsvermögen unterschlagen haben - ein Vorwand der Nazis, um das Vermögen selbst einzukassieren. Er verlor | Nach der Machtübergabe nahmen die Nazis ihn von April bis September [[1933]] in "Schutzhaft" in Schleswig und im Zuchthaus Rendsburg. Er sollte angeblich Gewerkschaftsvermögen unterschlagen haben - ein Vorwand der Nazis, um das Vermögen selbst einzukassieren. Er verlor seine Arbeit und musste sich neu orientieren. Als Vertreter für Lebensversicherungen verdiente er ab [[1935]] seinen Lebensunterhalt.<ref name=":0" /> | ||
Seinen Einfluss und seine Widerstandskraft verlor er offenbar nicht: | |||
<blockquote>"Ihm wird vorgeworfen, weiterhin die Bürger von der Treue zum Nationalsozialismus abzuhalten. Als bei einem Besuch Adolf Hitlers in Eckernförde der Jubel der Arbeiter nur verhalten ausfällt, soll Vosgerau verschwinden: Die Gestapo bietet ihm an, nach Kiel zu ziehen, was Vosgerau auch macht."<ref name=":0" /></blockquote> | |||
Nach dem Attentat auf Hitler [[1944]] wurde Richard Vosgerau wie viele andere Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Rahmen der [[Aktion Gewitter]] von den Nazis verhaftet und in das Konzentrationslager Neuengamme verschleppt (Häftlingsnummer 43398<ref>[https://collections.arolsen-archives.org/de/search/person/3659840?s=Richard%20Vosgerau&t=1391&p=1 Arolsen Archives - Datensatz 3659840]</ref>). Von dort gelangte er mit einem Konvoi von ca. 7500 evakuierten KZ-Häftlingen auf die Schiffe [[Cap Arcona|CAP ARCONA]] und THIELBEK in der Neustädter Bucht. Er starb am [[3. Mai]] [[1945]], als die Schiffe Opfer eines irrtümlichen Fliegerangriffs der Briten wurden.<ref>Puvogel, Ulrike / Stankowski, Martin: ''[https://www.bpb.de/shop/buecher/einzelpublikationen/33973/gedenkstaetten-fuer-die-opfer-des-nationalsozialismus-band-i Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus, Band I]'' Bonn (1996)</ref> | |||
==Ehrungen== | |||
Seit dem [[27. Mai]] [[1948]] ist in [[Ortsverein Eckernförde|Eckernförde]] die Grundschule im Ortsteil Borby, Bergstraße 26, nach Richard Vosgerau benannt.<ref>Richard-Vosgerau-Schule Eckernförde: ''[https://www.richard-vosgerau-schule.de/geschichte-der-rvs/ Richard Vosgerau]'', abgerufen 24.1.2024</ref> | |||
==Literatur== | ==Literatur== | ||
*Green, Ulrich: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_22/Demokratische_Geschichte_Band_22_Essay_5.pdf Richard Vosgerau 1933-1945. Von Borby über Neuengamme bis zum Tod in der Neustädter Bucht]'', in: ''Demokratische Geschichte'' 22(2011), S. 143-166 | *Green, Ulrich: ''[http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_22/Demokratische_Geschichte_Band_22_Essay_5.pdf Richard Vosgerau 1933-1945. Von Borby über Neuengamme bis zum Tod in der Neustädter Bucht]'', in: ''Demokratische Geschichte'' 22(2011), S. 143-166 | ||
*Peters, Arne: ''[https://www.shz.de/2154861 Richard Vosgerau - ein Leben für die Sozialdemokratie]'', ''shz'', 3.5.2010 | *Peters, Arne: ''[https://www.shz.de/2154861 Richard Vosgerau - ein Leben für die Sozialdemokratie]'', ''shz'', 3.5.2010 | ||
*Schunck, Karl-Werner: ''Richard Vosgerau - ein politischer Lebensbericht'' in: [[Kurt Hamer|Hamer, Kurt]] / Schunck, Karl-Werner / Schwarz, Rolf (Hrsg.): ''Vergessen und verdrängt. Arbeiterbewegung und Nationalsozialismus in den Kreisen Rendsburg und Eckernförde. Eine andere Heimatgeschichte'' (Eckernförde 1984) | *[[Kalle Schunck|Schunck, Karl-Werner]]: ''Richard Vosgerau - ein politischer Lebensbericht'' in: [[Kurt Hamer|Hamer, Kurt]] / Schunck, Karl-Werner / Schwarz, Rolf (Hrsg.): ''Vergessen und verdrängt. Arbeiterbewegung und Nationalsozialismus in den Kreisen Rendsburg und Eckernförde. Eine andere Heimatgeschichte'' (Eckernförde 1984) | ||
== Einzelnachweise == | == Einzelnachweise == | ||
Zeile 62: | Zeile 69: | ||
[[Kategorie:Widerstand|Vosgerau, Richard]] | [[Kategorie:Widerstand|Vosgerau, Richard]] | ||
[[Kategorie:Stolperstein]] | [[Kategorie:Stolperstein]] | ||
[[Kategorie:USPD]] |
Aktuelle Version vom 24. Januar 2024, 15:06 Uhr
Richard Vosgerau |
Richard Georg Heinrich Vosgerau, * 28. Mai 1889 in Borby, † 3. Mai 1945 in der Neustädter Bucht; Bäcker, Gewerkschaftssekretär. Mitglied der SPD seit 1911.
Leben & Beruf
Richard Vosgerau kam in Borby (heute Teil von Eckernförde) zur Welt und wuchs zusammen mit vier Geschwistern in einem sozialdemokratisch geprägten Elternhaus auf. Er besuchte die Volksschule, machte in Kiel eine Bäckerlehre und absolvierte seinen Dienst bei der kaiserlichen Armee in der Provinz Posen.
Nach seiner Entlassung arbeitete er ein Jahr lang in der Schmiede der Kaiserlichen Werft in Kiel. Politisiert durch den Gesamtstreik auf allen Werften des Kaiserreichs und dessen Folgen, trat er 1911 der Gewerkschaft (vermutlich dem Metallarbeiter-Verband) und der SPD bei. Nach der Rückkehr nach Eckernförde 1912 heirateten er und Maria Soltau, die er während der Lehre in Kiel kennengelernt hatte.
1921 wurde Richard Vosgerau zum Gewerkschaftssekretär des ADGB Eckernförde gewählt. In dieser Rolle war er an vielen Streiks und Arbeitskämpfen beteiligt und erwarb sich Ansehen und Respekt als Arbeiterführer.[1] Er engagierte sich in der Arbeiterkulturbewegung und wurde Geschäftsführer der Kreisbaugenossenschaft.
Partei & Politik
Bereits Richard Vosgeraus Vater Friedrich Vosgerau prägte die SPD in Eckernförde: Nachdem das Sozialistengesetz nicht erneuert worden war, gehörte er am 11. Oktober 1891 zu den Begründern des Arbeiter-Bildungsvereins für Eckernförde, Borby und Umgebung.
Im März 1914 wählte die Eckernförder SPD Richard Vosgerau zum Vorsitzenden.
Ab 1929 war er Gemeindevorsteher der noch (bis 1933) selbstständigen Gemeinde Borby. In diesem Amt sorgte er für eine Verbesserung der Infrastruktur, verschaffte Arbeitslosen Arbeit, sorgte für günstigen Wohnraum und sanierte den Haushalt der Gemeinde.[1] Er sorgte auch für Umbau und Erweiterung der Borbyer Schule.[2]
Anfang 1933 legte er aus Protest gegen die Machtübergabe an die Nazis seine Ämter nieder.
NS-Diktatur
Nach der Machtübergabe nahmen die Nazis ihn von April bis September 1933 in "Schutzhaft" in Schleswig und im Zuchthaus Rendsburg. Er sollte angeblich Gewerkschaftsvermögen unterschlagen haben - ein Vorwand der Nazis, um das Vermögen selbst einzukassieren. Er verlor seine Arbeit und musste sich neu orientieren. Als Vertreter für Lebensversicherungen verdiente er ab 1935 seinen Lebensunterhalt.[1]
Seinen Einfluss und seine Widerstandskraft verlor er offenbar nicht:
"Ihm wird vorgeworfen, weiterhin die Bürger von der Treue zum Nationalsozialismus abzuhalten. Als bei einem Besuch Adolf Hitlers in Eckernförde der Jubel der Arbeiter nur verhalten ausfällt, soll Vosgerau verschwinden: Die Gestapo bietet ihm an, nach Kiel zu ziehen, was Vosgerau auch macht."[1]
Nach dem Attentat auf Hitler 1944 wurde Richard Vosgerau wie viele andere Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Rahmen der Aktion Gewitter von den Nazis verhaftet und in das Konzentrationslager Neuengamme verschleppt (Häftlingsnummer 43398[3]). Von dort gelangte er mit einem Konvoi von ca. 7500 evakuierten KZ-Häftlingen auf die Schiffe CAP ARCONA und THIELBEK in der Neustädter Bucht. Er starb am 3. Mai 1945, als die Schiffe Opfer eines irrtümlichen Fliegerangriffs der Briten wurden.[4]
Ehrungen
Seit dem 27. Mai 1948 ist in Eckernförde die Grundschule im Ortsteil Borby, Bergstraße 26, nach Richard Vosgerau benannt.[5]
Literatur
- Green, Ulrich: Richard Vosgerau 1933-1945. Von Borby über Neuengamme bis zum Tod in der Neustädter Bucht, in: Demokratische Geschichte 22(2011), S. 143-166
- Peters, Arne: Richard Vosgerau - ein Leben für die Sozialdemokratie, shz, 3.5.2010
- Schunck, Karl-Werner: Richard Vosgerau - ein politischer Lebensbericht in: Hamer, Kurt / Schunck, Karl-Werner / Schwarz, Rolf (Hrsg.): Vergessen und verdrängt. Arbeiterbewegung und Nationalsozialismus in den Kreisen Rendsburg und Eckernförde. Eine andere Heimatgeschichte (Eckernförde 1984)
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 Peters, Arne: Richard Vosgerau - ein Leben für die Sozialdemokratie, shz, 3.5.2010
- ↑ Richard-Vosgerau-Schule Eckernförde: Kurzer Abriss der geschichtlichen Entwicklung, abgerufen 24.1.2024
- ↑ Arolsen Archives - Datensatz 3659840
- ↑ Puvogel, Ulrike / Stankowski, Martin: Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus, Band I Bonn (1996)
- ↑ Richard-Vosgerau-Schule Eckernförde: Richard Vosgerau, abgerufen 24.1.2024