Ortsverein Wandsbek: Unterschied zwischen den Versionen

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Keine Bearbeitungszusammenfassung
K Textersetzung - „Ehem. Ortsverein“ durch „Ehemaliger Ortsverein“
 
(15 dazwischenliegende Versionen von 3 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
Der '''Distrikt Wandsbek''' war bis [[1933]] eine Gliederung des [[Bezirksverband Schleswig-Holstein|Bezirksverbandes Schleswig-Holstein]]. Er wurde [[1864]] als zweite [[ADAV]]-Gemeinde in Schleswig-Holstein gegründet.<ref>{{Osteroth-100-Jahre}}, Seite 8</ref>  
Der '''Distrikt Wandsbek''' war bis [[1933]] eine Gliederung im [[Bezirksverband Schleswig-Holstein]]. Er wurde [[1864]] als [[ADAV]]-Gemeinde gegründet.<ref name=":1">{{Osterroth-100-Jahre}}, Seite 8</ref> Seit [[1937]] gehört Wandsbek zu Hamburg.


Als 14-jähriges Schulkind erlebte der spätere SPD-Landesvorsitzende [[Walter Damm]] die [[Kieler Arbeiter- und Matrosenaufstand|Revolution]] von [[1918]] in Wandsbek: "In unserer Nachbarschaft wohnte eine große Anzahl organisierter Arbeiter, sie gehörten fast alle der gerade gegründeten [[USPD]] an. Wenn sie abends von der Arbeit nach Hause kamen, bildeten ihre Diskussion für uns Kinder einen interessanten Stoff zum Zuhören. Die Diskussionen gingen meistens um den Stand der Revolution und um die Frage, wie sich das Militär, nämlich die Husaren und Dragoner, in Wandsbek verhalten würde. [..] Wir sahen schon Matrosen mit ihren roten Bändern um ihre Mützen, die von Kiel gekommen waren, sahen aber auch eine Anzahl von Bekannten, von denen man lange nichts mehr gehört hatte, die sich irgendwo als Deserteure versteckt aufhielten und nun wieder auftauchten, um sich in den Revolutionsablauf einzuschalten. Man erzählte von Kiel, davon, daß auf dem Hamburger Hauptbahnhof sich sog. [[Arbeiter- und Soldatenrat|Arbeiter- und Soldatenräte]] versammelten, von den Verhandlungen mit den beiden Kavallerieregimentern. Zu ernsthafteren Auseinandersetzungen kam es in Wandsbek jedoch nicht, denn beide Kavallerieregimenter zogen bald mit Pferd und Wagen ab und sollen sich alsbald aufgelöst haben. In jenen Diskussionen fielen auch sehr oft anerkennende Bemerkungen über [[Gustav Noske|Noske]], der in Kiel die Dinge zu lenken und zu leiten versuchte, ebenso über [[Karl Liebknecht]] und [[Rosa Luxemburg]], von denen ich hier zum ersten Mal hörte."<ref>Krohn, Claus-Dieter (Hrsg.): ''Walter Damm. Arbeiter, Landrat und Flüchtlingsminister in Schleswig-Holstein'' (Bonn 1978)</ref>
==Kaiserreich==
Zunächst galt Wandsbek nach preußischem Kommunalrecht als "Flecken" - eine Zwischengröße zwischen Dorf und Stadt.<ref>Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte: [https://geschichte-s-h.de/sh-von-a-bis-z/f/flecken/ ''Flecken''], in: ''Schleswig-Holstein A-Z'', abgerufen 18.12.2021</ref> Doch mit der Industrialisierung kamen immer mehr Arbeiterinnen und Arbeiter, [[1865]] erhielt der Flecken seinen ersten Bahnhof auf der Strecke zwischen Hamburg und [[Kreisverband Lübeck|Lübeck]]. Handel, Gewerbe und Industrie wuchsen.


Durch die vielen Übertritte der Arbeiter zur [[USPD]], später zur [[Übersicht der Parteien der Arbeiterbewegung|KPD]], war die Lage für die SPD in Wandsbek nach dem Ersten Weltkrieg schwierig. [[Walter Damm]] berichtet, der Ort sei eingeteilt gewesen in Hellbrook, Bramfeld und die Siedlung "Am Stühm". In dem Baugebiet "Am Stühm" sah die SPD ihre Chance, ihre Organisation neu aufzubauen. Auch Walter Damm selbst trat [[1926]] in die SPD ein. Zwei Jahre später wurde er Gemeindevertreter in Bramfeld.<ref>Krohn, Claus-Dieter (Hrsg.): ''Walter Damm. Arbeiter, Landrat und Flüchtlingsminister in Schleswig-Holstein'' (Bonn 1978)</ref>
[[1870]] erreichte Wandsbek die 10&nbsp;000 Einwohner und erhielt das Stadtrecht. Durch Eingemeindungen stieg die Einwohnerzahl weiter, bis [[1901]] auf über 27&nbsp;000. Damit war Wandsbek nach damaligem Verständnis Großstadt und wurde zur kreisfreien Stadt erklärt. Zunächst blieb es jedoch Sitz der Kreisverwaltung des [[Kreisverband Stormarn|Kreises Stormarn]]. [[1908]] hatte Wandsbek 33&nbsp;706 Einwohner.


[[1933]] wurde die SPD von den Nazis verboten. [[1937]] wurde die selbstständige Stadt Wandsbek als Stadtteil der Hansestadt Hamburg eingegliedert, so dass die Wiedergründung nach der NS-Zeit im Bezirksverband Hamburg erfolgte. "[[Distrikt]]" hießen die Ortsvereine damals noch - in Hamburg [[Organisationsaufbau der SPD|heißen sie noch heute so]].
Mit den Arbeiterinnen und Arbeitern kam die Arbeiterbewegung. Bereits [[1864]] - wohl im Oktober - entstand in Wandsbek die zweite [[ADAV]]-Gemeinde in Schleswig-Holstein. Zur zweiten Sitzung am [[6. November]] erschienen schon 50 Mitglieder.<ref name=":1" /> [[1869]] hatte der ADAV in Wandsbek 137 Mitglieder.<ref>[https://fes.imageware.de/fes/web/index.html?open=SC05117&page=2 ''Social-Demokrat'' - Tagesausgabe], 6.10.1869</ref>
 
[[1875]] beteiligten sich hier erstmals Sozialdemokraten an Kommunalwahlen.<ref name=":0">{{Osterroth-100-Jahre}}, Seite 45</ref>
 
Ab [[1878]] verbot das [[Sozialistengesetz]] Sozialdemokraten politische Betätigung. [[1880]] verhängte der Staat über Hamburg, [[Ortsverein Altona|Altona]], Wandsbek und [[Ortsverein Altona|Ottensen]] auf der Basis des [[Sozialistengesetz|Sozialistengesetzes]] den ''Kleinen Belagerungszustand''. Dadurch konnten Sozialdemokraten aus dieser Region ausgewiesen werden. [[1890]] lief das [[Sozialistengesetz]] aus.
 
[[1909]] fand in Wandsbek ein [[Bezirksparteitag 1909, Wandsbek|Bezirksparteitag]] statt.
 
==Weimarer Republik==
Als 14-jähriges Schulkind erlebte der spätere [[Landesvorsitzende/r|Landesvorsitzende]] [[Walter Damm]] die [[Kieler Arbeiter- und Matrosenaufstand|Revolution]] von [[1918]] in Wandsbek:
<blockquote>"In unserer Nachbarschaft wohnte eine große Anzahl organisierter Arbeiter, sie gehörten fast alle der gerade gegründeten [[USPD]] an. Wenn sie abends von der Arbeit nach Hause kamen, bildeten ihre Diskussion für uns Kinder einen interessanten Stoff zum Zuhören. Die Diskussionen gingen meistens um den Stand der Revolution und um die Frage, wie sich das Militär, nämlich die Husaren und Dragoner, in Wandsbek verhalten würde. [..] Wir sahen schon Matrosen mit ihren roten Bändern um ihre Mützen, die von Kiel gekommen waren, sahen aber auch eine Anzahl von Bekannten, von denen man lange nichts mehr gehört hatte, die sich irgendwo als Deserteure versteckt aufhielten und nun wieder auftauchten, um sich in den Revolutionsablauf einzuschalten. Man erzählte von Kiel, davon, daß auf dem Hamburger Hauptbahnhof sich sog. [[Arbeiter- und Soldatenrat|Arbeiter- und Soldatenräte]] versammelten, von den Verhandlungen mit den beiden Kavallerieregimentern. Zu ernsthafteren Auseinandersetzungen kam es in Wandsbek jedoch nicht, denn beide Kavallerieregimenter zogen bald mit Pferd und Wagen ab und sollen sich alsbald aufgelöst haben. In jenen Diskussionen fielen auch sehr oft anerkennende Bemerkungen über [[Gustav Noske|Noske]], der in Kiel die Dinge zu lenken und zu leiten versuchte, ebenso über [[Karl Liebknecht]] und [[Rosa Luxemburg]], von denen ich hier zum ersten Mal hörte."<ref name=":2">Krohn, Claus-Dieter (Hrsg.): ''Walter Damm. Arbeiter, Landrat und Flüchtlingsminister in Schleswig-Holstein'' (Bonn 1978), S. ?</ref></blockquote>
Durch die vielen Übertritte von Arbeitern zur [[USPD]], später zur [[Übersicht der Parteien der Arbeiterbewegung|KPD]], war die Lage für die SPD in Wandsbek nach dem Ersten Weltkrieg schwierig. [[Walter Damm]] berichtet, der Ort sei unterteilt gewesen in Hellbrook, Bramfeld und die Siedlung "Am Stühm". Im Baugebiet "Am Stühm" sah die SPD ihre Chance, ihre Organisation neu aufzubauen. Auch [[Walter Damm]] trat [[1926]] in die SPD ein. Zwei Jahre später wurde er Gemeindevertreter in Bramfeld.<ref name=":2" />
 
Am [[12. Januar]] [[1931]] wurde [[Max Schmidt]], zu dieser Zeit Parteisekretär in Wandsbek, bei einer Saalschlacht ernstlich verletzt<ref>{{Osterroth-100-Jahre}}, Seite 99</ref>, vermutlich in Wandsbek, möglicherweise aber auch an einem anderen Ort. Es war nicht unüblich, dass das [[Reichsbanner]], in dem [[Max Schmidt]] eine leitende Funktion hatte, zum Schutz von Veranstaltungen auch in weiter entfernten Orten eingesetzt wurde.
 
[[1932]] war [[Heinrich Wichelmann]] Vorsitzender.<ref>So das ''[[Hamburger Echo]]'', 26.3.1932. Laut {{Wikipedia|NAME=Heinrich Wichelmann}}, abgerufen 27.2.2024, war er Stellvertreter.</ref>
 
[[1937]] gliederten die Nazis durch das Groß-Hamburg-Gesetz die selbstständige Stadt Wandsbek als Stadtteil in die Hansestadt Hamburg ein, so dass die Wiedergründung der SPD nach der NS-Herrschaft im Bezirksverband Hamburg erfolgte. Dort erhielt sich die Bezeichnung "[[Distrikt]]" für die Ortsvereine [[Organisationsaufbau der SPD|bis heute]].
 
== Literatur ==
* Fladhammer, Christa: ''SPD Wandsbek 1863 - 1950. Vom preußischen Ortsverein zum größten Kreis der SPD Landesorganisation Hamburg'', (1988)


==Links==
==Links==
*Homepage: [http://www.spd-wandsbek.de/ spd-wandsbek.de]
*Homepage: [http://www.spd-wandsbek.de/ spd-wandsbek.de]


==Quellen==
==Einzelnachweise==
<references />
<references />


[[Kategorie:Ehem. Ortsverein|Wandsbek]]
[[Kategorie:Ehemaliger Ortsverein|Wandsbek]]
[[Kategorie:Ehemaliger Ortsverein im heutigen Hamburg|Wandsbek]]

Aktuelle Version vom 20. November 2024, 21:27 Uhr

Der Distrikt Wandsbek war bis 1933 eine Gliederung im Bezirksverband Schleswig-Holstein. Er wurde 1864 als ADAV-Gemeinde gegründet.[1] Seit 1937 gehört Wandsbek zu Hamburg.

Kaiserreich

Zunächst galt Wandsbek nach preußischem Kommunalrecht als "Flecken" - eine Zwischengröße zwischen Dorf und Stadt.[2] Doch mit der Industrialisierung kamen immer mehr Arbeiterinnen und Arbeiter, 1865 erhielt der Flecken seinen ersten Bahnhof auf der Strecke zwischen Hamburg und Lübeck. Handel, Gewerbe und Industrie wuchsen.

1870 erreichte Wandsbek die 10 000 Einwohner und erhielt das Stadtrecht. Durch Eingemeindungen stieg die Einwohnerzahl weiter, bis 1901 auf über 27 000. Damit war Wandsbek nach damaligem Verständnis Großstadt und wurde zur kreisfreien Stadt erklärt. Zunächst blieb es jedoch Sitz der Kreisverwaltung des Kreises Stormarn. 1908 hatte Wandsbek 33 706 Einwohner.

Mit den Arbeiterinnen und Arbeitern kam die Arbeiterbewegung. Bereits 1864 - wohl im Oktober - entstand in Wandsbek die zweite ADAV-Gemeinde in Schleswig-Holstein. Zur zweiten Sitzung am 6. November erschienen schon 50 Mitglieder.[1] 1869 hatte der ADAV in Wandsbek 137 Mitglieder.[3]

1875 beteiligten sich hier erstmals Sozialdemokraten an Kommunalwahlen.[4]

Ab 1878 verbot das Sozialistengesetz Sozialdemokraten politische Betätigung. 1880 verhängte der Staat über Hamburg, Altona, Wandsbek und Ottensen auf der Basis des Sozialistengesetzes den Kleinen Belagerungszustand. Dadurch konnten Sozialdemokraten aus dieser Region ausgewiesen werden. 1890 lief das Sozialistengesetz aus.

1909 fand in Wandsbek ein Bezirksparteitag statt.

Weimarer Republik

Als 14-jähriges Schulkind erlebte der spätere Landesvorsitzende Walter Damm die Revolution von 1918 in Wandsbek:

"In unserer Nachbarschaft wohnte eine große Anzahl organisierter Arbeiter, sie gehörten fast alle der gerade gegründeten USPD an. Wenn sie abends von der Arbeit nach Hause kamen, bildeten ihre Diskussion für uns Kinder einen interessanten Stoff zum Zuhören. Die Diskussionen gingen meistens um den Stand der Revolution und um die Frage, wie sich das Militär, nämlich die Husaren und Dragoner, in Wandsbek verhalten würde. [..] Wir sahen schon Matrosen mit ihren roten Bändern um ihre Mützen, die von Kiel gekommen waren, sahen aber auch eine Anzahl von Bekannten, von denen man lange nichts mehr gehört hatte, die sich irgendwo als Deserteure versteckt aufhielten und nun wieder auftauchten, um sich in den Revolutionsablauf einzuschalten. Man erzählte von Kiel, davon, daß auf dem Hamburger Hauptbahnhof sich sog. Arbeiter- und Soldatenräte versammelten, von den Verhandlungen mit den beiden Kavallerieregimentern. Zu ernsthafteren Auseinandersetzungen kam es in Wandsbek jedoch nicht, denn beide Kavallerieregimenter zogen bald mit Pferd und Wagen ab und sollen sich alsbald aufgelöst haben. In jenen Diskussionen fielen auch sehr oft anerkennende Bemerkungen über Noske, der in Kiel die Dinge zu lenken und zu leiten versuchte, ebenso über Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, von denen ich hier zum ersten Mal hörte."[5]

Durch die vielen Übertritte von Arbeitern zur USPD, später zur KPD, war die Lage für die SPD in Wandsbek nach dem Ersten Weltkrieg schwierig. Walter Damm berichtet, der Ort sei unterteilt gewesen in Hellbrook, Bramfeld und die Siedlung "Am Stühm". Im Baugebiet "Am Stühm" sah die SPD ihre Chance, ihre Organisation neu aufzubauen. Auch Walter Damm trat 1926 in die SPD ein. Zwei Jahre später wurde er Gemeindevertreter in Bramfeld.[5]

Am 12. Januar 1931 wurde Max Schmidt, zu dieser Zeit Parteisekretär in Wandsbek, bei einer Saalschlacht ernstlich verletzt[6], vermutlich in Wandsbek, möglicherweise aber auch an einem anderen Ort. Es war nicht unüblich, dass das Reichsbanner, in dem Max Schmidt eine leitende Funktion hatte, zum Schutz von Veranstaltungen auch in weiter entfernten Orten eingesetzt wurde.

1932 war Heinrich Wichelmann Vorsitzender.[7]

1937 gliederten die Nazis durch das Groß-Hamburg-Gesetz die selbstständige Stadt Wandsbek als Stadtteil in die Hansestadt Hamburg ein, so dass die Wiedergründung der SPD nach der NS-Herrschaft im Bezirksverband Hamburg erfolgte. Dort erhielt sich die Bezeichnung "Distrikt" für die Ortsvereine bis heute.

Literatur

  • Fladhammer, Christa: SPD Wandsbek 1863 - 1950. Vom preußischen Ortsverein zum größten Kreis der SPD Landesorganisation Hamburg, (1988)

Links

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 8
  2. Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte: Flecken, in: Schleswig-Holstein A-Z, abgerufen 18.12.2021
  3. Social-Demokrat - Tagesausgabe, 6.10.1869
  4. Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 45
  5. 5,0 5,1 Krohn, Claus-Dieter (Hrsg.): Walter Damm. Arbeiter, Landrat und Flüchtlingsminister in Schleswig-Holstein (Bonn 1978), S. ?
  6. Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 99
  7. So das Hamburger Echo, 26.3.1932. Laut Wikipedia: Heinrich Wichelmann, abgerufen 27.2.2024, war er Stellvertreter.