Kreisverband Kiel: Unterschied zwischen den Versionen
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== Wiederaufbau == | == Wiederaufbau == | ||
Bereits seit Januar [[1945]] trafen sich alte Mitglieder in so genannten "[[Stubenzirkel|Stubenzirkeln]]", um die Wiedergründung der Partei vorzubereiten. Mit dabei waren unter anderen [[Wilhelm Kuklinski]], [[Otto Engel]] und [[Albert Witte]]. Nachdem am [[5. Mai]] britische Truppen die Stadt erreichten und | Bereits seit Januar [[1945]] trafen sich alte Mitglieder in so genannten "[[Stubenzirkel|Stubenzirkeln]]", um die Wiedergründung der Partei vorzubereiten. Mit dabei waren unter anderen [[Wilhelm Kuklinski]], [[Otto Engel]] und [[Albert Witte]]. Nachdem am [[5. Mai]] britische Truppen die Stadt erreichten und der Krieg für Kiel beendet war, gründeten die Kieler Genossinnen und Genossen wie vielerorts im Land einen Gewerkschaftsausschuss - eine "[[Antifa]]" - mit Gewerkschaftern und Kommunisten und besetzten das [[Gewerkschaftshaus Kiel|Gewerkschaftshaus]].<ref>Martens, Holger: ''SPD in Schleswig-Holstein 1945-1959'' (Malente 1998), S. 33</ref> Zur Antifa gehörten auch die früheren SPD-Funktionäre [[Bruno Diekmann]], [[Theodor Werner]] und [[Karl Ratz]] - weitere Führungspersonen aus der Zeit vor [[1933]] standen allerdings noch nicht zur Verfügung. So gab es keine offensichtlichen Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters. [[Gertrud Völcker]] schlug den Marinerichter [[Otto Tschadek]] vor. Der hatte beim Wiederaufbau der SPD in Kiel mitgewirkt, ging jedoch bald zurück, um in seiner Heimat Wien Politik zu machen. So war er nur für knapp einen Monat eingesetzter Oberbürgermeister von Kiel. | ||
Otto Tschadek | Otto Tschadek gehörte zu den Gegnern einer Einheitspartei aus SPD und Kommunisten, die zu dieser Zeit als Idee kursierte. Er kritisierte vor allem das Demokratieverständnis der Kommunisten: "Die Demokratie ist nicht nur ein taktisches Mittel, um zum Sozialismus zu gelangen, sie ist Teil des Zieles, für das wir kämpfen."<ref>Martens, Holger: ''SPD in Schleswig-Holstein 1945-1959'' (Malente 1998), S. 37</ref> Diese Haltung teilte er mit [[Andreas Gayk]] und [[Kurt Schumacher]], der von Hannover aus die Führung der Partei in den Westzonen übernahm. Über ihn berichtete [[Otto Engel]], er habe bei einem Besuch bei [[Karl Ratz]] in Kiel gesagt: "In den Betrieben kann mit Kommunisten nicht lange gefackelt werden, es muß im rechten Augenblick ein Schraubenschlüssel geflogen kommen."<ref>SPD-Kreisverband Kiel (Hrsg.): ''Sozialdemokratie'', S. 21</ref> | ||
Führende Kieler Genossen hatten zunächst Möglichkeiten ausgelotet, die als schädlich empfundene Spaltung der Arbeiterbewegung durch Bildung einer Einheitsfront oder sogar - wie in der sowjetischen Zone geplant - durch eine Einheitspartei zu beenden. Sie hatten Gespräche mit kommunistischen Funktionären geführt, einige davon ehemalige Sozialdemokraten, und sogar eine [[Erklärung von Sozialdemokraten und Kommunisten Kiels vom 1. Sept. 1945|gemeinsame Erklärung mit den Kommunisten]] veröffentlicht. Diesen Bestrebungen setzte schon im nächsten Monat der Einfluss von Schumacher und Gayk, vielleicht auch das gegenseitige Misstrauen, das aus den [[Erklärung von Sozialdemokraten und Kommunisten Kiels vom 1. Sept. 1945#Vorgeschichte|Aufzeichnungen über den Verlauf der Gespräche]] deutlich wird, ein Ende. | Führende Kieler Genossen hatten zunächst Möglichkeiten ausgelotet, die als schädlich empfundene Spaltung der Arbeiterbewegung durch Bildung einer Einheitsfront oder sogar - wie in der sowjetischen Zone geplant - durch eine Einheitspartei zu beenden. Sie hatten Gespräche mit kommunistischen Funktionären geführt, einige davon ehemalige Sozialdemokraten, und sogar eine [[Erklärung von Sozialdemokraten und Kommunisten Kiels vom 1. Sept. 1945|gemeinsame Erklärung mit den Kommunisten]] veröffentlicht. Diesen Bestrebungen setzte schon im nächsten Monat der Einfluss von Schumacher und Gayk, vielleicht auch das gegenseitige Misstrauen, das aus den [[Erklärung von Sozialdemokraten und Kommunisten Kiels vom 1. Sept. 1945#Vorgeschichte|Aufzeichnungen über den Verlauf der Gespräche]] deutlich wird, ein Ende. | ||
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: "Am [[4. Oktober]] [[1945]], also 14 Tage vor der Gründung unserer Partei in Hannover, fand dann im früheren Versammlungslokal des Distrikts West in Stender's Gasthof am Lehmberg die nunmehr endlich durch die Engländer gestattete Gründung der Kieler SPD statt. Dort wurde auch der erste Vorstand gewählt - von der Versammlung aller [[Stubenzirkel|Stubengruppen]] der Distrikte, ungefähr 100 Personen. Die Genossen wählten [[Karl Ratz]] zum 1. Vorsitzenden, [[Richard Thiede|Richard Tiede]] zum 2. Vorsitzenden, [[Ernst Prey]] zum Kassierer, [[Ludwig Staal|Ludwig Stahl]] zum Kulturleiter, [[Hermann Köster]] zum Jugendleiter, eine Frauenvorsitzende [dies war [[Gertrud Völcker]]<ref>Gertrud Völcker: ''Erinnerungen - 50 Jahre Öffentlichkeitsarbeit'', Bd. I (Unveröff. Typoskript, Kiel 1974), S. 47</ref>] und eine Reihe von Beisitzern. Ich wurde von der Gründungsversammlung dann auch zum hauptamtlichen Sekretär gewählt."<ref>SPD-Kreisverband Kiel (Hrsg.): ''Sozialdemokratie'', S. 21</ref> | : "Am [[4. Oktober]] [[1945]], also 14 Tage vor der Gründung unserer Partei in Hannover, fand dann im früheren Versammlungslokal des Distrikts West in Stender's Gasthof am Lehmberg die nunmehr endlich durch die Engländer gestattete Gründung der Kieler SPD statt. Dort wurde auch der erste Vorstand gewählt - von der Versammlung aller [[Stubenzirkel|Stubengruppen]] der Distrikte, ungefähr 100 Personen. Die Genossen wählten [[Karl Ratz]] zum 1. Vorsitzenden, [[Richard Thiede|Richard Tiede]] zum 2. Vorsitzenden, [[Ernst Prey]] zum Kassierer, [[Ludwig Staal|Ludwig Stahl]] zum Kulturleiter, [[Hermann Köster]] zum Jugendleiter, eine Frauenvorsitzende [dies war [[Gertrud Völcker]]<ref>Gertrud Völcker: ''Erinnerungen - 50 Jahre Öffentlichkeitsarbeit'', Bd. I (Unveröff. Typoskript, Kiel 1974), S. 47</ref>] und eine Reihe von Beisitzern. Ich wurde von der Gründungsversammlung dann auch zum hauptamtlichen Sekretär gewählt."<ref>SPD-Kreisverband Kiel (Hrsg.): ''Sozialdemokratie'', S. 21</ref> | ||
Die britische Militärregierung hatte nach der | Die britische Militärregierung hatte den Deutschen nach der Kapitulation jegliche politische Betätigung untersagt. Trotzdem trieb der Gewerkschaftsausschuss den Wiederaufbau der Parteistrukturen weiter voran. Erste öffentliche Veranstaltungen fanden rasch statt, so dass sich Ortsvereine und Kreisverband schon vor der offiziellen Zulassung durch die Briten Ende 1945 konstituieren konnten. | ||
Am [[6. Dezember]] [[1945]] trat auch die erste von den Briten ernannte Ratsversammlung zusammen. Der SPD- | Am [[6. Dezember]] [[1945]] trat auch die erste von den Briten ernannte Ratsversammlung zusammen. Der SPD-Fraktion gehörten u.a. [[Bruno Diekmann]], [[Andreas Gayk]], [[Toni Jensen]] und [[Gertrud Völcker]] an. Auf der politischen Tagesordnung von Partei und Fraktion standen ganz vorn die Behebung der Wohnungsnot und der wirtschaftliche Wiederaufbau, nicht zuletzt durch die Reaktivierung der Werften.<ref>So Kreisvorsitzender Rolf Fischer 2005 in seiner Rede zur Mitgliederehrung und zur Erinnerung an die Wiedergründung der Partei 1945.</ref> | ||
== Die Ära Gayk - Kiel wird aufgeräumt == | == Die Ära Gayk - Kiel wird aufgeräumt == | ||
[[Datei:Andreas Gayk 1950.jpg|thumb|180px|right|Andreas Gayk, 1950]] | [[Datei:Andreas Gayk 1950.jpg|thumb|180px|right|Andreas Gayk, 1950]] | ||
In den | In den Jahren nach Ende der NS-Diktatur war [[Andreas Gayk]] die dominierende Figur der SPD in Kiel und in ganz Schleswig-Holstein: [[Landesversitzende/r|Landesversitzender]], Vorsitzender der Landtagsfraktion und [[Kieler Oberbürgermeister]] in einer Person. Er organisierte den Wiederaufbau von Kiel, das als "Reichskriegshafen" von 90 britischen Luftangriffen großflächig zerstört worden war. Es gab kaum Wohnraum für die in die Stadt zurückdrängenden Evakuierten und die täglich eintreffenden Flüchtlingstransporte. | ||
[[Datei:Fotos 18393.jpg|thumb|180px|left|Zerstörtes Kiel, 1944]] | [[Datei:Fotos 18393.jpg|thumb|180px|left|Zerstörtes Kiel, 1944]] | ||
Die Wirtschaft war schon seit der Kaiserzeit hauptsächlich Kriegswirtschaft gewesen, zum großen Teil Schiffbau und Zulieferbetriebe. Was nach dem 2. Weltkrieg an Industrieanlagen noch übrig war, sollte demontiert und nach Großbritannien gebracht werden. Es gab durchaus Pläne, Kiel in ein kleines "Fischerdorf" zurückzuschrumpfen.<ref>Vgl. Rickers: ''Erinnerungen'', S. 271</ref>. | Die Wirtschaft war schon seit der Kaiserzeit hauptsächlich Kriegswirtschaft gewesen, zum großen Teil Schiffbau und Zulieferbetriebe. Was nach dem 2. Weltkrieg an Industrieanlagen noch übrig war, sollte demontiert und nach Großbritannien gebracht werden. Es gab durchaus Pläne, Kiel in ein kleines "Fischerdorf" zurückzuschrumpfen.<ref>Vgl. Rickers: ''Erinnerungen'', S. 271</ref>. | ||
[[Datei:Protestkundgebung gegen Demontagen 87.699.jpg|thumb|180px|right|Protestkundgebung gegen Demontagen mit Karl Ratz und Andreas Gayk]] | [[Datei:Protestkundgebung gegen Demontagen 87.699.jpg|thumb|180px|right|Protestkundgebung gegen Demontagen mit Karl Ratz und Andreas Gayk]] | ||
[[Andreas Gayk]] und sein Oberstadtdirektor [[Walther Lehmkuhl]] organisierten den parteiübergreifenden Widerstand gegen die Demontage von Industriebetrieben durch die Briten. Gleichzeitig arbeiteten sie daran, zivile Betriebe nach Kiel zu holen, mit | [[Andreas Gayk]] und sein Oberstadtdirektor [[Walther Lehmkuhl]] organisierten den parteiübergreifenden Widerstand gegen die Demontage von Industriebetrieben durch die Briten. Gleichzeitig arbeiteten sie daran, zivile Betriebe nach Kiel zu holen, mit denen die städtische Wirtschaft eine "friedenswirtschaftliche" Grundlage erhielt. Die Universität wurde wieder eröffnet. Unter [[Andreas Gayk]] wurde Kiel schneller von Trümmern geräumt als viele andere Städte in Deutschland. Mit Hilfe des Pinneberger Landrats [[Walter Damm]] ließ er die Trümmerfelder von Schülerinnen und Schülern mit jungen Bäumen bepflanzen. | ||
Er initiierte eine Städtefreundschaft mit der | Er initiierte eine Städtefreundschaft mit der von deutschen Bomben schwer zerstörten englischen Stadt [[Gesellschaft der Freunde Coventrys|Coventry]] und konzipierte die "neue" Kieler Woche als Friedensveranstaltung. | ||
In dieser Zeit war [[Karl Ratz]] Kreisvorsitzender und gleichzeitig Lizenzträger der [[Schleswig-Holsteinische Volkszeitung|Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung]], die ab [[1946]] wieder erschien. | In dieser Zeit war [[Karl Ratz]] Kreisvorsitzender und gleichzeitig Lizenzträger der [[Schleswig-Holsteinische Volkszeitung|Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung]], die ab [[1946]] wieder erschien. | ||
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== Modernisierung == | == Modernisierung == | ||
[[Datei:Fotos 23822.jpg|thumb|left|280px| | [[Datei:Fotos 23822.jpg|thumb|left|280px|Übergabe der zehnmillionsten neu gebauten Wohnung in der BRD, in Mettenhof 1967]] | ||
Anfang der 1960er waren die Trümmer des Krieges weitgehend beseitigt | Anfang der 1960er waren die Trümmer des Krieges weitgehend beseitigt. Die Narben im Stadtbild blieben jedoch, und es fehlten immer noch geschätzte 17.000 Wohnungen.<ref>Burmeister, Robert: ''25 Jahre Mettenhof'' (Kiel 1990)</ref> Die Zerstörungen wurden von Stadtplanern auch als Chance gesehen: Viele der gescholtenen Mietskasernen waren zerstört; an ihrer Stelle konnten nun die Ideen von großzügigen Anlagen, Straßen und Wohnhäusern umgesetzt werden. Ab [[1965]] baute die stadteigene KWG einen neuen Stadtteil nach diesen Idealen: Mettenhof. Autogerecht sollte er sein, gleichzeitig sollte kein Haus an einer großen Straße liegen, dazwischen viel Grün. Kein pseudo-historischer Prunk mehr, sondern der moderne Chic des Bauhauses samt Vollbad und Zentralheizung - während die Altbauten noch lange mit Klo auf halber Treppe und Kohleöfen leben mussten.<ref>Voß, Steffen: ''[https://kaffeeringe.de/68/grosswohnsiedlungen-und-ihre-stigmatisierung/ Großwohnsiedlungen und ihre Stigmatisierung]'' (2004), S. ?</ref> | ||
[[Datei:Walter Damm Haus 1965 klein.jpg|thumb|right|180px|Walter-Damm-Haus, 1965]] | [[Datei:Walter Damm Haus 1965 klein.jpg|thumb|right|180px|Walter-Damm-Haus, 1965]] | ||
[[1964]] zog die SPD aus dem [[Gewerkschaftshaus Kiel|Gewerkschaftshaus]] in ein eigenes Haus um: Am Kleinen Kuhberg 28-30 wurde die neue [[Walter-Damm-Haus|SPD-Landesgeschäftsstelle]] samt Kieler Kreisbüro eingeweiht. Im Jahr darauf trat [[Günther Bantzer]] sein Amt als Oberbürgermeister an, das er 15 Jahre lang ausfüllen sollte, bis [[1980]]. | [[1964]] zog die SPD aus dem [[Gewerkschaftshaus Kiel|Gewerkschaftshaus]] in ein eigenes Haus um: Am Kleinen Kuhberg 28-30 wurde die neue [[Walter-Damm-Haus|SPD-Landesgeschäftsstelle]] samt Kieler Kreisbüro eingeweiht. Im Jahr darauf trat [[Günther Bantzer]] sein Amt als Oberbürgermeister an, das er 15 Jahre lang ausfüllen sollte, bis [[1980]]. | ||
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== Die Ära Bantzer == | == Die Ära Bantzer == | ||
[[Datei:Günther Bantzer 1971.jpg|thumb|left|180px|Günther Bantzer, 1971]] | [[Datei:Günther Bantzer 1971.jpg|thumb|left|180px|Günther Bantzer, 1971]] | ||
[[1968]] stellte die [[Schleswig-Holsteinische Volkszeitung]], zuletzt | [[1968]] stellte die [[Schleswig-Holsteinische Volkszeitung]], die zuletzt den Titel ''VZ - Kieler Morgenzeitung'' trug, nach mehr als 90 Jahren ihr Erscheinen endgültig ein. Die SPD verlor ihre publizistische Stimme in der Stadt. Jetzt gab es in Kiel nur noch eine im Selbstverständnis überparteiliche, tatsächlich aber bürgerlich-konservative Tageszeitung. | ||
Die Struktur der Kieler SPD hatte mit der Entwicklung der Stadt nicht Schritt gehalten. Im Einzugsbereich des [[Ortsverein Kiel-Nord|Ortsvereins Kiel-Nord]] wohnten zum Beispiel 29.000 Menschen, in dem des [[Ortsverein Suchsdorf|Ortsvereins Suchsdorf]] nur 7.000. Deswegen reformierte der Kreisvorstand [[1971]]/[[1972|72]] auf Empfehlung einer "Projektgruppe Organisationsreform" unter der Leitung von [[Hans Burghard]] seine Organisation. Die Projektgruppe war der Auffassung: | |||
: "Durch die Teilung übergroßer Ortsvereine steigt zwangsläufig die Zahl verantwortlicher und aktiver Funktionäre. Es werden überschaubare Gebietsgrößen geschaffen, die gleichzeitig eine intensive Betreuung der Mitglieder und der Wähler ermöglichen. Ortsvereine mit einer überschaubaren Größe haben einen prozentual besseren Versammlungsbesuch; je kürzer umso besser ist der Weg zum Versammlungslokal."<ref>SPD-Kreisverband Kiel (Hrsg.): '' | : "Durch die Teilung übergroßer Ortsvereine steigt zwangsläufig die Zahl verantwortlicher und aktiver Funktionäre. Es werden überschaubare Gebietsgrößen geschaffen, die gleichzeitig eine intensive Betreuung der Mitglieder und der Wähler ermöglichen. Ortsvereine mit einer überschaubaren Größe haben einen prozentual besseren Versammlungsbesuch; je kürzer umso besser ist der Weg zum Versammlungslokal."<ref>SPD-Kreisverband Kiel (Hrsg.): ''Sozialdemokratie'', S. 28 f.</ref> | ||
Innerhalb von eineinhalb Jahren wurde - auch unter Berücksichtigung neu zugeschnittener Kommunalwahlkreise - der größte Teil der Ortsvereine neu festgelegt | Innerhalb von eineinhalb Jahren wurde - auch unter Berücksichtigung neu zugeschnittener Kommunalwahlkreise - der größte Teil der Ortsvereine neu festgelegt und als zu groß angesehene geteilt. Danach umfasste der Kreisverband 24 statt 20 Ortsvereine. Es gab auch Widerstände: Die Teilung des [[Ortsverein Elmschenhagen/Kroog|Ortsvereins Elmschenhagen]] scheiterte am Widerstand der Basis. Die nach Fertigstellung des Stadtteils Mettenhof geplante Teilung des [[Ortsverein Mettenhof/Hasseldieksdamm|Ortsvereins Mettenhof/Hasseldieksdamm]] wurde bis heute nicht durchgeführt. | ||
[[1970]] erreichte der Generationswechsel den Kreisverband, wie Vorsitzender [[Karl-Heinz Luckhardt]] beschrieb: | |||
: "Zur Kommunalwahl am [[24. März]] [[1970]] trat die [Kieler] SPD mit einer Mannschaft an, die weniger altbekannte Persönlichkeiten enthielt als in den Wahlen davor. Parteiintern wurde die Befürchtung geäußert, daß damit das Wahlergebnis von [[Kommunalwahl 1966|1966]] kaum verbessert werden kann. Ich hatte als neuer Spitzenkandidat nicht denselben Bekanntheitsgrad wie der Genosse [[Hermann Köster]] in seiner Rolle als Stadtpräsident. | |||
: Was kaum jemand erwartet hatte, trat dann ein: Mit 53,6% der Stimmen und 30 von 49 Sitzen erreichte die SPD in Kiel das beste Kommunalwahlergebnis seit Kriegsende."<ref>SPD-Kreisverband Kiel (Hrsg.): ''Sozialdemokratie'', S. 28 f.</ref> | |||
[[Datei:Fotos 3989.jpg|thumb|180px|right|Ida Hinz]] | [[Datei:Fotos 3989.jpg|thumb|180px|right|Ida Hinz]] | ||
Eine der Neulinge war [[Heide Simonis]]. Die spätere Ministerpräsidentin | Eine der Neulinge war [[Heide Simonis]]. Die spätere Ministerpräsidentin trat [[1971]] mit 28 Jahren ihr erstes öffentliches Amt als Ratsfrau an. Und noch eine Innovation gab es: Die Kieler Ratsversammlung wählte die Sozialdemokratin [[Ida Hinz]] zu bundesweit ersten Stadtpräsidentin. | ||
=== "Ostpolitik" === | === "Ostpolitik" === | ||
Mit seiner Ratsmehrheit leitete der Kreisverband Kiel neben der Bundespartei seine eigene Ostpolitik in die Wege: Im Oktober [[1971]] fanden in Kiel "Polnische Tage" statt, in denen der Nachbar an der Ostsee Gelegenheit hatte, sich mit Wirtschaft, Industrie, Kultur, Sport und anderem ausgiebig vorzustellen.<ref>Zahlreiche Berichte in den ''KN'' im Oktober 1971.</ref> Im Gegenzug fanden in Gdynia im Oktober [[1972]] die "Kieler Tage" statt, auf denen sich Kiel präsentieren konnte. Vom deutschen Botschafter wurde dies als "Modellfall für weitere Veranstaltungen gleicher Art in beiden Ländern" gewürdigt.<ref>''Das Tor wurde weit aufgemacht'', ''KN'', 10.10.1972</ref> | |||
Auch nach Rostock knüpfte Kiel mit der Beteiligung an der dortigen Ostseewoche Kontakte. Eine Städtepartnerschaft kam zwar nicht zustande. Doch trotz gelegentlicher Irritationen | Auch nach Rostock knüpfte Kiel mit der Beteiligung an der dortigen Ostseewoche Kontakte. Eine Städtepartnerschaft kam zwar nicht zustande. Doch trotz gelegentlicher Irritationen konnte DIE ZEIT [[1975]] feststellen: "Der deutsch-deutsche Dialog klappt auch ohne formelle Partnerschaft."<ref>Rainer Burchardt: ''[http://www.zeit.de/1975/30/dialog-klappt Ostseewoche in Rostock: Dialog klappt]'', DIE ZEIT, 18.7.1975</ref> | ||
=== Kampf um die "Schule für Alle" === | === Kampf um die "Schule für Alle" === | ||
Bereits seit [[1968]] kämpfte die Kieler SPD | Bereits seit [[1968]] kämpfte die Kieler SPD für eine integrierte [[Gesamtschule]] in Mettenhof. Mit ihrer Ratsmehrheit beauftragte sie den Magistrat, bei der CDU-Landesregierung eine entsprechende Genehmigung einzuholen. Der [[Ortsverein Mettenhof/Hasseldieksdamm]] lud die Anwohner zu Informationsveranstaltungen ein. Die [[Landtagsfraktion]] unterstützte mit einem eigenen Antrag. Trotz einer Zusage des Ministerpräsidenten konnte sich die CDU-Mehrheit im Landtag jedoch nicht zu einer Zustimmung durchringen. | ||
[[Datei:Fotos 23395.jpg|thumb|180px|left|IGS Kiel-Friedrichsort, 1975]] | [[Datei:Fotos 23395.jpg|thumb|180px|left|IGS Kiel-Friedrichsort, 1975]] | ||
Am [[27. August]] [[1970]] beschloss die Ratsversammlung die Einrichtung einer | Am [[27. August]] [[1970]] beschloss die Ratsversammlung die Einrichtung einer integrierten Gesamtschule in Friedrichsort. In mühseligen Verhandlungen musste sie der CDU-Landesregierung abgetrotzt werden - landesweit war es erst die zweite Schule dieser Art. [[Karl Heinz Luckhardt]] schrieb [[1978]]: | ||
: "Nach den Vorstellungen der Kieler Sozialdemokraten ist die "Integrierte Gesamtschule Kiel-Friedrichsort Modell für die Neugliederung des Schulwesens in der Landeshauptstadt. Wir halten diese Schulform für das System, das Freiheit, Gleichheit und Solidarität - und damit gleiche Lebenschancen - verwirklichen kann. Die ersten sehr guten Erfahrungen haben gezeigt, wie man aus der bildungspolitischen Sackgasse des dreigliedrigen Schulsystems herauskommen kann."<ref>SPD-Kreisverband Kiel (Hrsg.): '' | : "Nach den Vorstellungen der Kieler Sozialdemokraten ist die "Integrierte Gesamtschule Kiel-Friedrichsort" Modell für die Neugliederung des Schulwesens in der Landeshauptstadt. Wir halten diese Schulform für das System, das Freiheit, Gleichheit und Solidarität - und damit gleiche Lebenschancen - verwirklichen kann. Die ersten sehr guten Erfahrungen haben gezeigt, wie man aus der bildungspolitischen Sackgasse des dreigliedrigen Schulsystems herauskommen kann."<ref>SPD-Kreisverband Kiel (Hrsg.): ''Sozialdemokratie'', S. </ref> | ||
Die IGS Kiel-Friedrichsort | Die IGS Kiel-Friedrichsort wurde [[1975]] eingeweiht. Der Schulneubau bot 42 Klassen mit 1260 Schülern Platz für innovatives Lernen. | ||
[[Datei:Fotos 3618.jpg|thumb|left|180px|Kieler Landtagskandidaten, 1971]] | [[Datei:Fotos 3618.jpg|thumb|left|180px|Kieler Landtagskandidaten, 1971]] | ||
Nach der [[Landtagswahl 1971]] war Kiel mit acht Abgeordneten im Landtag vertreten: [[Karl Heinz Luckhardt]] für Kiel-Nord, [[Alfred Prezewowsky]] für Kiel-West, [[Jochen Steffen]] für Kiel-Ost, [[Leo Langmann]] für Kiel-Süd, [[Rosemarie Fleck]] für Kiel-Mitte sowie [[Manfred Hansen]], [[Hans Gerhard Ramler]] und [[Hans Schwalbach]] über die Landesliste. | Nach der [[Landtagswahl 1971]] war Kiel mit acht Abgeordneten im Landtag vertreten: [[Karl Heinz Luckhardt]] für Kiel-Nord, [[Alfred Prezewowsky]] für Kiel-West, [[Jochen Steffen]] für Kiel-Ost, [[Leo Langmann]] für Kiel-Süd, [[Rosemarie Fleck]] für Kiel-Mitte sowie [[Manfred Hansen]], [[Hans Gerhard Ramler]] und [[Hans Schwalbach]] über die Landesliste. | ||
=== Die Olympischen Spiele 1972 === | === Die Olympischen Spiele 1972 === | ||
[[Datei:Fotos 12929.jpg|thumb|280px|right|Olympisches Feuer in Schilksee]] | [[Datei:Fotos 12929.jpg|thumb|280px|right|Olympisches Feuer in Schilksee]] | ||
Die Olympischen Spiele [[1972]] | Die Ausrichtung der Segelwettbewerbe der Olympischen Spiele [[1972]] bestätigte nicht nur Kiels internationalen Ruf als führende Segelstadt. Olympia löste auch eine rege Bautätigkeit aus und brachte die Stadtentwicklung und die Anbindung an das überregionale Verkehrsnetz voran. Damals wurden das Olympiazentrum in Schilksee und der ZOB am Hauptbahnhof gebaut, im Kieler Opernhaus die letzten zerstörungsbedingten Einschränkungen beseitigt, die Kiellinie angelegt, der Rathausplatz umgestaltet und die Fußgängerzone Holstenstraße um den Alten Markt an der Nikolaikirche erweitert. Außerdem erhielt Kiel endlich (und in letzter Minute) eine Autobahnanbindung; nach Norden wurde die Prinz-Heinrich-Brücke über den Nord-Ostsee-Kanal durch eine moderne Brücke ergänzt. Die SPD Kiel und ihr Oberbürgermeister [[Günther Bantzer]] trieben die Olympia-Bewerbung maßgeblich voran und gestalteten die Modernisierung der Stadt. [[Günther Bantzer]] hatte keine Zweifel: | ||
: "Die ganzen Investitionen mit Hilfen von Bund und Land haben Kiel auf einen Schlag um Jahrzehnte vorangebracht. Aus der Provinzstadt wurde plötzlich so etwas ähnliches wie eine Metropole."<ref>''Olympischer Schluck aus der Pulle'', ''Kieler Nachrichten'', 2.9.2012</ref> | : "Die ganzen Investitionen mit Hilfen von Bund und Land haben Kiel auf einen Schlag um Jahrzehnte vorangebracht. Aus der Provinzstadt wurde plötzlich so etwas ähnliches wie eine Metropole."<ref>''Olympischer Schluck aus der Pulle'', ''Kieler Nachrichten'', 2.9.2012</ref> | ||
[[Datei:Fotos 54955.jpg|thumb|left|280px|Hartmut Lippe übernimmt 1977 den Kreisvorsitz von Claus Möller. Hermann Köster gibt Ratschläge.]]Bei der [[Bundestagswahl 1972]] wurde der 29-jährige [[Norbert Gansel]] das erste Mal in den Bundestag gewählt und blieb Kiels direkt gewählter Abgeordneter bis [[1997]]. Der Generationswechsel war gelungen - [[1977]] waren auch junge Kreisvorsitzende schon die Normalität. | |||
Bei der [[Bundestagswahl 1972]] wurde der 29-jährige [[Norbert Gansel]] das erste Mal in den Bundestag gewählt und blieb Kiels direkt gewählter Abgeordneter | |||
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== Integration wird wieder eine Herausforderung == | == Integration wird wieder eine Herausforderung == | ||
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== 1990er Jahre == | == 1990er Jahre == | ||
Ende der 1990er Jahre führte die SPD-geführte | [[Datei:Cathy_Kietzer.jpg|thumb|180px|right|Cathy Kietzer, 2007]]Ende der 1990er Jahre führte die SPD-geführte Landesregierung die Direktwahl für [[OberbürgermeisterIn Kiel|Bürgermeister]] und Landräte ein. [[Norbert Gansel]], der Kiel seit [[Bundestagswahl 1972|1972]] im Bundestag vertrat, kandidierte für die SPD. Am [[26. Mai]] [[1997]] wählten ihn die Kielerinnen und Kieler im ersten Wahlgang mit 61% der Stimmen zum Oberbürgermeister. In seine Amtszeit fiel unter anderem die Entwicklung der Hörn. Der Teilverkauf der Stadtwerke Kiel und der Verkauf der Kieler Wohnungsbaugesellschaft dienten der (kurzfristigen) Sanierung des städtischen Haushalts. Zudem verbesserte Norbert Gansel nachhaltig das Verhältnis der Stadt zur Bundeswehr und zur Universität. Mit der - wenn auch erfolglosen - Olympiabewerbung für [[2012]] polierte er Kiels Image als internationale Segelstadt weiter auf.<ref>kiel.de [http://kiel.de/rathaus/_meldungen/_meldung.php?id=51041 ''Kiel gratuliert: Alt-Oberbürgermeister Norbert Gansel wird 75''], 570/3. August 2015/ang</ref> | ||
Die [[Kommunales Wahlrecht für AusländerInnen|Wahlrechtsreform]] machte es auch möglich, dass die gebürtige Dänin [[Cathy Kietzer]] für die Ratsversammlung kandidieren | Die [[Kommunales Wahlrecht für AusländerInnen|Wahlrechtsreform]] machte es auch möglich, dass die gebürtige Dänin [[Cathy Kietzer]] für die Ratsversammlung kandidieren und [[1998]] und [[2008]] sogar zur Stadtpräsidentin gewählt werden konnte. | ||
== Das 21. Jahrhundert == | |||
[[Datei:Auftakt Kommunalwahl 2008 in Kiel.jpg|thumb|left|280px|Frank-Walter Steinmeier eröffnet mit Rolf Fischer den Kommunalwahlkampf 2008]]Das neue Jahrhundert begann unerfreulich für die SPD. Neben der "Großwetterlage" führten in Kiel Konflikte zwischen Oberbürgermeister, [[Kreisverband Kiel - Ratsfraktion|Ratsfraktion]] und Kreispartei, die auch in die Öffentlichkeit drangen, zum Verlust der [[Kommunalwahl 2003|Kommunalwahl]] und der OB-Wahl mit dem Kandidaten [[Jürgen Fenske]]; Kiel wurde fünf Jahre lang von einer schwarz-grünen Koalition und einer CDU-Oberbürgermeisterin regiert. In der Opposition schärfte die "Stadt-Partei" ihr Profil und konnte nach der [[Kommunalwahl 2008]] zusammen mit den Grünen wieder die Mehrheit bilden. | |||
Am [[15. März]] [[2009]] wurde dann [[Torsten Albig]] mit 52,1% der Stimmen im ersten Wahlgang gegen die Amtsinhaberin zum Kieler Oberbürgermeister gewählt. | |||
== Parteijubiläum == | == Parteijubiläum == | ||
Die Feiern zum 150jährigen Bestehen der SPD eröffnete Parteivorsitzender [[Sigmar Gabriel]] mit einer Rede in Kiel am [[7. März]] [[2013]]. Auch aus dem Kreisverband beteiligten sich Gliederungen und Personen mit eigenen Aktionen, nicht zuletzt zum "Tag der Ortsvereine", aber auch schon mit Blick auf den [[Kommunalwahl 2013|Kommunalwahlkampf]]. Viele Aktionen sind dokumentiert unter [[Kreisverband Kiel - 150 Jahre SPD]]. | |||
== Mitgliederentwicklung == | == Mitgliederentwicklung == | ||
[[Datei:Ortsvereine-kiel-nur-umrisse.jpg|thumb|180px|right|Kieler Ortsvereinsgrenzen 2018]] | [[Datei:Ortsvereine-kiel-nur-umrisse.jpg|thumb|180px|right|Kieler Ortsvereinsgrenzen 2018]] | ||
Die Kieler SPD war immer eine Mitgliederpartei | Die Kieler SPD war immer eine Mitgliederpartei. Die Mitgliederverluste der letzten Jahre stellen keine Kieler Besonderheit dar. Sie korrespondieren mit der Mitgliederentwicklung der Parteien insgesamt. Mittlerweile gibt es wieder einen positiven Trend. Er begann - bundesweit - mit der Nominierung von [[Martin Schulz]] zum Kanzlerkandidaten im Januar [[2017]]. Ende [[2017]] zählte der Kreisverband 1629 Mitglieder, 80 mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres - ein Zuwachs wie seit den Zeiten von [[Willy Brandt]] nicht mehr. <ref>''Kieler Nachrichten'', 21.2.2017, S. 25</ref> Selbst verlorene Wahlen konnten diese Entwicklung nicht stoppen. [[2018]] blieb die Zahl der Mitglieder nahezu unverändert. Auch eine stabile Größe: Ein Drittel von ihnen sind Frauen. | ||
*[[1954]] - 2346 Mitglieder <ref>Steffen-Gutachten, AdsD/SH-14</ref> | *[[1954]] - 2346 Mitglieder <ref>Steffen-Gutachten, AdsD/SH-14</ref> | ||
*[[1963]] - 8092 Mitglieder (2736 w = 33,8%, 5356 m = 66,2%)<ref>Schleswig Holsteinische Volkszeitung 21. | *[[1963]] - 8092 Mitglieder (2736 w = 33,8%, 5356 m = 66,2%)<ref>Schleswig-Holsteinische Volkszeitung 21.1.1963</ref> | ||
*[[1968]] - 6038 Mitglieder <ref>Schleswig Holsteinische Volkszeitung | *[[1968]] - 6038 Mitglieder <ref>Schleswig-Holsteinische Volkszeitung, 5.2.1968</ref> | ||
*[[1969]] - 4550 Mitglieder | *[[1969]] - 4550 Mitglieder | ||
*[[1971]] - 4801 Mitglieder | *[[1971]] - 4801 Mitglieder | ||
*[[1977]] - 4055 Mitglieder | *[[1977]] - 4055 Mitglieder | ||
*[[1986]] - 3647 Mitglieder <ref>Jahresbericht | *[[1986]] - 3647 Mitglieder <ref>Jahresbericht SPD-Kreisverband Kiel 1991/1992</ref> | ||
*[[1987]] - 3671 Mitglieder <ref>Jahresbericht | *[[1987]] - 3671 Mitglieder <ref>Jahresbericht SPD-Kreisverband Kiel 1991/1992</ref> | ||
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*[[1998]] - 2562 Mitglieder <ref>Bericht des Schatzmeisters vom 12. | *[[1998]] - 2562 Mitglieder <ref>Bericht des Schatzmeisters vom 12.9.2000</ref> | ||
*[[2000]] - 2362 Mitglieder (852 w = 36,1%, 1510 m = 63,9%) <ref>Bericht des Schatzmeisters vom 12. | *[[2000]] - 2362 Mitglieder (852 w = 36,1%, 1510 m = 63,9%) <ref>Bericht des Schatzmeisters vom 12.9.2000</ref> | ||
*[[2015]] - 1553 Mitglieder (527 w = 33,9%, 1026 m = 66,1%) <ref>SPD-Landesvorstand: ''Stark im Norden. Bericht zum ordentlichen Landesparteitag am 14. und 15. März 2015 in Neumünster'', S. 14</ref> | *[[2015]] - 1553 Mitglieder (527 w = 33,9%, 1026 m = 66,1%) <ref>SPD-Landesvorstand: ''Stark im Norden. Bericht zum ordentlichen Landesparteitag am 14. und 15. März 2015 in Neumünster'', S. 14</ref> | ||
*[[2016]] - 1549 Mitglieder (534 w = 34,5%, 1015 m = 65,5%) <ref>Stand am 31.12.2016, Mavis, Mitgliederverwaltung der SPD</ref> | *[[2016]] - 1549 Mitglieder (534 w = 34,5%, 1015 m = 65,5%) <ref>Stand am 31.12.2016, Mavis, Mitgliederverwaltung der SPD</ref> |
Version vom 5. März 2019, 02:50 Uhr
Der Kreisverein, später Kreisverband Kiel der SPD wurde am 4. Oktober 1945 gegründet. Er umfasst aktuell 17 Ortsvereine mit ca. 1.600 Mitgliedern.
Vorgeschichte
→ Hauptartikel: Sozialdemokratischer Verein Groß-Kiel Die Vorgängerorganisation des Kreisverbands Kiel war der Sozialdemokratische Verein Groß-Kiel, der von 1911 bis zur Zerschlagung durch die Nationalsozialisten 1933 bestand. Die Geschichte der organisierten Sozialdemokratie reicht in Kiel jedoch zurück bis 1870 oder 1871, als Stephan Heinzel begann, hier eine Organisation des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV) aufzubauen.
Wiederaufbau
Bereits seit Januar 1945 trafen sich alte Mitglieder in so genannten "Stubenzirkeln", um die Wiedergründung der Partei vorzubereiten. Mit dabei waren unter anderen Wilhelm Kuklinski, Otto Engel und Albert Witte. Nachdem am 5. Mai britische Truppen die Stadt erreichten und der Krieg für Kiel beendet war, gründeten die Kieler Genossinnen und Genossen wie vielerorts im Land einen Gewerkschaftsausschuss - eine "Antifa" - mit Gewerkschaftern und Kommunisten und besetzten das Gewerkschaftshaus.[1] Zur Antifa gehörten auch die früheren SPD-Funktionäre Bruno Diekmann, Theodor Werner und Karl Ratz - weitere Führungspersonen aus der Zeit vor 1933 standen allerdings noch nicht zur Verfügung. So gab es keine offensichtlichen Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters. Gertrud Völcker schlug den Marinerichter Otto Tschadek vor. Der hatte beim Wiederaufbau der SPD in Kiel mitgewirkt, ging jedoch bald zurück, um in seiner Heimat Wien Politik zu machen. So war er nur für knapp einen Monat eingesetzter Oberbürgermeister von Kiel.
Otto Tschadek gehörte zu den Gegnern einer Einheitspartei aus SPD und Kommunisten, die zu dieser Zeit als Idee kursierte. Er kritisierte vor allem das Demokratieverständnis der Kommunisten: "Die Demokratie ist nicht nur ein taktisches Mittel, um zum Sozialismus zu gelangen, sie ist Teil des Zieles, für das wir kämpfen."[2] Diese Haltung teilte er mit Andreas Gayk und Kurt Schumacher, der von Hannover aus die Führung der Partei in den Westzonen übernahm. Über ihn berichtete Otto Engel, er habe bei einem Besuch bei Karl Ratz in Kiel gesagt: "In den Betrieben kann mit Kommunisten nicht lange gefackelt werden, es muß im rechten Augenblick ein Schraubenschlüssel geflogen kommen."[3]
Führende Kieler Genossen hatten zunächst Möglichkeiten ausgelotet, die als schädlich empfundene Spaltung der Arbeiterbewegung durch Bildung einer Einheitsfront oder sogar - wie in der sowjetischen Zone geplant - durch eine Einheitspartei zu beenden. Sie hatten Gespräche mit kommunistischen Funktionären geführt, einige davon ehemalige Sozialdemokraten, und sogar eine gemeinsame Erklärung mit den Kommunisten veröffentlicht. Diesen Bestrebungen setzte schon im nächsten Monat der Einfluss von Schumacher und Gayk, vielleicht auch das gegenseitige Misstrauen, das aus den Aufzeichnungen über den Verlauf der Gespräche deutlich wird, ein Ende.
Otto Engel berichtete über die Wiedergründung:
- "Am 4. Oktober 1945, also 14 Tage vor der Gründung unserer Partei in Hannover, fand dann im früheren Versammlungslokal des Distrikts West in Stender's Gasthof am Lehmberg die nunmehr endlich durch die Engländer gestattete Gründung der Kieler SPD statt. Dort wurde auch der erste Vorstand gewählt - von der Versammlung aller Stubengruppen der Distrikte, ungefähr 100 Personen. Die Genossen wählten Karl Ratz zum 1. Vorsitzenden, Richard Tiede zum 2. Vorsitzenden, Ernst Prey zum Kassierer, Ludwig Stahl zum Kulturleiter, Hermann Köster zum Jugendleiter, eine Frauenvorsitzende [dies war Gertrud Völcker[4]] und eine Reihe von Beisitzern. Ich wurde von der Gründungsversammlung dann auch zum hauptamtlichen Sekretär gewählt."[5]
Die britische Militärregierung hatte den Deutschen nach der Kapitulation jegliche politische Betätigung untersagt. Trotzdem trieb der Gewerkschaftsausschuss den Wiederaufbau der Parteistrukturen weiter voran. Erste öffentliche Veranstaltungen fanden rasch statt, so dass sich Ortsvereine und Kreisverband schon vor der offiziellen Zulassung durch die Briten Ende 1945 konstituieren konnten.
Am 6. Dezember 1945 trat auch die erste von den Briten ernannte Ratsversammlung zusammen. Der SPD-Fraktion gehörten u.a. Bruno Diekmann, Andreas Gayk, Toni Jensen und Gertrud Völcker an. Auf der politischen Tagesordnung von Partei und Fraktion standen ganz vorn die Behebung der Wohnungsnot und der wirtschaftliche Wiederaufbau, nicht zuletzt durch die Reaktivierung der Werften.[6]
Die Ära Gayk - Kiel wird aufgeräumt
In den Jahren nach Ende der NS-Diktatur war Andreas Gayk die dominierende Figur der SPD in Kiel und in ganz Schleswig-Holstein: Landesversitzender, Vorsitzender der Landtagsfraktion und Kieler Oberbürgermeister in einer Person. Er organisierte den Wiederaufbau von Kiel, das als "Reichskriegshafen" von 90 britischen Luftangriffen großflächig zerstört worden war. Es gab kaum Wohnraum für die in die Stadt zurückdrängenden Evakuierten und die täglich eintreffenden Flüchtlingstransporte.
Die Wirtschaft war schon seit der Kaiserzeit hauptsächlich Kriegswirtschaft gewesen, zum großen Teil Schiffbau und Zulieferbetriebe. Was nach dem 2. Weltkrieg an Industrieanlagen noch übrig war, sollte demontiert und nach Großbritannien gebracht werden. Es gab durchaus Pläne, Kiel in ein kleines "Fischerdorf" zurückzuschrumpfen.[7].
Andreas Gayk und sein Oberstadtdirektor Walther Lehmkuhl organisierten den parteiübergreifenden Widerstand gegen die Demontage von Industriebetrieben durch die Briten. Gleichzeitig arbeiteten sie daran, zivile Betriebe nach Kiel zu holen, mit denen die städtische Wirtschaft eine "friedenswirtschaftliche" Grundlage erhielt. Die Universität wurde wieder eröffnet. Unter Andreas Gayk wurde Kiel schneller von Trümmern geräumt als viele andere Städte in Deutschland. Mit Hilfe des Pinneberger Landrats Walter Damm ließ er die Trümmerfelder von Schülerinnen und Schülern mit jungen Bäumen bepflanzen.
Er initiierte eine Städtefreundschaft mit der von deutschen Bomben schwer zerstörten englischen Stadt Coventry und konzipierte die "neue" Kieler Woche als Friedensveranstaltung.
In dieser Zeit war Karl Ratz Kreisvorsitzender und gleichzeitig Lizenzträger der Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung, die ab 1946 wieder erschien.
1954 starb Andreas Gayk.
Modernisierung
Anfang der 1960er waren die Trümmer des Krieges weitgehend beseitigt. Die Narben im Stadtbild blieben jedoch, und es fehlten immer noch geschätzte 17.000 Wohnungen.[8] Die Zerstörungen wurden von Stadtplanern auch als Chance gesehen: Viele der gescholtenen Mietskasernen waren zerstört; an ihrer Stelle konnten nun die Ideen von großzügigen Anlagen, Straßen und Wohnhäusern umgesetzt werden. Ab 1965 baute die stadteigene KWG einen neuen Stadtteil nach diesen Idealen: Mettenhof. Autogerecht sollte er sein, gleichzeitig sollte kein Haus an einer großen Straße liegen, dazwischen viel Grün. Kein pseudo-historischer Prunk mehr, sondern der moderne Chic des Bauhauses samt Vollbad und Zentralheizung - während die Altbauten noch lange mit Klo auf halber Treppe und Kohleöfen leben mussten.[9]
1964 zog die SPD aus dem Gewerkschaftshaus in ein eigenes Haus um: Am Kleinen Kuhberg 28-30 wurde die neue SPD-Landesgeschäftsstelle samt Kieler Kreisbüro eingeweiht. Im Jahr darauf trat Günther Bantzer sein Amt als Oberbürgermeister an, das er 15 Jahre lang ausfüllen sollte, bis 1980.
Die Ära Bantzer
1968 stellte die Schleswig-Holsteinische Volkszeitung, die zuletzt den Titel VZ - Kieler Morgenzeitung trug, nach mehr als 90 Jahren ihr Erscheinen endgültig ein. Die SPD verlor ihre publizistische Stimme in der Stadt. Jetzt gab es in Kiel nur noch eine im Selbstverständnis überparteiliche, tatsächlich aber bürgerlich-konservative Tageszeitung.
Die Struktur der Kieler SPD hatte mit der Entwicklung der Stadt nicht Schritt gehalten. Im Einzugsbereich des Ortsvereins Kiel-Nord wohnten zum Beispiel 29.000 Menschen, in dem des Ortsvereins Suchsdorf nur 7.000. Deswegen reformierte der Kreisvorstand 1971/72 auf Empfehlung einer "Projektgruppe Organisationsreform" unter der Leitung von Hans Burghard seine Organisation. Die Projektgruppe war der Auffassung:
- "Durch die Teilung übergroßer Ortsvereine steigt zwangsläufig die Zahl verantwortlicher und aktiver Funktionäre. Es werden überschaubare Gebietsgrößen geschaffen, die gleichzeitig eine intensive Betreuung der Mitglieder und der Wähler ermöglichen. Ortsvereine mit einer überschaubaren Größe haben einen prozentual besseren Versammlungsbesuch; je kürzer umso besser ist der Weg zum Versammlungslokal."[10]
Innerhalb von eineinhalb Jahren wurde - auch unter Berücksichtigung neu zugeschnittener Kommunalwahlkreise - der größte Teil der Ortsvereine neu festgelegt und als zu groß angesehene geteilt. Danach umfasste der Kreisverband 24 statt 20 Ortsvereine. Es gab auch Widerstände: Die Teilung des Ortsvereins Elmschenhagen scheiterte am Widerstand der Basis. Die nach Fertigstellung des Stadtteils Mettenhof geplante Teilung des Ortsvereins Mettenhof/Hasseldieksdamm wurde bis heute nicht durchgeführt.
1970 erreichte der Generationswechsel den Kreisverband, wie Vorsitzender Karl-Heinz Luckhardt beschrieb:
- "Zur Kommunalwahl am 24. März 1970 trat die [Kieler] SPD mit einer Mannschaft an, die weniger altbekannte Persönlichkeiten enthielt als in den Wahlen davor. Parteiintern wurde die Befürchtung geäußert, daß damit das Wahlergebnis von 1966 kaum verbessert werden kann. Ich hatte als neuer Spitzenkandidat nicht denselben Bekanntheitsgrad wie der Genosse Hermann Köster in seiner Rolle als Stadtpräsident.
- Was kaum jemand erwartet hatte, trat dann ein: Mit 53,6% der Stimmen und 30 von 49 Sitzen erreichte die SPD in Kiel das beste Kommunalwahlergebnis seit Kriegsende."[11]
Eine der Neulinge war Heide Simonis. Die spätere Ministerpräsidentin trat 1971 mit 28 Jahren ihr erstes öffentliches Amt als Ratsfrau an. Und noch eine Innovation gab es: Die Kieler Ratsversammlung wählte die Sozialdemokratin Ida Hinz zu bundesweit ersten Stadtpräsidentin.
"Ostpolitik"
Mit seiner Ratsmehrheit leitete der Kreisverband Kiel neben der Bundespartei seine eigene Ostpolitik in die Wege: Im Oktober 1971 fanden in Kiel "Polnische Tage" statt, in denen der Nachbar an der Ostsee Gelegenheit hatte, sich mit Wirtschaft, Industrie, Kultur, Sport und anderem ausgiebig vorzustellen.[12] Im Gegenzug fanden in Gdynia im Oktober 1972 die "Kieler Tage" statt, auf denen sich Kiel präsentieren konnte. Vom deutschen Botschafter wurde dies als "Modellfall für weitere Veranstaltungen gleicher Art in beiden Ländern" gewürdigt.[13]
Auch nach Rostock knüpfte Kiel mit der Beteiligung an der dortigen Ostseewoche Kontakte. Eine Städtepartnerschaft kam zwar nicht zustande. Doch trotz gelegentlicher Irritationen konnte DIE ZEIT 1975 feststellen: "Der deutsch-deutsche Dialog klappt auch ohne formelle Partnerschaft."[14]
Kampf um die "Schule für Alle"
Bereits seit 1968 kämpfte die Kieler SPD für eine integrierte Gesamtschule in Mettenhof. Mit ihrer Ratsmehrheit beauftragte sie den Magistrat, bei der CDU-Landesregierung eine entsprechende Genehmigung einzuholen. Der Ortsverein Mettenhof/Hasseldieksdamm lud die Anwohner zu Informationsveranstaltungen ein. Die Landtagsfraktion unterstützte mit einem eigenen Antrag. Trotz einer Zusage des Ministerpräsidenten konnte sich die CDU-Mehrheit im Landtag jedoch nicht zu einer Zustimmung durchringen.
Am 27. August 1970 beschloss die Ratsversammlung die Einrichtung einer integrierten Gesamtschule in Friedrichsort. In mühseligen Verhandlungen musste sie der CDU-Landesregierung abgetrotzt werden - landesweit war es erst die zweite Schule dieser Art. Karl Heinz Luckhardt schrieb 1978:
- "Nach den Vorstellungen der Kieler Sozialdemokraten ist die "Integrierte Gesamtschule Kiel-Friedrichsort" Modell für die Neugliederung des Schulwesens in der Landeshauptstadt. Wir halten diese Schulform für das System, das Freiheit, Gleichheit und Solidarität - und damit gleiche Lebenschancen - verwirklichen kann. Die ersten sehr guten Erfahrungen haben gezeigt, wie man aus der bildungspolitischen Sackgasse des dreigliedrigen Schulsystems herauskommen kann."[15]
Die IGS Kiel-Friedrichsort wurde 1975 eingeweiht. Der Schulneubau bot 42 Klassen mit 1260 Schülern Platz für innovatives Lernen.
Nach der Landtagswahl 1971 war Kiel mit acht Abgeordneten im Landtag vertreten: Karl Heinz Luckhardt für Kiel-Nord, Alfred Prezewowsky für Kiel-West, Jochen Steffen für Kiel-Ost, Leo Langmann für Kiel-Süd, Rosemarie Fleck für Kiel-Mitte sowie Manfred Hansen, Hans Gerhard Ramler und Hans Schwalbach über die Landesliste.
Die Olympischen Spiele 1972
Die Ausrichtung der Segelwettbewerbe der Olympischen Spiele 1972 bestätigte nicht nur Kiels internationalen Ruf als führende Segelstadt. Olympia löste auch eine rege Bautätigkeit aus und brachte die Stadtentwicklung und die Anbindung an das überregionale Verkehrsnetz voran. Damals wurden das Olympiazentrum in Schilksee und der ZOB am Hauptbahnhof gebaut, im Kieler Opernhaus die letzten zerstörungsbedingten Einschränkungen beseitigt, die Kiellinie angelegt, der Rathausplatz umgestaltet und die Fußgängerzone Holstenstraße um den Alten Markt an der Nikolaikirche erweitert. Außerdem erhielt Kiel endlich (und in letzter Minute) eine Autobahnanbindung; nach Norden wurde die Prinz-Heinrich-Brücke über den Nord-Ostsee-Kanal durch eine moderne Brücke ergänzt. Die SPD Kiel und ihr Oberbürgermeister Günther Bantzer trieben die Olympia-Bewerbung maßgeblich voran und gestalteten die Modernisierung der Stadt. Günther Bantzer hatte keine Zweifel:
- "Die ganzen Investitionen mit Hilfen von Bund und Land haben Kiel auf einen Schlag um Jahrzehnte vorangebracht. Aus der Provinzstadt wurde plötzlich so etwas ähnliches wie eine Metropole."[16]
Integration wird wieder eine Herausforderung
Nach den Kriegsflüchtlingen hat Kiel seit 1960 eine weitere Gruppe Neubürger bekommen: Die Gastarbeiter: "In Kiel leben über 13000 Ausländer, davon über 60 Prozent aus der Türkei. Ein großer Teil der Ausländer wird und will auf Dauer oder zumindest langfristig in der Bundesrepublik bleiben," stellt die SPD Kiel im Programm zur Kommunalwahl 1982 fest. "Deshalb ist die Eingliederung der Ausländer in unsere Gesellschaft ein wichtiges gesellschaftspolitisches Ziel, dem sich niemand entziehen kann." Die Ausländer sollten an der Gestaltung der Gesellschaft beteiligt werden - vor allem kämpfte die Kieler SPD mit der CDU-Landesregierung um Flexibilität im Schulwesen, damit es nicht zu reinen Ausländerklassen komme. Auch für Gaarden forderte sie deswegen eine Gesamtschule und eine bessere Verteilung der Bürger mit Migrationshintergrund über das gesamte Stadtgebiet: "Die Konzentration von Ausländern in wenigen Wohngebieten entspricht weder dem Wunsch der deutschen noch der ausländischen Bewohner. Auf die Wohnungsbaugesellschaften muß deswegen eingewirkt werden, daß ausländische Familien entsprechend ihrer besonderen Problemlage bei der Wohnungsvergabe angemessen berücksichtigt werden."[17]
1984 beschloss die Kieler SPD umfangreiche Perspektiven der Ausländerpolitik in Kiel.[18]
1990er Jahre
Ende der 1990er Jahre führte die SPD-geführte Landesregierung die Direktwahl für Bürgermeister und Landräte ein. Norbert Gansel, der Kiel seit 1972 im Bundestag vertrat, kandidierte für die SPD. Am 26. Mai 1997 wählten ihn die Kielerinnen und Kieler im ersten Wahlgang mit 61% der Stimmen zum Oberbürgermeister. In seine Amtszeit fiel unter anderem die Entwicklung der Hörn. Der Teilverkauf der Stadtwerke Kiel und der Verkauf der Kieler Wohnungsbaugesellschaft dienten der (kurzfristigen) Sanierung des städtischen Haushalts. Zudem verbesserte Norbert Gansel nachhaltig das Verhältnis der Stadt zur Bundeswehr und zur Universität. Mit der - wenn auch erfolglosen - Olympiabewerbung für 2012 polierte er Kiels Image als internationale Segelstadt weiter auf.[19]Die Wahlrechtsreform machte es auch möglich, dass die gebürtige Dänin Cathy Kietzer für die Ratsversammlung kandidieren und 1998 und 2008 sogar zur Stadtpräsidentin gewählt werden konnte.
Das 21. Jahrhundert
Das neue Jahrhundert begann unerfreulich für die SPD. Neben der "Großwetterlage" führten in Kiel Konflikte zwischen Oberbürgermeister, Ratsfraktion und Kreispartei, die auch in die Öffentlichkeit drangen, zum Verlust der Kommunalwahl und der OB-Wahl mit dem Kandidaten Jürgen Fenske; Kiel wurde fünf Jahre lang von einer schwarz-grünen Koalition und einer CDU-Oberbürgermeisterin regiert. In der Opposition schärfte die "Stadt-Partei" ihr Profil und konnte nach der Kommunalwahl 2008 zusammen mit den Grünen wieder die Mehrheit bilden.Am 15. März 2009 wurde dann Torsten Albig mit 52,1% der Stimmen im ersten Wahlgang gegen die Amtsinhaberin zum Kieler Oberbürgermeister gewählt.
Parteijubiläum
Die Feiern zum 150jährigen Bestehen der SPD eröffnete Parteivorsitzender Sigmar Gabriel mit einer Rede in Kiel am 7. März 2013. Auch aus dem Kreisverband beteiligten sich Gliederungen und Personen mit eigenen Aktionen, nicht zuletzt zum "Tag der Ortsvereine", aber auch schon mit Blick auf den Kommunalwahlkampf. Viele Aktionen sind dokumentiert unter Kreisverband Kiel - 150 Jahre SPD.
Mitgliederentwicklung
Die Kieler SPD war immer eine Mitgliederpartei. Die Mitgliederverluste der letzten Jahre stellen keine Kieler Besonderheit dar. Sie korrespondieren mit der Mitgliederentwicklung der Parteien insgesamt. Mittlerweile gibt es wieder einen positiven Trend. Er begann - bundesweit - mit der Nominierung von Martin Schulz zum Kanzlerkandidaten im Januar 2017. Ende 2017 zählte der Kreisverband 1629 Mitglieder, 80 mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres - ein Zuwachs wie seit den Zeiten von Willy Brandt nicht mehr. [20] Selbst verlorene Wahlen konnten diese Entwicklung nicht stoppen. 2018 blieb die Zahl der Mitglieder nahezu unverändert. Auch eine stabile Größe: Ein Drittel von ihnen sind Frauen.
- 1954 - 2346 Mitglieder [21]
- 1963 - 8092 Mitglieder (2736 w = 33,8%, 5356 m = 66,2%)[22]
- 1968 - 6038 Mitglieder [23]
- 1969 - 4550 Mitglieder
- 1971 - 4801 Mitglieder
- 1977 - 4055 Mitglieder
- 1986 - 3647 Mitglieder [24]
- 1987 - 3671 Mitglieder [25]
- 1988 - 3816 Mitglieder (1309 w = 34,3%, 2507 m = 65,7%) [26]
- 1989 - 3803 Mitglieder (1317 w = 34,6%, 2486 m = 65,4%) [27]
- 1990 - 3692 Mitglieder (1277 w = 34,6%, 2415 m = 65,4%) [28]
- 1991 - 3537 Mitglieder (1249 w = 35,3%, 2288 m = 64,7%) [29]
- 1994 - 3072 Mitglieder (1090 w = 35,5%, 1982 m = 64,5%) [30]
- 1995 - 2831 Mitglieder (1024 w = 36,2%, 1807 m = 63,8%) [31]
- 1997 - 2571 Mitglieder [32]
- 1998 - 2562 Mitglieder [33]
- 2000 - 2362 Mitglieder (852 w = 36,1%, 1510 m = 63,9%) [34]
- 2015 - 1553 Mitglieder (527 w = 33,9%, 1026 m = 66,1%) [35]
- 2016 - 1549 Mitglieder (534 w = 34,5%, 1015 m = 65,5%) [36]
- 2017 - 1629 Mitglieder (550 w = 33,8%, 1079 m = 66,2%) [37]
- 2018 - 1628 Mitglieder (548 w = 33,7%, 1080 m = 66,3%) [38]
Literatur
- Brecour, Wilhelm: Die Sozialdemokratische Partei in Kiel. Ihre geschichtliche Entwicklung (Kiel o. J. [1932]) (Neudruck in Zur Geschichte der Kieler Arbeiterbewegung, Kiel 1983)
- Fischer, Rolf: "Der Bahn, der kühnen, folgen wir ...". Stephan Heinzel und der Aufstieg der Kieler SPD (Geschichte der Kieler Sozialdemokratie Band I, 1863-1900)(Malente 2010) ISBN 3-933862-42-6
- Fischer, Rolf: Mit uns die neue Zeit! Kiels Sozialdemokratie im Kaiserreich und in der Revolution (Geschichte der Kieler Sozialdemokratie Band 2, 1900-1920)(Kiel 2013) ISBN 978-3-86935-196-4
- Fischer, Rolf: Die dunklen Jahre. Kiels Sozialdemokratie im Nationalsozialismus (Geschichte der Kieler Sozialdemokratie Band 4, 1930-1945)(Kiel 2017)
- SPD-Kreisverband Kiel (Hrsg.): 1863-1978. 115 Jahre Sozialdemokratie. Festschrift der Kieler Sozialdemokraten (Kiel 1978)
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- StadtpräsidentInnen: Ida Hinz | Rolf Johanning | Cathy Kietzer | Hermann Köster | Silke Reyer | Max Schmidt | Hans-Werner Tovar
- Landtagsabgeordnete: Torsten Albig | Gert Börnsen | Anne Brodersen | Rolf Fischer | Rosemarie Fleck | Andreas Gayk | Manfred Hansen | Bernd Heinemann | Leo Langmann | Joachim Lohmann | Karl Heinz Luckhardt | Wilhelm Marschner | Serpil Midyatli | Klaus-Dieter Müller | Alfred Prezewowsky | Hans Gerhard Ramler | Rolf Schroedter | Hans Schwalbach | Heide Simonis | Walter Stams | Jochen Steffen | Özlem Ünsal | Jürgen Weber
- Bundestagsabgeordnete: Fritz Baade | Hans-Peter Bartels | Norbert Gansel | Hans Müthling | Mathias Stein
Orte
Quellen
- ↑ Martens, Holger: SPD in Schleswig-Holstein 1945-1959 (Malente 1998), S. 33
- ↑ Martens, Holger: SPD in Schleswig-Holstein 1945-1959 (Malente 1998), S. 37
- ↑ SPD-Kreisverband Kiel (Hrsg.): Sozialdemokratie, S. 21
- ↑ Gertrud Völcker: Erinnerungen - 50 Jahre Öffentlichkeitsarbeit, Bd. I (Unveröff. Typoskript, Kiel 1974), S. 47
- ↑ SPD-Kreisverband Kiel (Hrsg.): Sozialdemokratie, S. 21
- ↑ So Kreisvorsitzender Rolf Fischer 2005 in seiner Rede zur Mitgliederehrung und zur Erinnerung an die Wiedergründung der Partei 1945.
- ↑ Vgl. Rickers: Erinnerungen, S. 271
- ↑ Burmeister, Robert: 25 Jahre Mettenhof (Kiel 1990)
- ↑ Voß, Steffen: Großwohnsiedlungen und ihre Stigmatisierung (2004), S. ?
- ↑ SPD-Kreisverband Kiel (Hrsg.): Sozialdemokratie, S. 28 f.
- ↑ SPD-Kreisverband Kiel (Hrsg.): Sozialdemokratie, S. 28 f.
- ↑ Zahlreiche Berichte in den KN im Oktober 1971.
- ↑ Das Tor wurde weit aufgemacht, KN, 10.10.1972
- ↑ Rainer Burchardt: Ostseewoche in Rostock: Dialog klappt, DIE ZEIT, 18.7.1975
- ↑ SPD-Kreisverband Kiel (Hrsg.): Sozialdemokratie, S.
- ↑ Olympischer Schluck aus der Pulle, Kieler Nachrichten, 2.9.2012
- ↑ SPD Kiel (Hrsg.): Perspektiven: Kommunalpolitisches Programm der Kieler SPD, beschlossen vom Kreisparteitag am 1.11.1981
- ↑ SPD Kiel (Hrsg.): Kommunalpolitische Perspektiven der Ausländerpolitik in Kiel, beschlossen vom Kreisparteitag am 31.3.1984
- ↑ kiel.de Kiel gratuliert: Alt-Oberbürgermeister Norbert Gansel wird 75, 570/3. August 2015/ang
- ↑ Kieler Nachrichten, 21.2.2017, S. 25
- ↑ Steffen-Gutachten, AdsD/SH-14
- ↑ Schleswig-Holsteinische Volkszeitung 21.1.1963
- ↑ Schleswig-Holsteinische Volkszeitung, 5.2.1968
- ↑ Jahresbericht SPD-Kreisverband Kiel 1991/1992
- ↑ Jahresbericht SPD-Kreisverband Kiel 1991/1992
- ↑ Jahresbericht SPD-Kreisverband Kiel 1991/1992
- ↑ Jahresbericht SPD-Kreisverband Kiel 1991/1992
- ↑ Jahresbericht SPD-Kreisverband Kiel 1991/1992
- ↑ Jahresbericht SPD-Kreisverband Kiel 1991/1992
- ↑ Jahresbericht zum Kreisparteitag am 4.3.1995
- ↑ Jahresbericht zum Kreisparteitag am 1.6.1996
- ↑ Bericht des Schatzmeisters vom 12.9.2000
- ↑ Bericht des Schatzmeisters vom 12.9.2000
- ↑ Bericht des Schatzmeisters vom 12.9.2000
- ↑ SPD-Landesvorstand: Stark im Norden. Bericht zum ordentlichen Landesparteitag am 14. und 15. März 2015 in Neumünster, S. 14
- ↑ Stand am 31.12.2016, Mavis, Mitgliederverwaltung der SPD
- ↑ Stand am 31.12.2017, Mavis, Mitgliederverwaltung der SPD
- ↑ Stand am 31.12.2018, Mavis, Mitgliederverwaltung der SPD
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