Julius Leber: Unterschied zwischen den Versionen

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<blockquote>"durch die etablierte Eliten bestätigt und der Aufstieg neuer, jüngerer Kräfte erschwert wurde. L. war überzeugt von der hohen Bedeutung charismatischer Führerpersönlichkeiten in der Politik; das wird gerade da besonders deutlich, wo er führende Kräfte seiner Partei in scharfer Form kritisiert. [...] L.s kritische Überlegungen haben auf Grund der historischen Entwicklung die SPD der Weimarer Zeit kaum entscheidend verändern können. Auswirkungen seiner Reformbemühungen werden jedoch im Godesberger Programm der SPD von [[1959]] spürbar."<ref name=":4" /></blockquote>
<blockquote>"durch die etablierte Eliten bestätigt und der Aufstieg neuer, jüngerer Kräfte erschwert wurde. L. war überzeugt von der hohen Bedeutung charismatischer Führerpersönlichkeiten in der Politik; das wird gerade da besonders deutlich, wo er führende Kräfte seiner Partei in scharfer Form kritisiert. [...] L.s kritische Überlegungen haben auf Grund der historischen Entwicklung die SPD der Weimarer Zeit kaum entscheidend verändern können. Auswirkungen seiner Reformbemühungen werden jedoch im Godesberger Programm der SPD von [[1959]] spürbar."<ref name=":4" /></blockquote>


Bei Peter Merseburger findet sich in klareren Worten "Julius Lebers sarkastisches Urteil über die Nachwuchsauslese der SPD, welche [er] unter die 'Todesursachen der Sozialdemokratie' einreihte, als er [[1933]] in der Gefängniszelle über das Versagen seiner Partei nachsann: 'Nur wer Gewähr bot, daß er treu und brav Disziplin hielt, wer weder nach oben noch nach unten anstieß, der wurde hereingelassen. Gute geistige Mittelmäßigkeit und einexerzierte Routine beherrschten weit und breit das Feld, und die Macht der Instanzen sorgte dafür, daß der Weg nach oben sich nur auf diesem Felde öffnete.'"<ref>Merseburger, Peter: ''Der schwierige Deutsche. Kurt Schumacher. Eine Biographie'' (Stuttgart 1995), ISBN 3-421-05021-X, S. 329</ref>
Bei Peter Merseburger findet sich in schonungsloseren Worten  
<blockquote>"Julius Lebers sarkastisches Urteil über die Nachwuchsauslese der SPD, welche [er] unter die 'Todesursachen der Sozialdemokratie' einreihte, als er [[1933]] in der Gefängniszelle über das Versagen seiner Partei nachsann: 'Nur wer Gewähr bot, daß er treu und brav Disziplin hielt, wer weder nach oben noch nach unten anstieß, der wurde hereingelassen. Gute geistige Mittelmäßigkeit und einexerzierte Routine beherrschten weit und breit das Feld, und die Macht der Instanzen sorgte dafür, daß der Weg nach oben sich nur auf diesem Felde öffnete.'"<ref>Merseburger, Peter: ''Der schwierige Deutsche. Kurt Schumacher. Eine Biographie'' (Stuttgart 1995), ISBN 3-421-05021-X, S. 329</ref></blockquote>


=== NS-Diktatur: Lübeck ===
=== NS-Diktatur: Lübeck ===

Version vom 27. Juli 2023, 00:01 Uhr

Julius Leber
Julius Leber
Julius Leber
Geboren: 16. November 1891
Gestorben: 5. Januar 1945

Dr. Hieronymus Julius Leber (auch Jules)[1], * 16. November 1891 in Biesheim (Elsass), † 5. Januar 1945 im Gefängnis Berlin-Plötzensee; Nationalökonom und Journalist. Mitglied der SPD seit 1912.

Leben & Beruf

Julius Leber wurde unehelich in Biesheim im Elsass geboren. Seine Mutter Katharina heiratete später den Maurer Jean Leber, der ihn adoptierte.

Wesentlich geprägt wurde er auch vom Großvater, der sich eher als Franzose fühlte.[2] Auf Empfehlung des Ortsgeistlichen besuchte er ab 1902 die Höhere Bürgerschule im badischen Breisach und erhielt das "Einjährig-Freiwillige" (etwa Mittlere Reife). Daran schloss er 1908 eine kaufmännische Ausbildung in einer Tapetenfabrik an[3]. 1912 bestand er an der Oberrealschule in Freiburg/Breisgau sein Abitur. Schon zu dieser Zeit schrieb er seine ersten Zeitungsberichte, verdiente das Geld für den Schulbesuch auch mit Nachhilfeunterricht.[2]

Julius Leber kam aus einem katholischen Umfeld; später gehörte er dem reformorientierten Freimaurerbund "Zur aufgehenden Sonne" an.[4]

In Straßburg, später in Freiburg studierte er Nationalökonomie und Geschichte, bis er sich beim Beginn des 1. Weltkriegs freiwillig meldete. Er wurde zweimal verwundet und erlitt eine Gasvergiftung[2], wurde jedoch 1915 zum Leutnant und Batteriechef befördert; ihm wurde das Eiserne Kreuz 2. und 1. Klasse verliehen. Nach 1918 diente er weiterhin in der Reichswehr, als Batteriechef beim Grenzschutz im Osten.

Julius und Annedore Leber Foto: Annedore und Julius Leber Archiv

Weil er sich 1920 im Kapp-Putsch mit seiner Einheit auf die Seite der rechtmäßigen Regierung stellte, entließ ihn die Reichswehr ungeachtet seines Protestes. Er entging nur knapp der standrechtlichen Erschießung.[3]

Er nahm sein Studium in Freiburg wieder auf und wurde im Dezember 1920 zum Dr. rer. pol. promoviert. 1921 zog er nach Lübeck.

Am 21. November 1927 heirateten er und Annedore Rosenthal, zunächst gegen den Willen des Vaters Georg Rosenthal, der das Katharineum zu Lübeck leitete. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor, Tochter Katharina und Sohn Mathias.[5]

In Lübeck lebte Julius Leber zunächst in der Breiten Straße 22; das Haus wurde 1965 abgerissen. Nach seiner Heirat bezog das Ehepaar ein Haus in der Gertrudenstraße 4, das heute noch steht. Im Lübecker Adressbuch wurde er zunächst als "Julius Leber" geführt, ab 1926 als "Jules Leber".[6]

Partei & Politik

Bereits als Schüler trat Julius Leber 1912 in die SPD ein.[2] Am 15. März 1921 begann er seine Tätigkeit in der Redaktion des sozialdemokratischen Lübecker Volksboten[7] und übernahm im selben Jahr die Chefredaktion. So wurde er später auch Mentor des jungen Herbert Frahm.[8]

Julius Leber, ca. 1920

Schon im Herbst 1921 wurde er in die Lübecker Bürgerschaft gewählt, der er bis 1933 angehörte. In dieser Zeit wandelte er sich vom Anhänger marxistischer Theorien zum reformorientierten Sozialdemokraten. Er bekämpfte die deutschnationale Stadtspitze und trug dazu bei, dass 1926 als erster Sozialdemokrat Paul Löwigt zum Bürgermeister gewählt wurde. Sein Hauptanliegen

"war die Festigung der Republik von einer zunächst eher linksorientierten aktivistischen Position aus. Auffällig war die starke Betonung der Bedeutung republikanischer Symbole bei ihm. L. vertrat gegenüber der Politik seiner Partei eine kritische Einstellung, bemängelte zu große Kompromißbereitschaft und Vernachlässigung der an Marx orientierten Grundsätze der Parteitheorie. Erst seit 1923 löste er sich von dieser ideologischen Position und vertrat immer offener die These, daß gerade die Bindung an diese Theorie ein Hemmnis für eine aktive Mitgestaltung der Republik durch die SPD sei."[9]

Ab 1924 vertrat er Lübeck als Mitglied des Reichstages für den Wahlkreis 35 (Mecklenburg). Hier beschäftigte er sich vorwiegend mit Wehrpolitik.[10]

"Er arbeitete an dem Entwurf der 1929 von der SPD verabschiedeten Richtlinien zur Wehrfrage mit. Sein Ziel war, 'zwischen Arbeiterschaft, Republik und Reichswehr so etwas wie ein gemeinsames Fundament herzustellen'. Dabei kritisierte er gleichermaßen das Selbstverständnis der Reichswehr als 'Staat im Staate' wie wehrfeindliche Strömungen innerhalb seiner eigenen Partei."[11]

Innerparteilich setzte er sich dafür ein, die Führungsauslese der Partei zu verändern,

"durch die etablierte Eliten bestätigt und der Aufstieg neuer, jüngerer Kräfte erschwert wurde. L. war überzeugt von der hohen Bedeutung charismatischer Führerpersönlichkeiten in der Politik; das wird gerade da besonders deutlich, wo er führende Kräfte seiner Partei in scharfer Form kritisiert. [...] L.s kritische Überlegungen haben auf Grund der historischen Entwicklung die SPD der Weimarer Zeit kaum entscheidend verändern können. Auswirkungen seiner Reformbemühungen werden jedoch im Godesberger Programm der SPD von 1959 spürbar."[11]

Bei Peter Merseburger findet sich in schonungsloseren Worten

"Julius Lebers sarkastisches Urteil über die Nachwuchsauslese der SPD, welche [er] unter die 'Todesursachen der Sozialdemokratie' einreihte, als er 1933 in der Gefängniszelle über das Versagen seiner Partei nachsann: 'Nur wer Gewähr bot, daß er treu und brav Disziplin hielt, wer weder nach oben noch nach unten anstieß, der wurde hereingelassen. Gute geistige Mittelmäßigkeit und einexerzierte Routine beherrschten weit und breit das Feld, und die Macht der Instanzen sorgte dafür, daß der Weg nach oben sich nur auf diesem Felde öffnete.'"[12]

NS-Diktatur: Lübeck

Am 31. Januar 1933 kam es auch in Lübeck im Rahmen des Fackelzuges anlässlich der Machtübertragung an Hitler zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den rechtsgerichteten Kräften auf der einen und Reichsbanner und Antifaschistischer Aktion auf der anderen Seite. In den Morgenstunden des 1. Feburar wurden Julius Leber und seine Begleiter in der Großen Burgstraße von Nazis angegriffen. Julius Leber trug schwere Gesichtsverletzungen davon; sein Begleiter verletzte in Notwehr einen der Angreifer so schwer, dass dieser starb. Der Lübecker Volksbote berichtete:

"Die Morddrohungen, mit denen unser Reichstagsabgeordneter Genosse Leber seit Jahr und Tag verfolgt wird, hätten heute nacht um ein Haar ihre verbrecherische Erfüllung gefunden. Nur einem glücklichen Zufall ist es zu verdanken, daß der aufs rechte Auge gezielte Messerstich eines Nazibanditen um einen Zentimeter das Ziel verfehlte und Genosse Leber mit einer ernsten, aber nicht lebensgefährlichen Verletzung am Nasenbein davonkam.

[...] Gegen 3 Uhr nachts ging der Genosse Leber, der sich den Abend über im Gewerkschaftshaus aufgehalten hatte, nach seiner vor dem Burgtor gelegenen Wohnung, begleitet von den Jungbannerkamaraden Braasch und Rath. An der Ecke Breite Straße und Beckergrube wurden die drei von dem, Leber übrigens vollkommen unbekannten Nazi Schwohn angerempelt. Sie setzten unbekümmert ihren Weg fort. Als sie vor dem Gerichtsgebäude waren, ertönten plötzlich Pfiffe. Aus einem Auto, das vor ihnen hielt, sprang Schwohn mit einer Anzahl von SA-Leuten. Gleichzeitig stürmten aus den umliegenden Wirtschaften andere Nazis, die dort offenbar Hitlers Regierungsantritt feierten.
Genosse Leber hörte gerade noch einen Nazi, wahrscheinlich Schwohn, rufen: 'Von den Hunden darf keiner lebendig davonkommen' und den Gegenruf Raths: 'Lasst uns in Ruhe, sonst gibts ein Unglück', dann hatte er [Leber] den Stich weg und konnte, blutüberströmt, die weiteren Vorgängen nicht mehr beobachten. [...]

Inzwischen war von dem Gen. Rath, der sich offenbar mit einem Messer seiner Haut wehrte, der SA-Mann Brüggmann verwundet worden. Er ist noch in der Nacht seinen Verletzungen erlegen. Daß Rath in äußerster Notwehr gehandelt hat, ist nicht zu bezweifeln. Trotzdem wurde er ins Untersuchungsgefängnis eingeliefert."[13]

Auch Julius Leber - dessen Immunität als Mitglied des Reichstages ignoriert wurde - kam in Untersuchungshaft. Der Lübecker Volksbote zitierte auch den ihr offenbar vorliegenden Polizeibericht, ganz aus der Sicht seines Widersachers geschrieben. Der Bericht lese sich wie in der NSDAP-Zentrale verfasst, befand die Zeitung.[13]

Julius Leber am 19.2.1933 bei seinem letzten Auftreten vor der Lübecker Arbeiterschaft Foto: Julius und Annedore Leber Archiv

Die Verhaftungen von Julius Leber und Willi Rath waren der Anlass für die letzten großen offenen Protestaktionen der Lübecker Arbeiterbewegung und der Eisernen Front gegen die Nationalsozialisten. Nach spontanen Protesten, einem Generalstreik am 3. Februar und Massenkundgebungen vor dem Lübecker Gewerkschaftshaus wurde Julius Leber am 16. Februar gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt.

"Am 19. Februar fuhr er vom Krankenhaus zu der Kundgebung der Eisernen Front auf dem Burgfeld. Mit verbundenem Auge trat er vor mehr als 15 000 Menschen auf, konnte aber auf Grund seiner Verletzung nicht sprechen. Sein Freund Fritz Solmitz hielt die Ansprache. Es war die letzte antinationalsozialistische Massenkundgebung."[14]

"Er kann zwar kaum sprechen, ruft aber den Versammelten ein letztes „Freiheit!“ zu."[15]

NS-Diktatur: Berlin

Am 23. März verhafteten die Nazis Julius Leber erneut, beim Betreten der Kroll-Oper in Berlin auf dem Weg zur Reichstagsabstimmung über das "Ermächtigungsgesetz". Am 27. Mai wurde er als "geistiger Urheber" der Tat von Willi Rath zu 20 Monaten Gefängnis verurteilt. Dieser selbst erhielt nur ein Jahr Haft.

Davor gab es offenbar mindestens einen Versuch der Nazis, das "Problem" ohne Gerichtsverhandlung zu lösen. Annedore Leber berichtete später, zwei SA-Männer hätten ihren Mann schon am 8. Mai aus dem Lübecker Gefängnis abgeholt:

"Auf weiter Strecke, fern von jedem Getriebe, hielt das Auto an. Er bekam den Befehl, auszusteigen. Doch keine Drohung erschütterte ihn in seiner Ruhe und Beharrlichkeit, mit der er darauf bestand, im Wagen sitzen zu bleiben. Schließlich nahmen seine Begleiter wieder im Wagen Platz."[16]

Nach Ende seiner Haftzeit wurde Julius Leber 1935 nicht freigelassen, sondern in den KZ Esterwegen und Sachsenhausen festgehalten, bis seine Frau im Mai 1937 endlich seine Freilassung erreichen konnte. Über Gustav Dahrendorf wurde er Teilhaber einer Kohlenhandlung in Berlin-Schöneberg, die als Tarnung für seine Widerstandsaktivitäten diente.[17] Ab 1943 pflegte er Kontakte sowohl zum militärischen Widerstand um Graf von Stauffenberg und zum "Kreisauer Kreis" um Graf von Moltke und Carl Goerdeler, von denen er als künftiger Innenminister vorgesehen war, als auch zum kommunistischen Widerstand. In diesen Jahren ernährte Annedore Leber ihre Familie; sie hatte an ein nicht beendetes Jurastudium eine Schneiderlehre angeschlossen und in Berlin auch ihre Meisterprüfung abgelegt.[5]

Auch zu alten Freunden hielt Julius Leber trotz aller Bedrohung Kontakt. Am 6. Juni 1944 nahm er an der in aller Stille organisierten Umbettung seines 1935 verstorbenen Freundes Wilhelm Poller auf den Kieler Urnenfriedhof teil.[18] Vorher besuchten die sechs Beteiligten, zu denen auch der Sohn Walter Poller und der Freund Theodor Haubach gehörten, die Gräber der Revolutionsopfer auf dem Eichhof.[19]

Am 5. Juli 1944, noch vor dem Attentat auf Hitler, wurde Julius Leber nach einem Gespräch mit Vertretern der Widerstandsgruppe um Anton Saefkow und Franz Jacob, an dem ein NS-Spitzel teilnahm, von den Nazis erneut verhaftet und im KZ Ravensbrück gefangen gehalten. Dort traf ihn Isa Vermehren, die ihn aus Lübeck kannte:

"Er sah grau aus und alt, wie immer lag dieser trotzige, entschlossene Zug um seinen Mund, und der Ausdruck seiner Augen war voll resignierter Traurigkeit. Er sagte gleich, daß für ihn nichts zu hoffen sei, fand aber, an der Größe des Unternehmens gemessen, den Einsatz des eigenen Lebens nur entsprechend und bat mich, auch seiner Frau in diesem Sinne Grüße zu sagen. [Ebenso] trug er mir Grüße auf an die Lübecker Arbeiterschaft, sie sollten treu bleiben und nie die gute, gemeinsame Sache verraten."[20]

Für seine Verhandlung vor dem "Volksgerichtshof" unter Roland Freisler wurde er am 14. Oktober 1944 in das berüchtigte "Hausgefängnis" der Gestapo-Zentrale an der Prinz-Albrecht-Straße in Berlin gebracht[21] und vermutlich schwer misshandelt. Der "Volksgerichtshof" verurteilte ihn am 20. Oktober zum Tode. Am 5. Januar 1945 wurde er in der Haftanstalt Berlin-Plötzensee erhängt.

Kurz vor seiner Ermordung schrieb Julius Leber an seine Freunde:

"Für eine so gute und gerechte Sache ist der Einsatz des eigenen Lebens der angemessene Preis. Wir haben getan, was in unserer Macht gestanden hat. Es ist nicht unser Verschulden, dass alles so und nicht anders ausgegangen ist."[22]

Annedore Leber und die Kinder wurden in "Sippenhaft" genommen, aber Ende September 1944 wieder freigelassen.[5]

Sein Schicksal war in Lübeck lange Zeit nicht bekannt. Noch in einer Trauerrede für die Todesopfer aus Lübeck Mitte September 1945 äußert Polizeipräsident Otto Passarge Hoffnung:

"Nachdem die Namen der Toten verklungen waren, gedachte Präsident Passarge noch des alten Mitstreiters Dr. Leber, über dessen Schicksal aber noch nichts Genaues bekannt sei. Es bestände Hoffnung, daß er noch am Leben sei. Der Redner fand dann aufrüttelnde Worte der Ermunterung für die Lebenden, die er aufrief, mit aller Kraft für das Ziel zu arbeiten, für das die Toten gestorben sind."[23]

Ehrungen

Briefmarke von 1991 mit einem Porträt von Julius Leber anläßlich seines 100. Geburtstags

Nach Ende der NS-Herrschaft wurde Julius Leber auf dem Waldfriedhof Berlin-Zehlendorf in einem Ehrengrab des Landes Berlin beigesetzt (Abt.XVI-W-701/702), nach ihrem Tod zusammen mit Annedore Leber.

Zu seinem 100. Geburtstag 1991 brachte die Deutsche Bundespost eine Sondermarke im Wert von 1 DM mit seinem Porträt beim Auftreten vor dem "Volksgerichtshof" heraus.

Auf Initiative von Annedore Leber wird die Erinnerung auch auf dem Grundstück der 1944 durch einen Bombentreffer zerstörten Kohlenhandlung weiter gepflegt. 1950 ließ sie ein neues Haus, die "Baracke", errichten, das heute den Lern- und Gedenkort Annedore und Julius Leber beherbergt.

Zudem wird bis heute durch eine Vielzahl von Straßen-, Schul- und anderen Benennungen die Erinnerung wachgehalten. Unter anderem sind in Itzehoe, Kiel (seit 24. Mai 1983), Lübeck und Wedel Straßen nach ihm benannt, im Lübecker Stadtteil St. Lorenz Nord auch eine Schule.

Auf dem Ehrenfriedhof der zentralen Gedenkstätte für Opfer der Weltkriege in Lübeck steht ein Gedenkstein mit dem auf einer Kupferplatte eingravierten Spruch:

"Aufrecht geht mir beizeiten

o Brüder"

(Friedrich Nietzsche, "Also sprach Zarathustra")

Seit dem 26. Februar 1992 erinnern in Berlin vor dem Reichstag 96 Gedenktafeln an von den Nationalsozialisten ermordete Reichstagsabgeordnete; eine davon ist Julius Leber gewidmet.

Seit einigen Jahren pflegt auch das von der Enkelin Julia Heinemann gegründete Julius und Annedore Leber Archiv die Erinnerung an dieses außergewöhnliche Ehepaar.

Stimmen

  • "Die entscheidende Antwort auf die eigene Frage nach dem positiven Ziel hat Julius Leber durch die Tat gegeben, die Tat als politischer Mensch, die er mit dem Tod besiegelt hat. Sein ganzes Leben war Tat. Getrieben aus innersten sittlichen Kräften, lebendiger Wille dazu, so stand er zu allen Zeiten im Leben: Als Soldat, als Politiker, als Mensch." (Gustav Dahrendorf) [3]

Veröffentlichungen

  • Ein Mann geht seinen Weg. Schriften, Reden, Briefe (Berlin-Schöneberg 1952). Mit einem Vorwort von Gustav Dahrendorf
  • Schriften, Reden, Briefe (1920–45) (München 1976). Hrsg. v. D. Beck u. W. F. Schoeller, mit einem Vorwort von Willy Brandt und einer Gedenkrede von Golo Mann
  • u. a.

Literatur & Links

Einzelnachweise

  1. Zu den Vornamen vgl. Gedenkort - Vor 130 Jahren wurde Julius Leber geboren, abgerufen 28.11.2022
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Gedenkort - Vor 130 Jahren wurde Julius Leber geboren, abgerufen 28.11.2022
  3. 3,0 3,1 3,2 Pollähne, Lothar: Julius Leber: Der Unbeugsame gegen Hitler, vorwaerts.de, 5.1.2021
  4. Goeller, Tom: Freimaurer- Aufklärung eines Mythos (Berlin 2006), ISBN 978-3-89809-071-1, S. 130
  5. 5,0 5,1 5,2 Wikipedia: Annedore Leber, abgerufen 13.3.2021
  6. Gedenkort - Spurensuche in Lübeck, abgerufen 13.3.2021
  7. Gedenkort - Julius Leber als Journalist, abgerufen 13.3.2021
  8. Altenmüller, Irene: Willy Brandt: Aufgewachsen im Arbeitermilieu, NDR Info, 11.12.2013
  9. Beck: Julius Leber, S. 18 f.
  10. Reichstagshandbuch, 3. Wahlperiode (Berlin 1924), S. 298
  11. 11,0 11,1 Beck: Julius Leber, S. 19
  12. Merseburger, Peter: Der schwierige Deutsche. Kurt Schumacher. Eine Biographie (Stuttgart 1995), ISBN 3-421-05021-X, S. 329
  13. 13,0 13,1 Nächtlicher Ueberfall auf Gen. Leber, Lübecker Volksbote, 1. Februar 1933
  14. Gedenkort - Spurensuche in Lübeck: Der Überfall, abgerufen 13.3.2021
  15. Julius und Annedore Leber Archiv - Julius Leber, abgerufen 28.11.2022
  16. Zit. in Oddey, Markus: Ein Stück sozialdemokratische Lebenskultur. Der "Lübecker Volksbote" zwischen Weimarer Republik und "Drittem Reich", in: Demokratische Geschichte 16(2004), S. 118
  17. Gedenkort - Die Kohlenhandlung, abgerufen 28.11.2022
  18. Vgl. ... an einem 6. Juni in Kiel, VZ, 4.6.1960
  19. Fischer, Rolf: Der Kieler Polizeipräsident Wilhelm Poller - eine biografische Skizze. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Band 90, Heft 3 (2021), S. 161 f.
  20. Vermehren, Isa: Reise durch den letzten Akt, zit. in Wegner, Matthias: Ein weites Herz. Die zwei Leben der Isa Vermehren (München 2005), S. 166
  21. Stiftung Topographie des Terrors (Hg.): Das "Hausgefängnis" der Gestapo-Zentrale in Berlin (2. erw. Auflage Berlin 2006), ISBN 3-9807205-4-3, S. 224
  22. Kreisau-Initiative: Julius Leber, abgerufen 13.3.2021
  23. Feier für die Opfer des Faschismus 1945, Lübecker Post, 19.9.1945