Michael Bürsch
Michael Bürsch |
Dr. Michael Bürsch, * 3. Juni 1942 in Stettin, † 9. Dezember 2012 in Berlin. Mitglied der SPD seit 1974.
Werdegang
Michael Bürsch wuchs in Schleswig-Holstein auf. Er studierte an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel Jura; ein Kommilitone war Norbert Gansel.
Von 1975 bis 1983 war er in der Ministerialverwaltung des Bundes tätig, die ihn 1978 für ein Jahr an die deutsche UN-Vertretung in New York abordnete. Zwischen 1984 und 1987 war er Mitarbeiter von Helmut Schmidt.
Nach seiner Zeit als Staatssekretär in der Regierung von Björn Engholm arbeitete er von 1993 bis 1997 freiberuflich als Berater von Unternehmen und Verwaltungen, v. a. zu Reformprojekten im öffentlichen Dienst.
Von 1997 bis 2009 gehörte Michael Bürsch dem Bundestag an. Er trat wegen seiner schweren Krebserkrankung nicht wieder an, sondern war noch zwei Jahre als Dozent an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin im neu eingerichteten Studiengang Non-Profit-Management und Public Governance (Seminar Engagementpolitik) tätig.
Projekt Bürgergesellschaft
2005 war Michael Bürsch treibende Kraft bei der Gründung des "Centrum für Corporate Citizenship Deutschland" (CCCD). In ihrem Nachruf schreibt seine CCCD-Kollegin Dr. Susanne Lang:
- "Michael Bürschs großes Projekt war die Bürgergesellschaft, genauer: das Projekt einer demokratischen, solidarischen und beteiligungsoffenen Bürgergesellschaft, in das jede/r einbringen kann, was er/sie vermag, und in dem jeder Beitrag Gehör, Respekt und Anerkennung finden soll. Die Enquete-Kommission 'Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements', die Michael Bürsch geleitet hat, hat diese Idee als das 'Leitbild des bürgerschaftlichen Engagements' bestimmt, als ein 'Gemeinwesen, in dem die Bürgerinnen und Bürger auf der Basis gesicherter Grundrechte und im Rahmen einer politisch verfassten Demokratie durch das Engagement in selbstorganisierten Vereinigungen und durch die Nutzung von Beteiligungsmöglichkeiten die Geschicke des Gemeinwesens wesentlich prägen können'.
- Dieses Projekt Bürgergesellschaft hat Michael Bürsch immer als eine Aufgabe für alle Akteure im Gemeinwesen vorangetrieben: Es erfordert einen Staat, der das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern ebenso wie von Unternehmen weder ge- noch missbraucht, sondern konsequente Beteiligungsorientierung übt: die 'Weisheit der Vielen' sollte ebenso zu ihrem Recht kommen wie die praktischen Gestaltungsansprüche der Engagierten – Michael Bürsch wurde nicht müde, einer allzu selbstgenügsamen Staatlichkeit immer wieder genau diese Beteiligungsrechte abzuringen. Nur durch Partizipation entstehe Qualität, Legitimation und Akzeptanz von staatlichem Handeln."[1]
Politik
Landesregierung
- 1988-1993 Staatssekretär für Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein und Leiter der schleswig-holsteinischen Landesvertretung beim Bund im Kabinett Engholm
Bundestag
- 1997-2009 MdB, zunächst über die Landesliste (nachgerückt für Norbert Gansel), dann jeweils direkt gewählt im Wahlkreis 6 (Neumünster/Plön), den vor ihm Horst Jungmann vertrat. Seine Nachfolgerin Birgit Malecha-Nissen wurde 2009 nicht direkt gewählt.
- 1998-3. Mai 2002 Vorsitzender der Enquete-Kommission Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements
- 7. Mai 2003-2009 Vorsitzender des Unterausschusses Bürgerschaftliches Engagement
- 2006-2009 stellvertretender Sprecher der Fraktionsarbeitsgruppe Migration und Integration
Der Schwerpunkt der parlamentarischen Arbeit von Michael Bürsch lag auf der Förderung der Bürgergesellschaft. Er leitete außerdem maßgeblich die Erarbeitung des ÖPP-Beschleunigungsgesetzes (Gesetz zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich-Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen der Öffentlich-Privaten Partnerschaften, 2005), das wegen der offenen Einbeziehung zahlreicher Berater aus der Wirtschaft starker Kritik ausgesetzt war. Der ÖPP-Ansatz hat in der SPD nicht nur Freunde.
Sonstiges
Michael Bürsch war Mitglied u. a. in ver.di, im Beirat des Deutschen Feuerwehrverbandes und des Bundesverbandes Deutsche Tafeln. Er war Mitbegründer der Kampagne "Deutschland liest vor", des Centrum für Corporate Citizenship Deutschland (CCCD) und des Bundesnetzwerkes Bürgerschaftliches Engagement (BBE) und leitete den Arbeitskreis Bürgergesellschaft und Aktivierender Staat der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Veröffentlichungen
- Leitbild lebendige Bürgergesellschaft. Plädoyer für einen neuen Gesellschaftsvertrag zwischen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft (Friedrich-Ebert-Stiftung, Berlin 2002)
- Artikel in der Berliner Republik, u. a. Freiwillig an die Spitze. Wie sich unsere Gesellschaft durch die Modernisierung der Freiwilligendienste erneuern könnte (mit Frank S. Nebelung, br 3/2005) und Kleiner Grenzverkehr mit Lobbyisten (br 5/2006)
- Zivilgesellschaft und bürgerschaftliches Engagement in Russland (mit Susanne Lang, Alexandra Härtel, Berlin 2010)
- zahlreiche Beiträge zu Fragen des bürgerschaftlichen Engagements und zum Thema Neuer Gesellschaftsvertrag (vgl. Dt. Nationalbibliothek)
Videos
Rede von Dr. Michael Bürsch anlässlich der Verleihung des Ehrenpreises des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement für sein engagementpolitisches Lebenswerk zur Eröffnung der "Woche des bürgerschaftlichen Engagements" 2012 vom 24. September bis zum 3. Oktober 2012:
Links
- Abgeordnetenarchiv Deutscher Bundestag
- Landtagsinformationssystem
- Wikipedia
- Nachruf, Holsteinischer Courier, 17.12.2012
Quellen
- ↑ Dr. Susanne Lang: Das CCCD trauert um Dr. Michael Bürsch - ein Nachruf, abgerufen: 14. August 2014, 13:41