Arbeiterwohlfahrt: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Arbeiterwohlfahrt''' (kurz: ''AWO'') ist eine traditionell der SPD nahe stehende Wohlfahrtsorganisation.  
Die '''Arbeiterwohlfahrt''' (kurz: AWO, früher: AW) ist eine traditionell der SPD nahe stehende Wohlfahrtsorganisation, gegründet [[1919]], als im Gefolge des 1. Weltkrieges bittere Not in vielen Arbeiterfamilien herrschte.  


== Allgemeines ==
== Gründung ==
Die AWO wurde am [[13. Dezember]] [[1919]] auf Initiative von [[Marie Juchacz]] gegründet, die auch bis [[1933]] Reichsvorsitzende war. Die AWO war der einzige Wohlfahrtsverband, der vom NS-Regime verboten und aufgelöst wurde.
Die AWO wurde am [[13. Dezember]] [[1919]] auf Initiative von [[Marie Juchacz]] gegründet, die auch bis [[1933]] Reichsvorsitzende war. Damals war sie eine innerparteiliche Selbsthilfeorganisation, der sich alle sozialdemokratischen Männer und (vor allem) Frauen, die in der Wohlfahrtspflege tätig waren, anschlossen. Die Arbeiterwohlfahrt, "das Kind der Partei", wie sie damals von den Genossinnen und Genossen genannt wurde, wuchs schnell zu einer großen Organisation heran.


Die Unterstützung Not leidender Arbeiterfamilien im Geist der Arbeitersolidarität durch die Frauen hatte in der SPD Tradition. Genossinnen und Genossen sollten nicht auf bürgerlich-kirchliche Wohltätigkeit angewiesen sein, die in der Regel an degradierende Kontrolle geknüpft war. Im Vordergrund standen für die AWO zunächst Kinderschutz, Jugendwohlfahrt, Gesundheitsvorsorge und die materielle Versorgung der Familien, später durch die Zusammenarbeit mit der sozialistischen Jugendbewegung auch verstärkt pädagogische Arbeit.  
Die Unterstützung Not leidender Arbeiterfamilien durch die Frauen im Geist der Arbeitersolidarität hatte in der SPD Tradition. Genossinnen und Genossen sollten nicht auf bürgerlich-kirchliche Wohltätigkeit angewiesen sein, die in der Regel an degradierende Kontrolle geknüpft war. Die bürgerlichen Damen und Herren, die sich bisher "um das Wohl der Armen sorgten", taten wenig gegen die Ursachen der Armut. Und es vertrug sich auch nicht mit dem wachsenden Selbstbewußtsein der Arbeiterschaft und ihrer neuen gestaltenden Rolle im Staat, die eigenen Kräfte brach liegen zu lassen.<ref>SPD-Ortsverein Elmshorn: ''120 Jahre SPD Elmshorn. Eine Chronik'' (Elmshorn 1983)</ref>


Im deutschen Sozialstaat nach [[1945]] waren viele der früheren Aufgaben bald nicht mehr erforderlich; die enge organisatorische Verknüpfung der SPD zur AWO löste sich, ähnlich wie zu den [[Arbeitersport|Arbeitersportvereinen]] oder den [[Allgemeiner Konsumverein Kiel|Konsumgenossenschaften]]. Heute ist die AWO eine allgemein anerkannte Wohlfahrtsorganisation, die vor allem Kindertagesheime, Bürgertreffs und Altenpflegeeinrichtungen betreibt. Die Mitgliedschaft und Mitwirkung in der AWO für viele SPD-Mitglieder aber weiterhin eine Selbstverständlichkeit.
Die Auffassung war vielmehr, wie es beispielhaft im Gründungsaufruf der Hamburger AWO heißt:
: "Durch die Gesetzgebung allein ist dem großen sozialen Notstand nicht abzuhelfen. Viele Hände und Köpfe müssen zusammenarbeiten, um Hunger und Krankheit, körperliche und geistige und moralische Not zu lindern. Von dieser Arbeit dürfen wir Sozialdemokraten, die wir mit unserem Wirken schon von jeher den Beweis sozialen Denkens und Fühlens erbracht haben, uns nicht ausschließen."


Zum 50. Jahrestag ihres Bestehens [[1969]] stiftete die AWO die [[Marie-Juchacz-Plakette]].
Eine maßgebliche Rolle bei der Gründung der AWO spielte [[Louise Schroeder]] aus dem schleswig-holsteinischen [[Ortsverein Altona|Altona]], die auch Gründungsvorsitzende in Schleswig-Holstein war.<ref>Döll-Krämer, Inge / Krämer, Gerd / Vesper, Ingrid: [http://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_07/Demokratische_Geschichte_Band_07_Essay05.pdf ''Sozialdemokratische Frauens- und Vertrauenspersonen in Altona vor 1914. Ein Beitrag zur Geschichte der Frauenbewegung in Schleswig-Holstein''], in: ''Demokratische Geschichte'' 7(1992), S. 121-150</ref>
 
Die AWO finanzierte ihre Arbeit allein durch Spenden<ref>SPD-Ortsverein Elmshorn: ''120 Jahre SPD Elmshorn. Eine Chronik'' (Elmshorn 1983)</ref> und leistete sie weitgehend ehrenamtlich. Im Vordergrund standen zunächst Kinderschutz, Jugendwohlfahrt, Gesundheitsvorsorge und die materielle Versorgung der Familien, später durch die Zusammenarbeit mit der [[Sozialistische Arbeiterjugend|sozialistischen Jugendbewegung]] auch verstärkt pädagogische Arbeit.
 
Der Bezirksverband Schleswig-Holstein (ohne Lübeck) der AWO gründete sich mit etwas Verzögerung [[1923]]; [[1925]] waren bereits 45 AWO-Ortsvereine aktiv, die Nähstuben, Mittagstische, Werkstätten und Beratungsstellen unterhielten.<ref>Kristiane Backheuer: ''100 Jahre Solidarität'', ''Kieler Nachrichten'', 14.3.2019</ref> [[1932]] hatte der Bezirksverband 2183 weibliche und 1532 männliche Mitglieder.<ref>''[http://library.fes.de/luebeck/pdf/1932/1932-078.pdf Lübecker Volksbote]'', 4.4.1932</ref>
 
== NS-Herrschaft ==
Die AWO war der einzige Wohlfahrtsverband, der vom NS-Regime verboten und aufgelöst wurde.


== AWO-Landesverband 1919 bis 1933 ==
== Ab Mai 1945 ==
Sofort nach dem Ende der Nazizeit gründete sich die AWO neu, diesmal allerdings als eigenständige, parteinahe Organisation, weil die britische Militärregierung staatliche Unterstützung für Wohlfahrtsorganisationen, die einer Partei angehörten, untersagte. Ansprechpartnerin war [[Gertrud Völcker]].<ref>In den [http://library.fes.de/fulltext/sozmit/1946-088-1.htm ''Sozialistischen Mitteilungen''] vom Juli 1946 wird eine Frau Voelker, Kiel, Bergstr. 11, als Ansprechpartnerin genannt. Dabei muss es sich um Gertrud Völcker handeln.</ref> Vor allem in den zerstörten Städten Kiel und Lübeck, wo zudem große Mengen an mittellosen Flüchtlingen die Bevölkerung vermehrten, beteiligte sich die AWO an der Bewältigung der Existenzkrise, verteilte Essen und Kleidung an ankommende Flüchtlinge, beteiligte sich an der täglichen Schulspeisung und kümmerte sich auch sonst um in Not Geratene.<ref>Fischer/Hansen: ''Einblick'', S. 17</ref>


[[Lotte Lemke]] berichtete auf dem Parteitag in Hannover:
: "In der Provinz Schleswig-Holstein ist das Fluechtlingselend ganz besonders gross; ich hatte Pfingsten ein kleines Fuersorgerinnentreffen in Luebeck und habe erschreckende Berichte ueber die Not der Fluechtlinge in Schleswig-Holstein erhalten ... es fehlt am Noetigsten, vor allen Dingen aber an Naehgarn, Stopfgarn, Naeh- und Stopfnadeln, an Stoff zum Flicken und selbstverstaendlich an jeder Art von Bekleidungsstuecken fuer Kinder, aber auch - und das ist ein ganz ernstes Problem - <u>fuer zurueckgekommene Maenner</u>. [...] auf den Strassen, den Bahnhoefen und in den Lokalen sieht man in erschreckendem Umfang Maenner, die in Fetzen und Lumpen stecken ..."<ref>[http://library.fes.de/fulltext/sozmit/1946-088-1.htm ''Sozialistische Mitteilungen''], Juli 1946.</ref>


=== Ab 1945 ===
Mit dem fortschreitenden Wiederaufbau und der Gründung des deutschen Sozialstaates waren viele der früheren Aufgaben bald nicht mehr erforderlich. Heute ist die AWO eine allgemein anerkannte Wohlfahrtsorganisation, die vor allem Kindertagesheime, Bürgertreffs, Altenpflegeeinrichtungen und Pflegedienste auf professioneller Basis betreibt. Die Mitgliedschaft und Mitwirkung in der AWO ist für viele SPD-Mitglieder aber weiterhin eine Selbstverständlichkeit.


[[1986]] bis [[1992]] leitete [[Hannelore Fojut]] den Bundes-Fachausschusses "Aktivierung sozialer Arbeit vor Ort".
Zum 50. Jahrestag ihres Bestehens [[1969]] stiftete die AWO die [[Marie-Juchacz-Plakette]].


=== Landesvorsitzende ===
=== Bezirks- und Landesvorsitzende<ref>100 Jahre Arbeiterwohlfahrt, Veranstaltungen im Jubiläumsjahr in Schleswig-Holstein und Einblicke in die 100-jährige Geschichte. Herausgeber AWO-Landesverband Schleswig-Holstein, S. 10, 2019</ref> ===
*seit ???? ([[2016]]): [[Wolfgang Baasch]], AWO-Kreisverband Lübeck
Der Bezirksverband wurde [[1961]] zum Landesverband umbenannt.
*[[1969]]-[[1983]]: [[Günter Lütgens]], AWO-Kreisverband Kiel
*seit [[2011]]: [[Wolfgang Baasch]], [[Arbeiterwohlfahrt Lübeck]]
*????-????: [[Kurt Pohle]]
*[[1995]] - [[2011]]: [[Heinz Welbers]]
*[[13. Dezember]] [[1919]]-[[1930]]: [[Louise Schroeder]]
*[[1983]] - [[1995]]: [[Hannelore Fojut]]
*[[1969]] - [[1983]]: [[Günter Lütgens]], [[AWO-Kreisverband Kiel]]
*[[1962]] - [[1969]]: [[Emil Blohm]]
*[[1957]] - [[1962]]: [[Kurt Pohle]]
*[[1945]] - [[1957]]: [[Gertrud Völcker]], [[AWO-Kreisverband Kiel]]
*[[1923]] - [[1933]]: [[Louise Schroeder]]


=== Ehrenvorsitzende ===  
=== Ehrenvorsitzende ===  
*seit ????: [[Hannelore Fojut]]
Nachdem sie das Amt der Landesvorsitzenden [[1995]] abgegeben hatte, wurde [[Hannelore Fojut]] zur Ehrenvorsitzenden ernannt. Sie war in mehr als 45 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit auf Orts-, Kreis-, Landes- und Bundsebene der AWO in unterschiedlichen Positionen tätig. Sie engagierte sich für Benachteiligte, Kinder, Alte und Kranke. So entstand u.a. auf ihre Initiative hin in Schönkirchen der erste Ganztagskindergarten im Kreis Plön.<ref>Echt AWO seit 1919, Herausgegeben vom AWO Landesverband Schleswig-Holstein, S. 7, 2019</ref>
 
=== Landesgeschäftsführer<ref>100 Jahre Arbeiterwohlfahrt, Veranstaltungen im Jubiläumsjahr in Schleswig-Holstein und Einblicke in die 100-jährige Geschichte. Herausgeber AWO-Landesverband Schleswig-Holstein, S. 10, 2019</ref> ===
*seit [[2011]] Michael Selck / Bernd Schubert
*[[1992]] - [[2011]]: [[Volker Andresen]]
*[[1961]] - [[1991]]: [[Reinhold Stein]]
*[[1945]] - [[1961]]: [[Walter Kowalewsky]]


=== AWO-Kreisverbände ===
== AWO-Kreisverbände ==
Kreisverbände gibt es in allen Kreisen Schleswig-Holsteins.
Kreisverbände gibt es in allen Kreisen Schleswig-Holsteins.


== AWO-Kreisverband Kiel ==
Siehe auch die Einträge
=== Vorstände ===
* [[Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Kiel]]
{| class="wikitable"
* [[Arbeiterwohlfahrt Elmshorn]]
! Jahr !! Vorsitz !! 2. Vors. !! Kasse !! Bes. Funktion
|-
|seit [[2014]]<ref>[http://www.kn-online.de/News/Aktuelle-Nachrichten-Kiel/Nachrichten-aus-Kiel/Kreisverband-Kiel-Awo-mit-neuem-Vorstand Kieler Nachrichten 15.06.2014]</ref>
|[[Gesa Langfeldt]]
|[[Eckehard Raupach]], ab 2015 [[Achim Heinrichs/ Jan van Stipriaan]]
|[[Hans Mehrens]] (bis 2015)
|./.
|-
|[[2011]]
|[[Jürgen Weber]]
|[[Doris Thiele-Röpstorff]]
|Hans Mehrens
|./.
|-
|[[2007]]
|[[Gerwin Stöcken]]
|Doris Thiele-Röpstorff
|Hans Mehrens
|./.
|-
|[[2003]]
|[[Rolf Fischer]]
|Doris Thiele-Röpstorff
|Hans Mehrens
|./.
|-
|[[1999]]
|Gerwin Stöcken, ab [[2001]] Doris Thiele-Röpstorff
|Doris Thiele-Röpstorff
|Hans Mehrens
|[[Michael Schmalz]] (Verb. Komm.)
|-
|[[1992]]
|Gerwin Stöcken
|Doris Thiele-Röpstorff
|Hans Mehrens
|Michael Schmalz (Verb. Komm.)
|-
|[[1989]]
|[[Holger Ipsen]], ab [[1990]] Friedrich Steinmetz
|[[Friedrich Steinmetz]], ab 1990 Doris Thiele-Röpstorff
|Hans Mehrens
|Michael Schmalz (Verb. Komm.)
|-
|[[1986]]
|[[Silke Reyer]]
|Friedrich Steinmetz
|Hans Mehrens
|[[Christa Bantzer]] (Verb. Komm.)
|-
|[[1980]]
|Silke Reyer
|Gert Hansen
|Friedrich Steinmetz
|Christa Bantzer (Verb. Komm.)
|-
|[[1977]]
|Silke Reyer
|[[Gert Hansen]]
|[[Gerd Hansen]]
|Christa Bantzer (Verb. Komm.)
|-
|[[1974]]
|Silke Reyer
|Gert Hansen
|[[Horst Frey]]
|Christa Bantzer (Verb. Komm.)
|-
|[[1962]]
|[[Gerda Kade]]
|[[Frieda Bendfeldt]], ab [[1973]] Silke Reyer
|?
|[[Cäsar Rosenbrock]] (Schriftf.)
|-
|[[1945]]
|[[Emma Schmidt]]
|[[Magda Jung]]
|[[Kurt Funke]]
|Cäsar Rosenbrock (Schriftf.), [[Gertrud Völcker]] (beratend)
|}
 
=== Geschäftsführung ===
*seit [[2011]]? - Irene Sebens
*[[1997]]-[[2011]]? - [[Doris Hansen]]
*[[1974]]-[[1997]] - [[Steffen Etzel]]
*[[1945]]-[[1974]] - [[Friedrich Hinz]]
 
=== Ehrungen ===
Mindestens 5 Mitgliedern des [[Kreisverband Kiel|Kreisverbandes Kiel]] ist bisher die [[Marie-Juchacz-Plakette]] verliehen worden: [[1971]] [[Gertrud Völcker]], [[1974]] [[Frieda Bendfeldt]] und [[Gerda Kade]], [[1983]] [[Günther Bantzer]] und [[Günter Lütgens]].


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Rolf Fischer|Fischer, Rolf]] / Hansen, Doris: ''EinBlick. Die Arbeiterwohlfahrt, Kreisverband Kiel 1945 bis 2005'' (Kiel 2005), ISBN 3-88312-409-5
* Oliver Auge (Hrsg.): ''Mit Herz! 100 Jahre Arbeiterwohlfahrt in Schleswig-Holstein 1919-2019'' (Kiel/Hamburg 2019) ISBN 978-3-529-05029-9
* [[Rolf Fischer]] / [[Doris Hansen]]: ''EinBlick. Die Arbeiterwohlfahrt, Kreisverband Kiel 1945 bis 2005'' (Kiel 2005), ISBN 3-88312-409-5
* [[Alice Ohrenschall]] / [[Werner Geest]]: ''Arbeiterwohlfahrt Schleswig-Holstein. Geschichte - Praxis - Selbstverständnis'' (Kiel 1983)


== Links ==
== Links ==
*{{Wikipedia}} für Aufbau und allgemeine Geschichte
*{{Wikipedia}} (Aufbau und allgemeine Geschichte)
*[http://www.awo-sh.de/de/ AWO Schleswig-Holstein e.V.]
*[http://www.awo-sh.de/de/ AWO Schleswig-Holstein e.V.]
*[https://www.awo.org/historisches-archiv/ Historisches Archiv der AWO]
*[https://www.awo.org/historisches-archiv/ Historisches Archiv der AWO]
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[[Kategorie:Parteinahe Organisation]]
[[Kategorie:Parteinahe Organisation]]
[[Kategorie:Arbeiterwohlfahrt]]

Version vom 22. März 2020, 01:59 Uhr

[[Datei:{{#setmainimage:Logo AWO SH.jpg}}|250px|right]] Die Arbeiterwohlfahrt (kurz: AWO, früher: AW) ist eine traditionell der SPD nahe stehende Wohlfahrtsorganisation, gegründet 1919, als im Gefolge des 1. Weltkrieges bittere Not in vielen Arbeiterfamilien herrschte.

Gründung

Die AWO wurde am 13. Dezember 1919 auf Initiative von Marie Juchacz gegründet, die auch bis 1933 Reichsvorsitzende war. Damals war sie eine innerparteiliche Selbsthilfeorganisation, der sich alle sozialdemokratischen Männer und (vor allem) Frauen, die in der Wohlfahrtspflege tätig waren, anschlossen. Die Arbeiterwohlfahrt, "das Kind der Partei", wie sie damals von den Genossinnen und Genossen genannt wurde, wuchs schnell zu einer großen Organisation heran.

Die Unterstützung Not leidender Arbeiterfamilien durch die Frauen im Geist der Arbeitersolidarität hatte in der SPD Tradition. Genossinnen und Genossen sollten nicht auf bürgerlich-kirchliche Wohltätigkeit angewiesen sein, die in der Regel an degradierende Kontrolle geknüpft war. Die bürgerlichen Damen und Herren, die sich bisher "um das Wohl der Armen sorgten", taten wenig gegen die Ursachen der Armut. Und es vertrug sich auch nicht mit dem wachsenden Selbstbewußtsein der Arbeiterschaft und ihrer neuen gestaltenden Rolle im Staat, die eigenen Kräfte brach liegen zu lassen.[1]

Die Auffassung war vielmehr, wie es beispielhaft im Gründungsaufruf der Hamburger AWO heißt:

"Durch die Gesetzgebung allein ist dem großen sozialen Notstand nicht abzuhelfen. Viele Hände und Köpfe müssen zusammenarbeiten, um Hunger und Krankheit, körperliche und geistige und moralische Not zu lindern. Von dieser Arbeit dürfen wir Sozialdemokraten, die wir mit unserem Wirken schon von jeher den Beweis sozialen Denkens und Fühlens erbracht haben, uns nicht ausschließen."

Eine maßgebliche Rolle bei der Gründung der AWO spielte Louise Schroeder aus dem schleswig-holsteinischen Altona, die auch Gründungsvorsitzende in Schleswig-Holstein war.[2]

Die AWO finanzierte ihre Arbeit allein durch Spenden[3] und leistete sie weitgehend ehrenamtlich. Im Vordergrund standen zunächst Kinderschutz, Jugendwohlfahrt, Gesundheitsvorsorge und die materielle Versorgung der Familien, später durch die Zusammenarbeit mit der sozialistischen Jugendbewegung auch verstärkt pädagogische Arbeit.

Der Bezirksverband Schleswig-Holstein (ohne Lübeck) der AWO gründete sich mit etwas Verzögerung 1923; 1925 waren bereits 45 AWO-Ortsvereine aktiv, die Nähstuben, Mittagstische, Werkstätten und Beratungsstellen unterhielten.[4] 1932 hatte der Bezirksverband 2183 weibliche und 1532 männliche Mitglieder.[5]

NS-Herrschaft

Die AWO war der einzige Wohlfahrtsverband, der vom NS-Regime verboten und aufgelöst wurde.

Ab Mai 1945

Sofort nach dem Ende der Nazizeit gründete sich die AWO neu, diesmal allerdings als eigenständige, parteinahe Organisation, weil die britische Militärregierung staatliche Unterstützung für Wohlfahrtsorganisationen, die einer Partei angehörten, untersagte. Ansprechpartnerin war Gertrud Völcker.[6] Vor allem in den zerstörten Städten Kiel und Lübeck, wo zudem große Mengen an mittellosen Flüchtlingen die Bevölkerung vermehrten, beteiligte sich die AWO an der Bewältigung der Existenzkrise, verteilte Essen und Kleidung an ankommende Flüchtlinge, beteiligte sich an der täglichen Schulspeisung und kümmerte sich auch sonst um in Not Geratene.[7]

Lotte Lemke berichtete auf dem Parteitag in Hannover:

"In der Provinz Schleswig-Holstein ist das Fluechtlingselend ganz besonders gross; ich hatte Pfingsten ein kleines Fuersorgerinnentreffen in Luebeck und habe erschreckende Berichte ueber die Not der Fluechtlinge in Schleswig-Holstein erhalten ... es fehlt am Noetigsten, vor allen Dingen aber an Naehgarn, Stopfgarn, Naeh- und Stopfnadeln, an Stoff zum Flicken und selbstverstaendlich an jeder Art von Bekleidungsstuecken fuer Kinder, aber auch - und das ist ein ganz ernstes Problem - fuer zurueckgekommene Maenner. [...] auf den Strassen, den Bahnhoefen und in den Lokalen sieht man in erschreckendem Umfang Maenner, die in Fetzen und Lumpen stecken ..."[8]

Mit dem fortschreitenden Wiederaufbau und der Gründung des deutschen Sozialstaates waren viele der früheren Aufgaben bald nicht mehr erforderlich. Heute ist die AWO eine allgemein anerkannte Wohlfahrtsorganisation, die vor allem Kindertagesheime, Bürgertreffs, Altenpflegeeinrichtungen und Pflegedienste auf professioneller Basis betreibt. Die Mitgliedschaft und Mitwirkung in der AWO ist für viele SPD-Mitglieder aber weiterhin eine Selbstverständlichkeit.

Zum 50. Jahrestag ihres Bestehens 1969 stiftete die AWO die Marie-Juchacz-Plakette.

Bezirks- und Landesvorsitzende[9]

Der Bezirksverband wurde 1961 zum Landesverband umbenannt.

Ehrenvorsitzende

Nachdem sie das Amt der Landesvorsitzenden 1995 abgegeben hatte, wurde Hannelore Fojut zur Ehrenvorsitzenden ernannt. Sie war in mehr als 45 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit auf Orts-, Kreis-, Landes- und Bundsebene der AWO in unterschiedlichen Positionen tätig. Sie engagierte sich für Benachteiligte, Kinder, Alte und Kranke. So entstand u.a. auf ihre Initiative hin in Schönkirchen der erste Ganztagskindergarten im Kreis Plön.[10]

Landesgeschäftsführer[11]

AWO-Kreisverbände

Kreisverbände gibt es in allen Kreisen Schleswig-Holsteins.

Siehe auch die Einträge

Literatur

Links

Quellen

  1. SPD-Ortsverein Elmshorn: 120 Jahre SPD Elmshorn. Eine Chronik (Elmshorn 1983)
  2. Döll-Krämer, Inge / Krämer, Gerd / Vesper, Ingrid: Sozialdemokratische Frauens- und Vertrauenspersonen in Altona vor 1914. Ein Beitrag zur Geschichte der Frauenbewegung in Schleswig-Holstein, in: Demokratische Geschichte 7(1992), S. 121-150
  3. SPD-Ortsverein Elmshorn: 120 Jahre SPD Elmshorn. Eine Chronik (Elmshorn 1983)
  4. Kristiane Backheuer: 100 Jahre Solidarität, Kieler Nachrichten, 14.3.2019
  5. Lübecker Volksbote, 4.4.1932
  6. In den Sozialistischen Mitteilungen vom Juli 1946 wird eine Frau Voelker, Kiel, Bergstr. 11, als Ansprechpartnerin genannt. Dabei muss es sich um Gertrud Völcker handeln.
  7. Fischer/Hansen: Einblick, S. 17
  8. Sozialistische Mitteilungen, Juli 1946.
  9. 100 Jahre Arbeiterwohlfahrt, Veranstaltungen im Jubiläumsjahr in Schleswig-Holstein und Einblicke in die 100-jährige Geschichte. Herausgeber AWO-Landesverband Schleswig-Holstein, S. 10, 2019
  10. Echt AWO seit 1919, Herausgegeben vom AWO Landesverband Schleswig-Holstein, S. 7, 2019
  11. 100 Jahre Arbeiterwohlfahrt, Veranstaltungen im Jubiläumsjahr in Schleswig-Holstein und Einblicke in die 100-jährige Geschichte. Herausgeber AWO-Landesverband Schleswig-Holstein, S. 10, 2019