Energiewende

Aus SPD Geschichtswerkstatt

Als Energiewende wird die Hinwendung zur nachhaltigen Stromproduktion verstanden. In Schleswig-Holstein waren es die SPD und Ministerpräsident Björn Engholm, die 1988 eine neue Energiepolitik einleiteten. Geerbt hatten das Land in der Energieversorgung von den CDU-Regierungen die Atomkraftwerke Brokdorf, Krümmel und Brunsbüttel und mit ihnen die in den Augen der Landes-SPD unverantwortliche Abhängigkeit vom Atomstrom. Die SPD hat dagegen ihre Energiepolitik zum Markenzeichen der ökologischen Erneuerung Schleswig-Holsteins gemacht. Diese ist untrennbar mit Namen wie Günther Jansen und Claus Möller verbunden.

Vorangegangen war der Energiewende ein stetiges Umdenken in der Gesellschaft: Nach Ölkrisen, der Debatte über Die Grenzen des Wachstums und die Zwischenfälle in den Atomkraftwerken von Three Mile Island (USA) und Tschernobyl (Sowjetunion) wurde die Forderung nach erneuerbaren Energien stärker. Jochen Steffen, der noch 1971 weitere Atomkraftwerke gefordert hatte, änderte auf Grund neuer Erkenntnisse seine Einstellung:

"Wenn die Kritiker der Atomkraft auch nur zu 20% Recht haben, dürfen wir dieses Risiko nicht mehr eingehen."[1]

Windkraft

Günther Jansen

"Die Windenergie kann in der Landwirtschaft ein neues und zukunftsträchtiges Standbein sein," sagte Energieminister Günther Jansen 1991 dem SPIEGEL[2]. In diesem Jahr trat das erste Gesetz über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz in Kraft, das festschrieb, dass alternativ erzeugter Strom von den Versorgern abgenommen und bezahlt werden muss. Erst dadurch wurden Windkraftanlagen zu Investitionen. Damals gab es in Schleswig-Holstein ganze 230 Windkraftanlagen.

Der Kampf für mehr Windenergie hatte da schon eine längere Tradition in der SPD Schleswig-Holstein. Nach dem Mitte der 1970er beschlossenen Ausstieg aus der Atomkraft, machte sich die SPD Schleswig-Holstein auf die Suche nach Alternativen. Auf dem Landesparteitag 1979 beschloss sie einen Leitantrag zur Energiepolitik mit einer umfangreichen Liste mit Vorschlägen.[3] Darunter waren mehrere zur Förderung der Windkraft. 1984 beantragte der Ortsverein Niebüll die zeitlich befristete Förderung der Windkraft - der Landesparteitag stimmte zu.[4]. Damals aber war die SPD in Bund und Land in der Opposition, und so tat sich wenig. Die Situation änderte sich erst mit der Regierungsübernahme in Schleswig-Holstein 1988.

Wahlplakat 1992

Auch Landesvorsitzender Günther Jansen setzte sich bereits Mitte der 1970er Jahre für einen Ausstieg aus der Atomkraft ein. Er wurde nach der Landtagswahl 1988 Minister für Arbeit, Soziales, Jugend, Gesundheit und Energie - Claus Möller war sein Staatssekretär und wurde 1993 sein Nachfolger als Minister. Günther Jansen formulierte 1992 das Ziel des Landes, bis zum Jahr 2010 20 Prozent des Eigenbedarfes aus dem Wind zu gewinnen. Dies Ziel wurde bereits im September 2001 erreicht. 1992 brachte es der SPD nur Spott und ein müdes Lächeln der Energiekonzerne ein.

Jahr Anzahl Windkraftanlagen Leistung (MW) kW/WEA
< 100 7 70
1991 343 59 172
1993 662 153 231
1995 1196 426 356
1997 1495 603 403
1999 1866 941 504
2001 2305 1502 652
2003 2547 1952 766
2005 2594 2179 840
2007 2423 2565 945
2009 2593 2717 1048
2011 2609 3145 1205

Quelle: Landwirtschaftskammer[5]

Im Jahr 2000 löste die SPD-geführte Bundesregierung das alte Einspeisegesetz ab durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das den Vorrang der erneuerbaren Energien festschrieb. Die SPD Schleswig-Holstein hatte entsprechende Forderungen gestellt.

2014 verkündete Energiewendeminister Robert Habeck (Die Grünen), dass Schleswig-Holstein sich zum ersten Mal zumindest rechnerisch zu 100% aus erneuerbaren Energien versorgen werde:

"Wenn das Windjahr mindestens durchschnittlich wird, können wir mit den 2014 installierten Anlagen die 100 Prozent-Marke erreichen. Dann sind wir im Strombereich zumindest rechnerisch voll mit erneuerbarer Energie versorgt."[6]

Für die Zukunft prognostizierte Robert Habeck eine Steigerung der nachhaltigen Stromproduktion auf 300% des Eigenbedarfs des Landes binnen 10 Jahre.

Energieforschung

Wahlplakat 1996

Die von Björn Engholm geführte Landesregierung schloss am 11. April 1989 einen Energiesparvertrag mit der VEBA AG ab. Die VEBA sollte 100.000 DM dafür geben, dass öffentliche Gebäude mit Energiesparglühlampen ausgerüstet werden könnten. Man erhoffte sich davon eine Energieeinsparung von 80%. Der Vertrag umfasste begleitend zu diesem Projekt die Gründung einer Forschungsgesellschaft, aus der die Energiestiftung Schleswig-Holstein (heute: Innovationsstiftung) und ein Lehrstuhl an der Universität Flensburg hervorgingen.

Vorangegangen war eine Machtprobe mit der Energiewirtschaft. Diese war unglücklich über die Energiepolitik der Regierung. Als der Unternehmensverband das Kabinett zum traditionellen Grünkohlessen einlud, las der Gastredner von der VEBA der Regierung die Leviten. Er gebe 100.000 DM für ein Energiesparprogramm und trotzdem werde man kein Atomkraftwerk einsparen können. Klaus Rave, von 1988 bis 1995 Abteilungsleiter Energiewirtschaft in der Landesregierung, entwickelte daraus die Idee für das oben genannte Programm.[7]

Die Energiestiftung Schleswig-Holstein (ESSH) unterstützte und förderte seither Fortschritte auf dem Gebiet des Klimaschutzes. Sie wurde 1993 vom Land Schleswig-Holstein und der Energiewirtschaft (E.ON, Schleswag) gegründet.

Das Stiftungskapital betrug bei der Gründung 100 Millionen DM - eingebracht zu 50 Prozent vom Land Schleswig-Holstein, zu 40 Prozent von der PreussenElektra AG, heute E.ON Energie AG, und zu 10 Prozent von der SCHLESWAG AG, heute E.ON Hanse AG. 1994 stifteten die Stadtwerke Kiel AG 1 Million. DM (ca. 510.000 Euro) zu.

Am 1. Juli 2004 wurden Energiestiftung und Technologiestiftung Schleswig-Holstein in der Innovationsstiftung Schleswig-Holstein zusammengeführt, die seit 2011 die Bezeichnung Gesellschaft für Energie und Klimaschutz Schleswig-Holstein (EKSH) trägt.

Siehe auch

Quellen

  1. Kuhlwein, Eckart: Links, dickschädelig und frei: 30 Jahre im SPD-Vorstand in Schleswig-Holstein, (Berlin/Hamburg 2010), ISBN 3868506616
  2. DER SPIEGEL 38/1991 "Mäuse rubbeln"
  3. Beschlussdatenbank: Energiepolitik
  4. Beschlussdatenbank: S4: Strom durch Windenergie (1984)
  5. Landwirtschaftskammer zitiert in: "Regionalökonomische Effekte der Nutzung von Windenergie in Schleswig-Holstein"
  6. Pressemitteilung schleswig-holstein.de, 21. Mai 2014
  7. Rave, Klaus / Richter, Bernhard: Im Aufwind: Schleswig-Holsteins Beitrag zur Entwicklung der Windenergie (Neumünster 2008), ISBN 978-3-529-05429-7