Naturfreunde

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Das historische Emblem der NaturFreunde

Die NaturFreunde sind die Organisation der Arbeiterbewegung, die sich um Freizeit, Urlaub, Erholung und den Schutz der Natur kümmert. Zu ihren Mitgliedern zählten und zählen prominente SPD-Mitglieder wie z.B. Paul Löbe, Willy Brandt und Saskia Esken.

Ziele

Vor allem der Kampf gegen politische Ausgrenzung und soziale Verelendung - sehr lange Arbeitszeiten, niedrige Löhne, menschenunwürdige Wohn- und Lebensverhältnisse - prägten den Beginn der organisierten Arbeiterbewegung. Menschen, die unter solchen elenden Bedingungen litten, hatten in ihrer knappen Freizeit Erholung besonders nötig. Als eine von vielen Organisationen der Arbeiterbewegung entstand der Touristenverein Die NaturFreunde.

Näheres zur Entstehung in Wikipedia: Naturfreunde.

Gau Nordmark

Naturfreunde auf Wanderschaft, 1920er Jahre

Am 14. Februar 1910 gründete sich in Kiel, am 1. April in Hamburg der Landesverband Nordmark der Naturfreunde. Bei den Mitgliedern, die sich aus allen Berufen und Altersklassen der arbeitenden Bevölkerung zusammensetzten, bestand ein Bedürfnis nach Wanderungen in der Natur unter Gleichgesinnten.

In der Vereinszeitschrift Der Naturfreund wird 1913 vermerkt: "KIEL Am 31. Januar fand die dritte Jahreshauptversammlung statt. Im Berichtsjahr hat die Zahl der Mitglieder sich auf 51 erhöht. Es wurden 91 Ausflüge mit einer Teilnehmerzahl von 754 Personen durchgeführt".

Die Ortsgruppe Flensburg beschloss 1915, "dass denjenigen Mitgliedern, die im Felde stehen, Der Naturfreund für die Dauer des Krieges gratis zugestellt wird und die Kosten aus der Ortsgruppenkasse bestritten werden." Dies galt für viele Ortsgruppen.

Der Naturfreund 1916: "KIEL Das Vereinsleben ist auch während des Krieges ein reges geblieben. Die Mitgliederzahl stieg auf 137, die bis jetzt gebotenen Lichtbildvorträge hatten sich eines überaus starken Besuches zu erfreuen."

Zwischen den Weltkriegen

1920 zählte die Ortsgruppe Kiel 200 Mitglieder, im Inflationsjahr 1923 sogar 248.

In dieser Zeit sah der Verein den "Hüttenbau" als seine wichtigste Aufgabe, aber die absurde Geldentwertung machte zunächst alle Pläne zunichte. Aber dann entstand unter heute kaum noch vorstellbarem Einsatz der Kieler Ortsgruppe das Naturfreundehaus in Kalifornien/Schönberg, am Ausgang der Kieler Förde. Es erhielt den Namen Karl-Volkert-Heim, nach einem österreichischen Sozialdemokraten, der sich u.a. in der Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde und bei den Naturfreunden engagierte.

Das Naturfreundehaus in Kalifornien am Schönberger Strand 1930

Im 5. Heft Der Naturfreund von 1926 heißt es:

"Ein Naturfreundehaus an der Ostsee. Unser Gau Nordmark hat unter beträchtlichen Opfern am Schönberger Strand an der offenen Ostsee ein großes Naturfreundehaus errichtet und somit an den Gestaden des Meeres unsere Bewegung verankert. Das zweistöckige Haus wird in den Schlafsälen 60 bis 70 Betten zählen. Im Dachraum können ebenso viele Personen untergebracht werden. Gut eingerichtete Nebenräume ergänzen das prächtige Haus, das sich auch für Ferienaufenthalte vorzüglich eignet."

In den Dokumenten dazu wird das Selbstverständnis der Ortsgruppe Kiel deutlich: Das Vorhaben konnte nur mit Idealismus, Opferbereitschaft und Gemeinsinn gelingen. Viele Arbeiten mussten von den Kielern aus Geldnot selbst ausgeführt werden. Davor stand jeweils eine bis zu drei Stunden dauernde Anreise zur "Arbeitsstelle".

Ein Zeitungsartikel von 1930 beschreibt, wie Gäste zu dem attraktiven Haus kommen:

"Man erreicht das Heim von Kiel aus mit der Kleinbahn zum Schönberger Strand und dann 45 Minuten Gehzeit. Oder vom Städtchen Schönberg aus in 75 Minuten. Oder von Kiel aus mit dem Dampfer bis Laboe und über das alte Fischerdorf Stein in drei Stunden."[1]

Unter dem Dach des Vereins konnten sich auch musische Interessen entfalten: 1929 fand sich ein Mandolinenorchester zusammen, in dem eine Zeitlang wohl auch Rosa Obloch mitspielte.

Nach der Machtübernahme durch die Nazis wurden 1933 die Gliederungen der Naturfreunde aufgelöst oder verboten. Das Vereinsvermögen wurde Nazi-Organisationen oder staatlichen Stellen zugeschlagen. Das Naturfreundehaus in Kalifornien nahm unter dem Schutz der Behörden die Hitlerjugend in Besitz.

Neugründung nach 1945

Der durch Feuer beschädigte Registrierungs-Ausweis der Kieler Naturfreunde von 1946

Nur wenige Monate nach Ende der NS-Herrschaft kamen 1945 Mitglieder der Naturfreunde, so sie den 2. Weltkrieg überlebt hatten, wieder zusammen und begannen erneut mit dem Vereinsleben. Der Landesverband Schleswig-Holstein der NaturFreunde entstand als parteinahe Organisation. Bereits im Mai 1946 fanden in Kiel wieder Wanderungen der Naturfreunde statt.[2] Der Verein wurde am 2. Dezember 1946 von der englischen Besatzungsmacht registriert und offiziell zugelassen.

Das Naturfreundehaus am Schönberger Strand gelangte erst nach zähen Verhandlungen 1951 wieder in den Besitz der Kieler Ortsgruppe. Heute bietet das Haus in unmittelbarer Strandnähe die Möglichkeit für Freizeitaktivitäten, zur Erholung und insbesondere zur Umweltbildung. Der Landesverband der Naturfreunde verfügt auf dem Priwall in Lübeck über ein zweites Gästehaus.

Das Mandolinenorchester der Kieler NaturFreunde

Das Mandolinenorchester der Kieler Naturfreunde entstand ebenfalls wieder. Einen Neubeginn gab es anläßlich eines Geburtstags von Ilse Zilz, der langjährigen Vorsitzenden, vermutlich 1947, als 27 Leute mit ihren Instrumenten zum Gratulieren kamen.

"Kerngeschäft" der Kieler NaturFreunde neben dem Betrieb des Naturfreundehauses in Kalifornien war es, gemeinsam zu wandern. Rolf Rabusch war ab 1985 viele Jahre Wanderleiter der Kieler Ortsgruppe.

Gegenwart

Heute hat der kleine Verein seinen Schwerpunkt im Umweltschutz. Landesvorsitzende sind seit 7. März 2020 Jürgen Klose, Hans-Jörg Lüth und Katharina Uhlig. Der langjährige Vorsitzende Dieter Neumann wurde zum Ehrenvorsitzenden gewählt.

Bilder

Literatur

  • Viola Denecke: Der Touristenverein Die Naturfreunde. In: Franz Walter/Viola Denecke/Cornelia Regin: Sozialistische Gesundheits- und Lebensreform-Verbände (Bonn 1991) ISBN 3-8012-4010-X, S. 241 ff.
  • Jochen Zimmer (Hrsg.): Mit uns zieht die neue Zeit. Die Naturfreunde. Zur Geschichte eines alternativen Verbandes in der Arbeiterkulturbewegung (Köln 1984) ISBN 3-7609-0927-2

Links

Einzelnachweise

  1. Ursa Dörfer, Kronshagen, unveröffentlichtes Manuskript 2020
  2. Kieler Nachrichten, 1.5.1946