Ortsverein Bünningstedt

Aus SPD Geschichtswerkstatt

Bünningstedt ist heute ein Ortsteil von Ammersbek am Rande der Hansestadt Hamburg. Und in Bünningstedt gibt es wiederum einen kleineren Ortsteil, direkt an Ahrensburg anschließend, der sich früher „Reesenbüttel“ nannte, heute Siedlung Daheim-Heimgarten. Dort hatte es zum Ende der Weimarer Republik eine rege Siedlungstätigkeit gegeben – in Selbsthilfe für Hamburger Arbeitslose in der Weltwirtschaftskrise. Nach 1945 entwickelte sich hier eine Hochburg der SPD. Die Genossinnen und Genossen arbeiteten zunächst in Ahrensburg mit, später entschieden sie sich jedoch dafür, einen eigenen Ortsverein Bünningstedt zu gründen.

Aus den Protokollen der ersten Mitgliederversammlungen zeigt sich, weil die Bewältigung von Alltagsproblemen, aber auch die „große Politik“ eine Rolle spielte. Immer wieder werden Referenten aus dem Landtag, aus dem Kreistag, aber auch der SPD-Bürgermeister (am Anfang hieß er noch Gemeindedirektor) eingeladen, um über Probleme und Fortschritte zu berichten. Aus den Protokollen ergibt sich aber auch, dass gelegentlich die Beteiligung zu wünschen übrig ließ´. Das hat es also auch damals schon gegeben. Und nicht jedes Referat stieß auf besonderes Interesse und gab den Anstoß zu einer umfassenden Diskussion.

Alltagsprobleme

Am 15. November 1946 geht es um den Wegebau zur Hochbahn (U-Bahn Ahrensburg West), um den Mangel an Bezugscheinen und um die Brennstofffrage. Der werde ungerecht verteilt. Im nächsten Jahr müsse früher mit der Torfgewinnung begonnen werden. Alle Warenvorräte müssten raus, sagt der Genosse Hans Eckstrand (MdB 1949). Ein Genosse fordert die Eingemeindung „Reesenbüttels“ nach Ahrensburg. Die Müllabfuhr soll jetzt regelmäßig durchgeführt werden, von Ahrensburg aus, und sie wird im Jahr 4 Mark kosten. Eine Rolle spielt auch eine Stromabschaltung, offenbar wegen „Überlastung der Maschinen“.

Auch bei der Gründungsversammlung des eigenen Ortsvereins am 11. April 1947 stehen Alltagsprobleme im Mittelpunkt. Etwa die Müllabfuhr, „worüber noch verschiedene Meinungen bestehen“. Die verspätete Ausgabe von Lebensmittelkarten dürfe nicht wieder vorkommen. Das sollte auf der nächsten Gemeinderatssitzung zur Sprache gebracht werden. Warum müssen in Hamburg nur zehn, von den Siedlern in Bünningstedt aber 40 Eier abgeliefert werden? Dagegen soll Protest eingelegt werden. Saatkartoffeln waren noch nicht freigegeben. Der Ortsverein erhob Protest dagegen, dass ausgerechnet bei der letzten Rede des Hamburger Bürgermeisters von Max Brauer der Strom abgeschaltet worden war, so dass sie in Bünningstedt nicht gehört werden konnte.

Am 9. Mai 1947 gehen die Klagelieder weiter. Die niedrige Unterstützung für die Kriegsversehrten ist ein Thema. Die AWO wollte helfen. Diesmal geht es um die Bezugscheine. Bei der Feuerung habe sich gezeigt, dass Bünningstedt am schlechtesten dran sei. Die Frage sollte im Kreis geregelt werden. Die Eierfrage ist inzwischen geklärt. Die Genossen halten Bünningstedt für ein Notstandsgebiet, verglichen mit Hamburg – schon wegen der weiten Wege. Sie fordern die Gleichheit der Ernährung in der Zwei-Zonen-Wirtschaft (damalige „Bizone“). Schon im Sommer sorgen sich die Genossen um die Winterfeuerung. Vier Wochen später heißt es bei der Mitgliederversammlung, bei der Bünningstedter Torfgewinnung habe es Streit gegeben. Jetzt werde die Gemeinde 81/2 Zentner Torf zusätzlich erhalten. Der Preis für den Torf sei noch nicht raus und mit Holz sei wohl nicht zu rechnen. Die Bezugscheine würden jetzt wieder in der Gemeinde ausgegeben. Sie seien ungeheuer knapp, deshalb „möchte doch, wenn nicht unbedingt nötig, von einem Antrag abgesehen werden“.

Bünningstedt steckt voller Ausgebombten und Flüchtlingen aus dem Osten. Deshalb ist in der letzten Gemeinderatssitzung der Antrag an das Landratsamt Stormarn gestellt worden, Flüchtlinge aus der überbelegten Gemeinde abzuziehen. Dann resolutioniert der Ortsverein: „Wir protestieren energisch gegen die heutige Lebensmittelknappheit, sowie weiteren, unsagbaren Verkürzung der Rationen. Gegen eine Reservepolitik in der Lebensverteilung, und fordern restlose Verteilung der vorhandenen Lebensmittel.“

Später wird nach der möglichen Ansiedlung einer Schlachterei gefragt. Und für die Nähstube wird eine Frau gesucht. Der Gemeindedirektor Wilhelm Lorenz will sich um Nähgarn kümmern.

Im Oktober 1947 gibt es Hoffnung für eine geregelte Stromversorgung. Die alten „Kochstromanträge“ seien hinfällig. Aber wenig für die Straßenbeleuchtung, wegen der fehlenden Glühbirnen. Straßen können nur zum Teil beleuchtet werden. Und die Wohnungsfrage ist immer noch ungelöst: In Timmerhorn, einem anderen Ortsteil von Bünningstedt, herrschten „oft menschenunwürdige Zustände“. Wer Räume wisse, solle sie melden. Ein Genosse schlägt vor, dass man vielleicht Baracken bekommen könnte. Außerdem: Große Lokale, wo nur „geschlemmt“ würde, sollten als Heime beschlagnahmt werden.

Im Mai 1949 stehen „Siedlungsfragen“ auf der Tagesordnung. SPD-Bürgermeister Schwabe schilderte Schwierigkeiten. Selbsthilfe würde begrüßt, aber Bünningstedt habe kein Land zum Siedeln. Deshalb wurden Anträge an die Gemeinde Bünningstedt und die Stadt Ahrensburg beschlossen.

Im Dezember 1949 kommt dann die Aufklärung von oben, Referent ist MdL Bernhard Ahrens aus Reinbek. Gebaut wurden 1949 in Schleswig-Holstein (SPD-Landesregierung) etwa 10.000 Wohnungen, die eine Bausumme von 10.000 bis 12.000 DM pro Wohnung erforderten – insgesamt also 100 Millionen DM. Dazu kämen noch etwa 2000 bis 3000 privat erbaute Wohnungen. Beim Flüchtlingsproblem müsse für das Land durch Umsiedlung Erleichterung geschaffen werden. Möglichst in jedem Ort solle gebaut werden. Die Mieten dürften 1,25 DM pro qm und Monat nicht übersteigen, was durch Landesmittel erreicht werden solle. Es solle überwiegend dort gebaut werden, wo Arbeitsmöglichkeiten bestünden. Zurzeit gebe es 200.000 Arbeitslose. Die SPD erstrebe in erster Linie die Schaffung von Arbeitsplätzen, wie Radiowerke, Zigarettenfabrik, Gablonzer Glasindustrie usw. Weitere Forderung: Notstandsgebiete müssten Unterstützung durch den Bund erhalten. Ahrens forderte eine Neuordnung der Verhältnisse von Grund und Boden, die Gemeinden hätten möglichst Bodenvorratspolitik zu treiben. Für öffentliche Zwecke müsse es unentgeltliche Bodenbeschaffung geben.

Anfang Januar 1950 berichtet Bürgermeister Schwabe über sechs Häuser, die in Bünningstedt gebaut werden sollten. Notwendiges Eigengeld 1500 DM und eine monatliche Miete von 50 DM. Und wer als Flüchtling an einer Umsiedlung interessiert sei, solle sich im Gemeindebüro melden.

Im April 1950 gibt die Genossin Schröder im Ortsverein bekannt, dass die AWO eine Nähmaschine und eine Säuglingsausstattung bekommen habe, die leihweise zur Verfügung stünden. Genosse Hanssen: Die AOK Ahrensburg wolle 25 Kinder kostenlos in die Rhön schicken. Für die Verschickung sollen aber nicht die „übersättigten Gemeinden“, in Frage kommen, die keine Schulspeisung bezögen. Eine „Norwegen-Baracke“ ist inzwischen für die Gemeinde verloren, weil diese sich darum nicht gekümmert habe.

Am 10. Dezember 1949 wird ein Antrag an die Gemeinde zur Straßenbeleuchtung beschlossen: „Der Distrikt Reesenbüttel der SPD stellt folgenden Antrag: Die Gemeindeverwaltung wird ersucht für Straßenbeleuchtung zu sorgen.“ Antwort der Gemeindeverwaltung vom 29. Januar 1949: „Ihr Antrag auf Straßenbeleuchtung lag am 27. 1. dem Gemeinderat vor und musste leider abgelehnt werden wegen Fehlens der erforderlichen Geldmittel.“

Am 5. Februar 1952 berichtet MdL Wilhelm Siegel über die politische Lage in Schleswig-Holstein: „Der Redner wies besonders auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Schleswig-Holstein hin und betonte, dass sich keine Partei darüber täuschen sollte. Bemerkenswert war, dass nach Siegels Ansicht die SPD in Schleswig-Holstein im Kommen sei, denn nach seinen Ausführungen zeigten die bisherigen Regierungsparteien Mängel und Maßnahmen auf, die auch nicht zur Lösung des Arbeitslosenproblems, sowie des Flüchtlings- und Wohnungsproblems führten.“

Im Juni 1953 berichtet Bürgermeister Franz Kruse über den geplanten Straßenausbau in Daheim-Heimgarten: Fichtenweg, Lindenweg, Ahornweg, Pappelweg und Kiefernweg sollen ausgebaut werden. Der Fahrweg solle 3,50 m betragen, der Bürgersteig abgegrenzt und befestigt, vielleicht sogar mit Platten ausgelegt werden. Kosten 70.000 – 80.000 DM, für den laufenden Straßenmeter würde ein Anliegerbeitrag von zehn DM bei Barzahlung erhoben.

Else Schröder berichtet im Januar 1957 aus dem Kreistag. Man sei um die Ansetzung von Industrie in Stormarn bemüht. Es könne nicht länger hingenommen werden, dass bei der Umsiedlung der Ausgebombten und Flüchtlinge die Rentner im Lande verblieben und die Arbeitsfähigen abzögen. Es gelte vor allem, die Bauarbeiter festzuhalten. Stormarn sei für viele arbeitende Menschen nur noch die Schlafstube Hamburgs. Die Einnahmen der Industrie flössen nach Hamburg und Lübeck. Der Kreistag habe sich dahin erklärt, dass man in den Kreisen Stormarn und Pinneberg eine „Aufbau GmbH“ über die am zweckmäßigsten anzusetzenden Industrien schaffen müsse. Jetzt werde geprüft, wer als Geschäftsführer fungieren solle. Der Kreistag übernehme die Trägerschaft.

Die große Politik im Ortsverein

In einer Frauenversammlung im November 1946 hören sich die Genossinnen einen Vortrag des Genossen Brinkmann über „die Vorteile der Demokratie“ an. Originaltext: „Eine Diskussion fand nicht statt.“

Im August 1947 spricht der Landtagsabgeordnete Wilhelm Esser in der Mitgliederversammlung. Er spricht von 20.40 Uhr bis 22.20 Uhr über die Arbeit im Landtag und schließ mit dem Leitsatz: „Aktivität ist der Schlüssel zum Sozialismus.“ Frage an Esser, ob die die Gesetze im Landtag die gleichen seien, wie in den anderen Zonen. Esser sagte, sie bemühten sich mit den anderen Zonen in Kontakt zu kommen, aber ihr Bestreben sei die „Reichsgesetzkammer“. Weitere Frage, warum ehemalige aktive Wehrmachtsangehörige Pension bekämen und nicht Wohlfahrtsunterstützung wie andere Arbeitslose. Esser: Die Unterstützung werde für alle gleich werden und zwar so, dass alle ohne Unterstützung davon leben könnten.

Am 13. Oktober 1950 ist MdL Otto Gramcko zum Thema „Remilitarisierung“ eingeladen. Die Versammlung ist schlecht besucht. Gramcko verkündet unter anderem, „was auch Bebel schon einmal sagte: Keinen Pfennig und keinen Mann für die Militarisierung.“ Eine rege Debatte folgte.

Im Februar 1952 spricht MdL Wilhelm Siegel über die politische Lage in Schleswig-Holstein: „Der Redner wies besonders auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Schleswig-Holstein hin und betonte, dass sich keine Partei darüber täuschen sollte. Bemerkenswert war, dass nach Siegels Ansicht die SPD in Schleswig-Holstein im Kommen sei, denn nach seinen Ausführungen zeigten die bisherigen Regierungsparteien Mängel und Maßnahmen auf, die auch nicht zur Lösung des Arbeitslosenproblems, sowie des Flüchtlings- und Wohnungsproblems führten. Außerdem erwähnt der Redner, dass nach seinen Informationen die Entwicklung der radikalen politischen Gruppen in Schleswig-Holstein rückläufig sei.“

Im September 1952 wird des vor kurzem gestorbenen SPD-Parteivorsitzenden Kurt Schumacher gedacht. Dann spricht der Kreistagsabgeordnete Herbert Breede aus Ahrensburg über das aktuelle Aktionsprogramm der SPD: Die SPD sei keine Einheitspartei aller Menschen, sondern sehe ihr Ziel darin, für alle Menschen Freiheit und Auskommen ohne persönlichen Zwang zu sichern. Dieses Ziel könne nur in einem kompromisslos demokratischen Staat erreicht werden. Anschließend gibt es eine Aufzählung der meisten Programmpunkte. Dazu gehörten damals: Die Sozialisierung der Grundstoffindustrien, die Offenlegung der Steuerlisten, die genossenschaftliche Organisation der Landwirtschaft und: „Keine Mutter von schulpflichtigen Kindern soll zur Arbeit verpflichtet sein.“

Im Januar 1953 gibt der Vorsitzende Friedrich Hesse einen Rückblick auf das Jahr 1952. Er weist auf die „gestiegene politische Spannung“ hin. Die außen- und innenpolitischen Probleme, die zur Entscheidung drängten, berührten zutiefst das persönliche Leben eines jeden Staatsbürgers. Folgende Probleme wurden genannt: Deutschlandvertrag, Söldnerheer oder Volksheer, Europa-Armee, Lastenausgleich, Aktionsprogramm der Partei, Saarwahlen, Wahlgesetzänderung und „die Verschacherung des Ruhrgebiets auf 50 Jahre“. Im Mai 1953 sieht MdL Otto Gramcko nach dem Tod Stalins Hoffnung auf eine Änderung der Lage. Russland habe mehrere Angebote an den Westen gemacht. Bei uns sei es so, dass die einseitige Politik Adenauers kirchlich bestimmt sei. Gramcko erwähnte ferner den Amerika-Besuch Adenauers, die Verhaftung des Spionagerings von ca. 30 Personen u. a. namhafte Wirtschaftler, die am Ost-West-Handel beteiligt waren. In der Diskussion ging es dann um den Wehrbeitrag und um (Finanzminister) Fritz Schäffers Geld dafür sowie das Verhalten der deutschen Presse gegenüber dem Osten.

Im September 1953 gibt es im Ortsverein eine rege Diskussion zum Hauptthema „Remilitarisierung“ und „Vereinigte Staaten von Europa“.

Der Ortsverein feiert

Der Ortsverein Bünningstedt hat natürlich auch gern gefeiert. Weihnachtsfeiern mit Kind und Kegel, vor allem aber auch Maifeiern, Umzug mit den Gewerkschaften und gemütliche Abende. In den Protokollen sieht das so aus:

In der Frauenversammlung am 18. November 1946 geht es um einen bunten Abend, eine Weihnachtsfeier mit Julklapp („über die Markenabgabe wird noch Näheres bekannt gegeben“), eine Frauenkonferenz im Lindenhof am Bußtag.

Im August 1947 geht es bei den Frauen um eine Wanderung, zu der der Frauenverein Ahrensburg eingeladen hatte. Fast alle Genossinnen wollten Essen und Kaffee mit einplanen, „was Ahrensburg eigentlich nicht vorhatte“. Die Wanderung sollte mit der Hochbahn bis Ohlstedt und von dort zum Rodenbeker Quellental gehen. Für die nächste Zukunft einigten sich die Genossinnen „auf einen gemütlichen Abend“. Gesungen wurde an dem Abend auch: „Wenn alle Brünnlein fließen“.

Am 7. November 1950 steht die Arbeit im Ortsverein auf der Tagesordnung. Die Versammlung ist sehr gut besucht. Wilhelm Lorenz fragte nach Vorschlägen für die nächsten Abende. Ein Kulturabend und eine Aussprache „über die Lage Deutschlands“. Genosse Schäfer bedankte sich für die Aufmerksamkeit zu seiner Silberhochzeit und gab bekannt, dass in Planten und Blomen in Hamburg eine Kleintierausstellung stattfinden würde.

Im April 1951 wird festgestellt, dass für die Maifeier ein Eintrittsgeld von 0,50 DM erhoben werden muss. Im März 1954 wird daran erinnert, „dass man die gute Sitte des früheren Singens eines sozialistischen Kampfliedes am Anfang jeder Versammlung abends wieder einführen möge“. Dazu sein die Anschaffung eines sozialistischen Liederbuches erforderlich. Die Versammlung billigte einstimmig diesen Beschluss.

Politische Stimmungen

Im September 1948 berichtet Wilhelm Lorenz über die Gemeinderatswahlen. Die Wahlpropaganda komme vom Kreis. Die Aktivität müsse aufs „Äußerste gesteigert werden“.

Im Oktober 1948 wird beklagt, dass die Versammlungen „sehr schlecht“ besucht seien. Es gibt die Hoffnung, dass wenigstens die geplante Versammlung mit Landrat Wilhelm Siegel besser besucht wird. Siegel habe festgestellt, dass „eine allgemeine Flaute“ bestehe. Es müsse – so Lorenz – mehr Propaganda betrieben werden. Die Aktivitäten hätten nachgelassen, „weil der reine Idealismus fehlt“.

In der Hauptversammlung am 21. Januar wird der Vorschlag gemacht, einmal im Monat eine Versammlung mit Gästen abzuhalten. Otto Gramcko möchte, Werbeabende veranstalten und dann Gäste dazu einladen.

Im Juni 1949 werden die Genossen aufgefordert, „unsere Versammlungen besser zu besuchen“. Wir müssten alle Kräfte anspannen, „um ein gutes Resultat bei der Bundeswahl zu erreichen“.

Nach der ersten Bundestagswahl zieht der Ortsverein im September 1949 Bilanz: Wilhelm Lorenz war im Allgemeinen mit dem Ergebnis in der Siedlung zufrieden. Es sei gut gearbeitet worden. Aber in Bünningstedt-Dorf mache sich der Einfluss der Bauern immer mehr geltend. Ihre Wahlbeteiligung sei erheblich höher als die der eigenen Leute. Hans Eckstrand gibt zu, dass es Gründe für Stimmenverluste gebe. Es liege „eine gewisse Interesselosigkeit“ vor. Es wurde angemerkt, dass Schleswig-Holstein am schlechtesten abgeschnitten habe. Genosse Wolter beklagte, dass die SPD-Politik in Schleswig-Holstein gar nicht richtig zur Geltung komme, da der Wirtschaftsbeirat das Sagen habe. Schlusswort von Lorenz: Wenn diese Regierung ans Ruder kommt, wird die SPD sie mal wieder beseitigen.

Ein Jahr später, im September 1950 wurde eine Werbeaktion bekannt gegeben: „Jeder Genosse möchte nach Möglichkeit 1-2 neue Mitglieder werben.“

Im Oktober 1950 erinnert Wilhelm Lorenz daran, dass die Monate Oktober und November Werbemonate seien, dies solle beherzigt werden, und die Versammlungen müssten besser besucht werden. Bei der letzten Wahl habe die SPD 320 Wähler (im Ortsteil Daheim/Heimgarten) gehabt, davon seien nur 16 Genossen auf der Versammlung erschienen.

Klagen gibt es auch über die Präsenz auf dem Kreisparteitag am 18. Februar 1951 in Ahrensburg: „Durch schlechtes Wetter, Mangel an Fahrgeld und auch wohl am Erliegen einiger Ortsvereine ist der schwache Besuch zu erklären.“

Am 6. Mai 1951 fordert Hans Eckstrand die Gemeinderatsmitglieder auf, sie sollten von Zeit zu Zeit an die Öffentlichkeit treten. 1953 geht es auf die nächste Bundestagswahl zu. Der Vorsitzende Friedrich Hesse fordert schon im Januar die Mitglieder auf, alle müssten zusammenstehen, um der SPD zum Sieg zu verhelfen.

Im Oktober 1954 spricht Otto Gramcko MdL über das Ergebnis der Landtagswahlen. „Die Landtagswahl hat bewiesen, dass wir richtig liegen.“ Die Besucherzahlen bei den SPD-Veranstaltungen hätten weiter höher als die bei den gegnerischen Parteien gelegen. Wie sei es denn vor der Bundestagswahl und vor der Hamburger Wahl gewesen? „Mit einer Hochflut von Verleumdungen unter Anwendung schmutzigster Mittel hat die Gegenseite den Sieg davongetragen.“ Zur Regierungsbildung: „Wir können es uns nicht erlauben, nicht in die Verantwortung zu gehen.“ Die SPD werde vor dem Versuch einer Regierungsbildung nicht zurückschrecken. Mit dem BHE würde sie eine knappe Mehrheit bilden. Die CDU könne nicht zum Zuge kommen, wenn sie nicht ein oder zwei Parteien zur Hilfe nehme. Faktisch richtig sei es, mit allen Parteien zu verhandeln. Aber wahrscheinlich werde „Bonn“ von oben lenken.


Wo bleibt die Jugend?

Auf der Tagesordnung einer Kreisfrauenkonferenz im Juni 1947 steht ein Referat der Hamburger Jugendsenatorin Paula Karpinski über Jugendprobleme unserer Zeit. Paula Karpinski war die erste Frau in einer deutschen Landesregierung. Else Schröder schreibt in der Einladung im Namen des SPD-Kreisvorstands: „Vor allem wird erwartet, dass alle Helfer und Helferinnen der Falken die Referate anhören und auswerten.“

Im Juli 1947 wird in Ahrensburg die einjährige Gründungsfeier der Falken begangen, Kinder von sechs bis zehn Jahren können in den Ferien für wöchentlich 3,40 Mark „nach dem Köhlbrand“.

Im März 1954 bietet Genosse Schäfer an, unter der Jugend des Ortsbereichs für den „so notwendigen Nachwuchs der Partei zu werben“. Er wolle an die Jungen und Mädel, die jetzt die Schule verlassen einzeln herantreten und hoffe bei seinem ferneren Bemühen um Unterstützung bei der Gruppe der „Falken“ in Ahrensburg.

Am 1. Oktober 1954 bittet Genosse Hesse, die Kinder doch in den Arbeitsportverein „Solidarität“ zu schicken, in Ahrensburg sei eine Radsportgruppe.

Anfang November 1955 referiert Kreisjugendpfleger Heinz Peters über „Jugendpflege und Jugendförderung“. Die „Jugend“ war trotz besonderen Aufrufs nicht erschienen. Es habe sich somit leider bestätigt, dass „die Werbung bei der heutigen Jugend kein einfaches Unterfangen ist“. „Eventuell war es instinktive Ablehnung der Jugend von jeglicher politischen Propaganda.“ Peters beklagt, dass es keine Jugendbewegung wie in der Weimarer Zeit mehr gebe. An ihre Stelle seien Jugendverbände getreten, die aus dem Bundesjugendplan gefördert würden. „Der Wille zum persönlichen Opfer für die gute Sache ist bei der Jugend (ebenso wie bei den Erwachsenen) relativ gering.“ Die Jugend sei „gegenwartsgebunden“ und handle auch danach.

Die Welt der Erwachsenen sei auch anders als früher materialistischer und ärmer an Idealen geworden. Peters nennt Beispiele: Das heutige Campen habe nichts mit dem früheren Zelten zu tun und warnt vor den Gefahren dabei. Die Kommunen müssten wieder Zeltplätze für die Jugend mit Aufsicht schaffen. Auswüchse modernen Tanzens müssten abgelehnt werden. Es lasse sich allerdings mit der heutigen Jugend auch noch „wandern“ – wenn auch ohne die „blaue Blume der Romantik“. Jugend wolle und müsse nun einmal „geführt werden“, bis sie es wieder gelernt habe „sich aus den eigenen Reihen ihre Führer zu wählen“.