Otto Spiegel

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Die druckbare Version wird nicht mehr unterstützt und kann Darstellungsfehler aufweisen. Bitte aktualisiere deine Browser-Lesezeichen und verwende stattdessen die Standard-Druckfunktion des Browsers.
Otto Spiegel
Otto Spiegel
Otto Spiegel
Geboren: 16. August 1880
Gestorben: 9. Mai 1965

Dr. Otto Spiegel, * 16. August 1880 verm. in Gelsenkirchen, † 9. Mai 1965 in den USA; Kinderarzt. Verheiratet, mindestens 2 Kinder; jüdischen Glaubens. Mitglied der SPD.

Leben & Beruf

Otto Spiegel war der jüngere Bruder von Wilhelm Spiegel. Er studierte Medizin in Kiel, Bonn, Berlin und München, wo er 1904 promoviert wurde. 1907 ließ er sich in Kiel nieder, wo sein Bruder bereits als Rechtsanwalt praktizierte, und spezialisierte sich auf die Behandlung von Kindern. Nach seiner Teilnahme am 1. Weltkrieg wurde er "vom Magistrat der Stadt Kiel für den Aufbau und die Leitung der Fachpädiatrie in Schleswig-Holstein angefordert"[1]. Man kann ihn also als Begründer der Pädiatrie im Lande ansehen.

Otto und Frieda Spiegel (markiert), ihre Tochter Elisabeth und deren Mann Laszlo (2./3. v.r. hinten).

1918 wurde ihm und seiner Ehefrau Frieda der Sohn Peter Paul Wilhelm Jens Spiegel geboren. Er wurde später ebenfalls Kinderarzt und starb 2004 in Chicago.[2] Die Tochter Elisabeth wurde ? geboren. Sie heiratete 1949 einen ebenfalls emigrierten Ungarn, Laszlo Garay.[3]

Es ist wohl anzunehmen, dass Otto Spiegel unter dem Einfluss seines Bruders Wilhelm der SPD beitrat; wann, ist jedoch nicht ermittelt. Bekannt ist aber[4], dass er einen Raum in seinem Haus der Sozialistischen Arbeiterjugend für ihre Treffen und Schulungen zur Verfügung stellte. Vermutlich gehörten seine Kinder der SAJ an.

Er engagierte sich auch darüber hinaus in einem gewissen Maße politisch: Im Kieler Adressbuch 1923 wird er als bürgerliches Mitglied der Kommission für Jugendpflege geführt.

Er leitete außerdem bis zu seiner Entlassung durch die Nazis 1933 die Städtische Säuglings- und Fürsorgestelle in Holtenau. Danach führte er noch bis 1938 - als einer von drei Ärzten jüdischer Herkunft in Schleswig-Holstein - eine kleine Privatpraxis im Haus Lorentzendamm 5[5] in Kiel. Eine ehemalige Mitarbeiterin erinnerte sich später:

"Im Oktober 1933 machte ich meine Prüfung als Säuglingspflegerin, und soweit ich mich erinnere, wurde Dr. Sp[iegel] erst Ende 1933 oder Anfang 1934 wegen seiner Zugehörigkeit zur jüdischen Rasse entlassen. Wir Schülerinnen hatten den größten Respekt vor diesem tüchtigen und immer korrekten Arzt, und ich persönlich war froh, bei ihm einen gründlichen Unterricht erhalten zu haben, der mir dabei half, bei meiner Schwesternprüfung 1934 gut abzuschneiden. 1935 bin ich Herrn Dr. Spiegel noch einmal begegnet, aber ich wagte nicht zu grüßen, die Angst war zu groß. Später habe ich mich deswegen geschämt ..."[6]

1938 untersagten die Nazis allen jüdischen Ärzten das Praktizieren. Otto Spiegel wurde in "Schutzhaft" genommen und im Konzentrationslager Sachsenhausen eingesperrt. Später konnten er und seine unmittelbare Familie über die Niederlande nach Kolumbien flüchten, wo er bis 1955 praktizierte. Danach ging die Familie in die USA.[7]

Nachkommen

Otto und Frieda Spiegel mit Enkel Martin Anfang der 1950er Jahre

Im November 2018 kam ein Urenkel von Otto Spiegel - Enkel von Elisabeth und Laszlo Garay - aus London nach Kiel. Er beschäftigt sich seit einigen Jahren mit der Geschichte seiner Familie und setzte sich unter anderem mit dem Kreisverband Kiel in Verbindung, um den Ort und das Umfeld kennenzulernen, in dem seine Familie gelebt hatte.

Links

Einzelnachweise

  1. Karl Friedrich Herhaus: Die jüdisch-christliche Episode des 1853 wiederbegründeten Gymnasium Arnoldinum in Burgsteinfurt 1853-1937 (Münster 2013, aktualisiert 2014), S. 37 f.
  2. Seidler, Eduard: Jüdische Kinderärzte 1933-1945. Entrechtet/­Geflohen/Ermordet (Erw. Neuauflage, Basel, New York 2007), S. 308 f.
  3. Persönliche Information ihres Enkels, November 2018.
  4. Information von Jürgen Weber, der zur Familie forscht.
  5. Das Haus steht nicht mehr; der Nachfolgebau trägt die Hausnummer 15.
  6. Brief einer Leserin an die Kieler Nachrichten, 7.9.1965
  7. Seidler, Eduard: Jüdische Kinderärzte 1933-1945. Entrechtet/­Geflohen/Ermordet (Erw. Neuauflage, Basel, New York 2007), S. 308 f.