Richard Hansen: Unterschied zwischen den Versionen

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Zeile 34: Zeile 34:
[[1920]] wurde er hauptamtlicher Parteisekretär, gleichzeitig zum Mitglied des [[Landesvorstand|Bezirksvorstandes]] gewählt. Ab [[1924]] war er Stellvertreter des [[Landesvorsitzende/r|Bezirksvorsitzenden]] [[Willy Verdieck]].<ref>Martens, ''Geschichte der SPD'', S. 25, 551</ref> Zeitweise führte er auch die Geschäfte des 2. Unterbezirks.<ref>Martens, ''Geschichte der SPD'', S. 240, jedoch ohne Angabe von Daten.</ref>
[[1920]] wurde er hauptamtlicher Parteisekretär, gleichzeitig zum Mitglied des [[Landesvorstand|Bezirksvorstandes]] gewählt. Ab [[1924]] war er Stellvertreter des [[Landesvorsitzende/r|Bezirksvorsitzenden]] [[Willy Verdieck]].<ref>Martens, ''Geschichte der SPD'', S. 25, 551</ref> Zeitweise führte er auch die Geschäfte des 2. Unterbezirks.<ref>Martens, ''Geschichte der SPD'', S. 240, jedoch ohne Angabe von Daten.</ref>


[[1923]] heirateten er und [[Lisa Hansen|Lisa Meitmann]], Tochter einer alteingesessenen sozialdemokratischen Familie in Kiel und Schwester von [[Jack Meitmann]].
[[1923]] heirateten er und [[Lisa Hansen|Lisa Meitmann]], Tochter einer alteingesessenen sozialdemokratischen Familie in Kiel und Schwester von [[Karl Meitmann|Jack Meitmann]].


In der Anfangszeit der Weimarer Republik war Richard Hansen führend aktiv in der Kieler Arbeiterwehr gegen reaktionäre Kräfte. [[1924]] gehörte er zu den Gründern des [[Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold|Reichsbanners]], dessen Vorsitzender im Gau Schleswig-Holstein er wurde. [[1933]] wählte man ihn in den Bundesvorstand.
In der Anfangszeit der Weimarer Republik war Richard Hansen führend aktiv in der Kieler Arbeiterwehr gegen reaktionäre Kräfte. [[1924]] gehörte er zu den Gründern des [[Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold|Reichsbanners]], dessen Vorsitzender im Gau Schleswig-Holstein er wurde. [[1933]] wählte man ihn in den Bundesvorstand.

Version vom 29. März 2016, 19:09 Uhr

Richard Hansen
Richard Hansen
Richard Hansen
Geboren: 2. August 1887
Gestorben: 5. September 1976

Richard Hansen, * 2. August 1887 in Kiel, † 5. September 1976 in Kiel. Werftarbeiter, Parteisekretär. Verheiratet mit Lisa Hansen, 2 Kinder. SPD-Mitglied seit 1907.

Werdegang

Mit 19 Jahren trat Richard Hansen 1906 in die Gewerkschaft ein, vermutlich in den Deutschen Metallarbeiter-Verband (DMV)[1], im Jahr darauf auch in die SPD.

1920 wurde er hauptamtlicher Parteisekretär, gleichzeitig zum Mitglied des Bezirksvorstandes gewählt. Ab 1924 war er Stellvertreter des Bezirksvorsitzenden Willy Verdieck.[2] Zeitweise führte er auch die Geschäfte des 2. Unterbezirks.[3]

1923 heirateten er und Lisa Meitmann, Tochter einer alteingesessenen sozialdemokratischen Familie in Kiel und Schwester von Jack Meitmann.

In der Anfangszeit der Weimarer Republik war Richard Hansen führend aktiv in der Kieler Arbeiterwehr gegen reaktionäre Kräfte. 1924 gehörte er zu den Gründern des Reichsbanners, dessen Vorsitzender im Gau Schleswig-Holstein er wurde. 1933 wählte man ihn in den Bundesvorstand.

Von 1925 bis 1933 gehörte er als Abgeordneter dem Provinziallandtag der Provinz Schleswig-Holstein an. 1928 wurde er zum stellvertretenden Mitglied im Preußischen Staatsrat berufen. Ebenfalls von 1925 bis 1933 war er Mitglied der Kieler Stadtverordnetenversammlung, vermutlich für Holtenau.[4]

Beim Parteitag der SPD 1931 in Leipzig vertrat er Schleswig-Holstein als Delegierter.[5] Anfang 1933) wurde er noch zum Stellvertreter des Ortsvorsitzenden (=Kreisvorsitzenden) Otto Eggerstedt gewählt.[6]

Holger Martens rechnet Richard Hansen mit Otto Eggerstedt und Willy Verdieck zu den drei bedeutendsten Politikern des Bezirks in der Weimarer Republik.[7]

Nationalsozialismus

In der letzten noch als legal angesehenen, wenn auch schon durch Nazi-Terror beeinflussten Wahl am 12. März 1933 wurde Richard Hansen noch einmal in den Provinziallandtag gewählt, zusammen mit Willy Verdieck, Wilhelm Schweizer, Max Brauer und 11 weiteren SPD-Abgeordneten. An der konstituierenden Sitzung vom 10. April nahmen die Genannten jedoch schon nicht mehr teil. Verdieck und Hansen versuchten zunächst, von Hamburg aus die Organisation der SPD im Lande aufrecht zu erhalten, wurden aber - offenbar auf dem Weg, über die "grüne Grenze" nach Dänemark zu flüchten - in Flensburg von SA-Leuten erkannt.[8] Verdieck wurde verhaftet, Hansen entkam nach Dänemark.[9] Seine Familie konnte ihm 1940 dorthin folgen.[10]

Exil

Als Leiter des Grenzsekretariats der Sopade (des Prager Exilvorstandes der SPD) und Geschäftsführer des Matteotti-Komitees der dänischen Sozialdemokraten für politische Flüchtlinge in Kopenhagen ermöglichte Richard Hansen vielen Parteifreunden, sich vor dem Zugriff der Gestapo ebenfalls nach Skandinavien zu retten.[11] Aus dieser Zeit hatte er beste Beziehungen zu führenden dänischen Sozialdemokraten.[12]

In Dänemark war er für die Koordinierung des Widerstandes in Schleswig-Holstein, Hamburg und Pommern zuständig, unter anderem für die Verbreitung von Druckschriften wie Sozialistische Aktion oder Vorwärts, die zu Wasser und zu Lande nach Nazi-Deutschland geschmuggelt wurden. Als "Briefkästen" zur Weiterverbreitung dienten unter anderem alte Motorradschläuche; gelegentlich wurden Schriften in Arbeitsämtern, Wohlfahrtsstellen oder Straßenbahnen hinterlassen. Zu seinen Kontaktleuten in Kiel gehörten Hans Schröder und Emil Bandholz.[13]

1937 wurde er ausgebürgert. Bei der Besetzung Dänemarks durch deutsche Truppen am 9. April 1940 entkam er mit knapper Not nach Schweden, konnte allerdings die Namenskartei des Matteotti-Komitees mitnehmen, so dass sie den Nazis nicht in die Hände fiel.[14] Lisa Hansen blieb mit den Kindern zunächst in Dänemark, offenbar weil ihrer Tochter, die mit einer Behinderung geboren war, die weitere Flucht nicht zugemutet werden konnte.[15]

1941 gelangte Richard Hansen über die UdSSR und die Philippinen in die USA, zunächst nach Los Angeles.[16] 1943 arbeitete er als Schiffbauer in New York. Dort gehörte er der German Labor Delegation in USA (GLD) an, deren Sekretär Rudolf Katz war.[17]

Die Sozialistischen Mitteilungen berichteten irrtümlich, Richard Hansen arbeite für den Deutschen Metallarbeiter-Verband (DMV) im "Komitee deutscher Gewerkschafter in den USA" von 1944 mit, dessen Ziel die Vorbereitung "zum Wiederaufbau einer Gewerkschaftsbewegung im neuen Deutschland und in Europa" war.[18] Dies wurde später korrigiert, der "bekannte Gewerkschafter" Hansen sei weiterhin Mitglied der GLD. Die Berichterstattung lässt den Schluss zu, dass die neue Organisation als Konkurrenz und unerwünschte Zersplitterung der Kräfte gesehen wurde, vielleicht auch als kommunistisch beeinflusst.[19]

Rückkehr und Wiederaufbau

Anfang 1946 ging Richard Hansen wieder nach Stockholm, wo seine Familie inzwischen lebte.[20] Von dort aus organisierte er ein Komitee zur Hilfeleistung für Deutschland, das vor allem Lebensmittel und Kleidung in zerstörte Gebiete sandte.[21] Seine Rückkehr nach Deutschland gestaltete sich schwierig, nicht nur auf Grund der mangelhaften Kommunikationswege in der frühen Nachkriegszeit, sondern wohl auch, weil aus den Reihen der skandinavischen Emigranten Kritik geäußert wurde. Unter anderem wurde ihm vorgeworfen, beim deutschen Überfall auf Dänemark unvorbereitet gewesen zu sein und die Emigranten dort ihrem Schicksal überlassen zu haben. (Martens räumt allerdings ein, dabei könne es sich um "eine politisch motivierte Diskreditierung" von einzelnen gehandelt haben.) Auch seine als unkritisch wahrgenommene Haltung zur Politik der SPD während der Weimarer Republik war nicht vergessen.[22]

Erst Mitte 1946 gelang es Richard Hansen, brieflich Kontakt mit dem Ortsvorstand in Kiel aufzunehmen. Man wollte seine Rückkehr, konnte ihm jedoch keinen Arbeitsplatz nachweisen, und der Vorstand war nicht bereit, die Verantwortung für seinen Lebensunterhalt zu tragen. Der Ortsverein Rendsburg stellte schließlich einen Antrag an den Bezirksparteitag am 7./8. Juni 1947 in Bad Segeberg, dem ehemaligen Spitzenfunktionär die Rückkehr zu ermöglichen. Am 9. September 1947 traf er in Kiel ein, zunächst mit einer Aufenthaltsgenehmigung für ein halbes Jahr. Dieser Aufenthalt verlief nicht ohne Irritationen; unter anderem konnte selbst Andreas Gayk bei seiner Partei nicht durchsetzen, dass Richard Hansen zum Kieler Parteisekretär gewählt wurde.[23]

1948 kehrten Richard Hansen und seine Familie endgültig nach Kiel zurück. Zwar übernahm er keine Ehrenämter innerhalb der Partei mehr, arbeitete aber als Geschäftsführer der Landtagsfraktion, bis er Ende 1958 mit 71 Jahren in den Ruhestand ging.[24] Zu seinen Aufgaben gehörte dabei die Vermittlung von Referentinnen und Referenten sowie die Organisation von Parteiversammlungen.[25] Als erfahrener Funktionär wurde er an vielem beteiligt, das über seine berufliche Funktion hinausging. So gehörte er zu den mäßigenden Stimmen im Konflikt um den vom Landesverband ausgeschlossenen Kreisverband Flensburg.[26]

1949 unterstützte er Andreas Gayk gegenüber dem Parteivorstand in seinen Bemühungen, die Schleswig-Holsteinische Volkszeitung als klar erkennbare Parteizeitung zu erhalten.[27]

Nach seiner Rückkehr nach Kiel beriet er auch für den Landesverband die Arbeitsgemeinschaft ehemals politisch verfolgter Sozialdemokraten (AvS), die er bis 1959 in zahlreichen Wiedergutmachungsverfahren - oft mit Erfolg - unterstützte. [28] Von Hans Schröder übernahm er den Bezirksvorsitz dieser AG - wann genau, ließ sich bisher nicht feststellen.[29]

Ehrungen

  • 1963 Bundesverdienstkreuz

Stimmen

"Seine Partei schilderte [Richard Hansen] als einen Mann, der immer erfüllt gewesen sei vom Kampf für den Sozialismus und für die demokratische Ordnung. In ihm verkörpere sich ein Stück Geschichte der norddeutschen Arbeiterbewegung."[30]

Literatur

  • Holger Martens: Die Geschichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands in Schleswig-Holstein 1945 - 1959 (2 Bde., Malente 1998)

Quellen

  1. Richard Hansen 80 Jahre alt, Kieler Nachrichten, 2.8.1967
  2. Martens, Geschichte der SPD, S. 25, 551
  3. Martens, Geschichte der SPD, S. 240, jedoch ohne Angabe von Daten.
  4. Maik Schuhknecht: Zur Geschichte des SPD-Ortsvereins Kiel-Holtenau. Teil 1: Vom Anfang bis zum Ende? (Kiel 2008)
  5. Martens, Geschichte der SPD, S. 239
  6. Martens, Geschichte der SPD, S. 26, 551
  7. Martens, Geschichte der SPD, S. 241
  8. Vgl. Maik Schuhknecht: Zur Geschichte des SPD-Ortsvereins Kiel-Holtenau. Teil 1: Vom Anfang bis zum Ende? (Kiel 2008)
  9. Martens, Geschichte der SPD, S. 26
  10. Nicole Schultheiß: "Gehr nicht gibt's nicht" (Kiel 2007), S. 33
  11. Richard Hansen 80 Jahre alt, Kieler Nachrichten, 2.8.1967
  12. Martens, Geschichte der SPD, S. 134
  13. Vgl. Maik Schuhknecht: Zur Geschichte des SPD-Ortsvereins Kiel-Holtenau. Teil 1: Vom Anfang bis zum Ende? (Kiel 2008)
  14. Martens, Geschichte der SPD, S. 245, S. 248, S. 645 Anm. 553
  15. Mündliche Mitteilung von Rosa Wallbaum, die Lisa Hansen gut kannte, an Susanne Kalweit, März 2007.
  16. Richard Hansen 80 Jahre alt, Kieler Nachrichten, 2.8.1967
  17. Gerhard E. Gründler über Rudolf Katz
  18. Sozialistische Mitteilungen - News for German Socialists in England, Nr. 65/66, 3.9.1944, S. 15 u. Ed. Anm. 37
  19. Sozialistische Mitteilungen - News for German Socialists in England, Nr. 69, Dez. 1944, S. 15
  20. Martens, Geschichte der SPD, S. 248
  21. Richard Hansen 80 Jahre alt, Kieler Nachrichten, 2.8.1967
  22. Martens, Geschichte der SPD, S. 248, S 645 Anm. 551
  23. Die Einzelheiten der Rückkehrbemühungen bei Martens, Geschichte der SPD, S. 248 f.
  24. Martens, Geschichte der SPD, S. 216
  25. Martens, Geschichte der SPD, S. 201. Letzteres betraf vermutlich rein die Landesebene.
  26. Martens, Geschichte der SPD, S. 146
  27. Martens, Geschichte der SPD, S. 298
  28. Richard Hansen 80 Jahre alt, Kieler Nachrichten, 2.8.1967
  29. Martens, Geschichte der SPD, S. 263
  30. Richard Hansen wird 85, Kieler Nachrichten, 1.8.1972