Stephan Heinzel

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Stephan Heinzel
Stephan Heinzel
Stephan Heinzel
Geboren: 3. September 1841
Gestorben: 23. November 1899

Stephan Heinzel, * 3. September 1841 in Tschechen (Cechyne)/Mähren; † 23. November 1899 in Kiel; von Beruf Schneider. Baute die sozialdemokratische Partei in Kiel auf.

Ausbildung und Beruf

1877 wohnte Stephan Heinzel in der Hohestraße 2[1], später im Knooperweg 86[2]. Hier wird er als "Schneidergeselle" geführt. 1888 wohnte Stephan Heinzel in der Brunswiker Straße 44. Im Adressbuch wird er nicht mehr als Schneidergeselle gefühlt, sondern mit einer "Garderobenhandlung".[3]

Reichstagskandidat

Als Agitator für den Allgemeinen deutschen Arbeiterverein (ADAV) von Ferdinand Lassalle lebte Stephan Heinzel seit 1870 oder 1871 in Kiel. Nach dem Zusammenschluss von ADAV und der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschlands (SDAP) 1875 zur Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) wurde Heinzel zwischen 1878 und 1887 mehrfach als ihr Kandidat für den Reichstag aufgestellt, erreichte jedoch trotz guter Erfolge auf Grund des geltenden Wahlrechts und später auch wegen der Repressionen unter Bismarcks Sozialistengesetz nie die Stimmenmehrheit. Er war jedoch in der Partei gut angesehen: Das Foto unten zeigt ihn auf dem Boden sitzend u. a. mit August Bebel (oben Mitte) und seiner Familie und Paul Singer (zwischen Julie und Frieda Bebel).

Schleswig-Holsteinische Volkszeitung

Als 1877 die SAP eine Genossenschaft zur Herausgabe der neuen Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung gründete, wählte sie Stephan Heinzel zum 1. Vorsitzenden, ebenso beim "Kieler Volksverein", der offiziell der Bildung der Arbeiter dienen sollte. Beide Gründungen sind jedoch als Reaktion auf das Sozialistengesetz und als Sicherung der weiteren politischen Arbeit zu sehen.[4] Die VZ wurde schon im folgenden Jahr unter dem Sozialistengesetz wieder verboten und erst 1893 wiederbegründet.

Verfolgung durch die Behörden

Datei:Stephan Heinzel c 1890.jpg
Stephan Heinzel mit Familie Bebel, Singer u.a. ca 1890

Eine legale politische Arbeit war kaum noch möglich. Die Kieler Partei organisierte ihre verdeckte Arbeit über zwölf städtische Bezirke, die die sogenannte "Exekutive", die Gesamtleitung für Kiel, bestimmten. Auch zu deren Leiter wurde Stephan Heinzel gewählt. Künftig lief die Arbeit in "kleinen, für die Polizei nicht erkennbaren Gruppen in Privatwohnungen; als Lesezirkel, Kartenspieler und Sonntagsspaziergänger getarnt,"[5] eine Taktik, an die fünfzig Jahre später die Juso 22 nach dem Verbot der SPD durch die Nationalsozialisten wieder anknüpften.

Heinzel stand als führender Sozialdemokrat Kiels unter ständiger (geheim)polizeilicher Beobachtung. Mehrfach wurde er angezeigt, verhaftet oder musste Haussuchungen erdulden. Meist konnten jedoch keine Belege für "illegale" Arbeit gefunden werden. Seine Verhaftung bei der Rückkehr vom internationalen Sozialistenkongress in Kopenhagen im März/April 1883 führte jedoch zu einem Prozess. Er wurde zusammen mit August Bebel und sieben anderen Parteivertretern 1885 angeklagt und zu sechs Monaten Haft verurteilt. Da den Angeklagten keine Zugehörigkeit zu einem verbotenen Geheimbund nachgewiesen werden konnte, wurde von der Verteilung sozialistischer Druckschriften auf die Existenz eines solchen Geheimbundes geschlossen, was dann eine Verurteilung möglich machte. "Damit war neues Recht geschaffen worden."[6]

Stadtverordneter in Kiel

Stephan Heinzels erste Kandidatur zur Stadtverordnetenversammlung 1877 war nicht erfolgreich. Weitere Kandidaturen im kommunalen Bereich waren bis 1890 wegen des "Sozialistengesetzes" unmöglich. Erst im November 1890 wurde er, der sich entschieden für die Beteiligung der Sozialdemokraten an Kommunalwahlen eingesetzt hatte, zusammen mit dem Maurer Friedrich Brodthuhn überraschend in die Stadtverordnetenversammlung gewählt.

Stephan Heinzel und Familie ca 1880

Heinzel blieb eine Legislaturperiode lang, von 1890 bis 1897, Stadtverordneter. Die Sozialpolitik und der Ausbau des Hafens sind mit seinem Namen eng verbunden.[7] Zugleich musste er erleben, wie sein Kollege Friedrich Brodthuhn durch eine willkürliche Erhöhung des Zensus - der Einkommensgrenze, ab der man ein Recht auf das aktive und passive Wahlrecht hatte - seinen Sitz als Stadtverordneter verlor; der Verlust des Wahlrechts durch diese Änderung traf ca. 5000 weitere Kieler (Kielerinnen waren ohnehin nicht wahlberechtigt). Als Konsequenz verzichteten die Sozialdemokraten zunächst wieder auf die Beteiligung an Kommunalwahlen. Ein Angebot der bürgerlichen Fraktion im Rathaus, in der nächsten Legislaturperiode eines ihrer Mandate wahrzunehmen, zeigt die Wertschätzung, die Stephan Heinzel persönlich genoss. Er lehnte jedoch ab und trat politisch kaum noch in Erscheinung. Ende der 1890er Jahre erkrankte er an Krebs und starb im November 1899.

Politik

Ein Erbe des Gedankengutes von Ferdinand Lassalle war Stephan Heinzels Ablehnung von Konsumvereinen, durch die "der Klassenkampfcharakter der Partei großen Schaden erleiden würde"[8]. Er wandte sich vehement gegen die Gründung einer Genossenschaft, der "Vereinsbäckerei", die 1889 von Kieler Arbeitern ins Leben gerufen wurde und den Kern des späteren Kieler Konsumvereins bildete.

Der Kreisverband Kiel sieht sich insgesamt in der Tradition Stephan Heinzels, der "die Sozialdemokratie und die demokratische Entwicklung der Fördestadt entscheidend mitgestaltet"[9] habe. Dabei gab es eine ausdrücklich so benannte sozialdemokratische Organisation in Kiel, den Sozialdemokratischen Verein Kiel und Umgegend, erst seit 1890. Seine Vorsitzenden waren bis 1907 Christian Haase, Wilhelm Brecour, Daniel Rindfleisch und Edmund Söhnker.

Plakette am Haus Knooper Weg 86

Ehrungen

In Kiel wurde 1991 eine Straße nach Stephan Heinzel benannt.[10] Am Haus Knooper Weg 86, in dem Heinzel und seine Familie längere Zeit wohnten, ist seit einigen Jahren eine Gedenktafel angebracht (siehe Foto links).

Literatur

  • Rolf Fischer: Eine Wahl im November, in: Carstens/Fischer/Kohrs-Heimann: Kiel. Eine Liebe auf den zweiten Blick (Husum 1993)
  • Rolf Fischer: "Der Bahn, der kühnen, folgen wir …" Stephan Heinzel und der Aufstieg der Kieler SPD (Geschichte der Kieler Sozialdemokratie, Band I: 1863 – 1900) (Malente 2010)

Links

Quellen