Genosse / Genossin

Aus SPD Geschichtswerkstatt

Genosse oder Genossin ist eine traditionelle Anrede von SPD-Mitgliedern untereinander, oft ergänzt durch Vor- oder Nachnamen.

Der Begriff geht auf das mittelhochdeutsche "genoze" zurück. Es gehört zur Wortgruppe von "genießen" und bezeichnete einen Menschen, der mit einem anderen die Nutznießung einer Sache gemeinsam hat. Bis Ende des 19. Jahrhunderts wurde "Genosse" im Sinne von Gefährte, Gleichgestellter verwendet.

Heute bezeichnet der Begriff das Mitglied einer linksgerichteten Partei. Die Sozialdemokraten verwendeten "Genosse" erstmals in der seit 1875 vereinigten Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands. Nach der Teilung Deutschlands infolge des 2. Weltkrieges ab 1945 sorgte Walter Ulbrichts sächselndes „Genossinnen und Genossen“ dafür, dass viele in der SPD die Anrede nur noch zögerlich verwendeten. Manche wollten sie gar über Bord werfen.

Parteivorstand und -ausschuss gelangten jedoch 1954 zu dem Schluss, die Anrede "Genosse" sei im "Kampf für eine gemeinschaftliche große Idee entstanden" und ein "Zeichen solidarischer Kraft". Herbert Wehner sagte dazu:

"Ich kann nichts dagegen machen, daß sich auch Verbrecher solcher Bezeichnungen bedienen. Übrigens steht das Wort sogar auch auf Gesetzesvorlagen, die man einbringt: die und die, und die ‚und Genossen‘."[1]

In den Reden der Bundeskonferenz 1963 in Bad Godesberg fiel die Anrede trotzdem kein einziges Mal. Inzwischen ist die SPD längst zu dem vertrauten Begriff zurückgekehrt.

Einzelnachweise

  1. Zitiert nach: Meyer, Christoph: Bruderküsse sowieso nicht, 25.2.2022