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| Die deutsche '''Einheitsschule''' geht historisch unter anderem auf Bestrebungen des Allgemeinen Deutschen Lehrervereins zurück, der schon in der Revolution von 1848/49 wichtige Grundzüge eines künftigen Schulwesens entwickelte. In diesem Sinne versteht man unter der Einheitsschule den Schulaufbau von [[Kindergarten]] bis zur [[Universität]] für alle Kinder.
| | #REDIRECT [[Bildungspolitik]] |
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| Damit steht die Einheitsschule dem [[Dreigliedriges Schulsystem|dreigliedrigen]] bzw. gegliederten Schulsystem in Deutschland gegenüber.
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| Mit der Odenwaldschule in Heppenheim ist in Deutschland [[1910]] die erste [[Gesamtschule]] durch die [[Reformpädagogik]] gegründet worden. Durch die [[Novemberrevolution]] 1918 war die Möglichkeit einer Umgestaltung des Schulsystems gegeben. 1919 wurde der [[Bund Entschiedener Schulreformer]] gegründet, der u. a. die Ideen und Modelle einer "elastischen" und "differenzierten" Einheitsschule propagierte und in dem die Einheitsschule als beste Voraussetzung für die Erneuerung des Erziehungs- und Bildungswesens anerkannt wurde.
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| Zwar traten die [[Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands|MSPD]] und die [[Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands|USPD]] noch für die Einheitsschule ein, doch der ''Weimarer Schulkompromiss'' ließ in der Weimarer Verfassung davon nur noch wenig übrig: "Das öffentliche Schulwesen ist organisch auszugestalten." (Art. 145). Zum Wortführer der Einheitsschule wurde neben den Vertretern des ''Bundes Entschiedener Schulreformer'' auch [[Johannes Tews]], der für den Deutschen Lehrerverein (DLV) arbeitete, der große Teile der Volksschullehrer vereinigte. Auch der SPD-Bildungspolitiker [[Heinrich Schulz]] setzte sich für eine öffentliche, kostenfreie, weltliche, koedukative Schule mit einheitlichen Lehrplänen ein - und blieb damit angesichts der Koalitionszwänge erfolglos.
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| Die achtjährige Einheitsschule sollte auf Anordnung der Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland eingeführt werden (Kontrollratsdirektive Nr. 53 von 1947). Dennoch wurde mit dem Verweis auf die strittige Diskussion über [[Begabung]] das mehrgliedrige Schulsystem beibehalten.
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| In den 1970er Jahren gab es in einigen sozialdemokratisch regierten Bundesländern Bestrebungen, das mehrgliedrige Schulsystem durch [[Gesamtschule]]n zu ersetzen, die dem Konzept einer Einheitsschule nahekamen. Allerdings mussten diese Gesamtschulen mit den anderen Schulen konkurrieren. Außerdem waren sie insofern keine Einheitsschulen, als sie intern eingeteilt waren in Kurssysteme, die das mehrgliedrige Schulsystem intern abbildeten. Es kam nur vereinzelt zur Etablierung von wirklichen Einheitsschulen, wie beispielsweise der [[Laborschule Bielefeld]].
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| Seit den 1980er Jahren wurden keine neuen Anläufe zur Realisierung von Einheitsschul-Konzepten begonnen. Erst mit den international vergleichenden Bildungsstudien (TIMSS, PISA, IGLU), in denen deutsche Schüler sehr schlecht abschnitten, gleichzeitig aber einer extrem hohen sozialen Selektion ausgesetzt waren, wird wieder ernsthaft über die Etablierung von Einheitsschulen („Schulen für alle“) nachgedacht. Um vom mehrgliedrigen in ein eingliedriges Schulsystem überzugehen, wird von Bildungsforschern um Klaus Hurrelmann auch das zweigliedrige Modell propagiert: Hauptschulen, Realschulen und - falls vorhanden - Gesamtschulen werden fusioniert, erhalten eine eigene Oberstufe und bieten wie das Gymnasium, das zunächst bestehen bleibt, alle Schulabschlüsse an. Das Problem dabei ist, die beiden Schultypen im sogenannten "Zwei-Wege-Model" (Hurrelmann) wirklich gleichwertig zu gestalten. So sind sich die existierenden Gesamtschulen häufig dem Vorwurf des leistungsmäßig schlechten Abschneidens ausgesetzt, dabei wird allerdings der sog. „Creaming-Effekt“ übersehen. Dieser besagt, dass die Schülerschaft einer Gesamtschule nicht - wie vorgesehen - aus gleichmäßigen Anteilen von starken und schwachen Schülern besteht, sondern zum großen Teil aus den schwächeren, da die Eltern der stärkeren Schüler ihre Kinder bevorzugt aufs Gymnasium schicken. Somit ist die Vergleichbarkeit unterschiedlicher Schulformen sehr schwierig.
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| In einigen Bundesländern gibt es im bildungspolitischen Spektrum nun Konzepte, das mehrgliedrige Schulsystem langfristig abzuschaffen. Als Gründe für diese neue Politik werden angeführt
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| * die demografische Veränderung: Viele kleine Gemeinden können sich aufgrund des Bevölkerungsrückgangs verschiedene Schultypen nicht mehr leisten, und es wird für die Zeit ab 2010 ein dramatischer Rückgang der Studierendenzahlen prognostiziert, wenn die Bildungspolitik so fortgesetzt wird wie bisher.
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| * die Kritik der frühen Selektion im mehrgliedrigen System durch internationale Organisationen wie die OECD, die UNICEF, die UNESCO, die Europäische Kommission und zuletzt der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen mit seiner Bildungsstudie über Deutschland
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| * die Kritik durch einige Wirtschaftsverbände und Denkfabriken an der frühen Selektion
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| * die "Abstimmung mit den Füßen": in NRW fanden 2006 14.000 Eltern keinen Platz für ihre Kinder in Gesamtschulen und 2007 waren es 16.000 Eltern, die ihre Kinder in Gesamtschulen einschulen wollten und keinen Platz bekamen; in Schleswig-Holstein schicken immer mehr Eltern ihre Kinder auf die privaten Einheitsschulen der dänischen Minderheit.<ref>[http://www.wdr.de/themen/wissen/bildung/gesamtschule/index.jhtml WDR-Beitrag 17. Februar 2007]</ref>
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| == Siehe auch ==
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| * [[Gesamtschule]]
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| * [[Gemeinschaftsschule]]
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| * [[Regionalschule]]
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| == Einzelnachweise ==
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| <references/>
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| {{Vorlage:AusWikipedia
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| |Titel=Einheitsschule
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| }}
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| [[Kategorie:Bildungpolitik]]
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