Andreas Carlsen

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Andreas Carlsen
Andreas Carlsen
Andreas Carlsen
Geboren: 23. November 1899
Gestorben: 5. Juni 1936

Andreas Carlsen, * 1899 in Bredstedt, † 5. Juni 1936 bei Heide/Holstein; Zigarrenmacher. Mitglied der SPD, seit wann, ist bisher nicht ermittelt. Während der Weimarer Republik gab Andreas Carlsen für die SPD das Mitteilungsblatt Freiheit heraus und war Kassierer für die örtliche Friedensgesellschaft.

Nationalsozialismus

Den Nazis, die in Bredstedt schon vor 1933 in der ländlichen Bevölkerung stark verankert waren[1], war Andreas Carlsen ein Dorn im Auge. Bald nach der "Machtübergabe" wurde sein Fahrrad aus "staatspolizeilichen Gründen" beschlagnahmt. Mehrfach fanden in seiner Wohnung in der Husumer Straße 24 Hausdurchsuchungen statt. Am 20. August 1933 wurde er von drei Bredstedter SA-Männern beschuldigt, seine Mutter geschlagen zu haben, und von ihnen in denunziatorischer und erniedrigender Weise durch den gesamten Ort geführt. Allein sein jüngster Bruder Paul soll versucht haben, ihm zu helfen, und geriet dadurch selbst ins Visier der Nazis, die ihn in "Schutzhaft" nahmen.[2].

Ein weiterer Bruder, Johann, war Nationalsozialist und in der Bredstedter Tabakfabrik Preisler, wo auch Andreas Carlsen beschäftigt war, Betriebszellenobmann der Deutschen Arbeitsfront. Am 23. November 1935 gerieten die verfeindeten Brüder im Betrieb in eine Auseinandersetzung über die politische Lage, in deren Verlauf Andreas Carlsen sich unvorsichtig geäußert haben soll. Johann Carlsen gab der Polizei gegenüber folgende Äußerungen wieder: "Der deutsche Arbeiter ist noch nie so unterdrückt worden wie heute. Unter Freiheit verstehen wir etwas ganz anderes. Freiheit ist nur über die Demokratie möglich."[3]

Der NS-Oberpräsident von Schleswig-Holstein, Hinrich Lohse, ließ Andreas Carlsen daraufhin am 28. November 1935 in "Schutzhaft" nehmen. Dieser schrieb am Tag darauf einen Brief an die Behörden: Er bedauere "unendlich, daß ich die beleidigenden Äußerungen über den Herrn Führer und Reichskanzler gemacht habe", und bat um Verschonung, "da ich Frau, zwei Kinder und meine alte Mutter zu ernähren habe". Er wurde mit einer Woche Gefängnis bestraft und gewarnt, dass ihm bei der "geringsten Gelegenheit Verlegung in ein Konzentrationslager" drohe.

Die Kollegen in der Tabakfabrik ließen Johann Carlsen spüren, dass sie seine Denunziation ablehnten. Am 25. Januar 1936 nahm er sich das Leben.

Andreas Carlsen stürzte am 5. Juni 1936 auf dem Weg zur Hauptverhandlung des Sondergerichts in Heide aus dem Zug, starb also vermutlich ebenfalls durch Selbstmord.

Ehrungen

Für Andreas Carlsen wurde am 23. November 2010 vor der Tabakfabrik in der Süderstraße 6 in Bredstedt ein Stolperstein verlegt.[4]

Literatur

  • Thomas Steensen: Bredstedt in der Zeit des Nationalsozialismus, in: Ders. (Hrsg.): Bredstedt. Stadt in der Mitte Nordfrieslands. (Bräist/Bredstedt 2000), S. 117-138, bes. S. 122 f.
  • Thomas Steensen: Künstler verlegt "Stolperstein" in Bredstedt, Husumer Nachrichten, 18.11.2010. Dieser Artikel bildet die Hauptgrundlage für den vorliegenden Eintrag.

Einzelnachweise

  1. Die Chronik des SPD-Ortsvereins Bredstedt, Stand Mai 2009, S. 2
  2. Husumer Nachrichten, 20.1.1934
  3. Dieses und das folgende Zitat zitiert in: Thomas Steensen: Künstler verlegt "Stolperstein" in Bredstedt, Husumer Nachrichten, 18.11.2010
  4. Thomas Steensen: Künstler verlegt "Stolperstein" in Bredstedt, Husumer Nachrichten, 18.11.10