1933

Aus SPD Geschichtswerkstatt


Am 30. Januar überträgt Reichspräsident von Hindenburg ohne Beteiligung des Reichstages das Amt des Reichskanzlers an Adolf Hitler, den "Führer" der Nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei (NSDAP).

SPD-Parteivorsitzende sind Arthur Crispien, Hans Vogel und Otto Wels, Bezirksvorsitzender in Schleswig-Holstein ist Willy Verdieck.

Der Brand des Reichstages am 27. Februar führt zu einer Verhaftungswelle. In der Reichstagswahl vom 5. März bleiben die Nazis mit 43,9% unter der angestrebten absoluten Mehrheit, obwohl viele ihrer politischen Gegner bereits in "Schutzhaft" sitzen und der Einschüchterung durch die SA der Nazis keine Grenze gesetzt ist.

Innerhalb weniger Monate wird mit der Entmachtung des Reichstages, der Regelungen des Regimes wie das "Ermächtigungsgesetz" nur noch scheindemokratisch legitimiert, und mit Hilfe von Notverordnungen das gesamte politische Leben in Deutschland gleichgeschaltet. Die demokratischen Parteien werden am 22. Juni verboten, am 14. Juli tritt das "Gesetz zur Neubildung von Parteien" in Kraft, das eben keine Neubildung von Parteien mehr zulässt.

Auch in Schleswig-Holstein entfernen die Nazis Menschen, die Widerstand leisten, aus dem öffentlichen Leben. Sie verhaften zunächst KPD- und SPD-Leute und bringen sie in die ersten, wild eingerichteten Konzentrationslager. Dort werden sie schwer misshandelt und viele von ihnen ermordet. Wenig später erlassen die Nazis auch die ersten Gesetze zur Diskriminierung der jüdischen Bevölkerung.

Januar

Februar

März

April

Mai

  • Paul Bromme, der sich in Lübeck im Widerstand engagiert hat, flüchtet in die Tschechoslowakei, später nach Schweden.
  • Minna Fick richtet ein persönliches Gesuch um die Freilassung ihres Ehemannes Karl Fick aus der KZ-Haft an Reichspräsident von Hindenburg, jedoch ohne Erfolg.
  • Anfang des Monats löst sich die Ortsgruppe Glückstadt des Reichsbanners auf, um einem Verbot durch die Nazis zuvorzukommen. Vier Glückstädter Genossen, deren Namen bisher nicht ermittelt sind, werden in "Schutzhaft" genommen.
  • 1. Mai - Die SPD im Kreis Steinburg und die KPD versuchen durch Anmeldung eines "Morgenspaziergangs" im Itzehoer Umland eine eigene Maifeier zu organisieren; dies wird jedoch verboten, um die zentrale Kundgebung der Nazis nicht zu beeinträchtigen.
  • 1. Mai - In Schenefeld werden August Großmann und Ernst Hadler von den Nazis in "Schutzhaft" genommen.
  • 2. Mai - Die Nazis besetzen die Gewerkschaftshäuser und beginnen auch in Schleswig-Holstein, das Eigentum und Vermögen der Gewerkschaften zu beschlagnahmen und Mitglieder zu verhaften.
  • 2. Mai - Heinrich Wilckens wird zum ersten Mal von den Nazis verhaftet. Bis zum Ende der NS-Diktatur erleidet er 21 Haussuchungen und vier Verhaftungen.
  • 2. Mai - In ihrer Wohnung im Lübecker Gewerkschaftshaus wird Berta Wirthel mit ihrem Mann, dem Hausmeister, von den Nazis zunächst festgehalten, dann vertrieben. Sie muss sich danach zwei Jahre lang zweimal täglich auf der Polizei melden. Trotzdem kann sie Kontakt zu den Genossen halten.
  • 5. Mai - Bei der zweiten Sitzung der Kronshagener Gemeindevertretung werden die SPD-Vertreter Eduard Markowski, Ludwig Möller, Karl Mückenheim und Karl Stegelmann als "entschuldigt fehlend" geführt; die Tagesordnung enthält einen "Antrag" von ihnen "auf Entbindung von ihren Mandaten".
  • 6. Mai - Bezirkskassierer Paul Andratschke wird verhaftet, nach einem Tag wieder freigelassen, aber noch mehrfach zu Vernehmungen geholt. Er verliert seine Arbeit.
  • 7. Mai - Die SPD Preetz löst sich - wie viele anderen Ortsvereine in diesen Tagen - selbst auf, um Polizeiaktionen zuvorzukommen.
  • 7. Mai - Käthe Leu stirbt mit 52 Jahren in Danzig.
  • 9. Mai - Der Befehl des Geheimen Staatspolizeiamtes der Nazis, die Vermögen von SPD, sozialdemokratischen Zeitungen und dem Reichsbanner zu beschlagnahmen, führt in der Folge auch in Schleswig-Holstein zu zahlreichen Haussuchungen und Verhaftungen. Die SPD Kellinghusen löst sich selbst auf.
  • 9. Mai - In Hamburg verhaften die Nazis Friedel Felst und andere Beschäftigte des Büros der Arbeiterjugend wegen angeblicher Veruntreuung staatlicher Gelder.
  • 12. Mai - Die SPD Schleswig löst sich selbst auf. Die Parteifahne wird mit Akten und Bildern in einem Nebengebäude in der Töpferstraße eingemauert und 12 Jahre später wieder hervorgeholt.
  • 14. Mai - Bis zu diesem Tag sind im Kreis Steinburg 18 Sozialdemokraten von den Nazis in "Schutzhaft" genommen worden.
  • 15. Mai - Richard Hansen gelingt die Flucht über die Ostsee nach Dänemark.
  • 15. Mai - Nach der Übernahme des Lübecker Gewerkschaftshauses durch die "Deutsche Arbeitsfront" kündigt Max Sommerfeld und geht zurück nach Königsberg.
  • 17. Mai - Die Sozialistische Arbeiterjugend beschließt ihre Selbstauflösung, um dem Verbot durch die Nazis zuvorzukommen.
  • 18. Mai - Eine letzte geheime Versammlung der SPD Neumünster im Lokal "Reichsadler" wird von der Polizei aufgelöst und die Teilnehmer in "Schutzhaft" genommen.
  • 21. Mai - Das Reichsgesetz, durch das alle Verbrauchergenossenschaften für aufgelöst erklärt werden, tritt in Kraft.
  • 25. Mai - Otto Eggerstedt wird aufgrund einer Denunziation verhaftet und ins KZ Esterwegen gebracht.
  • 26. Mai - Willy Verdieck wird beim Tanken in Flensburg von der SA erkannt und verhaftet.
  • 30. Mai - Heinrich Grönwoldt und die Genossen Bargholz und Freundstück nehmen zum letzten Mal vor dem reichsweiten Verbot der SPD an der Sitzung des Gemeinderates Russee teil.
  • 31. Mai - Der Lübecker Volksbote wird mit dem Niederdeutschen Beobachter - dem Kampfblatt der NSDAP Mecklenburg - vereinigt und ist damit gleichgeschaltet.

Juni

Juli

August

  • Stadtrat Emil Brodkorb wird aus dem Magistrat der Stadt Schleswig ausgeschlossen.
  • 3. August - Hermann Thurow-Nievergelt stirbt mit 66 Jahren in der Emigration in Freidorf bei Basel/Schweiz.
  • 7. August - Zur Gemeinderatssitzung in Waabs an diesem Tag werden die beiden SPD-Vertreter, Felix Augustin und Fritz Gimm, nicht mehr geladen.
  • 14. August - Die Dachorganisation der Konsumvereine, die GEG, wird von den Nazis zwangsweise in den "Reichsbund der deutschen Verbrauchergenossenschaften GmbH (GEG)" überführt. Damit haben die Konsumvereine keine eigenständige Grundlage mehr.
  • 17. August - Alle SPD-Vertreter werden aus der Stadtvertretung von Bredstedt ausgeschlossen.
  • 20. August - Andreas Carlsen wird in Bredstedt von drei SA-Männern beschuldigt, seine Mutter geschlagen zu haben, und von ihnen in denunziatorischer und erniedrigender Weise durch den gesamten Ort geführt.
  • 24. August - Johannes Stellings Asche wird auf dem Zentralfriedhof Berlin-Friedrichsfelde beigesetzt.
  • 29. August - Karl Fick wird aus dem provisorischen KZ Eutin freigelassen, verliert jedoch seinen Arbeitsplatz und ist mehrere Jahre arbeitslos.

September

  • Richard Vosgerau wird aus der "Schutzhaft" entlassen und zieht in der Folgezeit auf den Rat eines Gestapomannes nach Kiel um, wo er eine Versicherungsvertretung übernimmt.
  • 19. September - Fritz Solmitz wird nach schweren Misshandlungen durch die SS in seiner Zelle im KZ Fuhlsbüttel erhängt aufgefunden. Er ist 39 Jahre alt. Ob er in den Selbstmord getrieben oder von der SS ermordet wurde, ist ungeklärt.
  • 26. September - Der Schenefelder Carl Schmidt wird nach zwei Monaten aus dem KZ Esterwegen entlassen.

Oktober

  • Karl Meitmann wird aus dem KZ Hamburg-Fuhlsbüttel entlassen mit der Auflage, Hamburg innerhalb von 24 Stunden zu verlassen. Freunde verschaffen ihm eine Arbeit in Frankfurt/Oder.
  • 8. Oktober - Karl Grambow wird in seiner Zelle im Amtsgerichtsgefängnis Schwarzenbek tot aufgefunden. Auch bei ihm ist ungeklärt, ob er in den Selbstmord getrieben oder ermordet wurde.
  • 12. Oktober - Otto Eggerstedt wird im KZ Esterwegen (Emsland) von SS-Wachleuten ermordet.
  • 29. Oktober - Marliese Alfken kommt in Goslar zur Welt.

November

  • Die Nazis entlassen Otto Spiegel aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Judentum als Leiter der Städtischen Säuglings- und Fürsorgestelle in Kiel-Holtenau.
  • Paul Dölz wird wegen Haftunfähigkeit aus dem Gefängnis Rendsburg entlassen.
  • 5. November - Zusammen mit zahlreichen Kieler Genossen, darunter vermutlich Theodor Werner und Karl Ratz (der anschließend ein Jahr Gefängnis erhält), werden Nanny Kurfürst, Emma Drewanz und Gertrud Völcker von den Nazis vorübergehend in "Schutzhaft" genommen.
  • 17. November - Laut Bericht der Nortorfer Illustrierten Woche von diesem Tag vergraben die Nazis den Gedenkstein des Ortes für Friedrich Ebert, um "die letzte Erinnerung an die schmachvollen 14 Jahre" der Weimarer Republik zu beseitigen.

Dezember

Nicht datiert