Hermann Lüdemann

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Hermann Lüdemann
Hermann Lüdemann
Hermann Lüdemann
Geboren: 5. August 1880
Gestorben: 27. Mai 1959

Hermann Hans Karl Lüdemann, * 5. August 1880 in Lübeck, † 27. Mai 1959 in Kiel; Schiffs- und Dampfkesselingenieur, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein 1947 bis 1949. Mitglied der SPD seit 1912.

Werdegang

Hermann Lüdemanns Eltern waren der Arbeiter Heinrich Lüdemann und seine Frau Catharina, geb. Holzicker, Tochter eines Kleinbauern. Sie betrieben in Lübeck eine Gastwirtschaft. Sie waren evangelisch; ihr Sohn trat offenbar später aus der Kirche aus.[1]

Hermann Lüdemanns berufliche Biografie verlief nicht geradlinig. Über Realschule, Gewerbeschule, eine Maschinenbaulehre und die Ingenieurschule erwarb er die Voraussetzungen zum Besuch einer Technischen Hochschule. Nach einem sechsmonatigen Praktikum als Maschinist zur See absolvierte er sein Studium an der TH Berlin. Nach sechsjähriger Tätigkeit als Ingenieur wechselte er in die Gewerkschaftsarbeit. Er gehörte zu den Gründern der im Mai 1904 gegründeten Technikergewerkschaft "Bund der technischen Angestellten und Beamten" (Butab) und leitete sie von 1905 bis 1912 als Geschäftsführer.

Nach einigen Jahren als "freier Schriftsteller" - wobei keine Veröffentlichungen nachgewiesen sind[2] - wurde er 1915 stellvertretender Abteilungsleiter bei der Zentral-Einkaufs-Gesellschaft der deutschen Genossenschaften (ZEG). Von 1919 bis 1920 war er Referent im Reichsministerium für Arbeit, von 1922 bis 1927 Bezirksgeschäftsführer im Verband sozialer Baubetriebe.

Hermann Lüdemann war zweimal verheiratet - von 1907 bis 1921 mit Clara, geb. Schwedt (1880-1977), von 1922 bis 1933 oder 1934 mit Margarete, geb. Sarnighausen (1888-1973) - und hatte aus der ersten Ehe zwei Töchter, aus der zweiten eine Tochter und einen Stiefsohn.

Politische Funktionen vor 1933

Hermann Lüdemanns parteipolitische Aktivität begann 1908 in der Demokratischen Vereinigung. 1912 wechselte er zur Berliner SPD, die er von 1915 bis 1922 in der Stadtverordnetenversammlung von Berlin-Wilmersdorf vertrat. 1918 wurde er zum 2. Vorsitzenden gewählt (bis 1920). Während der Novemberrevolution 1918/19 hatte er den Fraktionsvorsitz der SPD im Arbeiter- und Soldatenrat Berlin.

Von 1919 bis 1921 war Hermann Lüdemann Mitglied der verfassunggebenden preußischen Landesversammlung. Am 29. März 1920 wurde er von Ministerpräsident Otto Braun zum Finanzminister des Freistaates Preußen berufen, allerdings wurde die Regierung bereits am 21. April 1921 abgelöst. Von 1921 bis 1929 gehörte er dem preußischen Landtag an.

1927 wählte man ihn zum Regierungspräsidenten von Lüneburg, 1928 wurde er zum Oberpräsidenten von Niederschlesien berufen. Dort stellte er sich mit den Mitteln, die sein Amt ihm bot, den erstarkenden Nationalsozialisten entgegen[3] und zog sich ihre Feindschaft zu. Nach dem "Preußenputsch", Papens Staatsstreich gegen die sozialdemokratische Regierung in Preußen, wurde er 1932 in den Wartestand versetzt und ging nach Berlin zurück.

NS-Diktatur

Die Nazis vergaßen Hermann Lüdemann nicht. Er wurde schon am 21. Juni 1933 auf Initiative des Breslauer SA-Führers Heines verhaftet und auf dem Weg in sein erstes KZ noch einmal nach Breslau gebracht, wo die Nazis ihn der Bevölkerung zur Schau stellten. Fritz Stern, damals sieben Jahre, erinnert sich:

"[Hermann Lüdemann wurde], von Umstehenden verhöhnt und bespuckt, im Clownskostüm durch die Straßen von Breslau getrieben und in das nahe Konzentrationslager Dürrgoy gebracht. Sogar seine Peiniger waren von seiner stoischen Haltung beeindruckt."[4]

Über seine Gefangenschaft im KZ sagte Hermann Lüdemann 1948 als Zeuge im Nürnberger "Wilhelmstraßen-Prozess" aus:

"'Ich weiß nicht, [...] ob die Angeklagten sich vorstellen können, wie das ist, wenn man nachts vor die SS gebracht wird, nach 65 Kniebeugen ohnmächtig zusammenbricht und mit dem Kopf in eine Regentonne gestülpt wird, um wieder zu Bewußtsein zu kommen.' In der nächsten Nacht sei er [...] stundenlang ins Gesicht geschlagen worden und in der dritten Nacht habe man ihn vor den Standortältesten gebracht und entkleidet auf die Couch gelegt. Vier SS-Männer hätten sich dann auf seine Arme und Beine gesetzt und im Takt so lange auf ihn eingeschlagen, bis die Haut zersprungen wäre."[5]

Auch im Prozess gegen den Mörder von Otto Eggerstedt sagte er aus:

"Vom Verteidiger gefragt: 'Ist es wahr, daß Eggerstedt und Sie, Herr Zeuge, so zusammengeschlagen wurden, daß Sie zusammenbrachen und wieder hochgeprügelt wurden? Oder ist diese Darstellung übertrieben?' antwortete der Zeuge mit leiser Stimme: 'Schilderungen über KZ-Methoden können gar nicht übertrieben werden, meine Herren!' und führte eine Reihe eigener grauenhafter Erlebnisse an."[6]

Bei seiner ersten Verhaftung war 52 Jahre alt. Er durchlief zwischen 1933 und 1935 die KZs Dürrgoy, Esterwegen und Lichtenburg. Ende 1933, während der "Schutzhaft", wurde er offiziell aus dem Staatsdienst entlassen. Von 1936 bis 1944 verdiente er seinen Lebensunterhalt als Geschäftsführer eines Kinos. Zugleich hatte er Verbindung zum Widerstandskreis um Wilhelm Leuschner, Julius Leber und Carlo Mierendorff; für die Neuordnung nach dem Attentat auf Hitler 1944 war ihm eine Funktion als Politischer Beauftragter im Wehrkreis Hannover zugedacht.

Im Zuge der Aktion Gewitter wurde er erneut verhaftet, ins berüchtigte "Hausgefängnis" der Gestapo-Zentrale an der Prinz-Albrecht-Straße in Berlin gebracht[7] und schwer misshandelt; aus erhaltenen Briefen lässt sich entnehmen, dass auch seine Frau Margarete festgenommen wurde.[8]

"[Er berichtete], daß er vor der Verhandlung vor dem Volksgerichtshof jeden Tag mehrere Stunden geschlagen worden sei. Als [er] aufgefordert wurde, einen Vergleich zwischen der Behandlung als politisch Verfolgter vor dem Kriege und nach Kriegsausbruch zu ziehen, erklärte Lüdemann, der einzige Unterschied hätte darin bestanden, daß die Grausamkeiten vor dem Kriege willkürlich, nachher aber systematisch verübt worden seien."[9]

Zwar sprach ihn am 28. Januar 1945 der "Volksgerichtshof" unter dem Vorsitz von Roland Freisler aus Mangel an Beweisen frei; sein Glück war, dass die Nazis das Wesen der "Politischen Beauftragten" nicht ermitteln konnten - nicht einmal, ob die so Bezeichneten vom Attentat, der geplanten Neuordnung und ihrer Rolle darin informiert waren oder nicht.[10] Er wurde aber sofort wieder in "Schutzhaft" genommen. Nach den KZs Ravensbrück und Sachsenhausen (nördlich von Berlin) wurde er am 21. April 1945, fast 65 Jahre alt, mit 33.000 weiteren Häftlingen auf einen Todesmarsch Richtung Mecklenburg geschickt. Er hatte das Glück, dass, als er nach etwa zehn Tagen zusammenbrach, viele der SS-Bewacher sich bereits selbst abgesetzt hatten und dass ein Häftlings-Lazarett in der Nähe war, in das er aufgenommen wurde. So überlebte er.[11]

Neubeginn in Mecklenburg und Berlin

Albert Schulz berichtet über seine erste Begegnung mit Hermann Lüdemann in Rostock 1945:

"[Es] wurde mir eines Mittags gemeldet, der frühere preußische Finanzminister Lüdemann wollte mich sprechen. [Ich] kannte ihn nicht persönlich. [...] Jetzt stand er vor mir, ein großer, hagerer, grauhaariger, ausgemergelter Mann. Ich nahm ihn mit nach Hause zum kärglichen Mittagsmahl. Nach zehn Minuten Unterhaltung wußte ich, daß ich keinen Schwindler vor mir hatte, sondern den echten Hermann Lüdemann. Als Sozialdemokrat wußte er aus der Zeit vor 1933 soviel Parteiinternes, wie nur ein Parteimitglied es wissen konnte. [...] Lüdemann gelang es [auf dem Todesmarsch bei Schwerin], nach Güstrow zu kommen, wo er bei einer Familie [bei seiner Kusine] auf Aufnahme rechnen konnte. Dort schrieb er einen Aufruf zur Gründung der Partei. Güstrower Genossen rieten ihm, nach Rostock zu gehen, wo die Parteizentrale wäre. [So] ging der eben aus dem Konzentrationslager kommende Hermann Lüdemann auf den Schwellen des Bahngleises zu Fuß nach Rostock und suchte mich auf, der ich ihm persönlich auch ein Unbekannter war."[12]

Auf Vorschlag von Albert Schulz wurde Hermann Lüdemann im Juli 1945 Leitender Sekretär (Landesgeschäftsführer) der SPD Mecklenburg[13], bis ihm im Dezember die russische Militärregierung jegliche politische Tätigkeit untersagte. Er übernahm vorübergehend die Funktion des Landes-Torf-Kommissars[14], ging aber im März oder April 1946 zurück nach Berlin, wo seine Familie immer noch lebte. Die in diesen Wochen im Gebiet der sowjetischen Militärregierung erfolgte "Vereinigung" von SPD und KPD zur SED lehnte er aus tiefster Überzeugung ab.[15] Im Wahlkampf sagte er mit Bezug auf die ehemaligen Genossen:

"[SPD und KPD wollten das gleiche] zu einer Zeit, als wir noch nicht annehmen konnten oder wollten, dass die KPD die Vereinigung benutzen werde, um in ihr die Sozialdemokratie zu ersticken. Ich hoffe, dass sich [alle] in die kommunistische SED eingeschmolzenen Sozialdemokraten eines Tages doch noch aus dem Würgegriff der kommunistischen Taktiker lösen [können]."[16]

Bis Oktober 1946 organisierte er als Sonderbeauftragter und Wahlkampfleiter der Berliner SPD den anstehenden Kommunalwahlkampf. Auch war er daran beteiligt, Ernst Reuter, den er im KZ kennengelernt hatte, nach Berlin zu holen.[17] Er selbst war nach dem überragenden Sieg der SPD in der Kommunalwahl im Oktober als Oberbürgermeister in Aussicht genommen. Seine Wahl scheiterte an der Einsicht, dass die Sowjets ihn nicht akzeptieren würden, da er sich nicht nur gegen die Einheitspartei, sondern - wohl als erster SPD-Politiker überhaupt - für die Rückgabe der deutschen Ostgebiete ausgesprochen hatte. Kurz darauf war er als Ministerpräsident von Hessen im Gespräch.[18]

Politiker in Schleswig-Holstein

Es scheint eher ein Zufall gewesen zu sein, der dazu führte, dass es Hermann Lüdemann nach Schleswig-Holstein verschlug. Seine Heimatstadt Lübeck hatte ja bis zur Neuordnung durch die Besatzungsmächte zuletzt verwaltungsmäßig zu Mecklenburg gehört, und er war politisch seit langem anderswo aktiv gewesen. Im Winter 1946 machte er einen privaten Besuch in Lübeck.

"Heinrich Fischer suchte im Winter 1946 nach einer Alternative zu Wilhelm Kuklinski, der als möglicher Ministerpräsidentenkandidat der SPD vorgesehen war. Kuklinski [...] galt aber als führungsschwach und wenig durchsetzungsfähig. Fischer traf dann in Lübeck, zusammen mit dem Lübecker Sozialdemokraten Max Geißler, zufällig auf Hermann Lüdemann [...]. Durchaus stolz und nicht ganz uneitel erinnerte Lüdemann diesen Besuch und fasste das Ergebnis so zusammen: 'Man habe ihn gleich festgehalten und vier Wochen später sei er schon Minister gewesen.'"[19]

Wilhelm Kuklinski wurde von dieser Entwicklung völlig überrascht, scheint aber mit Hermann Lüdemann in der Folge loyal zusammengearbeitet zu haben; jedenfalls liegen keine gegenteiligen Äußerungen vor.

Der Zurückgekehrte hatte in Schleswig-Holstein schon eine Reihe von Verbindungen: Max Kukil und Wilhelm Käber kannte er aus Breslauer Zeiten, Kurt Pohle aus Dürrgoy, Heinrich Lienau aus Sachsenhausen. Er nahm sich eine kleine Wohnung in Preetz, wo er bis zu seinem Tode lebte. Seine Familie blieb offenbar in Berlin; vielleicht war er zu dieser Zeit auch schon von seiner zweiten Frau geschieden.

Parteifunktionen

Ab 1950 war Hermann Lüdemann (vermutlich bis 1958) Vorsitzender des Ortsvereins Preetz.

Von 1951 bis 1956 gehörte er auch dem Bezirksvorstand Schleswig-Holstein an, wo er 1953 den mittlerweile vor der drohenden Verhaftung in den Westen geflüchteten Albert Schulz wiedertraf.

Landespolitiker

Hermann Lüdemann war von 1946 bis 1958 Mitglied des Landtages. Er gehörte zunächst dem zweiten von der Militärregierung ernannten Landtag an, wurde dann 1947 im Wahlkreis 38 (Lübeck II), 1950 im Wahlkreis 41 (Lübeck-Nord) und 1954 im Wahlkreis 29 (Plön-Nord) jeweils direkt gewählt.

1946/47 war er in der Wiederaufbauphase Innenminister und stellvertretender Ministerpräsident im Kabinett Steltzer II, dann vom 8. Mai 1947 bis 29. August 1949 erster demokratisch gewählter Ministerpräsident an der Spitze des Kabinetts Lüdemann.

Hermann Lüdemanns politische Schwerpunkte lagen in der Modernisierung der Wirtschaft und Infrastruktur des Landes, idealerweise durch ein Bundesland 'Unterelbe' (unter Einbeziehung von Hamburg und nördlichen Randgebieten Niedersachsens), für das er sich vehement einsetzte; in der Integration und Verbesserung der Lebensbedingungen der Flüchtlinge und Vertriebenen, durch die sich Schleswig-Holsteins Bevölkerungszahl nahezu verdoppelt hatte; und im Ausgleich mit Dänemark und der südlich der Grenze lebenden dänischen Minderheit, eine Politik, die 1949 zunächst zur Kieler Erklärung der Landesregierung, 1955 dann zu den gegenseitigen Bonn-Kopenhagener Erklärungen der Bundesregierung und der dänischen Regierung führte.

Einige von Hermann Lüdemanns Projekten zogen erhebliche Kritik auf sich; dazu gehörte die Einrichtung einer Landesschule für Wirtschaft und Verwaltung auf Gut Schönböken. Als ihr Ziel wurde formuliert die "Heranbildung verantwortungsbewußter junger Menschen für die Verwaltung und die Wirtschaft, die soziales Empfinden mitbringen". Eingerichtet wurde sie auf Lüdemanns Wunsch durch einfachen Kabinettsbeschluss, geschlossen unmittelbar nach seinem Rücktritt als Ministerpräsident im November 1949. Das Unternehmen wurde als schlecht vorbereitet und durchgeführt wahrgenommen; dass Lüdemann seinem Schwiegersohn bei Umbau und Leitung der Schule eine maßgebliche Rolle zuwies, sorgte für zusätzliche Kritik.[20]

Einen Skandal löste Lüdemann im selben Jahr aus, als er den Ausbau eines Gästehauses der Landesregierung, des "Möwenhauses" (in der Gaststätte Seeburg am Düsternbrooker Weg), ebenfalls seinem Schwiegersohn übertrug und dabei das geplante Budget deutlich überzogen wurde. Die Opposition nutzte den Vorgang, um die SPD zu diskreditieren, die Medien griffen ihn bereitwillig auf, was sogar Auswirkungen auf die Bundestagswahl 1949 hatte. Der SPIEGEL zitierte die Schleswig-Holsteinische Volkszeitung:

"Am Morgen nach der Wahl gab Lüdemanns Regierungsorgan die SPD-Wahlniederlage offen zu. Mit Hieb auf die Wähler: 'Man schämt sich beinahe, zu denken, daß in einer Wahl, die um das Schicksal Deutschlands ging, eine Angelegenheit, wie das Möwenhaus eine derartige Rolle spielen konnte. Nur muß eine Regierung, die sich in einer so schwierigen Lage befindet, Ungeschicklichkeiten besonders eifrig und sorgfältig vermeiden.'"[21]

Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss konnte jedoch ein Fehlverhalten des Ministerpräsidenten weder in finanzieller Hinsicht noch in der Beauftragung eines - entsprechend qualifizierten - Familienmitgliedes erkennen. Trotzdem wurde Hermann Lüdemann durch Bruno Diekmann abgelöst. Der Eindruck entstand, dass Andreas Gayk - dem "starken Mann" der Landes-SPD in dieser Zeit und Widerpart von Hermann Lüdemann - die Affäre nicht ungelegen kam, um den Ministerpräsidenten, mit dessen Politik er nicht einverstanden war, zu entmachten.[22]

Kritik zog Hermann Lüdemann in der eher verklemmten Nachkriegszeit auch für sein unkonventionelles Privatleben auf sich: Er war mehrfach geschieden und wurde als Genussmensch wahrgenommen, was den SPIEGEL schon 1948 zu einem für damalige Zeiten unüblichen Seitenhieb[23] veranlasste, obwohl dieser für den Gegenstand des Artikels bedeutungslos war.

Nach der Bundestagswahl 1949 zogen die Gremien der SPD Schleswig-Holstein die Reißleine: Hatte die SPD bei der Landtagswahl 1947 noch 43,8 % der Stimmen bekommen, waren es bei der Bundestagswahl zwei Jahre später nur noch 29,2 %. Bezirksvorstand, Bezirksausschuss und Landtagsfraktion beschlossen, Hermann Lüdemann zum Rücktritt aufzufordern und schlugen Bruno Diekmann als Nachfolger vor.[24]

Er trat daraufhin am 29. August 1949 vom Amt des Ministerpräsidenten zurück, blieb dem Landtag aber als Abgeordneter noch fast 10 Jahre erhalten und gewann in den nächsten zwei Landtagswahlen seine Wahlkreise in Lübeck und Plön.

"[Bis 1958] setzte er sich als Abgeordneter und Alterspräsident des Landtages weiter vehement für die von ihm initiierten Reformen und Problemlösungen ein. Die von ihm ausgegangenen politischen Impulse fanden ihren Niederschlag in der Landessatzung [der bis 1992 geltenden Landesverfassung] und der Sozialgesetzgebung Schleswig-Holsteins."[25]

Als Hermann Lüdemann 1958 aus dem Landtag ausschied, war er mit 78 Jahren der bis heute vermutlich älteste Abgeordnete im schleswig-holsteinischen Parlament.[26]

Stimmen

  • "Ein Leben ohne Politik war nicht vorstellbar für ihn, der Impuls zur Politik war sein Lebenselixier."[27]
  • "So hart und unbeugsam der schleswig-holsteinische Ministerpräsident in politischen Auseinandersetzungen und am Verhandlungstisch war, so sehr vermochte er seine Partner "außerdienstlich" als warmherziger, hilfsbereiter Mensch und als reizender Gastgeber für sich einzunehmen."[28]

Ehrungen

Am 9. Mai 1953 erhielt Hermann Lüdemann aus der Hand von Bundespräsident Theodor Heuss das Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, die höchste Ehrung, die die junge Republik zu vergeben hatte.

1955 verlieh ihm seine Geburtsstadt Lübeck zu seinem 75. Geburtstag die Ehrenplakette des Senats.[29]

Die Trauerrede für Hermann Lüdemann hielt Prof. Carlo Schmid, mit dem er gut befreundet gewesen war.[30]

Seit 2006 ist in Preetz, wo er von 1947 bis zu seinem Tod 1959 lebte, eine Straße nach ihm benannt.

Fotos

Werke

  • Lüdemann, Hermann: Auf niederer Stufe - Nachdenkliche Betrachtungen über ein bedenkliches Land, Wullenwever Lübeck (1955)

Archive

Literatur & Links

  • Rolf Fischer: Hermann Lüdemann und die deutsche Demokratie (Neumünster 2006) ISBN 3-529-06140-9
  • Hans-Adolf Jacobsen: Spiegelbild einer Verschwörung. Die Opposition gegen Hitler und der Staatsstreich vom 20. Juli 1944 in der SD-Berichterstattung. Geheime Dokumente aus dem ehemaligen Reichssicherheitshauptamt (2 Bde., Stuttgart 1984)
  • Gisela M. Krause, Lüdemann, Hermann. In: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 450-452 (Onlinefassung)
  • Paul Löbe: Erinnerungen eines Reichstagspräsidenten (Berlin 1949, erweiterte Neuauflage 1954 unter dem Titel Der Weg war lang. Lebenserinnerungen), zuletzt ISBN 3-7605-8625-2
  • Holger Martens: Die Geschichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands in Schleswig-Holstein 1945 - 1959 (2 Bde., Malente 1998) ISBN 3-933862-24-8
  • Landtagsinformationssystem: Hermann Lüdemann
  • Wikipedia: Hermann Lüdemann
  • Gedenkstätte Deutscher Widerstand: Hermann Lüdemann

Archive

  • Archiv der Sozialen Demokratie: Signaturkürzel 1/HLAF. Publikationen; allgemeine Korrespondenz, Korrespondenz und Unterlagen aus seiner Tätigkeit als Ministerpräsident und Landtagsabgeordneter in Schleswig-Holstein

Quelle

  1. Bei Krause: Lüdemann, Hermann (Onlinefassung), ist angegeben "evangelisch, später Dissident".
  2. Fischer, Lüdemann, S. 40
  3. Fischer, Lüdemann, S. 85 f.
  4. Fritz Stern: Fünf Deutschland und ein Leben (München 2009), S. 122. Der deutsch-amerikanische Historiker Stern war der Sohn jüdischer Breslauer Freunde von Lüdemann, den er als "temperamentvoll" charakterisiert (S. 104).
  5. Ministerpräsident Lüdemann schildert seine KZ-Haft, VZ, 28.2.1948
  6. Der Mord an Otto Eggerstedt, VZ, 26.10.1949
  7. Stiftung Topographie des Terrors (Hg.): Das "Hausgefängnis" der Gestapo-Zentrale in Berin (2. erw. Auflage Berlin 2006), ISBN 3-9807205-4-3, S. 225
  8. Fischer: Lüdemann, S. 102 f. Bei Fischer ist Lüdemanns Leidensweg in der NS-Diktatur ausführlich nachzulesen.
  9. Ministerpräsident Lüdemann schildert seine KZ-Haft, VZ, 28.2.1948
  10. Fischer: Lüdemann, S. 118 f.
  11. Fischer: Lüdemann, S. 123 f.
  12. Albert Schulz: Erinnerungen eines Sozialdemokraten (Oldenburg 2000), ISBN 3814207580, S. 84 f.
  13. Sozialistische Mitteilungen, S. 21
  14. Albert Schulz: Erinnerungen eines Sozialdemokraten (Oldenburg 2000), ISBN 3814207580, S. 86
  15. Fischer: Lüdemann, S. 128 f.
  16. Zit. bei Fischer: Lüdemann, S. 131
  17. Fischer: Lüdemann, S. 129 f.
  18. Martens, Geschichte der SPD, S. 341
  19. Fischer: Lüdemann, S. 132
  20. Wie die Veilchen, DER SPIEGEL, 17.11.1949
  21. Möwenhaus-Wellen - Über den Wellen Ohrenschall, DER SPIEGEL, 18.8.1949
  22. Fischer: Lüdemann, S. 177 f.
  23. Der stürmische Genosse, DER SPIEGEL, 17.1.1948 (oder Originalformat)
  24. DIE WELT: Lüdemann vor Rücktritt?, 29. August 1949
  25. Krause: Lüdemann, Hermann, Onlinefassung
  26. plenumonline: Der 19. Landtag im Spiegel der Statistik, 1.6.2017
  27. Fischer: Lüdemann, S. 192
  28. Ottomar Witow, Lübecker Nachrichten, 28.5.1959, zit. in Fischer: Lüdemann, S. 192
  29. Zu beiden vgl. Fischer: Lüdemann, S. 186
  30. Weber, Petra: Carlo Schmid. 1896-1979. Eine Biographie (Frankfurt/Main 1998) ISBN 978 3 518 39412 6, S. 305