Bundestagswahl 1949
Die Bundestagswahl 1949 fand am 14. August 1949 statt. Die SPD in Schleswig-Holstein erreichte nur 29,6 % der Stimmen und verlor damit gegenüber der Landtagswahl 1947 14,2 %-Punkte. Als Folge trat Ministerpräsident Hermann Lüdemann zurück.
Wahlkampf
Zur Spitzenkandidatin in Schleswig-Holstein hatte der Bezirksparteitag in Rendsburg Anni Krahnstöver gewählt.[1]
Schleswig-Holstein hatte bereits die erste Kommunalwahl und die erste Landtagswahl hinter sich. Die neue Ordnung der Bundesrepublik Deutschland wurde nach und nach "von unten nach oben" durch Wahlen begründet. Zu einer neuen politischen Kultur hatte das Land noch nicht gefunden. Insgesamt 19 Parteien warben in einem außerordentlich harten Wahlkampf um 31 Millionen Wählerinnen und Wähler.
"Die erste Bundestagswahl, es war ein Sommerwahlkampf, aber kaum jemand war im Urlaub. Deutschland lag nach dem Krieg am Boden. Wie es wieder nach oben kommen könnte, wie die Wirtschaft gestaltet werden sollte, darum ging es in der emotionalen Auseinandersetzung, der vor allem der SPD-Kanzlerkandidat Kurt Schumacher Schärfe gab. Es war einer der heftigsten Wahlkämpfe in der Geschichte der Bundesrepublik, noch geprägt von der aufgeheizten Atmosphäre der Weimarer Republik, oft polemisch, mit vielen Schmähreden."[2]
Der gewiefte und in politischen Ämtern erfahrene CDU-Kandidat wusste, was besser ankam:
"Adenauer, der normalerweise selbst gern mal zu persönlichen Beleidigungen und pauschalen Verdächtigungen griff, gab sich hingegen äußerlich staatsmännisch, gelassen und witzig. Seine Auftritte begann er gern mal mit dem Satz: 'Jetzt wollen wir mal sehr ernst miteinander sprechen.' Damit punktete er. Trotzdem teilte auch der starke Mann der CDU kräftig aus - er machte es allerdings geschickter als Schumacher mit seinen zornigen Tiraden."[3]
Er unterstellte nicht nur - wahrheitswidrig, aber erfolgreich - dass die SPD von der Labour-Regierung in London aktiv gefördert würde und dass sie die anfänglichen Pläne der Alliierten, Deutschland auf ein kaum lebensfähiges Agrarland zu reduzieren, unterstützt habe. Er versuchte auch
"einigermaßen dreist, den bekennenden Antikommunisten Schumacher mit der Sowjetunion in Verbindung zu bringen. Immerhin hatte er [Schumacher] sich dem Werben der KPD um eine Fusion der beiden Arbeiterparteien vehement widersetzt und damit die Spaltung in West- und Ost-SPD in Kauf genommen."[4]
Kurt Schumacher schloss seinen Wahlkampf mit einem Auftritt in Kiel ab:
"Um 9 Uhr früh schon saß Kurt Schumacher über einem 700-Worte-Wahlkampf-Kommentar über verderblichen Neo-Nationalismus, für eine amerikanische Nachrichtenagentur. Und er war doch erst spät am Abend vorher aus Kiel gekommen, wo er als Abschluß seiner drei Wochen Wahlkampagne (jeden Tag fünfzehn Stunden auf einem gesunden Bein) in einer Massenversammlung gesprochen und im Hause von Professor Bader (sic!) (Institut für Weltwirtschaft und SPD-Kandidat) Demontagelisten bearbeitet hatte."[5]
Obwohl die SPD als Favoritin galt, lag die CDU am Ende leicht vorne. Die harte Rhetorik von Kurt Schumacher hatte die Wählerinnen und Wähler offenbar mehr an die Wirren der Weimarer Republik erinnert als die gemächliche Art des Konkurrenten Konrad Adenauer (CDU).[6]
Das Wahlergebnis war knapp: Die CDU lag bei 31 %, die SPD bei 29,2 %.
"Es gibt starke Bestrebungen, die anstehenden riesigen Probleme in einer lagerübergreifenden großen Koalition anzugehen. Doch Adenauer hat die SPD bereits als Hauptgegner auch der Zukunft ausgemacht und will sie aus der Regierung draußen halten. Er schmiedet ein bürgerliches Bündnis mit FDP und Deutscher Partei - und stellt so bereits die Weichen bis ins übernächste Jahrzehnt."[7]
Kurt Schumacher wurde Oppositionsführer. 17 Jahre sollte die Oppositionszeit der SPD dauern.
Folgen
Die SPD hatte in Schleswig-Holstein bei der Landtagswahl 1947 noch 43,8 % der Stimmen geholt und war in der Bundestagswahl auf 29,6 % gefallen. Bezirksvorsitzender Andreas Gayk kündigte Kurskorrekturen an. Bereits Ende August stand die Analyse fest: Ministerpräsident Hermann Lüdemann sei eine Belastung für den Wahlkampf gewesen. Die Gremien beschlossen, ihn zum Rücktritt aufzufordern und schlugen Bruno Diekmann als Nachfolger vor. Am 29. August 1949 - nur zwei Wochen nach der Bundestagswahl trat Hermann Lüdemann zurück.[8]
Wahlergebnis in Schleswig-Holstein
Zweitstimmen:
Bundesergebnis | Landesergebnis[9] | Differenz Land/Bund | |
---|---|---|---|
SPD | 29,2 % | 29,6 % | +0,4 |
CDU | 31,0 % | 30,7 % | -0,3 |
FDP | 11,9 % | 7,4 % | -4,5 |
KPD | 5,7 % | 3,1 % | -2,6 |
DP | 4,0 % | 12,1 % | +8,1 |
SSW | 0,3 % | 5,4 % | +5,1 |
Sonstige | 18,3 % | 17,1 % |
Wahlbeteiligung in Schleswig-Holstein: 82,7 %
- KPD = Kommunistische Partei Deutschlands
- DP = Deutsche Partei
- SSW = Südschleswigscher Wählerverband
Einzelergebnisse
Fritz Baade (Liste), Paul Bromme - Wahlkreis 9 (Lübeck), Hans Ekstrand - Wahlkreis 13 (Stormarn), Wilhelm Gülich - Wahlkreis 14 (Herzogtum Lauenburg), Anni Krahnstöver - Wahlkreis 12 (Pinneberg), Kurt Pohle (Liste), Paul Stech - Wahlkreis 8 (Oldenburg-Eutin/Süd) und Willi Steinhörster - Wahlkreis 11 (Steinburg) werden in den Bundestag gewählt, zudem Hermann Clausen (mittlerweile für den SSW), Louise Schroeder für Berlin und 'Jack' Meitmann für Hamburg.
Links
- Archiv der sozialen Demokratie: Wahlaufruf der SPD
- NDR.de: Bundestagswahl 1949: Stimmen aus Ruinen, 16.09.2013
Einzelnachweise
- ↑ Bericht zum SPD-Bezirksparteitag Rendsburg, VZ, 26.7.1949
- ↑ Funk, Albert: Ruhige Hand siegt gegen klare Kante, tagesspiegel.de, abgerufen 14.8.2014
- ↑ Kleikamp, Antonia: Adenauer? „Lügenauer“! So roh war der Wahlkampf 1949, DIE WELT, 5.8.2019
- ↑ Kleikamp, Antonia: Adenauer? „Lügenauer“! So roh war der Wahlkampf 1949, DIE WELT, 5.8.2019
- ↑ Nach zwei Jahren Kampf, DER SPIEGEL, 18.8.1949
- ↑ Funk, Albert: Ruhige Hand siegt gegen klare Kante, tagesspiegel.de, abgerufen 14.8.2014
- ↑ Der wohl härteste Wahlkampf der Bundesrepublik, Handelsblatt, 28.7.2013
- ↑ DIE WELT: Lüdemann vor Rücktritt?, 29. August 1949
- ↑ Bundeswahlleiter Ergebnisse früherer Bundestagswahlen Stand: 5.6.2014