Bundestagswahl 1983
Die Bundestagswahl 1983 fand am 6. März statt. Eine Woche später, am 13. März, waren in Schleswig-Holstein Landtagswahlen.
Die FDP bricht die Koalition
Seit der Bundestagswahl 1969 regierten SPD und FDP gemeinsam. Zunächst unter Bundeskanzler Willy Brandt - dann unter Helmut Schmidt. 1982 bracht die FDP die sozial-liberale Koalition mit der SPD unter Kanzler Helmut Schmidt, indem sie ihren wirtschaftspolitischen Kurs änderte und sich zunehmend von der SPD entfernte. Ein zentraler Auslöser war das sogenannte Lambsdorff-Papier, das der damalige Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff (FDP) am 9. September 1982 vorlegte.
Das Lambsdorff-Papier als Wendepunkt
Das Papier, offiziell betitelt als "Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit"[1], legte Vorschläge vor, die aus liberaler Perspektive notwendige Reformen zur Stabilisierung der deutschen Wirtschaft beinhalteten. Diese Maßnahmen waren stark marktwirtschaftlich orientiert und sahen vor allem eine Einschränkung staatlicher Eingriffe und Subventionen sowie eine Begrenzung der Staatsausgaben vor.
Otto Graf Lambsdorff kritisierte die Politik der SPD unter Helmut Schmidt als zu stark auf staatliche Ausgaben und soziale Sicherungssysteme fokussiert, was er als belastend für die wirtschaftliche Entwicklung und den Arbeitsmarkt ansah. Die Forderungen nach Ausgabenkürzungen und einer stärker marktliberalen Ausrichtung stellten die SPD und Kanzler Helmut Schmidt vor große Konflikte, da deren wirtschaftspolitische Vorstellungen stärker auf staatliche Investitionen und soziale Sicherungssysteme setzten.
Bruch der Koalition und das konstruktive Misstrauensvotum
Der zunehmende Richtungsstreit führte dazu, dass die FDP sich zum Bruch der sozial-liberalen Koalition entschloss. Am 17. September 1982 erklärte die FDP offiziell, dass sie die Koalition verlassen werde. Am 1. Oktober 1982 kam es schließlich zum konstruktiven Misstrauensvotum im Bundestag, bei dem Helmut Kohl (CDU) mithilfe der Stimmen der FDP zum neuen Bundeskanzler gewählt wurde. Dieses Misstrauensvotum markierte das offizielle Ende der sozial-liberalen Koalition.
Bundeskanzler Helmut Schmidt betonte in seiner Rede im Bundestag seine Enttäuschung über den Bruch der sozial-liberalen Koalition durch die FDP. Er hob hervor, dass die FDP sich während der Bundestagswahlen 1980 mit seinem Namen und der sozial-liberalen Koalition präsentiert hatte, wodurch Vertrauen aufgebaut wurde, das nun durch den plötzlichen Wechsel zur CDU gebrochen sei. Helmut Schmidt kritisierte die moralische Rechtfertigung des Regierungswechsels und betonte, dass der Wähler diesen Wandel als Vertrauensbruch empfinde, da er nicht aus einem neuen Wahlergebnis hervorgegangen sei. Er stellte außerdem die Glaubwürdigkeit der FDP infrage und zeigte sich skeptisch, ob die angekündigten Neuwahlen tatsächlich stattfinden würden.
Herbert Wehner kritisierte in der Debatte die CDU und FDP scharf für ihre Entscheidung, gemeinsam die sozial-liberale Koalition zu beenden. Er zitierte Kurt Schumacher, der betonte, dass Demokratie auf Ehrlichkeit und Gegenseitigkeit basiere:
"Vor 35 Jahren, 1947, hat Kurt Schumacher in Nürnberg drei Sätze gesagt, die uns allen - ich meine, gerade jetzt - wieder gegenwärtig sein sollten. Erstens. Demokratie beruht auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit und der Ehrlichkeit. Zweitens. Die Demokratie kann nur leben, wenn die Menschen selbständig sind und den Willen zur Objektivität haben. Drittens. Aber die technokratische und geradezu kriegswissenschaftliche Handhabung der politischen Mittel führt zum Gegenteil."[2]
Herbert Wehner warf den Koalitionsbrechern vor, durch taktische Manöver und "unwürdige Schauspiele" die demokratische Kultur zu untergraben und äußerte seine Sorge um die Zukunft der parlamentarischen Demokratie in Deutschland
Das Lambsdorff-Papier gilt somit als der symbolische "Scheidungsbrief", der die wirtschaftspolitischen Differenzen verdeutlichte und letztlich zum Bruch der sozial-liberalen Koalition führte.
Wahlkampf
Auf dem außerordentlichen SPD-Parteitag am 21. Januar 1983 in Dortmund wurde Hans-Jochen Vogel zum Kanzlerkandidaten der SPD gewählt.
Am 20. Februar 1983 sprach Kanzlerkandidat Hans-Jochen Vogel auf einer Veranstaltung in der Ostseehalle, mit ihm die schleswig-holsteinischen Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl, Egon Bahr, und für die Landtagswahl, Björn Engholm. Die Kundgebung wurde geleitet vom Kieler Bundestagsabgeordneten Norbert Gansel. Die konservativen Kieler Nachrichten stuften sie zumindest nachträglich als einen "Höhepunkt des Wahlkampfes für die SPD"[3] ein.
Der Name des Spitzenkandidaten beflügelte offenbar die Kreativität mancher Ortsvereine. Links ein schönes Beispiel aus der Info-Zeitung des Ortsvereins Bad Bramstedt, Rund um den Roland.[4]
Allerdings ist nicht klar, ob der Spruch nicht woanders "entliehen" wurde.
Wahlergebnis in Schleswig-Holstein
Zweitstimmen:
Bundesergebnis | Änderung zu 1980 | Landesergebnis[5] | Differenz Land/Bund | |
---|---|---|---|---|
SPD | 38,2 % | -4,7 | 41,7 % | +3,5 |
CDU | 48,8 % | +4,3 | 46,5 % | -2,3 |
FDP | 7,0 % | -3,6 | 6,3 % | -0,7 |
Die Grünen | 5,6 % | +4,1 | 5,2 % | -0,4 |
Sonstige | 0,4 % | 0,3 % |
Wahlbeteiligung in Schleswig-Holstein: 89,2 %
Wahlwerbespots
Einzelnachweise
- ↑ Graf Lambsdorff, Otto: Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, 9. September 1982
- ↑ 118. Sitzung des Deutschen Bundestags, Bonn, Freitag, den 1. Oktober 1982
- ↑ Kieler Nachrichten, 20.2.2013
- ↑ Rund um den Roland. SPD-Information für Bad Bramstedt, 2/1983, S. 7
- ↑ Bundeswahlleiter Ergebnisse früherer Bundestagswahlen Stand: 5. Juni 2014