Bundestagswahl 1972

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Willy Brandt Wahlplakat, 1972

Die Bundestagswahl 1972 fand am 19. November 1972 statt. SPD und FDP gewannen fast 6 % Stimmen hinzu und stellten weiterhin die Bundesregierung.

Vorgeschichte

Die Notwendigkeit der vorgezogenen Wahl ergab sich aus der instabilen Mehrheit der sozialliberalen Koalition unter Bundeskanzler Willy Brandt. Dessen Ostpolitik, ein Kernstück der SPD-Politik, war kontrovers und führte zum Austritt mehrerer Abgeordneter aus SPD und FDP, die zur CDU/CSU wechselten. Aus Schleswig-Holstein war dies bspw. Reinhold Rehs.

Obwohl das konstruktive Misstrauensvotum gegen Willy Brandt im April 1972 gescheitert war, stand die Koalition weiterhin auf wackligen Beinen. Am 24. Juni kündigte der Bundeskanzler an, die Vertrauensfrage stellen zu wollen, und tat dies am 19. September, um Neuwahlen zu initiieren. So blieb dem Bundespräsidenten keine andere Möglichkeit, als den Bundestag aufzulösen.

Kandidatinnen und Kandidaten

Wahlkreis Kandidatin/Kandidat Listenplatz gewählt
1 Flensburg Walter Suck 8 direkt
2 Schleswig-Eckernförde Jürgen Anbuhl 6 direkt
3 Nordfriesland-Dithmarschen Nord Dr. Richard Bünemann 12 Liste
4 Steinburg-Dithmarschen Süd Detlef Haase 10 Liste
5 Rendsburg-Neumünster Dr. Elisabeth Orth 4 direkt
6 Kiel Norbert Gansel 5 direkt
7 Plön Dr. Lauritz Lauritzen 1 direkt
8 Segeberg-Eutin Klaus Konrad 7 direkt
9 Pinneberg Hermann P. Reiser 9 direkt
10 Stormarn-Herzogtum Lauenburg Dr. Friedrich Beermann 11 direkt
11 Lübeck Björn Engholm 3 direkt
/ / Egon Bahr 2 Liste
/ / Hans-Uwe Emeis 14 nachgerückt
/ / Rudolf Herbers 15 nachgerückt

weitere Listenkandidaten
13. Hans Wiesen, Bordesholm
16. Bodo Richter, Schleswig
17. Uwe Leonardy, Klausforf
18. Imanuel Geis, Hamburg
19. Joachim Steffens, Reinbek
20. Gerhard Burmester, Lübeck
21. Willi Prisnow, Schleswig
22. Joachim Schütte, Eutin
23. Hartmut Lippe, Kiel
24. Gerd-Rainer Busch, Hamburg
25. Rolf Drews, Groß-Sarau
26. Henning Pohl, Brunsbüttel
27. Ernst Schuschan, Schönkirchen
28. Hans Beck, Hamburg
29. Kurt Leuschner, Itzehoe
30. Dr. Jörg Lorenzen, Plön

Quelle: [1]

Wahlkampf

Der Sommer 1972, einschließlich der Olympischen Spiele in München, verzögerte den Wahltermin. Der Wahlkampf selbst war für die SPD eine Chance, ihre Positionen zu verteidigen und Unterstützung für die neue Ostpolitik zu gewinnen. Umfragen hatten im Frühjahr noch schlecht für die SPD ausgesehen, aber eine gezielte Kampagne von Albrecht Müller, Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit des SPD-Parteivorstandes, führte zu einem Stimmungsumschwung zugunsten der Partei.

Willy Brandt und Walter Scheel (FDP) nach dem Wahlsieg. Ganz rechts Egon Bahr.

Für die SPD war die Wahl auch ein Aufbruchssignal: Nach der Änderung des Grundgesetzes vom 31. Juli 1970 und der Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 9. Juni 1972 durften erstmals auch junge Wählerinnen und Wähler ab 18 Jahren ihre Stimme abgeben. Dies wurde als strategischer Vorteil für die SPD wahrgenommen, da jüngere Wählergruppen die sozialliberale Koalition und Willy Brandts Reformen positiv sahen. Zudem konnte die SPD auf ihre starke, gut organisierte Mitgliederbasis in den Ortsvereinen zurückgreifen, die in intensiver Kampagnenarbeit mobilisiert wurden.

Diese Wahl stellte für die SPD nicht nur eine Verteidigung ihrer politischen Grundsätze, insbesondere der Ostpolitik, dar, sondern auch einen Weg, die bundesdeutsche Demokratie zu stärken und zu modernisieren, was im Interesse der Partei lag. Nach der Wahl konnte die SPD die sozialliberale Koalition und die Reformen unter Willy Brandt mit einer deutlichen Bürgerunterstützung fortzuführen.

Wahlergebnis in Schleswig-Holstein

Wahlbeteiligung: 90,5 %

Zweitstimmen:

Bundesergebnis Änderung zu 1969 Landesergebnis[2] Differenz Land/Bund
SPD 45,8 % +3,1 48,6 % +2,8
CDU 44,9 % -1,2 42,0 % -2,9
FDP 8,4 % +2,6 8,6 % +0,2
Sonstige 0,9 % 0,8 %

Wahlkreisergebnisse

Wahlkreis SPD CDU FDP gewählt wurde
1 Flensburg 52,0 % 38,2 % 9,1 % Walter Suck
2 Schleswig/Eckernförde 48,0 % 43,5 % 7,8 % Jürgen Anbuhl
3 Nordfriesland/Dithmarschen-Nord 44,5 % 46,2 % 8,5 % Willi-P. Sick (CDU)
4 Steinburg/Dithmarschen-Süd 45,7 % 46,6 % 6,7 % Kai-Uwe von Hassel (CDU)
5 Rendsburg/Neumünster 48,4 % 43,3 % 7,7 % Elisabeth Orth
6 Kiel 55,2 % 34,7 % 9,3 % Norbert Gansel
7 Plön 48,9 % 43,3 % 6,9 % Lauritz Lauritzen
8 Segeberg/Eutin 45,4 % 44,5 % 9,3 % Klaus Konrad
9 Pinneberg 47,1 % 41,8 % 10,4 % Hermann Peter Reiser
10 Stormarn/Lauenburg 46,7 % 43,3 % 9,3 % Friedrich Beermann
11 Lübeck 54,0 % 37,0 % 8,2 % Björn Engholm

Egon Bahr, Norbert Gansel, Klaus Konrad, und Lauritz Lauritzen kamen neu in den Bundestag.

SPD-Landesgruppe

gewählt über
Jürgen Anbuhl 2 - Schleswig/Eckernförde mit 51,4% der Erststimmen
Egon Bahr Liste
Friedrich Beermann 10 Stormarn – Herzogtum Lauenburg mit 50,7% der Erststimmen am 24. November 1975 verstorben
Björn Engholm 11 - Lübeck mit 58,8% der Erststimmen
Norbert Gansel 6 - Kiel mit 59,4% der Erststimmen
Detlef Haase Liste
Klaus Konrad 8 - Segeberg/Eutin mit 49,2% der Erststimmen
Dr. Lauritz Lauritzen 7 - Plön mit 52,6% der Erststimmen
Dr. Elisabeth Orth 5 - Rendsburg/Neumünster mit 51,2% der Erststimmen am 10. Mai 1976 verstorben
Hermann P. Reiser 9 - Pinneberg mit 51,3% der Erststimmen
Walter Suck 1 - Flensburg mit 55,8% der Erststimmen
Hans-Uwe Emeis rückte am 8. Dezember 1975 für Friedrich Beermann in den Bundestag nach, ab 8. Dezember 1975 fraktionslos
Rudolf Herbers rückte am 12. Mai 1976 für Elisabeth Orth in den Bundestag nach

Wahlwerbespot

Einzelnachweise

  1. Statitisches Bundesamt: [[1]] Die Wahlbewerber für den 4. Deutschen Bundestag, Stuttgart 1972
  2. Bundeswahlleiter Ergebnisse früherer Bundestagswahlen Stand: 5. Juni 2014