Wilhelm Schmehl

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Wilhelm Schmehl
Wilhelm Schmehl
Wilhelm Schmehl
Geboren: 6. Februar 1892
Gestorben: 29. Oktober 1962

Wilhelm Schmehl, * 6. Februar 1892 in Burg/Kreis Wetzlar, † 29. Oktober 1962 in Harrisleefeld; Former. Verheiratet, zwei Kinder. Mitglied der SPD seit 1909.

Leben & Beruf

Wilhelm Schmehl besuchte die Volksschule in Wertheim am Main und lernte wie sein Vater Christian Schmehl den Beruf des Formers. Er wurde 1911 nach Flensburg zur Marine eingezogen und durchlebte dort den Ersten Weltkrieg, zunächst auf Kriegsschiffen, im letzten Kriegsjahr beim Heer. 1919 entlassen, heiratete er und zog nach Harrisleefeld.[1] Er arbeitete als Geselle und schließlich als Werkmeister in der Kupfermühle und in Flensburger Maschinenfabriken.[2] 1948 wurde er hauptamtlicher Bürgermeister des Ortes, in dem er sich während der NS-Diktatur am Widerstand beteiligte.

Partei & Politik

NS-Diktatur

Vermutlich ein Passfoto von Anfang der 1930er Jahre

Vermutlich seit 1919[3] war Wilhelm Schmehl bis zum Verbot 1933 Ortsvorsitzender in Harrisleefeld. Als die Nazis die Macht übernahmen, organisierte er mit anderen wie Amandus und Sophie Lützen ein sozialdemokratisches Widerstandsnetzwerk im Umfeld des Café "Waldheim" in Harrislee.[4] Das Netzwerk verhalf hunderten gefährdeten Sozialdemokraten wie Richard Hansen zur Flucht nach Dänemark und schmuggelte Widerstandsliteratur wie den Neuen Vorwärts nach Deutschland. Er "[…] kannte den Fußweg durch das Moor genau."[5]

"Unter den Sozialdemokraten in Norddeutschland war Lützens Adresse bekannt. Wilhelm Schmehl, ehemaliger SPD-Vorsitzender, brachte sie unter dem Decknamen Paul über die Grenze, wo sie sein dänischer Genosse, der Lokomotivführer Åge Lassen, empfing und ihre Weiterreise nach Kopenhagen organisierte. Dabei war Vorsicht geboten, denn unter den Flüchtlingen waren auch Spitzel der Gestapo."[6]

Im Juli 1933 brachte das Netzwerk auch Teile des historisch wertvollen Marx-Engels-Nachlasses aus dem Berliner SPD-Archiv in Sicherheit. Das Material war über Kiel nach Flensburg geschickt worden; ein Teil gelangte per Schiff nach Dänemark, das meiste aber trug Wilhelm Schmehl in Fußmärschen durchs Moor nach Padborg.[7]

Ab 1937 sollen zwei Spitzel auf das Netzwerk angesetzt worden sein, ein hochrangiger Berliner Ex-Sozialdemokrat und eine ehemalige Kieler Genossin. 1938 verhaftete man Wilhelm Schmehl, konnte ihm aber nichts nachweisen.[8] Er musste vorübergehend seinen Pass abgeben und wurde noch mehrfach von der Gestapo verhaftet, zuletzt nach der Besetzung Dänemarks im Mai 1940 "wegen des dringenden Verdachts der Vorbereitung zum Hochverrat". Im Januar 1941 verurteilte ihn das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg deswegen zu 18 Monaten Haft, die er in Flensburg, Kiel und Neumünster in strenger Einzelhaft verbrachte. Aufgrund eines Gnadengesuchs seines Arbeitgebers wurde ihm bei dreijähriger Bewährung ein kleiner Rest der Strafe erlassen.[9] Nach seinen eigenen Angaben im Antrag von 1949 auf "die mir zustehende Haftentschädigung" war er vom 7. Mai 1940 bis 21. Juni 1941 im Gefängnis.[10]

Neubeginn

Wilhelm Schmehls Antrag auf Haftentschädigung von 1949

Nach dem Ende der Nazi-Diktatur und Neugründung der SPD übernahm Wilhelm Schmehl 1945 den Vorsitz im Kreisverein Flensburg Land. Er gehörte dem Gemeinderat und dem Kreistag an und war ab 1948 ehrenamtlicher, vom 1. Juni 1950 bis 1958 hauptamtlicher Bürgermeister von Harrislee[11], zeitweise auch stellvertretender Landrat.

"Wilhelm Schmehl hat sich immer für die Heimatvertriebenen eingesetzt, um Wohnraum durch den Bau von Siedlungen zu schaffen, damals entstanden der Ostlandring, die Moorweide und der Bahnhofsweg. [...] Vielleicht sollte man eine Straße nach diesem verdienstvollen Bürger benennen."[12]

Am 3. Mai 1948 rückte er für Anni Krahnstöver in den Landtag nach.

Literatur & Links

Einzelnachweise

  1. Henningsen: Wilhelm Schmehl
  2. Philipsen, Bernd: Marx und Engels in Flensburg, Flensburger Tageblatt, 30.7.2013
  3. Henningsen: Wilhelm Schmehl
  4. Nissen, Hans Christian: 1933-1945: Widerstand, Verfolgung, Emigration, Anpassung]. In: Demokratische Geschichte 3(1988), S. 483
  5. Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 109
  6. Ludwig, Tina: Im Zentrum des Widerstands, Flensburger Tageblatt, 23.7.2015
  7. Philipsen, Bernd: Marx und Engels in Flensburg, Flensburger Tageblatt, 30.7.2013
  8. Das virtuelle Museum:: Das 'Café Waldheim' in Harrislee
  9. Danker, Uwe / Lehmann-Himmel, Sebastian: Geschichtswissenschaftliche Aufarbeitung der personellen und strukturellen Kontinuität nach 1945 in der schleswig-holsteinischen Legislative und Exekutive (Schleswig-Holsteinischer Landtag 2016) (Drucksache 18/4464)
  10. Henningsen: Wilhelm Schmehl
  11. Pantléon, S. 446
  12. Henningsen: Wilhelm Schmehl