Ortsverein Harrislee
Der Ortsverein Harrislee ist eine Gliederung im Kreisverband Schleswig-Flensburg. Er wurde 1907 gegründet. Ursprünglich nannte er sich Harrisleefeld.
Weimarer Republik
1928 wurde die Arbeitervolkshochschule Harrisleefeld als Bildungsstätte für Arbeiter und Angestellte mit einem neu erbauten Schulgebäude und Internat in der Süderstraße in Harrisleefeld eingerichtet. Als Amandus Lützen an der 1928 neu eröffneten Arbeitervolkshochschule Harrisleefeld eine neue Stelle erhielt (Hausmeister?), engagierte sich seine Frau Sophie Lützen für die Gründung einer SPD-Frauengruppe und eines AWO-Ortsausschusses in Harrislee. Dort eröffnete das Ehepaar 1929 auch das Café Waldheim in der Hainstraße 1.[1]
In den 1930er Jahren wurden Reichsbanner-Leute in der Arbeitervolkshochschule untergebracht. Einer von ihnen war Julius Zehr. Er wurde am 25. Februar 1933 von einem SA-Mann namens Gerhard Moltzen erschossen. Der Vorfall ereignete sich auf dem Weg zu einer SPD-Veranstaltung zur Reichstagswahl im Flensburger Gewerkschaftshaus.
Widerstand
Das Café Waldheim war ein beliebter Treffpunkt für Sozialdemokraten, an dem sie sich noch frei austauschen konnten. Aufgrund des Boykotts durch die Nationalsozialisten lief das Geschäft jedoch wirtschaftlich schlecht, weshalb die Familie Lützen zusätzlich einen Gemischtwarenladen eröffnete, um ihr Einkommen aufzubessern.
Dank seiner Lage in der Nähe der dänischen Grenze entwickelte sich das Café zu einem wichtigen Drehkreuz für Flüchtlinge aus dem Deutschen Reich auf ihrem Weg nach Dänemark. Es wird berichtet, dass sich über 100 Flüchtlinge vom Café Waldheim aus auf den Weg ins skandinavische Exil gemacht haben. Unter den Sozialdemokraten in Norddeutschland war die Adresse von Lützen gut bekannt. Dieser Fluchtweg wurde beispielsweise von Richard und Lisa Hansen gewählt, während Willy Verdieck auf dem Weg dorthin verhaftet wurde.
Im Jahr 1940 wurde das Ehepaar Lützen verhaftet. Amandus Lützen wurde, ebenso wie Wilhelm Schmehl, wegen „Vorbereitung von Hochverrat“ zu achtzehn Monaten Haft verurteilt, während Sophie Lützen zu sechs Monaten Einzelhaft verurteilt wurde. 1942 verloren sie die Lizenz für ihre Gaststätte, und 1943 mussten sie auch ihren Laden schließen.[2]
Bundesrepublik Deutschland
Von etwa 1997 bis zum März 2016 machte die SPD praktische Kulturarbeit vor Ort. Die Veranstaltungsreihe "Kultur-Schuppen in der 'Olen Möhl'" wurde von einem Team von zuletzt knapp 20 Genossinnen und Genossen um Wolfgang Potztal organisiert. Sie musste eingestellt werden, weil sich keine nächste Generation fand, die sie hätte weiterführen können.[3]
Der Ortsverein gibt mindestens seit Juni 2015 den Infobrief WIR - in Harrislee heraus.
Für den Infobrief lieferte Harry Henningsen (*6. Dezember 1936) zahlreiche historische Beiträge. Harry Henningsen starb am 25. August 2019. Er war außerdem, wie der Ortsverein schreibt, in seinem Leben Gemeindevertreter und bürgerliches Mitglied, setzte sich für die Jugend, für Sport und Kultur ein.
"Er war für zahlreiche Menschen ein väterlicher Freund und geschätzter Ratgeber. Er hatte auf viele Menschen eine positive Ausstrahlung. Bis zuletzt hat er sich politisch eingebracht." [4]
Seit Anfang 2021 gibt es neben dem Infobrief ein neues, internes Format mit dem Namen Rote Rohrpost. Es ist über die neue Homepage des Ortsvereins abrufbar.
Vorsitz
- 2025 - Henning Feist
- 1.10.2021 - Björn Stenbuck
- ? - Björn Stenbuck (kommissarisch)[5]
- Juni 2015-mind. April 2017 - Stefan Tießen[6]
- um 2012 - Holger Zschiesche[7]
Kommunalpolitik
In der Gemeindevertretung stellt die SPD nach der Kommunalwahl 2018 7 von 23 Mitgliedern (mit 8 SSW- und 8 CDU-Mitgliedern).
In der Kommunalwahl 1970 wurde die SPD stärkste Fraktion im Gemeinderat, was bis dahin der Südschleswigsche Wählerverband gewesen war.[8]
Bürgermeister war ab 1948 ehrenamtlich, vom 1. Juni 1950 bis 1958 hauptamtlich Wilhelm Schmehl.[9]
1910 saßen zwei Sozialdemokraten im Gemeinderat.[10]
Literatur
- Nielsen, Hans: Streifzüge durch mein Leben (Flensburg 1994)
- Pantléon, Thomas, Gemeinde Harrislee (Hrsg.): Chronik – 650 Jahre Harrislee – 1352–2002 (Flensburg 2002), ISBN 978-3-932635-27-4
- Zschiesche, Holger u.a. (Hrsg.): 100 Jahre Sozialdemokratischer Ortsverein Harrislee (Harrislee 2007)
Einzelnachweise
- ↑ Henningsen, Harry: Cafe Waldheim, in WIR - in Harrislee, Juni 2015
- ↑ Ludwig, Tina: Im Zentrum des Widerstands, Flensburger Tageblatt, 23.7. 2015
- ↑ WIR - in Harrislee, Ausgabe Januar 2016
- ↑ WIR - in Harrislee, Ausgabe 2/2019
- ↑ WIR - in Harrislee, Ausgabe 2/2019
- ↑ Lt. Impressum der jeweiligen Ausgabe von WIR - in Harrislee. In der folgenden Ausgabe Oktober 2018 weist das veränderte Impressum keinen Verantwortlichen mehr aus.
- ↑ SPD Harrislee auf SPD-NET-SH, 9.7.2012, heute abrufbar unter SPD-NET-SH, Artikelarchiv 2012, 1. Halbjahr ab 06.05. bis 31.12.2012
- ↑ Nielsen: Streifzüge, S. 210
- ↑ Pantléon: Harrislee, S. 446
- ↑ Hamburger Echo 10.8.1910, S. 6
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