Wolfgang Herrmann
Wolfgang Herrmann |
Wolfgang Herrmann, * 27. Mai 1938 in Berneiten, Krs. Tilsit/Ostpr. (heute Russland, Kaliningrader Oblast); † 21. Januar 2020 in Kiel; Schmelzschweißer. Mitglied der SPD seit 1974.
Leben & Beruf
1944, zum Ende des 2. Weltkriegs, erreichte der von Deutschland verursachte Krieg die östliche Grenze des Reiches. Wie Millionen anderer Deutscher flüchtete die Mutter von Wolfgang Herrmann mit ihm und seiner Schwester Sigrid von Tilsit über Allenstein auf abenteuerlichem Weg nach Pommern. Ihr in Allenstein auf der Flucht geborenes drittes Kind starb kurz nach der Geburt. In Klenzin, einem Dorf in Hinterpommern, etwa 26 km nordöstlich von Stolp (heute polnisch Klęcino und Słupsk), lebte die vaterlose Familie zwei Jahre auf einem Bauernhof, der noch von einem Deutschen geführt wurde. Als die Mutter erfuhr, dass ihr Mann in Schleswig-Holstein lebte, zog die Familie 1946 weiter. Obwohl sie nach Ostfriesland sollten, blieben sie in Kiel. Die wieder komplette vierköpfige Familie lebte zunächst im Lager Solomit in Neumühlen-Dietrichsdorf. Später bekam sie ein Zimmer in einer Wohnung in der Verdieckstraße, noch später eine eigene Wohnung.
Wolfgang Herrmann besuchte die Volksschule in der Schönkirchener Straße.[1] Von 1953 bis 1956 machte er eine Lehre bei den Howaldtswerken in Kiel, 1957 ging er zur Bundeswehr. 1960 kehrte er zurück zu den Howaldtswerken und arbeitete dort bzw. bei deren Rechtsnachfolgern bis zur Rente, nur unterbrochen von seiner Zeit als Mitglied des Landtags.[2] "Auf Howaldt" war er viele Jahre freigestelltes Betriebsratsmitglied.
Als Gewerkschaftsmitglied gehörte er der IG-Metall-Vertreterversammlung in Kiel an, wo er Referent für den Bereich Lohn und Gehalt war.
Wolfgang Herrmann war verheiratet mit Inge Herrmann; das Ehepaar hatte zwei Kinder. Er engagierte sich u.a. als 2. Vorsitzender beim Kieler Sportverein SC Comet.
Partei & Politik
In die SPD trat Wolfgang Herrmann am 6. November 1974 ein. Von 1977 bis 1989 war er Beisitzer im Vorstand des Ortsvereins Neumühlen-Dietrichsdorf. Von 1986 bis 1990 vertrat er die SPD dort im Ortsbeirat und war bürgerliches Mitglied im Sportausschuss der Landeshauptstadt Kiel.[2]
Um 1989 hatte er den Kreisvorsitz der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen der Kieler SPD und gehörte auch ihrem Landesvorstand an. Allerdings war er nie Landesvorsitzender; dies war eine Fehlinformation.[3]
Landtag
Er unterlag Heide Simonis in der Direktkandidatur im Wahlkreis Kiel-Ost zur Landtagswahl 1992, wurde aber auf der Landesliste nominiert. 1994 rückte er für den zurückgetretenen Björn Engholm für zwei Jahre bis zum Ende der Wahlperiode in den Landtag nach. Die Vorhersage des FOCUS, er sei
"offenbar entschlossen, parteiintern erneut in Kiel-Ost und damit wieder gegen Simonis zu kandidieren, 'die schon 1992 sehr gut woanders hätte antreten können'"[4],
traf nicht ein.
Schon bei seinem Einzug ins Parlament kündigte er an, sich nicht unbedingt an die Fraktionsdisziplin halten zu wollen.[5] Die SPD hatte nur 45 der 89 Sitze im Kieler Landtag und war deswegen auf alle Stimmen angewiesen. Der FOCUS bezeichnete Wolfgang Herrmann deswegen als "Zeitbombe hinten links".[6] So stimmte er als einziger SPD-Abgeordneter gegen die aus der finanziellen Notlage des Landes geborene Getränkesteuer. Das machte ihn über Kiel hinaus bekannt.
Weblinks
- Landtagsinformationssystem: Wolfgang Herrmann
- Wikipedia: Wolfgang Herrmann (Politiker, 1938)
Einzelnachweise
- ↑ Die Angaben zur Kindheit stammen von Sigrid Markmann, der Schwester von Wolfgang Herrmann.
- ↑ 2,0 2,1 Landtagsinformationssystem: Wolfgang Herrmann
- ↑ Rademacher, Ludwig: Zeitbombe hinten links, FOCUS Nr. 46, 14.11.1994
- ↑ Rademacher, Ludwig: Zeitbombe hinten links, FOCUS Nr. 46, 14.11.1994
- ↑ Mehrheit in Kiel gefährdet., DER SPIEGEL, 6.11.1994
- ↑ Rademacher, Ludwig: Zeitbombe hinten links, FOCUS Nr. 46, 14.11.1994