Landtagswahl 1992
Die Landtagswahl 1992 fand am 5. April 1992 statt. Die SPD hielt mit 46,2 % die Mehrheit, verlor aber 8,6 % und hatte damit nur noch einen Sitz mehr als die Opposition.
Der Wahlabend brachte eine Überraschung: Um 22 Uhr wurde das vorläufige Endergebnis bekannt gegeben, das für die Grünen 5,0 % feststellte. Damit war eine rot-grüne Koalition vorgezeichnet: "Engholm, wir kommen!" rief Spitzenkandidatin Irene Fröhlich in die Mikrofone.[1]
Dieses Ergebnis wurde zehn Minuten vor Mitternacht korrigiert: Aufgrund eines Computerfehlers war das Ergebnis der Grünen - 4,97 Prozent - unzulässigerweise aufgerundet worden; ihnen fehlten 397 Stimmen. Die Grünen zogen erst 1996 ins Parlament ein, die SPD konnte trotz erheblicher Verluste von knapp 9 Prozent allein weiterregieren, denn die CDU hatte nicht hinzugewonnen.
Dafür erhielt die rechtsextreme Deutsche Volks-Union (DVU) auf Anhieb sechs Sitze, was der Wahl einen bitteren Beigeschmack gab. Finanzministerin Heide Simonis warnte: "Der braune Dampf geht über uns zusammen, wenn wir nicht aufpassen." Selbst CDU-Spitzenkandidat Hennig war "zum Heulen zumute".[2] Uwe Danker analysierte 2016:
"Das Reizthema Asyl- und Ausländerpolitik in der vereinigten Bundesrepublik bringt vor allem junge deutsche Männer, meist Modernisierungsverlierer, zur Wahl Rechtsextremer. – Im Parlament wird man dieser Truppe in den Folgejahren geschlossen begegnen; aber die Rechtsextremen sitzen drin hinter ihrem Panzerglas und stehlen Büroeinrichtungen."[3]
Rechenschaftsbericht
"Zum ersten Mal konnte die schleswig-holsteinische SPD einen Landtagswahlkampf aus der Regierungsverantwortung führen. Wenngleich die absolute Mehrheit der Sitze nur knapp behauptet werden konnte, ist das Wahlergebnis eine Bestätigung der erfolgreichen Arbeit der ersten Legislaturperiode Engholm und gleichzeitig Beleg für einen guten Wahlkampf.
Zur Bewertung der Wahlkampfstrategie
- Die Wahlkampfstrategie wurde bereits zur Mitte der Legislaturperiode skizziert. Mit den Kampagnenschwerpunkten "Ökologische Erneuerung" und "Kinderfreundliches Schleswig-Holstein" wurden die thematischen Schwerpunkte benannt, die etwa zwei Jahre lang in Partei und Öffentlichkeit verankert worden sind. Dazu kam das Thema "Schleswig-Holsteins Wirtschaftskraft stärken" - ein Thema, bei dem es galt, den Kompetenzvorsprung der CDU zu beseitigen.
- Diese Wahlkampfstrategie wurde in der zweiten Jahreshälfte 1991 konkretisiert. Der Wahlkampf war fast ausschließlich auf Landesthemen beschränkt und auf den Ministerpräsidenten Björn Engholm ausgerichtet.
- Die Themenvorgaben, die Schwerpunkte, die inhaltlichen Linien des Wahlkampfes und die Phasenplanung des Wahlkampfes sind weitgehend durchgehalten worden. Damit wurde die Voraussetzung für einen einheitlichen Wahlkampf geschaffen.
- Es bleibt auch im nachhinein richtig, einen landespolitischen Wahlkampf geführt zu haben, weil nur so die Pluspunkte der SPD ausgespielt werden konnten. Zudem zielte unsere Strategie sehr stark auf CDU-Wechselwähler. Das Ergebnis gibt uns recht: Drei von vier Wechselwählern von der CDU, die 1988 erstmals SPD gewählt haben, blieben der SPD treu - fraglos konnten wir die landespolitische Kompetenz der SPD in ehemaligen CDU-Schichten verankern. Richtig war auch, nicht hektisch auf alle möglichen Gegnerthemen zu reagieren.
- Nicht gelungen ist die Mobilisierung der Stammwähler. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, daß die Themen "Wohnungspolitik"‚ "Asyl", "Finanzierung der Kosten der deutschen Einheit" eine offensive Herangehensweise der SPD nicht zuließen oder beim Thema "Wohnungspolitik" zu spät und nicht mit genügend Druck unsere Vorstellungen dargestellt worden sind. Selbstkritisch wird man feststellen müssen, daß wir den Problemen des bürgerlichen Mittelstands mehr Gewicht beigemessen haben als denen der traditionellen Arbeitnehmer.
- Die innerparteiliche Mobilisierung litt bis auf die Endphase des Wahlkampfes unter den schon seit Regierungsübernahme spürbaren Problemen, daß die Partei den Übergang von der gelernten Oppositions- zur Regierungspartei noch nicht vollzogen hat. Erst mit dem Rücktritt von Stoltenberg und Hennig knüpfte die Partei an ihren gewohnten Kampfgeist an. Die von manchen vermißte Polarisierung im Wahlkampf hat aber auch mit der mißlungenen CDU-Wahlkampfstrategie zu tun.
Zur Bewertung des Wahlkampfes
- Die sehr stark landespolitisch geprägte Wahlkampfstrategie hat sich als richtig erwiesen. Gleichwohl können wir mit der Mobilisierung unserer Stammwähler nicht zufrieden sein.
- Die innerparteiliche Mobilisierung hat während des gesamten Wahlkampfes zu wünschen übrig gelassen. Bei der Durchführung des Wahlkampfes sind erhebliche Defizite in der Parteiorganisation sowie Motivationsverluste bei den Funktionären sichtbar geworden.
- Die Entscheidung für die Agentur war ein Fehler.
- Die Veranstaltungen im Vorfeld des Wahlkampfes erweiterten die politische Basis der SPD.
- Über den Einsatz und die Gestaltung von Werbemitteln wird vor künftigen Wahlkämpfen noch einmal grundsätzlich nachzudenken sein.
- Das neue redaktionelle Konzept der Zeitung am Sonntag hat sich als richtig herausgestellt.
- Die Referentenvermittlung und der Veranstaltungsteil des Wahlkampfes waren erfolgreich. Auffallend war im Vergleich zu früheren Wahlkämpfen der höhere Anteil von Nichtparteimitgliedern bei Wahlveranstaltungen.
- Für die Zielgruppe Jugend muß auch nach diesem Wahlkampf nach geeigneten Werbestrategien gesucht werden. Als positiv können die Veranstaltungen des Seniorenwahlkampfes bewertet werden.
- Die beiden Großveranstaltungen zum Auftakt und zum Abschluß des Wahlkampfes waren erneut wichtige Markierungepunkte für die innerparteiliche Mobilisierung.
- Kulturveranstaltungen sind inzwischen fester Bestandteil der Wahlkämpfe. Das gilt insbesondere auch für die Tätigkeit der Wählerinitiative.
- Ein besonderes Gewicht wurde diesmal auf die innerparteiliche Kommunikation und Information der Wahlkämpfer gelegt. Wenngleich noch manches im Detail verbessert werden kann, hat dies die Sprachfähigkeit der Funktionäre erhöht.
- Die Zusammenarbeit in der Wahlkampfleitung kann als positiv bewertet werden.
Ein ausführlicher Auswertungsbericht kann bei Interesse bei der Landesgeschäftsstelle angefordert werden."[4]
Regierungsprogramm
Siehe auch: Schleswig-Holstein hat einen guten Namen - Programm der SPD Schleswig-Holstein - Landtagswahl 1992
Ergebnis
Prozent | Änderung | Sitze | |
---|---|---|---|
SPD | 46,2 % | -8,6 | 45 |
CDU | 33,8 % | +0,5 | 32 |
SSW | 1,9 % | +0,2 | 1 |
DVU | 6,3 % | +6,3 | 6 |
FDP | 5,6 % | +1,2 | 5 |
Sonstige | 6,3 % |
Wahlbeteiligung: 71,74 %
- DVU = Deutsche Volksunion
- SSW = Südschleswigscher Wählerverband
Siehe auch
- ↑ 1979, 1992, 2005: Kieler Wahlnächte sind lang, DER LANDTAG 01/2017, S. 29
- ↑ 1979, 1992, 2005: Kieler Wahlnächte sind lang, DER LANDTAG 01/2017, S. 29
- ↑ Danker, Uwe: Schleswig-Holsteins Sozialdemokratie in der Regierungsverantwortung 1988-2009. Eine erste Analyse anhand ausgewählter Politikfelder. in Demokratische Geschichte Band 26 (2016)
- ↑ SPD Schleswig-Holstein, Rechenschaftsbericht 1991-1993