Landtagswahl 1975

Aus SPD Geschichtswerkstatt
"Einer von uns" - Plakat zur Landtagswahl 1975

Die Landtagswahl 1975 fand am 13. April 1975 statt.

Spitzenkandidat der SPD war der 34-Jährige Klaus Matthiesen. Die SPD verlor 0,9 %-Punkte und erreicht 40,1 % - das reichte nicht für einen Regierungsübernahme.

Ausgangslage

In der Landtagswahl 1971 war die SPD Schleswig-Holstein zum zweiten Mal mit ihrem Spitzenkandidaten Jochen Steffen angetreten und hatte zum ersten Mal seit 1947 über 40 % geholt: 41,0 % - Trotzdem hatte die SPD die Wahl verloren und die CDU konnte mit 51,9 % bequem alleine regieren.

Jochen Steffen hatte der harte Wahlkampf körperlich zugesetzt. Er überließ Klaus Matthiesen den Vorsitz der Landtagsfraktion und stand auch nicht mehr als Spitzenkandidat zur Verfügung.

Nachdem die FDP mit nur 3,8 % aus dem Landtag geflogen waren, hatten die Freien Demokraten anklingen lassen - wie im Bund - für eine Sozial-Liberale Koalition offen zu sein.[1] Nur war die CDU sehr stark auch aus der Kommunalwahl 1974 hervorgegangen. "Es bleibt allerdings fraglich, ob die FDP überhaupt noch gegen ein Bündnis mit der SPD stimmen kann. Die Freien Demokraten haben sich gerade erst durch einen 'sozialliberalen Kurs' innerparteilich konsolidiert. Freilich werden sie die Koalition mit der SPD von "personellen Konsequenzen in der SPD" (Ronneburger) abhängig machen."[2]

Spitzenkandidatur

Flyer mit programmatischen Forderungen zur Landtagswahl 1975

Auf ihrem Landesparteitag 1973 in Heiligenhafen, nominierte die SPD den 63-jährigen Lauritz Lauritzen - der war Bundesminister und Wunschkandidat von Kanzler und Parteivorsitzenden Willy Brandt[3], galt aber als farblos und war nicht besonders beliebt - vor allem nicht bei den Jusos.

"Ein Streit mit dem Bundeswirtschaftsminister und Industriefreund Dr. Friderichs und reichliche Bundesmittel für den Straßenbau im Norden sollten Lauritzen helfen, sich als Ministerpräsident aufzubauen. Aber der Unmut über den durch den Fluglotsenstreik und das Tempolimit auf Autobahnen belasteten Bundesverkehrsminister, der sich auch im schleswig-holsteinischen Kommunalwahlkampf nicht profilieren konnte, machte sich immer mehr auch in der Parteibasis breit, bis schließlich der SPD-Landesvorstand die Ablösung von Lauritzen beschließen wollte. Dieser enthob aber durch seinen Verzicht auf die Spitzenkandidatur den SPD-Landesvorstand einer eigenen Entscheidung. Als disziplinierter Sozialdemokrat nahm Lauritzen die ihm von den jungen Intellektuellen in seiner Partei angesonnene Demütigung hin."[4]

Dann verlor die SPD bei der Kommunalwahl im März 1974 landesweit fast 8 %-Punkte. Im SPIEGEL vom 8. April 1974 - kaum fünf Monate nach der Nominierung - erscheint ein Artikel, in dem Jochen Steffen ankündigt, Lauritz Lauritzen als Spitzenkandidaten abzusägen. Stattdessen sollte der 33-jährigen Klaus Matthiesen antreten. In der SPD rumorte es. In Lübeck kam es zum Richtungsstreit. Prominente Mitglieder traten öffentlichkeitswirksam aus.

"Zwar glaubt niemand in der SPD-Zentrale, daß Klaus Matthiesen den Sozialdemokraten die Mehrheit erringen könnte. Doch trauen ihm seine Förderer eher als Lauritzen zu, den Abwärtstrend im Norden aufzuhalten. Denn der frühere Bildungsreferent gilt hier linken wie rechten Genossen gleichermaßen als Parteihoffnung."[5]

7. Mai 1974 - weniger als ein Jahr vor der Wahl gab Lauritz Lauritzen seinen Verzicht auf eine Kandidatur bei der Landtagswahl bekannt[6] - Willy Brandt war ein paar Tage zuvor als Bundeskanzler zurückgetreten.

Klaus Matthiesen wird neuer Spitzenkandidat.

Regierungsprogramm

Das Regierungsprogramm "Demokratie sozialer machen - Schleswig-Holstein-Programm der Sozialdemokraten" wird 1974 auf dem Landesparteitag in Bad Segeberg beschlossen.

Aktion: "Schwarzer Hut mit fremden Federn"

Anstecker aus dem Wahlkampf

Im Wahlkampf gab es unter dem Motto "Schwarzer Hut mit fremden Federn" eine Aktion mit Plakat, Handzattel und Anstecknadeln. Der schwarze Hut symbolisierte die Politik der CDU-Landesregierung, die sich mit politischen Erfolgen der sozial-liberalen Bundesregierung schmückte. Im Handzettel wurden drei "fremde Federn" aufgezählt:

  1. Feder: Die Sicherung der Arbeitsplätze Noch im November 1974 sonnte sich die CDU-Landesregierung in Kiel auf einer Ausstellung in ihren angeblich eigenen Leistungen. Und geflissentlich verschwieg sie dabei die große Beteiligung der Bundesregierung. Wahr ist Die Howaldtswerke in Kiel mit ihren sicheren Arbeitsplätzen sind zu 74,9% im Besitz des Bundes. Und auch die Kosten für den Bau des neuen Großdocks (rund 200 Millionen Mark) trägt dieser staatliche Betrieb selbst. Daran sollten Sie denken, wenn sich die CDU diese Leistungen nun ganz an den eigenen Hut steckt
  2. Feder: Die Rentenreform Vergessen wir nicht: Während der zwanzig Jahre unter CDU-Regierungen in Bonn hatten es die meisten Rentner bei uns schwer, mit ihrer Rente auszukommen. Erst seit in Bonn Sozialdemokraten die Regierung führen, gibt es auch für die Rentner einen gesicherten Lebensabend. Unsere Rentenreform brachte über 12,4 Millionen Rentnern und Kriegsopfern Rentenerhöhungen von mehr als 11%. Und Sie sollten auch wissen: Jene, die sich heute diese Erfolge an den eigenen schwarzen Hut stecken, haben damals unser Rentenreformprogramm bekämpft!
  3. Feder: Die Eiderabdämmung Die Eiderabdämmung ist das größte Küstenschutz-Bauwerk Europas. Wir alle dürfen stolz auf diese Leistung sein. Denn wir alle haben als Steuerzahler zur Verwirklichung dieses Großbauwerks beigetragen. Aber wußten Sie eigentlich, daß der größte Teil des Geldes dafür nicht vom Land Schleswig-Holstein, sondern von der sozialliberalen Regierung in Bonn aufgebracht wurde? Daran sollten Sie denken, wenn jetzt die CDU die Eiderabdämmung als eigene Leistung anpreist. Wie zum Beispiel in ihrem Reklamefilm "Schleswig-Holstein heute". Auch hier schmückt sie sich mit fremden Federn.

Gisela Teuchert-Benker: "Das war 75! Ich erinnere mich noch gut. Ich wohnte in einer Gemeinde, die (bis heute) leider schwarz ist. Deshalb bin ich dort auch 1974 in die SPD eingetreten. Die CDU veranstaltete einen Maskenball oder sowas ähnliches (ist ja schließlich 38 Jahre her!!!). Ich verkleidete mich ganz schwarz, einschließlich schwarzem Schlapphut mit knallroten Pfauenfedern. Sie haben es erkannt!!! Das sollten sie auch! Leider gibt es kein Foto..."

Ergebnis

Prozent Änderung Sitze
SPD 40,1 % -0,9 30
CDU 50,4 % -1,5 37
FDP 7,1 % + 3,3 5
SSW 1,4 % ± 0,0 1
Sonstige 1,0 %

Wahlbeteiligung: 82,29 %

  • SSW = Südschleswigscher Wählerverband, der von der 5%-Klausel befreit war.

Bilder

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. DIE ZEIT 47/1973 Klare Fronten an der Kieler Förde
  2. Burchardt, Rainer: Angeln nach einem Kandidaten, DIE ZEIT Nr. 17/1974
  3. Jahn, Ralf G. (2001) "Lauritz Lauritzen" in: Udo Kempf und Hans-Georg Merz (Hrsg.): Kanzler und Minister 1949-1998. Biografisches Lexikon der deutschen Bundesregierungen. Seite 409-413. Link
  4. Jahn, Ralf G. (2001) "Lauritz Lauritzen" in: Udo Kempf und Hans-Georg Merz (Hrsg.): Kanzler und Minister 1949-1998. Biografisches Lexikon der deutschen Bundesregierungen. Seite 409-413. Link
  5. DER SPIEGEL 15/1974 Macker und Macher
  6. Jahn, Ralf G. (2001) "Lauritz Lauritzen" in: Udo Kempf und Hans-Georg Merz (Hrsg.): Kanzler und Minister 1949-1998. Biografisches Lexikon der deutschen Bundesregierungen. Seite 409-413. Link