Arbeitsgemeinschaft der SPD für Akzeptanz und Gleichstellung: Unterschied zwischen den Versionen

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== Vorgeschichte ==
== Vorgeschichte ==
In den frühen Jahren der Sozialdemokratie hat Homosexualität in der Politik keine Rolle gespielt. Einen ersten Aufschlag machte [[Eduard Bernstein]] [[1895]] in [[Die Neue Zeit]] mit einem Artikel unter der Überschrift "Die Beurtheilung des widernormalen Geschlechtsverkehrs"<ref>Bernstein, Eduard: ''[http://library.fes.de/cgi-bin/nzpdf.pl?dok=189495b&f=228&l=233 Die Beurtheilung des widernormalen Geschlechtsverkehrs]'', in: Die Neue Zeit 13.2.1895, S. 228-233.</ref>. Er argumentiert, dass es falsch sein, wenn heterosexueller Sex aus reiner Lust anders bewertet würde als der zwischen zwei Männer. Allerdings unterscheidet er zwischen homosexuellem Sex in einer innigen Beziehung und wilder Unzucht. Er vertritt damit eine Meinung, die in der Sozialdemokratie zur der Zeit nicht selten gewesen sein dürfte.<ref>Bergers, Hendrik: ''[https://www.grin.com/document/277981 Der Fall Krupp. Ein Skandal der Homosexualität]'', 2013</ref>
Seit [[1872]] verbot der § 175 des Reichsstrafgesetzbuchs sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts und ermöglichte somit die Verfolgung Homosexueller. Gleichzeitig gab es aber auch immer Stimmen, die sich gegen das Verbot wandten; bspw. das "Wissenschaftlich-humanitäre Komitee".  


Für den [[1978]] hauptsächlich von schwulen Jusos gegründeten ''Arbeitskreis gegen die Diskriminierung Homosexueller'' bürgerte sich schnell die Kurzform ''Schwusos'' ein. Sie waren vermutlich auch in Schleswig-Holstein aktiv; bisher liegen dazu jedoch keine Informationen vor. In den Jahren vor [[2011]] gab es sie in Schleswig-Holstein jedenfalls nicht mehr. [[2011]] wurde der AK vom Parteivorstand offiziell als ''Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der SPD (Schwusos)'' anerkannt und erhielt damit stärkeres Gewicht als zuvor.
In den frühen Jahren der Sozialdemokratie hat Homosexualität in der Politik keine Rolle gespielt. Einen ersten Aufschlag machte [[Eduard Bernstein]] [[1895]] in [[Die Neue Zeit]] mit einem Artikel unter der Überschrift "''Die Beurtheilung des widernormalen Geschlechtsverkehrs''"<ref>Bernstein, Eduard: ''[http://library.fes.de/cgi-bin/nzpdf.pl?dok=189495b&f=228&l=233 Die Beurtheilung des widernormalen Geschlechtsverkehrs]'', in: Die Neue Zeit 13.2.1895, S. 228-233.</ref>. Er argumentiert, dass es falsch sei, wenn heterosexueller Sex aus reiner Lust anders bewertet würde als der zwischen Männer. Allerdings unterscheidet er zwischen homosexuellem Sex in einer innigen Beziehung und wilder Unzucht. Er vertritt damit eine Meinung, die in der Sozialdemokratie zur der Zeit nicht selten gewesen sein dürfte.<ref name=":1">Bergers, Hendrik: ''[https://www.grin.com/document/277981 Der Fall Krupp. Ein Skandal der Homosexualität]'', 2013</ref>
 
[[1897]] schaffte es der Vorsitzende des Wissenschaftlich-humanitären Komitees Magnus Hirschfeld mit einer Petition zur Streichung des § 175, 6.000 Unterschriften hinter sich zu versammeln. Ein Jahr später brachte sie der SPD-Vorsitzende [[August Bebel]] in den Reichstag ein - erfolglos. Pläne der Regierung, den § 175 auch auf Frauen auszuweiten wurden vom [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] und der [[Novemberrevolution]] gestoppt.
 
Die SPD setzt sich für die Abschaffung des § 175 ein, skandalisiert aber auch immer wieder Homosexualität, wenn es um reiche Menschen geht:<blockquote>"Einerseits soll der § 175 abgeschafft werden, andererseits wird Homosexualität als 'widernatürliches Laster' stigmatisiert und als typisch für die höheren Klassen bezeichnet. Diese Widersprüchlichkeit könnte dadurch erklärt werden, dass die SPD Homosexualität in Kombination mit Kapital, was automatisch zur Korruption führe, verurteilt, aber im allgemeinen auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft ist und Homosexualität als natürlich ansieht. Im Allgemeinen sehe die Sozialdemokratie homosexuellen Verkehr nicht als Indikator einer dekadenten Gesellschaft im Zerfallsprozess, was seit der Antike ein geläufiges Bild war, sondern weise darauf hin, dass Homosexualität in allen Gesellschaften zu finden sei."<ref name=":1" /></blockquote>Für den [[1978]] hauptsächlich von schwulen Jusos gegründeten ''Arbeitskreis gegen die Diskriminierung Homosexueller'' bürgerte sich schnell die Kurzform ''Schwusos'' ein. Sie waren vermutlich auch in Schleswig-Holstein aktiv; bisher liegen dazu jedoch keine Informationen vor. In den Jahren vor [[2011]] gab es sie in Schleswig-Holstein jedenfalls nicht mehr. [[2011]] wurde der AK vom Parteivorstand offiziell als ''Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der SPD (Schwusos)'' anerkannt und erhielt damit stärkeres Gewicht als zuvor.


Seit Mai [[2011]] existierte ein Lübecker Schwuso-Arbeitskreis, von dem der Impuls zur Wiedergründung auf Landesebene ausging. Am [[26. August]] [[2011]] luden sie zu einem ersten landesweiten Treffen nach Lübeck ein. Dort übernahm eine fünfköpfige Orga-Gruppe die Vorbereitung des nächsten Treffens am [[22. Oktober]] [[2011]] in Neumünster. [[Uli Poppe]] wurde zum Sprecher gewählt, [[René Reincke]] zum Stellvertreter. Am [[12. August]] [[2012]] konstituierte sich die Landesarbeitsgemeinschaft auf der Gründungsversammlung in [[Kreisverband Neumünster|Neumünster]].
Seit Mai [[2011]] existierte ein Lübecker Schwuso-Arbeitskreis, von dem der Impuls zur Wiedergründung auf Landesebene ausging. Am [[26. August]] [[2011]] luden sie zu einem ersten landesweiten Treffen nach Lübeck ein. Dort übernahm eine fünfköpfige Orga-Gruppe die Vorbereitung des nächsten Treffens am [[22. Oktober]] [[2011]] in Neumünster. [[Uli Poppe]] wurde zum Sprecher gewählt, [[René Reincke]] zum Stellvertreter. Am [[12. August]] [[2012]] konstituierte sich die Landesarbeitsgemeinschaft auf der Gründungsversammlung in [[Kreisverband Neumünster|Neumünster]].

Version vom 30. Juni 2023, 14:05 Uhr

Die Arbeitsgemeinschaft der SPD für Akzeptanz und Gleichstellung (SPDqueer) ist seit 2011 eine Arbeitsgemeinschaft der SPD auf Bundesebene. Bis 2016 hieß sie Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der SPD (Schwusos).

Vorgeschichte

Seit 1872 verbot der § 175 des Reichsstrafgesetzbuchs sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts und ermöglichte somit die Verfolgung Homosexueller. Gleichzeitig gab es aber auch immer Stimmen, die sich gegen das Verbot wandten; bspw. das "Wissenschaftlich-humanitäre Komitee".

In den frühen Jahren der Sozialdemokratie hat Homosexualität in der Politik keine Rolle gespielt. Einen ersten Aufschlag machte Eduard Bernstein 1895 in Die Neue Zeit mit einem Artikel unter der Überschrift "Die Beurtheilung des widernormalen Geschlechtsverkehrs"[1]. Er argumentiert, dass es falsch sei, wenn heterosexueller Sex aus reiner Lust anders bewertet würde als der zwischen Männer. Allerdings unterscheidet er zwischen homosexuellem Sex in einer innigen Beziehung und wilder Unzucht. Er vertritt damit eine Meinung, die in der Sozialdemokratie zur der Zeit nicht selten gewesen sein dürfte.[2]

1897 schaffte es der Vorsitzende des Wissenschaftlich-humanitären Komitees Magnus Hirschfeld mit einer Petition zur Streichung des § 175, 6.000 Unterschriften hinter sich zu versammeln. Ein Jahr später brachte sie der SPD-Vorsitzende August Bebel in den Reichstag ein - erfolglos. Pläne der Regierung, den § 175 auch auf Frauen auszuweiten wurden vom Ersten Weltkrieg und der Novemberrevolution gestoppt.

Die SPD setzt sich für die Abschaffung des § 175 ein, skandalisiert aber auch immer wieder Homosexualität, wenn es um reiche Menschen geht:

"Einerseits soll der § 175 abgeschafft werden, andererseits wird Homosexualität als 'widernatürliches Laster' stigmatisiert und als typisch für die höheren Klassen bezeichnet. Diese Widersprüchlichkeit könnte dadurch erklärt werden, dass die SPD Homosexualität in Kombination mit Kapital, was automatisch zur Korruption führe, verurteilt, aber im allgemeinen auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft ist und Homosexualität als natürlich ansieht. Im Allgemeinen sehe die Sozialdemokratie homosexuellen Verkehr nicht als Indikator einer dekadenten Gesellschaft im Zerfallsprozess, was seit der Antike ein geläufiges Bild war, sondern weise darauf hin, dass Homosexualität in allen Gesellschaften zu finden sei."[2]

Für den 1978 hauptsächlich von schwulen Jusos gegründeten Arbeitskreis gegen die Diskriminierung Homosexueller bürgerte sich schnell die Kurzform Schwusos ein. Sie waren vermutlich auch in Schleswig-Holstein aktiv; bisher liegen dazu jedoch keine Informationen vor. In den Jahren vor 2011 gab es sie in Schleswig-Holstein jedenfalls nicht mehr. 2011 wurde der AK vom Parteivorstand offiziell als Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule in der SPD (Schwusos) anerkannt und erhielt damit stärkeres Gewicht als zuvor.

Seit Mai 2011 existierte ein Lübecker Schwuso-Arbeitskreis, von dem der Impuls zur Wiedergründung auf Landesebene ausging. Am 26. August 2011 luden sie zu einem ersten landesweiten Treffen nach Lübeck ein. Dort übernahm eine fünfköpfige Orga-Gruppe die Vorbereitung des nächsten Treffens am 22. Oktober 2011 in Neumünster. Uli Poppe wurde zum Sprecher gewählt, René Reincke zum Stellvertreter. Am 12. August 2012 konstituierte sich die Landesarbeitsgemeinschaft auf der Gründungsversammlung in Neumünster.

Vorsitz

Am 12. August 2012 wurde Gerrit Politz (Neumünster) zum Landesvorsitzenden gewählt.

Die Mitgliederversammlung am 5. April 2014 bestätigte Gerrit Köhler, geb. Politz, im Amt.[3]

Seit 16. Januar 2016 ist Maik Grill Landesvorsitzender und wurde am 10. Februar 2018 und 11. Dezember 2021 im Amt bestätigt.

CSD Kampagnen

  • 2022 STADT-LAND-BUNT - RESPEKT FÜR DEINE VIELFALT
  • 2021 Zeit für ein Update
  • 2020 MEHR COMMUNITY WAGEN.

Namensänderung

Die Schwuso-Bundeskonferenz stimmte am 15. Oktober 2016 dafür, die Arbeitsgemeinschaft in SPDqueer - Arbeitsgemeinschaft der SPD für Akzeptanz und Gleichstellung umzubenennen.[4] Der Parteivorstand beschloss diese Umbenennung am 12. Dezember 2016.[5]

Die Gründe für die Umbenennung erläuterte Bundesvorsitzende Petra Nowacki:

"Heute sind etwa 25 % der Mitglieder in der AG Frauen sowie trans* und intergeschlechtliche Menschen oder Personen, die sich noch ganz anders bezüglich ihrer sexuellen Orientierung und/oder geschlechtlichen Identität definieren und gar nicht in irgendein Raster von schwul, lesbisch, bi, trans* oder inter einsortiert werden wollen. Im Vorstand ist die Arbeitsgemeinschaft quotiert. [...]
Die SPD ist die Partei der sozialen Inklusion. Da ist es klar, dass es nicht tragbar ist, einen exklusiven Namen zu führen, der viele Menschen ausschließt. Der Begriff Queer hat sich inzwischen im deutschsprachigen Raum als "Dachbegriff" in der Community etabliert. Wir verstehen ihn so, dass damit jede*r mit der jeweiligen ganz persönlichen Identität wahrgenommen wird und einbezogen ist, egal, ob er*sie sich selbst individuell als lesbisch, bi, trans, schwul, queer oder noch anders definiert."[5]

Die Landesarbeitsgemeinschaft nennt sich laut ihrer Website Arbeitsgemeinschaft der SPD für Akzeptanz und Gleichstellung (SPDqueer), Landesverband Schleswig-Holstein.

Links

Einzelnachweise

  1. Bernstein, Eduard: Die Beurtheilung des widernormalen Geschlechtsverkehrs, in: Die Neue Zeit 13.2.1895, S. 228-233.
  2. 2,0 2,1 Bergers, Hendrik: Der Fall Krupp. Ein Skandal der Homosexualität, 2013
  3. SPD Neumünster: Landeskonferenz der AG Lesben und Schwule in der SPD Schleswig-Holstein, 8.4.2014, abgerufen 21.6.2021
  4. Beschlussbuch Bundeskonferenz 2016, S. 3
  5. 5,0 5,1 Willkommen SPDqueer - Respekt für die Ära Schwusos, Presseinformation, 12.12.2016