Gewerkschaftshaus Eckernförde: Unterschied zwischen den Versionen
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Jonny Rohwer aus Innien schrieb später heimlich seine Erinnerungen an die Ereignisse auf:<blockquote>"Immer, wenn die Nazi in einer Stadt einen Aufmarsch hatten, gab es auf unserer Seite Tote, denn sie waren ja in der Übermacht. So möchte ich hier nur einen Fall anführen, der mir unvergeßlich bleibt. | Jonny Rohwer aus Innien schrieb später heimlich seine Erinnerungen an die Ereignisse auf:<blockquote>"Immer, wenn die Nazi in einer Stadt einen Aufmarsch hatten, gab es auf unserer Seite Tote, denn sie waren ja in der Übermacht. So möchte ich hier nur einen Fall anführen, der mir unvergeßlich bleibt. | ||
In Eckernförde hatten die Nazi eine Kundgebung. Von unserer Seite wurde die Polizei gebeten, genügend polizeilichen Schutz anzufordern, was aber kein Gehör fand. Nun hatten am selben Sonntag, es war im Juli oder August [[1932]], im | In [[Ortsverein Eckernförde|Eckernförde]] hatten die Nazi eine Kundgebung. Von unserer Seite wurde die Polizei gebeten, genügend polizeilichen Schutz anzufordern, was aber kein Gehör fand. Nun hatten am selben Sonntag, es war im Juli oder August [[1932]], im Gewerkschaftshaus zu Eckernförde die Funktionäre vom Landarbeiterverband eine Sitzung. Ohne jeden Anlaß stürmten die Nazi von hinten und vorne auf das Haus ein, das ganze Haus glich einem Trümmerhaufen. Der Erfolg war: Viele Schwerverwundete und zwei von unseren Kameraden wurden viehisch abgeschlachtet. Die Namen sind mir entfallen. Sie waren beide aus Angeln. Ein alter Genosse und ich sind beide mit dem Fahrrad von Innien nach Eckernförde und später nach Karby zur Beerdigung gefahren, wo 3000 Mann teilnahmen. Die Beerdigung wurde zur schönsten Kundgebung, die ich je erlebt habe. Es waren Arbeiter aus Hamburg-Barmbek, aus allen Orten und Städten Schleswig-Holsteins gekommen, ob Kommunisten oder Kameraden von der [[Eiserne Front|Eisernen Front]], alles durcheinander, alle brüderlich vereint. Ich habe geglaubt, jetzt wäre der Tag gekommen, wo das geeinte Proletariat unzertrennlich beieinanderbleiben wollte, aber es war leider nicht der Fall. | ||
Die Särge der toten Kameraden standen zwischen den Trümmern des Gewerkschaftshauses. Kameraden von der Sportriege gaben den Toten mit erhobenen Fäusten das Geleit zu den Autos, die unsere Toten in die Heimat nach Karby brachten. Unzählige Lastautos und Motorräder gaben das Geleit, Tausende umflorte Fahnen und Kränze wurden mitgeführt. Kommunisten in russischen Nationaltrachten trugen einen großen Kranz mit einer roten Schleife mit der Aufschrift: ''Unseren toten Reichsbannerkameraden ein letztes Rot-Front!''"<ref>Rohwer, Jonny: ''[https://geschichtewiki.aukrug.de/seite/Jonny_Rohwer Der Untergang des deutschen Proletariats]''</ref></blockquote>Im April [[1933]] verschleppten die Nazis eine ganze Reihe Personen der Arbeiterbewegung aus Eckernförde und nahmen sie in sogenannte "Schutzhaft". Bei der [[Maifeiertag (1. Mai)|Maifeier]] marschierte bereits die SS vorweg und die Gewerkschafter saßen in Schleswig im Gefängnis.<ref>Schunck, Karl-Werner: Richard Vosgerau - ein politischer Lebensbericht, in: Hamer, Kurt/Schunck, Karl-Werner/Schwarz, Rolf (Hrsg.): ''Vergessen + Verdrängt - Eine andere Heimatgeschichte'', Druckhaus Schwensen Eckernförde (1984), Seite 9ff</ref> Am [[2. Mai]] [[1933]] wurden die Gewerkschaften im ganzen Reich von den Nazis zerschlagen, die Gewerkschaftshäuser besetzt und die Vermögen entwendet. | Die Särge der toten Kameraden standen zwischen den Trümmern des Gewerkschaftshauses. Kameraden von der Sportriege gaben den Toten mit erhobenen Fäusten das Geleit zu den Autos, die unsere Toten in die Heimat nach Karby brachten. Unzählige Lastautos und Motorräder gaben das Geleit, Tausende umflorte Fahnen und Kränze wurden mitgeführt. Kommunisten in russischen Nationaltrachten trugen einen großen Kranz mit einer roten Schleife mit der Aufschrift: ''Unseren toten Reichsbannerkameraden ein letztes Rot-Front!''"<ref>Rohwer, Jonny: ''[https://geschichtewiki.aukrug.de/seite/Jonny_Rohwer Der Untergang des deutschen Proletariats]''</ref></blockquote>Im April [[1933]] verschleppten die Nazis eine ganze Reihe Personen der Arbeiterbewegung aus Eckernförde und nahmen sie in sogenannte "Schutzhaft". Bei der [[Maifeiertag (1. Mai)|Maifeier]] marschierte bereits die SS vorweg und die Gewerkschafter saßen in Schleswig im Gefängnis.<ref>Schunck, Karl-Werner: Richard Vosgerau - ein politischer Lebensbericht, in: Hamer, Kurt/Schunck, Karl-Werner/Schwarz, Rolf (Hrsg.): ''Vergessen + Verdrängt - Eine andere Heimatgeschichte'', Druckhaus Schwensen Eckernförde (1984), Seite 9ff</ref> Am [[2. Mai]] [[1933]] wurden die Gewerkschaften im ganzen Reich von den Nazis zerschlagen, die Gewerkschaftshäuser besetzt und die Vermögen entwendet. |
Version vom 29. Oktober 2024, 11:52 Uhr
Gewerkschaftshaus |
|
Vogelsang |
Eckernförde-Borby |
Das Gewerkschaftshaus Eckernförde existiert heute nicht mehr. Es befand sich in Borby Vogelsang, Ecke Petersberg.
Die Eckernförder Arbeiter versammeln sich in verschiedenen Gaststätten bevor ab 1912 das "Etablissement Germania" im Vogelsang Vereinslokal und später Gewerkschaftshaus wurde.[1]
Am 10. Juli 1932 fand im Gewerkschaftshaus eine Versammlung von 30-40 Landarbeitern statt als hunderte SA-Leute das Haus stürmen. Sie zerstörten die Einrichtung und verletzten Hinrich Junge und den Landarbeiter Johann Buhs mit Messerstichen und Schlägen so schwer, dass Hinrich Junge noch vor Ort starb. Johann Buhs starb am Tag darauf im Krankenhaus in Karby.[2]
Jonny Rohwer aus Innien schrieb später heimlich seine Erinnerungen an die Ereignisse auf:
"Immer, wenn die Nazi in einer Stadt einen Aufmarsch hatten, gab es auf unserer Seite Tote, denn sie waren ja in der Übermacht. So möchte ich hier nur einen Fall anführen, der mir unvergeßlich bleibt.
In Eckernförde hatten die Nazi eine Kundgebung. Von unserer Seite wurde die Polizei gebeten, genügend polizeilichen Schutz anzufordern, was aber kein Gehör fand. Nun hatten am selben Sonntag, es war im Juli oder August 1932, im Gewerkschaftshaus zu Eckernförde die Funktionäre vom Landarbeiterverband eine Sitzung. Ohne jeden Anlaß stürmten die Nazi von hinten und vorne auf das Haus ein, das ganze Haus glich einem Trümmerhaufen. Der Erfolg war: Viele Schwerverwundete und zwei von unseren Kameraden wurden viehisch abgeschlachtet. Die Namen sind mir entfallen. Sie waren beide aus Angeln. Ein alter Genosse und ich sind beide mit dem Fahrrad von Innien nach Eckernförde und später nach Karby zur Beerdigung gefahren, wo 3000 Mann teilnahmen. Die Beerdigung wurde zur schönsten Kundgebung, die ich je erlebt habe. Es waren Arbeiter aus Hamburg-Barmbek, aus allen Orten und Städten Schleswig-Holsteins gekommen, ob Kommunisten oder Kameraden von der Eisernen Front, alles durcheinander, alle brüderlich vereint. Ich habe geglaubt, jetzt wäre der Tag gekommen, wo das geeinte Proletariat unzertrennlich beieinanderbleiben wollte, aber es war leider nicht der Fall.
Die Särge der toten Kameraden standen zwischen den Trümmern des Gewerkschaftshauses. Kameraden von der Sportriege gaben den Toten mit erhobenen Fäusten das Geleit zu den Autos, die unsere Toten in die Heimat nach Karby brachten. Unzählige Lastautos und Motorräder gaben das Geleit, Tausende umflorte Fahnen und Kränze wurden mitgeführt. Kommunisten in russischen Nationaltrachten trugen einen großen Kranz mit einer roten Schleife mit der Aufschrift: Unseren toten Reichsbannerkameraden ein letztes Rot-Front!"[3]
Im April 1933 verschleppten die Nazis eine ganze Reihe Personen der Arbeiterbewegung aus Eckernförde und nahmen sie in sogenannte "Schutzhaft". Bei der Maifeier marschierte bereits die SS vorweg und die Gewerkschafter saßen in Schleswig im Gefängnis.[4] Am 2. Mai 1933 wurden die Gewerkschaften im ganzen Reich von den Nazis zerschlagen, die Gewerkschaftshäuser besetzt und die Vermögen entwendet.
Links
- Matthiae, Astrid: In dütt komodige Familjenbad…, Hörbuch (Hamburg 1999)
Einzelnachweise
- ↑ SPD Eckernförde: Die Geschichte der Sozialdemokratie und des Ortsvereins Eckernförde, abgerufen 19.12.2022
- ↑ Matthiae, Astrid: In dütt komodige Familjenbad… Kapitel 5ff., Hamburg 1999
- ↑ Rohwer, Jonny: Der Untergang des deutschen Proletariats
- ↑ Schunck, Karl-Werner: Richard Vosgerau - ein politischer Lebensbericht, in: Hamer, Kurt/Schunck, Karl-Werner/Schwarz, Rolf (Hrsg.): Vergessen + Verdrängt - Eine andere Heimatgeschichte, Druckhaus Schwensen Eckernförde (1984), Seite 9ff