Ortsverein Dänischenhagen
Der Ortsverein Dänischenhagen wurde offiziell am 24. Januar 1892 gegründet. Er gehört heute dem Kreisverband Rendsburg-Eckernförde an.
Das Sozialistengesetz
Am 21. Oktober 1872 erließ die Regierung Bismarck das "Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie" ("Sozialistengesetz"). Damit war die "Sozialdemokratische Arbeiterpartei", aus der die SPD entstanden ist, verboten. Ihre Funktionäre wurden, so man sie fassen konnte, ins Gefängnis geworfen. Die Parteigenossen und ihre Anhänger mußten, wenn sie für die Idee weiter arbeiten wollten, in den Untergrund gehen. Sie erduldeten Ausgrenzung, Unterdrückung und Gefängnis. Sie wurden als Spinner geächtet, erhielten keine Anstellung mehr, Nachbarn, Freunde und Verwandte durften und wollten nichts mehr mit ihnen zu tun haben. Sie ertrugen das alles und mehr, damit es allen Menschen besser gehen sollte, auch denen, die ihnen das antaten. Ein Politikverständnis, das wir in unserem Wohlstand kaum noch nachvollziehen können.
Auch in Dänischenhagen und Umgebung gewann über die Jahre die sozialdemokratische Idee an Einfluss. So berichtete der zuständige Amtsmann Pomnitz aus Postkamp in einem seiner vierteljährlichen Pflichtberichte an den königlichen Landrat in Eckernförde:
- "Ein Agitator (Aufklärer) namens Böheim aus Sachsen und Agenten aus Kiel und Altona haben mit ihren verderblichen Lehren der Sozialdemokratie erreicht, daß viele ländliche Bewohner bei der letzten Reichstagswahl ihre Stimme dem Sozialdemokraten Kluehs aus Elmshorn gegeben haben."
Als einer der örtlichen Anführer wurde der Pantoffelmacher Weizensee in Scharnhagen denunziert, der schon bald darauf seinen Heimatort verlassen mußte. Trotz intensiver Schnüffelei gelang es dem Ortsgendarmen aber nicht, weitere Sozialdemokraten anzuzeigen. Lediglich durch Verhör der Postboten konnte festgestellt werden, daß einige Arbeiter, die auf dem Gut Knoop wohnten, Abonnenten der Zeitung Der Sozialdemokrat waren. Von Hausdurchsuchungen bei "verdächtigen" Personen habe man bisher Abstand genommen.
Eine Idee setzt sich durch
Das Sozialistengesetz wurde aufgehoben. Trotz massiver Einschüchterung und Unterdrückung mietete der "Gleichmacher" Kappel aus Kiel für den 24. Januar 1892 den Saal der Witwe Soll (heute Gasthof "Zur Linde") für eine öffentliche Versammlung der SPD an. Aus Hamburg kam der Genosse Lafrenz, um über das "Gesetz zur Kranken-, Invaliditäts- und Altersversicherung" zu sprechen. Außer Arbeitern aus Dänischenhagen und den umliegenden Orten besuchten auch Schlosser und Torpedoarbeiter aus Friedrichsort diesen Vortrag.
Nach dem Referat von Lafrenz sollten Delegierte für den kommenden Parteitag in Neumünster gewählt werden. Dies war ein nicht ungefährliches Unterfangen, da auch der Gutsbesitzer und Amtsvorsteher auf Uhlenhorst, Juan Clausen, in der Versammlung anwesend war. Umgehende Arbeitslosigkeit wäre das Mindeste gewesen, mit dem die Verwegenen, die sich hätten wählen lassen, bestraft worden wären. So kam man überein, dass Dänischenhagen auf dem Parteitag in Neumünster durch die Delegierten aus Friedrichsort vertreten werden sollte.
Die rote Fahne
Seitdem war die SPD in Dänischenhagen vertreten - nicht offiziell, aber in den Köpfen und Herzen der Menschen.
Ein Beispiel dafür bietet der Malermeister Carl Albrecht aus Dänischenhagen. Der schon erwähnte Amtsvorsteher Clausen berichtete an den königlichen Landrat die "empörende Tatsache", dass der Malermeister am 1. Mai 1892 an seinem Haus eine rote Fahne gezeigt habe. Carl Albrecht wurde daraufhin wegen "Verübung gröbsten Unfugs" mit 15 Mark Ordnungsstrafe belegt.
Da 15 Mark damals kein Pappenstiel waren, legte Albrecht Widerspruch ein. Der Ausgang der Verhandlung ist nicht bekannt. Wir können aber heute nur mit Mühe nachvollziehen, welche Überzeugung und Standfestigkeit und welchen Mut Albrecht für dieses Vorgehen aufgebracht haben muss.
Quelle
- Hans-Eberhard Bürger: Dänischenhagen. In: Kreis-Info Rendsburg-Eckernförde. Rückblick auf das 150jährige Parteijubiläum (Rendsburg, o. J.)