Friedenspolitik

Aus SPD Geschichtswerkstatt

Die Friedenspolitik hat in der SPD Schleswig-Holstein immer wieder eine Rolle gespielt. Zu jeder Zeit, hat sich der Landesverband in die Lösung der aktuellen Konflikte eingemischt und zum Teil deutlichen Einfluss auf die Politik der Gesamtpartei gehabt.

Der Kalte Krieg

In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg spielte zunächst der Ost-West-Konflikt eine bestimmende Rolle und ein Faktor dabei war die Deutsche Teilung. Die SPD Schleswig-Holstein war eine der treibenden Kräfte in der Deutschlandpolitik, die auf Egon Bahrs Politik des "Wandels durch Annäherung" basierte. Die Eutiner Erklärung unterstützte bereits 1966 diesen Kurs. Mit ihr gab die SPD Schleswig-Holstein der Diskussion über den Umgang mit der DDR innerhalb der Gesamtpartei einen starken Impuls

Im Frühjahr 1972 kam es auf Steffens Initiative zu einer deutsch-dänischen Konferenz zum Thema Friedenspolitik. Gäste waren der dänische Regierungschef Jens Otto Krag und Bundeskanzler Willy Brandt. Entspannung war in der Ostpolitik mittlerweile offizieller Regierungskurs geworden. Ihr Architekt Egon Bahr wurde schleswig-holsteinischer Bundestagsabgeordneter.

In den Auseinandersetzungen über den NATO-Kurs der Schmidt-Regierung Anfang der 1980er Jahre, war die SPD Schleswig-Holstein Teil der Friedensbewegung. Sie rief zu den Friedensdemostrationen auf[1] und forderte Schulfrei[2] dafür. In einigen Gemeinden beantragte die SPD, ihre Kommune zur Atomwaffenfreie Zone zu erklären. 1981 reisen die Jusos unter ihrem Bundesvorsitzenden und späteren SPD-Landesvorsitzenden Willi Piecyk in die DDR und die UdSSR, um über Abrüstung zu sprechen.

Neuordnung nach dem Fall der Mauer

Nach dem Fall der Mauer 1989 schien der Ost-West-Konflikt beendet. Die deutsche Außenpolitik machte sich auf die Suche nach einer neuen Linie. Der Landesparteitag 1990 beschloss Pläne zu Konversion, die sich nun vor allem darum sorgten, was aus den Kommunen würde, wenn die Bundeswehr nach und nach abgebaut würde:

"Wir wollen rasch deutliche Abrüstungsschritte durchsetzen. Eine stabile gesamteuropäische Friedensordnung ist nur denkbar, wenn eine neue politische Sicherheitsstruktur die bisherige militärische Konfrontation ablöst."[3]

Anfang der 1990er stand dazu eine Grundgesetzänderung auf der Tagesordnung, die Einsätze der Bundeswehr außerhalb des Bündenisgebietes der NATO ermöglichen sollte. Zu dieser Zeit war Björn Engholm Bundesvorsitzender der SPD und vor der Diskussion über dieses Thema auf dem Bundesparteitag in Bremen 1991 berichtet die ZEIT:

"Deutsche Soldaten oder Grenzschützer unter den blauen Helmen der Vereinten Nationen, an explosiven Orten in der Welt, zur Sicherung des Friedens durch bloße Anwesenheit, aber nur ja nicht mit Waffen - das passe in sein sozialdemokratisches Weltbild, bekannte Engholm, das sei "klassische Fortführung unserer Friedenspolitik". Aber ein Mitmischen bei Schießereien und Kämpfen irgendwo in Afrika, in Südamerika oder im Nahen Osten, nur weil einige Kritiker den Deutschen während des Golfkrieges Feigheit vor Saddam nachgerufen hätten? Egal, ob ein Uno-General Kommando führe oder, wie in Kuweit, ein Amerikaner namens Norman Schwarzkopf - "das ist nicht meine Position", bekannte Engholm fest."[4]


Nach 9/11

Am 11. September 2001 wurden vier koordinierte Flugzeugentführungen mit anschließenden Selbstmordattentaten auf wichtige zivile und militärische Gebäude in den USA durchgeführt. Ca. 3000 Menschen kamen dabei ums Leben. Bundeskanzler Gerhard Schröder sprach den USA die "uneingeschränkten Solidarität" Deutschlands aus. Bundespräsident Johannes Rau dagegen sagte: "Hass zerstört die Welt und Hass vernichtet Menschen. Darum geht es überall […]: Dem Hass zu widerstehen und der Nächstenliebe Raum zu schaffen. Wer nicht hasst, sagt auch Nein zur Gewalt. Wer Nein zu Gewalt sagt, macht das Leben unserer Kinder erst möglich."[5] Der Tag gilt als Zäsur.

Nur knapp einen Monat später, am 13. Okotber 2001 fand ein Landesparteitag in Norderstedt statt. Die Delegierten beschlossen eine Resolution mit dem Titel "Kein Kampf der Kulturen, sondern Kampf um die Kultur im 21. Jahrhundert". Die Resolution unterstützt den Krieg in Afghanistan, um gegen "Urheber und Hintermänner, gegen Auftraggeber und Drahtzieher der Attentate und ebenso gegen Staaten, die den terroristischen Verbrechern Unterstützung und Unterschlupf gewähren" vorzugehen. Gleichzeitig fordert der Landesparteitag aber auch ein "umfassendes politisches, ökonomisches und kulturelles Konzept, das dem Terrorismus seinen Nährboden entzieht."[6]

"Es geht jetzt nicht um einen Kampf der Kulturen, sondern wir führen einen Kampf um die Kultur in einer immer mehr zusammenwachsenden Welt. Der Kampf gilt dem Terrorismus, nicht dem Islam. Auch wir werden im Rahmen unserer politischen Verantwortung im Bund, im Land sowie in den Kreisen, Städten und Gemeinden in Schleswig-Holstein dafür eintreten, dass unsere muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger gegen Anfeindungen und Übergriffe geschützt werden. Sie sind unsere Nachbarn, Kollegen und im privaten Bereich unsere Freunde. Die Anschläge von New York und Washington waren schreckliche Verbrechen fanatischer Fundamentalisten; sie missbrauchen den Islam als Motiv für ihren Terrorismus. Wir werden den Dialog mit allen friedliebenden Muslimen in unserem Land verstärken und zum Verständnis für die unterschiedlichen Religionen beitragen."[7]

Afghanistan

Die rot-grüne Bundesregierung Anfang der 2000er beteiligte sich am Afghanistan-Einsatz. Die Bundeswehr sollte sich um die Sicherung der Hauptstadt Kabul kümmern. Eine Ausweitung des Einsatz ohne UN-Mandat lehnte die SPD Schleswig-Holstein ab.[8] 2008 forderte sie knapp, den Afghanistan-Einsatz zu beenden.[9] Nach einem Positionspapier des SPD-Parteivorstandes, schlug die SPD Schleswig-Holstein vor, sich dem Abzugsplan der USA anzuschließen und zwischen 2011 und 2015 alle Truppen abzuziehen. Darüberhinaus sollte Afghanistan aber weiterhin darin unterstützt werden, staatliche Strukturen aufzubauen und analog des europäischen KSZE-Prozesses forderte sie die Vereinten Nationen auf, unter Beteiligung der USA, Russlands, Chinas, Indiens, Pakistan, Afghanistans und anderer regionaler Staaten Verhandlungen für eine Friedensordnung in Zentralasien zu initiieren und zu begleiten.[10]

Schröders Nein zum Irak-Krieg

Unter hohem internationalem Druck sagten Bundeskanzler Gerhard Schröder und die rot-grüne Bundesregierung "Nein" zum Irak-Krieg. Unterstützt wurde dieser Kurs von der SPD in Schleswig-Holstein. Der Landesparteitag 2003 beschloss:

"[..] Es geht in dieser Auseinandersetzung darum, ob die Staaten der UNO den Mut, die Kraft und das Selbstbewusstsein haben, dem Ressourcenkrieg der USA zu trotzen. Es geht um die Frage, ob die UNO die Instanz ist, die letztendliche Entscheidungen über Maßnahmen gegen ein Land beschließt oder ob sie vor dem Druck einer Supermacht zurückweicht. Ziel muss die unbedingte Stärkung der UNO sein. Ein von den USA ohne Legitimation durch die UNO durchgeführter Präventiv- Krieg widerspricht dem Völkerrecht. Es kann von deutscher Seite auch aufgrund der grundgesetzlichen Regelungen keine Unterstützung für einen völkerrechtswidrigen Angriff der USA auf den Irak geben. Das heißt auch, mittelbare Unterstützungsleistungen wie Überflugrechte u.ä. dürfen von Deutschland nicht ausgehen. [..]"[11]

Neuausrichtung seit 2014

Nach Äußerungen der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), dem Bundespräsidenten Joachim Gauck und dem Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2013 startete die SPD Schleswig-Holstein einen breiten Diskussionsprozess unter dem Titel "Friedenspolitik heute". Der Landesvorstand beschloss auf seiner Sitzung am 12. Mai 2014 eine Diskussionsgrundlage[12]. Gedruckte Versionen gingen an alle Gliederungen und auch online konnte diskutiert werden. Am 28. Juni - exakt 100 Jahre nach dem Attentat von Sarajevo, welches den 1. Weltkrieg auslöste - fand eine Konferenz in der Businesslounge der Sparkassenarena in Kiel statt. Eingeladen waren unter anderem Frank-Walter Steinmeier, Heidemarie Wieczorek-Zeul und Egon Bahr. In drei Foren wurde über verschiedene Aspekte der Friedenspolitik diskutiert. Die Anregungen fließen dann in das Positionspapier ein, das auf dem Landesparteitag 2014, Lübeck beschlossen werden soll. Im Dezember 2015 sollte das Papier dann auf dem Bundesparteitag beschlossen werden.

Quellen