Bernhard Rausch

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Bernhard Rausch
Bernhard Rausch
Bernhard Rausch
Geboren: 4. Dezember 1887
Gestorben: 25. September 1981

Bernhard Rausch, * 4. Dezember 1887 in Lyk (Westpreußen), heute zu Polen gehörig; † 1981 in Wennigsen (Deister][1]; Journalist. Mitglied der SPD von ? bis 1923.

Leben & Beruf

Über den Werdegang von Bernhard Rausch ist wenig bekannt. Er war wohl Akademiker und Pädagoge. Vor dem 1. Weltkrieg betätigte er sich als sozialistischer Wanderlehrer. Im Krieg diente er als Reserveleutnant der Artillerie an der Westfront.[2] Im letzten Kriegsjahr kam ihm die Erkenntnis: "Es ist genug mit diesem Krieg!".

Nach seiner Beteiligung an der Novemberrevolution in Kiel setzte jedoch relativ bald eine Veränderung seiner Haltung ein, die ihn schließlich ganz nach rechts führte - ob aus Überzeugung oder Opportunismus, lässt sich wohl nicht mehr klären.

Von 1940 bis 1943 war er als Hauptmann der Luftwaffe im Oberkommando der Wehrmacht, Abt. Wehrmachtsverlustwesen, tätig und in Stalingrad eingesetzt. Sein letzter bekannter Dienstgrad war Major. Wie und wo er das Kriegsende erlebte, ist nicht bekannt.

1951 war er für sechs Monate ERP-Angestellter (?) am Institut für Völkerrecht[1] - an welchem, ist nicht bekannt, auch nicht, ob diese Tätigkeit tatsächlich im Zusammenhang mit dem Marshallplan (ERP=European Recovery Program) der USA stand. Weiteres konnte zu seinem Leben nach der NS-Herrschaft bisher nicht in Erfahrung gebracht werden - auch nicht, wie es kam, dass er seinen letzten Lebensabschnitt in Wennigsen verlebte, wo 1945 die SPD wiedergegründet worden war.

Partei & Politik

Wie sein Weg nach Kiel führte, ist nicht bekannt. 1918 wurde er dort zunächst Redakteur, dann als Nachfolger von Eduard Adler Chefredakteur der Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung.[3]

Titelbild der Rausch-Broschüre
Titelbild der Popp-Artelt-Broschüre

Er beteiligte sich am Kieler Arbeiter- und Matrosenaufstand und verfasste noch im November 1918 die Broschüre Am Springquell der Revolution. Die Kieler Matrosenerhebung. Im Vorwort hieß es:

"In dieser Schrift wird die erste zusammenfassende Darstellung des Kieler Matrosenaufruhrs gegeben. Sie umfasst die Ereignisse vom Ursprung der Erhebung bis zur Bestattung der Revolutionsopfer."

Sie erschien bei Chr. Haase u. Co, dem Parteiverlag der SPD.

Als Reaktion darauf veröffentlichten der USPD-Politiker und erste Vorsitzende des Kieler Soldatenrats, Lothar Popp, unter Mitarbeit von Karl Artelt im Dezember 1918 die Schrift Ursprung und Entwicklung der November-Revolution 1918. Wie die deutsche Republik entstand. Dort heißt es im Vorwort:

"Vorliegende Broschüre stellt eine kurze Zusammenfassung und Schilderung der revolutionären sozialistischen Bewegung der letzten Zeit in Kiel dar. Sie schildert den tatsächlichen Verlauf der Ereignisse und zeigt vor allem die historische Rolle, die die Unabhängige Sozialistische Partei bei den Ereignissen gespielt hat."

Schon hier nahm die Auseinandersetzung um die Deutungshoheit über die Ereignisse ihren Anfang.[4]

1919 verließ Bernhard Rausch Kiel und folgte Gustav Noske als persönlicher Referent nach Berlin.[5] Für den Wahlbezirk Schleswig-Holstein nahm er im April 1919 als Delegierter am 2. Reichsrätekongress in Berlin teil; er war Schriftführer für die MSPD-Fraktion. [6]

Nach Niederschlagung des Kapp-Lüttwitz-Putsches ernannte Reichspräsident Friedrich Ebert den Sozialdemokraten Christian Stock zum parlamentarischen Staatssekretär und stellvertretenden Reichswehrminister, Bernhard Rausch zum Unterstaatssekretär und Stellvertreter von Christian Stock. Beide, so Christian Lübcke,

"waren nicht nur die Köpfe eines Untersuchungsausschusses über das Verhalten von Offizieren während des Putsches, sondern auch von dem Wunsch getrieben, alles zu tun, um einen weiteren Putsch zu verhindern und die Armee zu demokratisieren".

Bernhard Rausch plante die Einführung eines Lehrheftes mit dem Titel Soldat und Verfassungstreue. Dieses Lehrheft sollte jeder Reichswehrangehörige erhalten. Reichswehrminister Otto Geßler lehnte die Verbreitung des Heftes jedoch ab. Daraufhin räumte Bernhard Rausch am 31. Mai 1920 seinen Posten.[2] Sein Rücktritts-Schreiben wurde damals von mehreren Zeitungen veröffentlicht. Darin heißt es u.a.:

"Es ist heute schlimmer als je zuvor. Gewiss gibt es in der Truppe und namentlich im Reichswehrministerium eine ganze Anzahl einsichtsvoller, loyal denkender Offiziere, die hohe Achtung und absolutes Vertrauen verdienen. In der Masse sind sie aber weiße Raben und bedeutungslos gegenüber der geschlossenen Phalanx einer bewussten, staatsfeindlichen Reaktion. Aus zahlreichen Einzelerfahrungen bin ich zu der Erkenntnis gelangt, dass verfassungstreue republikanische Elemente nun erst recht, konsequent und zäh, in bewusster und unbewusster Solidarität aus der Reichswehr entfernt werden und daß demgegenüber die Zentralstelle zurzeit so gut wie machtlos ist."[7]

Danach hatte Bernhard Rausch Redakteursposten bei verschiedenen Zeitungen, u.a. bei der Deutschen Allgemeinen Zeitung.

1923 trat er aus der SPD aus.[8] Politisch vollzog er einen Schwenk nach rechts: In den folgenden Jahren nahm er führende Funktionen im Stahlhelm - Bund der Frontsoldaten ein (einem Wehrverband, der der demokratiefeindlichen Deutschnationalen Volkspartei DNVP nahestand), später dann bei den Nationalsozialisten, wo er der SA angehörte.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Nachlass Major Rausch, ebay-Angebot, Datum?
  2. 2,0 2,1 Lübcke, Christian: Versuche der Bindung der Reichswehr an die Weimarer Republik in den Jahren 1919 bis 1921 - II. Teil: Neue Forschungen zur Reichswehr, portal-militärgeschichte.de, veröff. 12.12.2022
  3. VZ, 16.6.1927
  4. Beide Broschüren sind, zusammen mit Wilhelm Brecours Geschichte der SPD von 1932, unter dem Titel Zur Geschichte der Kieler Arbeiterbewegung (Kiel 1983) als Nachdruck bei der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte erschienen.
  5. Lübcke, Christian: Ein Versuch zur Demokratisierung der Reichswehr. Bernhard Rauschs Vorschläge für eine Staatsbürgerliche Unterrichtung, 1919-1920. In: Braune, Andreas/Eisbach, Sebastian/Noak, Ronny (Hrsg.): Bildung und Demokratie in der Weimarer Republik (Stuttgart 2022), S. 95-109
  6. Roß, Sabine: Biographisches Handbuch der Reichsrätekongresse 1918/19 (Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 11, Düsseldorf 2000)
  7. Berliner Börsenzeitung Nr. 231, 1.6.1920
  8. VZ, 5.11.1923