Kieler Gewerbeverein

Aus SPD Geschichtswerkstatt

Der Kieler Gewerbeverein war ein bürgerlicher Bildungsverein, insbesondere für Arbeiter. Er gehörte dem 1863 gegründeten Vereinstag Deutscher Arbeitervereine an, schied jedoch 1868 unter Protest gegen das beschlossene politische Programm diesem aus.[1]

Der Verein wurde von Angehörigen des Bürgertums geführt, die damit das Ziel verfolgten, den Arbeitern zu einer angemessenen Bildung zu verhelfen, damit diese selbst in den gebildeten und besitzenden kleinen Mittelstand aufsteigen konnten. Als Zweck des Vereins wurde angegeben: „Belehrung der Mitglieder durch Bibliothek, Lesen wissenschaftlicher Blätter und abendliche Zusammenkünfte in dem Conversationszimmer.“

Das Kieler Adressbuch 1869 führte ihn unter Gemeinnützige Anstalten und Institute dreimal auf, erstmals auf S. 241, außerdem noch als „Sociale Gesellschaft“ (S. 247) und als Gesangsverein“ (S. 249).

Er hatte seinen Sitz in der Faulstraße 32 und in der Küterstraße 5, hier unterhielt er auch eine Gewerbeschule mit „vier Klassen, Unterrichtsstunden an jedem Abend und an den Sonntagen: wöchentlich einmal Vorträge. Unterrichtsgegenstände: deutsche Sprache, Rechnen, Freihandzeichnen, Bauzeichnen, Perspective, Geometrie, Stereometrie, Algebra, Physik, Constructionslehre.“

In diesem Verein hielt Carl Georg Allhusen zwischen 1849 und 1854 Vorträge zu frühsozialistischen Ideen von Étienne Cabet und Robert Owen, vermutlich bot er hier auch von ihm übersetzte und publizierte Werke radikaldemokratischer, sozialkritischer und kommunistischer Natur zur Lektüre an.

Parallel zum ADAV war 1863 auch der unpolitische Vereinstag Deutscher Arbeitervereine (VDAV) gegründet worden, dem Arbeiterbildungsvereine aus dem ganzen deutschen Sprachraum angehörten. Der fünfte Vereinstag 1868 beschloss jedoch ein politisches Programm, gegen das sich der Widerstand der Minderheit formierte. Für den Kieler Verein, der zusammen mit dem norddeutschen Gauverband 530 Mitglieder vertreten haben soll, unterschrieb den Protest der Schneidermeister A. Christiansen[2]. Das Demokratische Wochenblatt, das offizielle Organ des VDAV, bestritt jedoch, dass der Kieler Verein überhaupt stimmberechtigtes Mitglied sei. Es folgte (widersprüchlich zu den Ausführungen kurz davor!) eine Liste von Vereinen, die wegen des neuen Kurses ausgetreten seien, darunter Kiel (sowie im Norden weiter Altona und Tondern).[3]

  1. Demokratisches Wochenblatt, 26.9.1868, S. 308 f.
  2. Für den Gewerbeverein führt das Kieler Adressbuch von 1869, S. 241, A. Christiansen als Vorsitzenden auf.
  3. Demokratisches Wochenblatt, 26.9.1868, S. 308 f.