Kurt Engert
Kurt Engert |
Kurt Engert, * 31. Mai 1908 im Kreis Waldenburg/Schlesien; † 30. November 1984 auf einer Urlaubsreise in Jugoslawien; Verwaltungswissenschaftler, Sozialdezernent. Verheiratet. Mitglied der SPD[1] - seit wann, ist noch nicht ermittelt.
Werdegang
Kurt Engert wuchs in Breslau auf, durchlief eine kaufmännische Lehre und eine Ausbildung zum Bankbeamten. 1926 trat er in den gehobenen Dienst der Stadtverwaltung Breslau ein. Sein nebenberufliches Studium musste er als engagierter Sozialdemokrat 1933 abbrechen. Von 1940 bis 1945 war er zum Kriegsdienst einberufen.
1946 übernahm er bei der Stadtverwaltung Bayreuth die Leitung mehrerer Ämter; vorher soll er bereits in Darmstadt tätig gewesen sein. 1950 nahm er sein Studium wieder auf und legte an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer am 25. November 1952 die große Staatsprüfung für den höheren Verwaltungsdienst mit dem bestmöglichen Prädikat ab.[2]. Danach wurde er vom Bundesinnenministerium in Bonn als Regierungsassessor angenommen. Diese Laufbahn brach er ab, als er im November 1953 zum Nachfolger des in den Ruhestand getretenen Kieler Sozialdezernenten Friedrich Mandelkow gewählt wurde.[3].
Sein Hobby war das Reiten, und er musste sich gelegentlich Scherze über sein "halbes" Reitpferd gefallen lassen[4] oder hinnehmen, dass der Oberbürgermeister seine Abschiedsrede mit einem populären Schlager aus seiner Jugendzeit beendete: "Reite, kleiner Reiter, reite weiter."[5] Da er über sehr viel Humor verfügte[6], war das kein Problem.
Stadtrat in Kiel
Das Amt des Kieler Sozialdezernenten bekleidete Kurt Engert bis Anfang 1972. Am 4. Januar 1972 wurde er in den Ruhestand verabschiedet.[7] Dabei bewies er einmal mehr seine menschliche Grundhaltung, denn er wünschte sich statt Blumen und Geschenken Spenden für die Kieler Mütterschule.[8] Seine Einstellung zu Kiel fasste er in dem Satz zusammen: "Ich bin zwar nicht in Kiel, aber für Kiel geboren."[9]
In seiner Amtszeit, die er nach der Einschätzung der Kieler Nachrichten "mit ungewöhnlichem Engagement"[10] ausfüllte, bewirkte er
- die Errichtung zahlreicher moderner Alten- und Pflegeheime,
- den Ausbau des Jugendhofes Hammer und Ergänzung durch ein Kleinstkinderheim,
- den Bau von Kindertagesheimen, Jugendheimen und Kinderspielplätzen
- die Eröffnung von "Häusern der offenen Tür" in vielen Stadtteilen, vor allem in den noch vorhandenen Baracken- oder Obdachlosensiedlungen,
- die Einführung des psychologischen Dienstes beim Jugendamt und
- die verstärkte Arbeit für Menschen, vor allem Kinder, mit Behinderung.[11]
Dazu könnte man den Kieler Altenkarneval nennen, bis heute eine beliebte Veranstaltung, die er Anfang der 1960er Jahre in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Kieler Karneval ins Leben rief[12] und an der jedesmal Hunderte von alten Menschen teilnahmen.
Ehrenamtliches Engagement
1954 übernahm Kurt Engert ehrenamtlich die Leitung der Stiftung Kieler Stadtkloster. Seine Leistung fasste der Vorstand der Stiftung in seiner Traueranzeige zusammen:
- "[Damals] bestand sie nur aus dem Stammhaus Harmsstraße. Heute gehören zum "Kloster" zehn Heime, in denen sich alte und pflegebedürftige Menschen zu Hause fühlen. Sein Werk fand bundesweit Anerkennung und setzte beispielgebende soziale Maßstäbe."[13]
In seinem Ruhestand übernahm er zudem den Vorsitz im Verein zur Förderung geistig behinderter Kinder, Jugendlicher und Erwachsener und gab dort den Anstoß für die Gründung der Tagesbildungsstätte "Haus Schön" und der "Werkstatt am Drachensee"[14], der Keimzelle der heutigen Stiftung Drachensee.
Kurt Engert vererbte sein gesamtes privates Vermögen einschließlich Grundbesitz dem Kieler Stadtkloster.[15].
Ehrungen
- Zu seinem 65. Geburtstag, dem 31. Mai 1973, wurde ihm das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen.[16]
- Die Stiftung Kieler Stadtkloster benannte das nach seinen Vorstellungen konzipierte Alten- und Pflegeheim in Kiel-Holtenau nach ihm.
Stimmen
Oberbürgermeister Günther Bantzer bescheinigte Kurt Engert in seiner Abschiedsrede[17]
- "eine humanitäre Lebensbilanz, die von der Idee und dem Inbegriff des Wortes "sozial" geprägt und innerlich erfüllt ist. Für Sie war das Wort "sozial" [...] Ausdruck einer tiefempfundenen Lebensauffassung, [...] engagierter, ungekünstelter Menschlichkeit, [...] eines von Herzlichkeit getragenen Gefühls für Gerechtigkeit, Ausdruck innerer Bereitschaft zu helfen [und] steten Bemühens, unermüdlicher Einsatzfreudigkeit und kämpferischen Elans, die Gesellschaft menschlicher zu gestalten. [...]
- Sie haben sich bis zur Grenze ihrer psychischen und physischen Leistungsfähigkeit für die Sozialpolitik in unserer Stadt eingesetzt [und] den gesellschaftlichen Auftrag mit viel Einfühlungsvermögen und Verständnis in den Gesamtzusammenhang städtischen Wirkungsgefüges eingeordnet. [...]
- Sie verkörperten die Nahtstelle zwischen öffentlicher und privater Fürsorge und harmonisierten öffentliche und private Sozialpolitik. [Wenn] es galt, im Magistrat und in der Ratsversammlugn Ziele durchzufechten, die Sie sich gesetzt hatten[,] entwickelten Sie ein persönliches Geschichk, Ihre Kollegen von der Richtigkeit Ihrer Entscheidungen zu überzeugen, das hin und wieder verblüffte. Es waren eigentlich immer Ihre Persönlichkeit und die damit verbundene Herzlichkeit, die Sie in die Waagschale warfen, wenn alle Sachargumente nicht ausreichten [...]. Wer Sie in den Magistratssitzungen beobachtete, konnte aber auch feststellen, daß Sie bereit waren, um die Verwirklichung Ihrer Vorstellungen zu kämpfen, ja sogar lautstark und manchmal mit Zorn [...]. Das waren ernstzunehmende, aber zugleich auch herzerfrischende Attacken, die niemals ins Polemische oder Demagogische ausglitten. Wer diese Höhepunkte erlebte, spürte jene gesunde Autorität, mit der Sie meisterlich zu fechten verstanden. Das war zwar immer von einem großen Ernst getragen, und doch mit einem Stich Humor gewürzt [...].
- Sie selbst sind in die Wohnungen der Bedrängten, der Hilfesuchenden, der Alten gegangen, haben dort mit den Bürgern gesprochen, und jeder hatte das Gefühl und fand später die Bestätigung, daß er mit einem Mann Kontakt gefunden hatte, der nicht nur Worte machte, sondern der auch bereit war, das, was er sagte, in die Tat umzusetzen. Manchmal mußten Sie sich auch zu unbequemen und unpopulären Äußerungen durchringen. Da diese aber immer getragen waren von der sozialpolitischen Verantwortung, vom Leitgedanken, Hilfe zur Selbsthilfe zu gewähren und Ihre Äußerungen stets verbindlich klangen, fanden sie auch dann Zustimmung und Anerkennung, wenn sie mit einem "Nein" verbunden waren."
Quellen
- ↑ Er arbeitete für Kiel, Kieler Nachrichten, 30.5.1973
- ↑ 40 Jahre im Dienst der Öffentlichkeit, Kieler Nachrichten, 26.7.1966
- ↑ Neuer Sozial-Stadtrat gewählt, Schleswig-Holsteinische Volkszeitung, 20.11.1953
- ↑ "Ich bin für Kiel geboren", Kieler Nachrichten, 26.7.1966
- ↑ Abschiedsrede von Oberbürgermeister Günther Bantzer, 4.1.1972, Stadtarchiv Kiel
- ↑ Er war bekannt als Mann mit Herz, Tatkraft und Humor, Kieler Nachrichten, 5.12.1984
- ↑ Vgl. Abschiedsrede von Oberbürgermeister Günther Bantzer, 4.1.1972, Stadtarchiv Kiel
- ↑ Über 500 DM gesammelt, Kieler Nachrichten, 13.1.1972
- ↑ Er arbeitete für Kiel, Kieler Nachrichten, 30.5.1973
- ↑ Er war bekannt als Mann mit Herz, Tatkraft und Humor, Kieler Nachrichten, 5.12.1984
- ↑ "Ich bin für Kiel geboren", Kieler Nachrichten, 26.7.1966
- ↑ Er war bekannt als Mann mit Herz, Tatkraft und Humor, Kieler Nachrichten, 5.12.1984
- ↑ Traueranzeige der Stiftung Kieler Stadtkloster für Kurt Engert, Dezember 1984
- ↑ Er war bekannt als Mann mit Herz, Tatkraft und Humor, Kieler Nachrichten, 5.12.1984
- ↑ Kieler Nachrichten, 20.2.1985
- ↑ Ausgezeichnet, Kieler Nachrichten, 2.6.1973
- ↑ Abschiedsrede von Oberbürgermeister Günther Bantzer, 4.1.1972, Stadtarchiv Kiel