Gustav Radbruch

Aus SPD Geschichtswerkstatt

Siehe Wikipedia: Gustav Radbruch

Radbruch war in seiner Kieler Zeit zweimal (von Oktober 1921 bis November 1922 und von August bis November 1923) Reichsminister der Justiz. Er gilt als einer der einflussreichsten Rechtsphilosophen des 20. Jahrhunderts. ... 1919 wechselte Radbruch an die Universität Kiel und erlangte dort – nach einer kurzen Zwischenzeit als außerordentlicher Professor – seine erste Berufung als ordentlicher Professor für Strafrecht, Strafprozessrecht und Rechtsphilosophie. 1926 kehrte er sodann als ordentlicher Professor an die Universität Heidelberg zurück. ... Als 1920 der nationalistische Politiker Wolfgang Kapp mit Unterstützung der Generäle Walther von Lüttwitz und Erich Ludendorff in Berlin putschte und sich selbst zum Reichskanzler ausrief, versuchten auch in Kiel rechtsgerichtete Truppen, die Stadt unter ihre Gewalt zu bekommen. Dort trafen sie auf eine Front von Werftarbeitern, die ihnen Widerstand leistete. Radbruch vermittelte zwischen den Parteien, um eine blutige Auseinandersetzung zu verhindern. Die Putschisten vertrauten ihm nicht und nahmen ihn in Haft. Ein Standgericht sollte ihn zum Tode verurteilen. Doch der Kapp-Putsch scheiterte, und Radbruch erlangte nach sechs Tagen wieder die Freiheit. Danach setzte er sich für die aufständischen Soldaten ein und führte sie in ihre Kasernen zurück, um sie vor einer Lynchjustiz zu bewahren. ... Radbruchs parteipolitische Sympathie galt schon früh der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. 1913 nahm er am Begräbnis August Bebels in Zürich teil. Anonym verfasste er dazu den Artikel August Bebels Totenfeier, der in den Heidelberger Neuesten Nachrichten erschien. Da eine Mitgliedschaft damals aber gleichbedeutend mit dem sofortigen Ende seiner Laufbahn gewesen wäre, trat er der SPD erst 1918 bei. Wegen seiner beim Kapp-Putsch bewiesenen arbeiterfreundlichen Haltung wurde Radbruch bei der anstehenden Reichstagswahl 1920 auf Platz 2 der Wahlliste der Sozialdemokraten gesetzt. Radbruch wurde Reichstagsabgeordneter und war der einzige Jurist in der SPD-Fraktion. ... Er profilierte sich als Rechtspolitiker und wurde im Kabinett Wirth II (26. Oktober 1921 bis 14. November 1922) zum Reichsjustizminister berufen; vom 13. August bis zum 3. November 1923 war er Justizminister in den Kabinetten Stresemann I und Stresemann II. Zusammen mit den beiden anderen sozialdemokratischen Kabinettsmitgliedern trat Radbruch vorzeitig, drei Wochen vor dem Ende des Kabinetts Stresemann II, von seinem Posten zurück. Radbruch selbst führt in seiner Autobiographie als Grund die gewaltsame Absetzung des sächsischen Ministerpräsidenten Erich Zeigner an, nachdem sich Radbruch und die beiden anderen sozialdemokratischen Kabinettsmitglieder vergeblich um dessen freiwilligen Rücktritt bemüht hatten. Eine dritte Berufung zum Reichsjustizminister, die ihm 1928 vom damaligen sozialdemokratischen Reichskanzler Hermann Müller angetragen wurde, lehnte Radbruch ab und widmete sich wieder verstärkt seiner wissenschaftlichen Arbeit. ... Bei einem Skiunfall verunglückte Radbruchs Tochter Renate 1939 tödlich, sein Sohn Anselm fiel Anfang Dezember 1942 in der Schlacht von Stalingrad. ... Am 14. Juli 1948 trat Radbruch entgegen anfänglichem Zögern wieder der SPD bei. Tags zuvor war er emeritiert worden und hatte seine Abschiedsvorlesung gehalten. ...

Stimmen

"[Während der Weimarer Republik gehörten der juristischen Fakultät der CAU] Rechtswissenschaftler an, denen bis heute ein internationaler Rang zukommt. Dies gilt vor allem für Gustav Radbruch und seinen Freund Hermann Kantorowicz, der ihm auf seinem strafrechtlichen Lehrstuhl nachfolgte [...]. In die Kieler Jahre Radbruchs fällt auch seine zweimalige Tätigkeit als Reichsjustizminister. [...] [Die beiden] vertraten fachliche, aber auch politische Positionen, die sie an vielen Fakultäten zu Außenseitern gemacht hätten."[1]

Ehrungen

Die jüngste zahlreicher Ehrungen erfuhr Gustav Radbruch in Kiel, wo am neuen Gebäude der Juristischen Fakultät, dem Juridicum, nächtlich von 21 bis 24 Uhr sein Ausspruch von 1945: "Recht ist Wille zur Gerechtigkeit!" als Leuchtschrift an der Fassade erscheint.

"Mit dem Zitat möchte die juristische Fakultät auf der einen Seite zeigen, welche Lehre man aus der Vergangenheit und dem NS-Regime gezogen habe und zudem auch die Wichtigkeit eines anspruchsvollen rechtsethischen Selbstverständnisses zeigen."[2]

Einzelnachweise

  1. Meyer-Pritzl, Rudolf: Ein Streifzug durch die Geschichte der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Kielconnect 12 (2015), S. 6
  2. Juridicum fängt an zu leuchten, Kieler Nachrichten, 10.5.2024