Hermann Adler
Hermann Adler |
Hermann Adler, * 27. Dezember 1888 in Zauckerode (heute Stadt Freital) bei Dresden, † ca. 1959 in Kiel; Schlosser. Mitglied der SPD ab 1907.
Leben & Beruf
Hermann Adler hatte Schlosser gelernt. Er kam als Wanderbursche etwa 1906 nach Kiel auf die Kaiserliche Werft, arbeitete sich zum Werkmeister hoch und gründete in Kiel mit seiner Frau Anni eine Familie; drei der vier Kinder wurden in den 1920er Jahren geboren. 1933 wurde er - so empfand er es - von den Nazis "strafversetzt" nach Danzig auf die dortige Werft. In Gotenhafen kam 1944 der Nachkömmling Klaus zur Welt. Die Flucht zurück nach Kiel auf der WILHELM GUSTLOFF scheiterte an der Weigerung der Mutter, angesichts des eisigen Winterwetters mit dem Baby an Bord zu gehen. Die Familie fand andere Wege und überlebte - Mutter und Kinder gelangten auf die ADMIRAL HIPPER, Hermann Adler bewältigte mit Arbeitskollegen und Lehrlingen fast die gesamte Strecke nach Kiel zu Fuß.[1]
Die Familie fand in einer umgebauten Flakbaracke am Flughafen Holtenau Unterkunft; die Adresse lautete Dänischenhagener Str. 4[2]. Später zog sie nicht weit davon in die Boelckestr. 80[3]. Hermann Adler wurde von der Kieler Stadtverwaltung angestellt, wo er bis zum Ende seines Berufslebens blieb.[1] Spätestens 1955 war er Rentner[4], 1959 ist Anni Adler als seine Witwe verzeichnet.[5]
1906 war er in den Metallarbeiter-Verband eingetreten, der ihm 1931 eine ansehnliche Urkunde für 25-jährige Mitgliedschaft verlieh.[6]
Partei & Politik
Hermann Adler trat am 15. November 1907 in die SPD ein, damals noch in den Sozialdemokratischen Zentralverein für den VII. schlesw.-holst. Reichstagswahlkreis, wie das erste der drei Parteibücher, die der Geschichtswerkstatt vorliegen[6], ausweist. Aussteller war der Sozialdemokratische Verein Gaarden. Die Beitragsmarken sind bis Ende 1914 vollständig, damit war das Buch voll. Als Adressen sind auf der zweiten Umschlagseite mit Bleistift vermerkt Hügelstr. 34 III, dann Wikingerstr. 8 I und Wikingerstr. 16 I. Eigenartig ist, dass er im selben Buch für den Tag seines Eintritts als "Abgemeldet" vermerkt ist, für den 11. Februar 1908 als "Angemeldet"; möglicherweise beabsichtigte er zunächst, weiter auf Wanderschaft zu gehen, entschloss sich aber nach wenigen Monaten zur Rückkehr nach Kiel.
Während des Kieler Arbeiter- und Matrosenaufstandes gehörte er zu den Werftarbeitern, die in Kontakt mit Gustav Noske standen, und nahm auch in Berlin an einer Demonstration teil.[1]
Wohl im Mai 1917 hatte sich Hermann Adler der USPD angeschlossen. Im zweiten Mitgliedsbuch[6] - als "Ersatz" gekennzeichnet - ist auf der ersten Innenseite mit Bleistift die Adresse Augustenstr. 17 KG (oder EG, nicht eindeutig lesbar) angegeben. Auf der dritten Innenseite wurde eine Unterbrechung der Mitgliedschaft von "5.17 bis 11. Nov. 1918" vermerkt; ein Stempel auf der ersten Innenseite weist es als Buch des Sozialdemokratischen Vereins Gross-Kiel - Alte Richtung -" aus. Auf der zweiten Umschlagseite wurde später eine gedruckte Erklärung eingefügt:
"Unabhängige Sozialdemokr. Partei Deutschlands | Ortsgruppe [Handschr.] Kiel | Ich erkläre, weiter Mitglied der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, die durch die Vors. CRISPIEN und LEDEBOUR vertreten wird, bleiben zu wollen. | [Handschr.] Kiel, 20.10.20 | H. Adler"
Die Beitragsmarken für die SPD sind bis April 1917 vollständig. Ab November folgen fünf Monatsmarken des "Soz. Verein Gross-Kiel - Alte Richtung", dann Marken der USPD bis Juli 1922; allerdings wurde bei der Zählung offenbar das Jahr 1919 übersprungen. Ab August 1922 sind die USPD-Marken mit "S.P.D." überstempelt. Er blieb also offenbar bis zur Wiedervereinigung der beiden Richtungen bei der USPD. Die Beitragsmarken enden mit April 1924, obwohl das Buch längst nicht voll war. Der Grund ist nicht bekannt, denn Hermann Adler blieb in der SPD. Das dritte Parteibuch[6] bescheinigt ihm die ununterbrochene Mitgliedschaft von 1907 bis 1933.
Das zweite Parteibuch bildet auch die Inflationszeit ab: Im Verlauf des Jahres 1922 steigerte sich der Beitrag von 4 über 6 und 12 auf 20 Mk., Anfang 1923 auf 30, dann 50 Mk., März bis August sind "Beitrag frei" gestempelt. Die sieben Marken für September weisen jeweils "150 T" aus - also insgesamt mehr als eine Million Mark Beitrag -, die für Oktober 128 Mio, die für November 240 Mio (dabei sind nur zwei der vier Marken mit einem Betrag gestempelt, vielleicht lag er also doppelt so hoch). Ab Dezember finden sich dann neue Marken - nicht mehr rot, sondern hellblau und jeweils im Wert von 20 Pf, vier bis fünf pro Monat.
Da er politisch unbelastet war, wurde Hermann Adler nach der NS-Herrschaft für einige Zeit - vermutlich von der britischen Militärbehörde eingesetzt - Bürgermeister von Holtenau.[7] Zu seinen Aufgaben gehörte dort u.a., für die Unterbringung von Flüchtlingen sorgen.
Am 26. Januar 1946 trat er in die neu gegründete Kieler SPD ein.[8] Auch das dritte Parteibuch scheint schon eine Zweitausfertigung zu sein; die Beitragsmarken beginnen 1952 und enden im Oktober 1959, die vorherige korrekte Beitragszahlung ist handschriftlich vermerkt.
Wie weit Hermann Adler in seinem Ortsverein oder in der Kreispartei aktiv war, ist bisher nicht ermittelt. Der Sohn erinnert sich jedoch, dass in der Flakbaracke u.a. der "rote Jochen" zu den Besuchern gehörte.[1]
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 Mündliche Information von Klaus Adler bei einem Besuch in Kiel am 29.8.2023
- ↑ Kieler Adressbuch von 1949
- ↑ Vgl. Angabe im dritten Parteibuch und im Kieler Adressbuch von 1952.
- ↑ Kieler Adressbuch von 1955
- ↑ Kieler Adressbuch von 1959
- ↑ 6,0 6,1 6,2 6,3 Zur Verfügung gestellt von Klaus Adler
- ↑ So erinnert sich sein Sohn; Holtenau war allerdings damals schon eingemeindet. Welche Funktion Hermann Adler übernahm, ist noch nicht ermittelt.
- ↑ Datum lt. drittem Parteibuch.