Susanne Gaschke

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Susanne Gaschke
Susanne Gaschke
Susanne Gaschke
Geboren: 19. Januar 1967

Dr. Susanne Gaschke , * 19. Januar 1967 in Kiel; Journalistin. Verheiratet mit Hans-Peter Bartels; eine Tochter, Charlotte Gaschke. Von 1987 - 2020 Mitglied der SPD, bis 2014 im Kreisverband Kiel.

Werdegang

Susanne Gaschke wuchs in Kiel auf; ihr Abitur machte sie an der Gelehrtenschule. Ihr Studium der Anglistik, Pädagogik und des öffentlichen Rechts an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel schloss sie 1993 mit einer Dissertation bei Prof. Konrad Groß[1] ab, für die sie die Bestnote erhielt. Von 1995 bis 1997 absolvierte sie ein Volontariat bei den Kieler Nachrichten.

Sie war schon während ihrer Studienzeit politisch aktiv, gehörte dem Juso-Kreisvorstand an und war mehrfach zu Landesparteitagen und zum Landesausschuss delegiert. Während ihrer Studienzeit war sie zeitweise AStA-Vorsitzende. Sie ist Mitglied bei ver.di, in der AWO und im Sozialverband Deutschland.

Seit 1997 war sie als politische Redakteurin bei der Wochenzeitung DIE ZEIT tätig[2] und leitete den Bereich 'junge Leser'. Sie schrieb vorwiegend über Sozial-, Jugend-, Frauen- und Bildungspolitik. Von 2011 bis 2012 gab sie das Kindermagazin "Zeit LEO" heraus. Daneben verfasste sie mehrere Sachbücher.

Auch über ihre Erfahrungen als Kieler Oberbürgermeisterin schrieb sie ein Buch, Volles Risiko. Was es bedeutet, in die Politik zu gehen. Es erschien im September 2014 und bewirkte sehr gegensätzliche Rezensionen.[3][4]

Bis Mitte 2014 lebten Susanne Gaschke und Hans-Peter Bartels in Kiel, seitdem in Berlin.

Im Dezember 2014 erschien erstmals wieder ein journalistischer Artikel von ihr, in der Welt am Sonntag. Seit Anfang 2015 war sie Autorin der Zeitung DIE WELT.[5] 2022 wechselte sie zur Neuen Züricher Zeitung.

Politik

Susanne Gaschke und Hans-Peter Bartels (links) im OB-Wahlkampf
Helmut Schmidt empfiehlt Susanne Gaschke als Oberbürgermeisterin in Kiel. 21. September 2012

2012 wurde Susanne Gaschke zur Oberbürgermeisterin der Landeshauptstadt Kiel gewählt.[6] Sie hatte sich in der parteiinternen Urwahl am 11. August gegen drei andere BewerberInnen durchgesetzt. Im ersten Wahlgang am 28. Oktober 2012 errang sie gegen vier Mitbewerber (CDU, Grüne, 2 Unabhängige) die höchste Stimmenzahl, allerdings noch nicht die absolute Mehrheit[7]; in einer Stichwahl am 11. November 2012 wurde sie mit 54,09 Prozent der abgegebenen Stimmen gewählt.[8]

Am 28. Oktober 2013 trat sie von ihrem Amt zurück, nachdem sie wegen eines umstrittenen Steuerdeals mit einem Augenarzt massiv unter Druck geraten war. Der Deal sah vor, dass der Arzt für Immobiliengeschäfte zwar 4,1 Millionen Euro Gewerbesteuern zahlen sollte, ihm dafür aber 3,7 Millionen Euro an Zinsen und Säumniszuschlägen erlassen wurden. Dieser Erlass wurde von der Kommunalaufsicht als rechtswidrig eingestuft, was zu einem bundesweiten Medienecho und wachsendem politischen Druck führte.[9]

Susanne Gaschke zog die Konsequenzen, bevor die Kieler Ratsversammlung einen Abwahlantrag einbringen konnte. Sie begründete ihren Rücktritt auch mit den anhaltenden politischen, persönlichen und medialen Angriffen, denen sie ausgesetzt war, und sah sich selbst als Opfer einer von Männern dominierten Politikwelt.[10]

Der Rücktritt von Susanne Gaschke als Oberbürgermeisterin von Kiel war von einem intensiven politischen Drama geprägt, in dem vor allem Ministerpräsident Torsten Albig und Innenminister Andreas Breitner eine zentrale Rolle spielten. Susanne Gaschke warf Torsten Albig vor, bereits in seiner Amtszeit als Oberbürgermeister die Weichen für den umstrittenen Steuererlass gestellt zu haben, den sie später umsetzte. Torsten Albig distanzierte sich von dieser Darstellung und kritisierte Susanne Gaschkes Vorgehen scharf. Besonders brisant wurde die Situation, als Andreas Breitner Susanne Gaschke und ihren Ehemann, den Bundestagsabgeordneten Hans-Peter Bartels, beschuldigte, ihn durch Drohungen genötigt zu haben. Andreas Breitner schaltete sogar die Generalstaatsanwaltschaft ein, die den Vorwurf später jedoch als unbegründet zurückwies. Die öffentliche Auseinandersetzung eskalierte, als Torsten Albig private SMS-Nachrichten veröffentlichte, um sich gegen Susanne Gaschkes Vorwürfe zu verteidigen.[11]

Die SPD-Führung in Kiel und Schleswig-Holstein versuchte zwar, die Konflikte intern zu entschärfen, doch das politische Klima blieb vergiftet. Susanne Gaschke sah sich als Opfer einer Intrige und kritisierte die „testosterongesteuerte“ Politikwelt, während Torsten Albig und Andreas Breitner ihre Position verteidigten und Susanne Gaschkes Rücktritt schließlich als "notwendig und unausweichlich" bezeichneten. Die Staatsanwaltschaft Kiel leitete zwar Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue ein, stellte diese jedoch später ein.[11]

Der Rücktritt von Susanne Gaschke hatte spürbare Folgen für die SPD in Kiel und Schleswig-Holstein: Die Affäre belastete die Partei sowohl innerparteilich als auch in der öffentlichen Wahrnehmung. Susanne Gaschke war bereits gegen den Widerstand der SPD-Landesspitze zur Oberbürgermeisterin gewählt worden[12] - Hintergrund war ein Konflikt noch aus den 1990ern, aus der Zeit der "Schubladenaffäre" rund um den damaligen Landesvorsitzenden Günther Jansen. Der Landesvorsitzende Ralf Stegner war damals Mitarbeiter und Unterstützer von Günther Jansen. Susanne Gaschke und ihr Mann Hans-Peter Bartels gehörten zu der Gruppe der "Aufklärer" rund um die damaligen Kieler Bundestagsabgeordneten Norbert Gansel. Freunde sind sie danach nicht mehr geworden.

Der Rücktritt von Susanne Gaschke vertiefte die internen Spannungen. Ralf Stegner bezeichnete ihren Rücktritt als "unerfreulich, aber notwendig" und betonte, dass Susanne Gaschke die Stadt, die Partei und das Land belastet habe. Die öffentliche Auseinandersetzung, insbesondere mit Torsten Albig und Andreas Breitner, führte zu einem vergifteten politischen Klima und schwächte das Vertrauen in die SPD-Führung.[12]

Anfang Mai 2020 trat sie im Zorn mit einem Offenen Brief, den ihr Arbeitgeber DIE WELT veröffentlichte[13], aus der SPD aus. Auslöser dieser Entscheidung war, dass ihr Ehemann Hans-Peter Bartels von der SPD-Bundestagsfraktion nicht wieder für das Amt des Wehrbeauftragten nominiert worden war.[14]

Veröffentlichungen

  • Die Welt in Büchern. Kinder, Literatur und ästhetische Wirkung. Dissertation Universität Kiel 1994 (Würzburg 1995) ISBN 3-88479-966-5
  • Die Erziehungskatastrophe. Kinder brauchen starke Eltern (Stuttgart/München 2001) ISBN 3-421-05465-7
  • Hexen, Hobbits und Piraten: Die besten Bücher für Kinder (Stuttgart 2002) ISBN 3-421-05668-4
  • Die Emanzipationsfalle. Erfolgreich, einsam, kinderlos (München 2005) ISBN 3-570-00821-5
  • Allein ist nicht genug. Für eine neue Kultur der Gemeinsamkeit (mit Gesine Schwan, Freiburg/Br. 2007) ISBN 978-3-451-29477-8
  • Powerpaare - mit Kindern sind wir stärker (hg. mit Moritz Müller-Wirth, München 2008) ISBN 978-3-453-151031
  • Klick - Strategien gegen die digitale Verdummung (Freiburg/Br./Basel/Wien 2009) ISBN 978-3-451-29996-4
  • Die verkaufte Kindheit. Wie Kinderwünsche vermarktet werden und was Eltern dagegen tun können (München 2011) ISBN 978-3-570-55172-1
  • Volles Risiko. Was es bedeutet, in die Politik zu gehen (München 2014) ISBN 978-3-421-04659-8
  • Robert Habeck. Eine politische Biografie (München 2021) ISBN 978-3-453-21806-2
  • sowie zahlreiche Zeitungsartikel, vorwiegend in DIE ZEIT, ab 2015 DIE WELT, und Mitarbeit an verschiedenen Publikationen

Links

Einzelnachweise