Ulf Kämpfer

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Ulf Kämpfer
Ulf Kämpfer
Ulf Kämpfer
Geboren: 16. Juni 1972

Dr. Ulf Kämpfer, * 16. Juni 1972 in Eutin. Jurist, Staatssekretär, Oberbürgermeister. Mitglied der SPD seit 1995.

Werdegang

Nach dem Abitur in Plön und dem Zivildienst in einer Hamburger Wohngemeinschaft von Menschen mit starken Behinderungen[1] studierte Ulf Kämpfer Rechtswissenschaften und Philosophie in Göttingen und Galway (Irland). Anschließend war er für zwei Jahre wissenschaftlicher Mitarbeiter im Deutschen Bundestag. Danach setzte er seine wissenschaftliche Arbeit an der Humboldt Universität Berlin und der Columbia University New York fort und schloss diese 2004 mit der Promotion ab. Gleichzeitig machte er sein zweites juristisches Staatsexamen.

Nach Kiel verschlug es ihn 2001:

"[Ich zog] meiner Frau Anke von Berlin nach Kiel hinterher. Damals gingen wir nur von einer kurzen Episode aus. Doch uns ging es wie so vielen in Kiel "Gestrandeten": Wir blieben; nicht, weil wir mussten – sondern weil wir wollten. Weil uns der raue Charme der Stadt gefiel. Unser Sohn Johann wurde hier geboren. Anke wurde in den Landtag gewählt."[2]

Er arbeitete im schleswig-holsteinischen Umwelt- und Landwirtschaftsministerium, dann im Justizministerium. 2008 trat er in den Justizdienst des Landes ein, als Zivil- und Familienrichter und Mediator am Amtsgericht Kiel. Dieses ordnete ihn dann an das Oberlandesgericht in Schleswig ab.

Ulf Kämpfer ist verheiratet mit der ehemaligen Landtagsabgeordneten und Staatssekretärin Anke Erdmann (Die Grünen). In seiner Bewerbung um das Oberbürgermeisteramt wies er 2014 gern darauf hin, dass er für die zu erwartende Zusammenarbeit mit den Grünen aus dem häuslichen Umfeld bereits große Erfahrung mitbringe.

Seit 2009 wohnt die Familie in Hassee in der Öko-Siedlungsgenossenschaft Kieler Scholle. Sie besitzt kein Auto, sondern nutzt das Fahrrad oder den öffentlichen Nahverkehr. Der Oberbürgermeister nutzt seinen Dienstwagen; der Weg zwischen Hassee und Rathaus wird jedoch mit dem Rad erledigt.

Ulf Kämpfer ist privat sehr sportbegeistert, nimmt regelmäßig am Fischhallen- oder Kiel-Lauf teil und hat auch schon den ersten Förde-Triathlon bewältigt. Auch beim THW Kiel, am Falckensteiner Strand, an der Schwentine oder im Holstein-Stadion ist er nach eigenem Bekunden häufig zu treffen. Andererseits scheut er nicht die Teilnahme etwa an Podiumsdiskussionen oder Poetry Slams.

Am 1. September 2023, dem Antikriegstag, meldete die Presse, dass er angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine seine Wehrdienstverweigerung von 1991 überdacht und schriftlich zurückgezogen habe. Er sagte dazu:

"Natürlich sehne ich mich wie alle anderen Menschen nach Frieden und Völkerverständigung. Doch gleichzeitig ist durch den Überfall auf die Ukraine die rationale Einsicht in mir gereift, dass es notwendig sein kann, anderen Gewalt anzutun, um sich zu verteidigen." Damit lege er auch ein "klares Bekenntnis zur Marine und der Wehrindustrie in Kiel" ab. "Natürlich sei es wünschenswert, die wehrtechnische Industrie nicht zu benötigen, 'aber das wäre naiv'.[...] Es sei gut, auch an der Förde eine 'demokratisch kontrollierte Wehrindustrie' zu haben."[3]

Im Rahmen einer einwöchigen Schulung in der Marineschule Mürwik legte er auch das Gelöbnis der Soldaten der Bundeswehr ab.[4] Seine Wendung löste sehr gegensätzliche Reaktionen aus - einerseits Verständnis und Unterstützung[5], andererseits Ablehnung und Häme bis hin zur Gleichsetzung von Verteidigungsbereitschaft und Kriegsbegeisterung[6].

Partei & Politik

Mit 14 Jahren wurde Ulf Kämpfer kurzzeitig Mitglied der Jungen Union. Den Weg zur SPD wies ihm im Oktober 1995 die Juso-Hochschulgruppe in Göttingen.

Nach dem Wahlsieg der SPD-geführten Koalition im Mai 2012 berief Torsten Albig ihn zum Staats­se­kre­tär im Minis­te­rium für Ener­gie­wende, Umwelt, Land­wirt­schaft und länd­li­che Räume. 2017 wurde seine Ehefrau die Nachfolgerin seiner Nachfolgerin in diesem Amt, das sie allerdings aus gesundheitlichen Gründen im März 2019 niederlegte.

Oberbürgermeister in Kiel

Am 14. Dezember 2013 beschlossen die Mitgliederversammlungen der Kieler SPD (bei 3 Enthaltungen), der Grünen und des SSW (jeweils einstimmig), Ulf Kämpfer in der anstehenden Oberbürgermeisterwahl zu unterstützen. Bis zu dieser Kandidatur war er parteipolitisch nicht in Erscheinung getreten. Die Wahl war nach dem Rücktritt von Susanne Gaschke notwendig geworden. Neben Ulf Kämpfer kandidierten ein CDU- und ein unabhängiger Bewerber.

Die Wahl fand am 23. März 2014 statt. Ulf Kämpfer gewann schon im 1. Wahlgang überraschend deutlich mit 63,1 % der abgegebenen Stimmen (gegenüber 28,3 % für die CDU). Die Wahlbeteiligung lag bei 45,8 %.

Der Oberbürgermeister ist zugleich Wirtschaftsdezernent der Stadt. Als seine bisher wichtigsten persönlichen Erfolge betrachtet Ulf Kämpfer, dass er den Bau des neuen Gasmotorenkraftwerks für Kiel gegen den Widerstand anderer Anteilseigner der Stadtwerke durchsetzen konnte, dass das Thema Digitalisierung in Kiel einen hohen Stellenwert genießt und dass die Zusammenarbeit mit den Umlandgemeinden in den letzten Jahren wieder deutlich verbessert werden konnte. Für die zweite Amtszeit sieht er einerseits Klimaschutz und Verkehrswende, andererseits die Situation auf dem Wohnungsmarkt im Mittelpunkt stehen.[7]

Kraft Amtes gehört er dem Vorstand des Städtetages Schleswig-Holstein an[8] und war seit 2018 Vorsitzender. Die Ergebnisse der Kommunalwahl 2023 verschoben die Mehrheitsverhältnisse so, dass er im September 2023 nicht wiedergewählt wurde und dem Vorstand seitdem als Stellvertreter angehört.[9] Damit ist er weiterhin auch Mitglied im Vorstand des Schleswig-Holsteinischen Städteverbandes. Zudem ist er einer von sieben Stellvertreter*innen im Präsidium des Deutschen Städtetages.[10]

Sein Amt sieht er mit gemischten, aber doch überwiegend positiven Gefühlen:

"Arbeitszeit von rund 60 bis 80 Stunden pro Woche hinterlasse durchaus auch bei ihm ihre Spuren. [...] Immer wieder muss Kämpfer im Rathaus mit dem Vorwurf leben, zu empfindlich zu sein. Und er gibt zu: 'Ich habe keine so dicke Haut wie andere nach fünf Jahren.' [...] Gleichzeitig betont Kämpfer aber auch: 'Das Oberbürgermeisteramt bringt tolle Gestaltungsmöglichkeiten mit sich."[11]

Von Ulf Kämpfer ging die Initiative zum Start der Digitalen Woche Kiel aus. "Themen der Digitalen Woche Kiel sind unter anderem die langfristige Veränderung des täglichen Lebens durch Digitalisierung und der Arbeitsalltag der Zukunft. Vor diesem Hintergrund soll diskutiert werden, welche Fähigkeiten gefragt sind, um in der digitalisierten Arbeitswelt einen Arbeitsplatz erfolgreich auszufüllen. Auch die Veränderungsprozesse, die Kieler Unternehmen durch die Digitalisierung durchlaufen, rücken in den Fokus. Aus Sicht der Verwaltung ist besonders interessant, wie Digitalisierung zu mehr Service beitragen kann und wie sich Lernprozesse verändern."[12]

Als erfolgreicher Oberbürgermeister der Landeshauptstadt wurde Ulf Kämpfer auch immer wieder als potentieller Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2022 gehandelt. Dieses Spekulationen erteilte er im April 2019 mit Blick auf seine am 27. Oktober anstehende Wiederwahl eine Absage.[13]

Ulf Kämpfer spricht auf einer Demonstration gegen den russischen Angriff auf die Ukraine, 2022

Für die OB-Wahl wurde er am 14. Mai 2019 erwartungsgemäß von der Mitgliederversammlung mit 98,6 % erneut zum Kandidaten nominiert.[14] Die Grünen, die FDP und der SSW unterstützten ihn weiterhin und verzichteten auf eigene Kandidaturen.

Am 27. Oktober 2019 wurde Ulf Kämpfer im 1. Wahlgang mit 65,8 % der abgegebenen Stimmen auf sechs Jahre wiedergewählt.[15] Damit erhielt er fast doppelt so viele Stimmen wie seine drei Mitbewerber zusammen.

Am 19. März 2020 wurde er für die zweite Amtszeit vereidigt.

In seine Amtszeiten fallen die Entscheidung über den Bau einer Stadtbahn die Neugründung einer Wohnungsgesellschaft oder die Etablierung der "Digitalen Woche Kiel".

Am 28. August 2024 kündigte Ulf Kämpfer an, nicht noch einmal für eine Amtszeit zu kandidieren.[16]

Ehrungen

Vom Rhenania Carneval Club Kiel (RCC) wurde er in den Orden "Amici laetitiae" ("Freunde der Fröhlichkeit") aufgenommen.[17]

Fotos

Literatur & Links

Einzelnachweise

  1. Lebenslauf, abgerufen 31.10.2019
  2. Lebenslauf, abgerufen 31.10.2019
  3. Betzholz, Dennis: Kriegsdienstverweigerer a. D., Kieler Nachrichten, 1.9.2023
  4. Betzholz, Dennis: "Die Woche hat meine Entscheidung verfestigt", Kieler Nachrichten, 9.9.2023
  5. Siehe z.B. den Leserbrief Eine Versöhnung mit der Armee, Kieler Nachrichten, 8.9.2023
  6. Siehe mehrere Leserbriefe, Kieler Nachrichten, 5.9.2023
  7. Blasel, Kristian: Kämpfer will es nochmal wissen, Kieler Nachrichten, 25.4.2019
  8. Wikipedia: Städteverband Schleswig-Holstein, abgerufen 11.9.2023
  9. Geil, Thorsten: Schättiger löst Kämpfer ab, Kieler Nachrichten, 9.9.2023
  10. Deutscher Städtetag - Gremien, abgerufen 11.9.2023
  11. Blasel, Kristian: Kämpfer will es nochmal wissen, Kieler Nachrichten, 25.4.2019
  12. webmontag-kiel.de: Digitale Woche Kiel am 16.-23. September 2017, 21. März 2017
  13. t-online.de: Landtagswahl: Kieler OB Kämpfer lehnt Spitzenkandidatur ab, 24.4.2019
  14. Kluth, Michael: Kieler SPD nominiert Ulf Kämpfer, Kieler Nachrichten, 14.5.2019
  15. Kluth, Michael: Lange Feier für SPD Kiel und Ulf Kämpfer, Kieler Nachrichten, 28.10.2019
  16. NDR: 2026 ist Schluss: Kiels Oberbürgermeister Kämpfer tritt nicht wieder an, 28.08.2024 13:28 Uhr
  17. König, Beate: Der Bürgermeister ist nun auch Ritter, Kieler Nachrichten, Regionalausgabe Neumünster, 31.1.2023.