Einheitspartei mit den Kommunisten?: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 17. April 2019, 20:28 Uhr
Soll man eine Einheitspartei mit den Kommunisten gründen? Diese Frage stellten sich die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten 1945 nach dem Ende der Nazi-Diktatur. Sie wuchs sich auf nationaler Ebene zu einem Machtkampf zwischen der SPD von Otto Grotewohl in Berlin und Kurt Schumacher in Hannover aus.[1]
Die Spaltung der Arbeiterbewegung in KPD und SPD in der Weimarer Republik empfanden die Genossen als schädlich. So kam schnell nach Ende des Krieges die Idee auf, eine gemeinsame Einheitsfront zu bilden oder sogar - wie in der sowjetischen Zone geplant - eine Einheitspartei zu gründen. Der Zentralausschuss der SPD in Berlin forderte dazu auf. In Schleswig-Holstein gab es Befürworter dieser Idee. So schrieb der Elmshorner Erich Arp:
- "Ziel ist, daß die SP[Sozialdemokratische Partei] und die KP[Kommunistische Partei] zur ideologischen, organisatorischen und Aktionseinheit gelangen, die zur sozialistischen Einheitspartei hinführt. Beginn mit getrenntem Organisationsaufbau und gleichzeitiger kartellmäßiger Bildung von gemeinsamen paritätischen Arbeitsausschüssen der SP und KP für alle Organisationsstufen, von Ortsvereinen bis zum Bezirksverband, siehe Erklärung des Zentralauschusses der SPD Berlin vom 14.7.1945. Bildung von Anti-Nazi-Kommitees - Einheitsblock für demokratische Erneuerung mit allen geeigneten demokratischen Antifaschisten - christlich-demokratischen Parteien auf breiter Grundlage."[2]
Nicht alle Sozialdemokraten waren begeistert von der Idee einer Einheitspartei. Immerhin hatten die Mitglieder der KPD ab 1928 die SPD als "sozialfaschistisch" diffamiert und zum Hauptfeind erklärt, was eine gemeinsame Abwehr des Nationalsozialismus verhinderte. Die Kieler Sozialdemokraten hatten Gespräche mit kommunistischen Funktionären geführt, einige davon ehemalige Sozialdemokraten. Karl Ratz, Mitbegründer und Vorsitzender des Kreisvereins Kiel schrieb am 26. August 1945 an Kurt Schumacher:
- "Nun hat sich bei uns in Kiel eine Einheitsbewegung aufgemacht, an der sich Freunde der KPD und auch von uns beteiligen. Es wird uns aber wohl doch noch gelingen, unseren Stamm bei uns zu halten. Wir dürfen aber nicht vergessen, daß die Sehnsucht und das Verlangen der Arbeiterschaft nach einer Einheitsbewegung geht und wenn geschickte Leute sich an die Spitze stellen, wohl eine Gefahr bedeutet."[3]
Letztlich setzten Kurt Schumacher und Andreas Gayk den Bestrebungen ein Ende. Am 12. August fuhren Theodor Werner und Bruno Diekmann nach Hamburg, wo sie Kurt Schumacher trafen. Dieser riet vehement davon ab, mit den Kommunisten zusammenzuarbeiten.[4] Zurück in Kiel, führten sie die Verhandlungen mit den Kommunisten weiter - wohl auch, um die eigenen Leute erst einmal bei der Stange zu halten.
In den ersten "Mitteilungen über Organisationsfragen" vom 27. August 1945 erklärt der provisorische Bezirksvorstand:
- "Die von vielen Arbeitern gewünschte Einheitspartei ist vorläufig daran gescheitert, daß die KPD bereits gegründet wurde. Die KPD beansprucht für sich eine zeitlich noch nicht genau begrenzte Frist, um ihre Mitglieder ideologisch umzuschulen. Sie hält auch das zeitweilige getrennte marschieren für taktisch richtiger . [..] Für uns ist also die Bahn frei: Aufbau starker sozialdemokratischer Organisationen und wirkungsvolles Arbeiten in alle Richtungen [..] Bevor die Einheitspartei Wirklichkeit wird, sind unsere Kräfte für unsere Partei und ihre Arbeit einzusetzen. Für Überorganisationen und politische Sondervereinigungen ist vorerst kein Raum. An kleinen Aktionsauschuüssen (mit KPD und genehmigten anderen Parteien) beteiligen wir uns unter beschränkter Aufgabenstellung, wie z.B. Zusammensetzung provisorischer Gemeindevertretungen."[5]
Am 28. August 1945 stellt der provisorische Bezirksvorstand der SPD einen Antrag auf Zulassung der Partei beim Bezirks-Gouverneur der Britischen Militärregierung.[6]
Sozialdemokraten und Kommunisten in Kiel gaben sogar noch am 1. September eine gemeinsame Erklärung ab. Aus den Aufzeichnungen über den Verlauf der Gespräche allerdings wird auch das gegenseitige Misstrauen deutlich.
Ab Dezember 1945 zogen die Kommunisten ihr Bereitschaft für eine Einheitsfront zurück. Die Sozialdemokraten warfen ihnen vor, dies auf "Befehl von oben" getan zu haben. Ab Beginn des Jahres 1946 wurde die Lage für die Sozialdemokratie in der sowjetisch besetzten Zone immer schwieriger. Die dortige Militärregierung drängte auf die Vereinigung zur Einheitspartei. Damit starb die Idee der Einheit für die Sozialdemokraten nicht nur in Schleswig-Holstein.[7] → Hauptartikel: Wiedergründung der SPD Schleswig-Holstein
Quellen
- ↑ Sonne, Werner: Kurt Schumacher widersetzte sich Stalins Agenten, 11. Februar 2013
- ↑ zitiert nach: Martens, Holger: SPD in Schleswig-Holstein 1945-1959 (Malente 1998), Bd. 1, S. 53
- ↑ Schilf, Ulrich / Schulte, Rolf / Weber, Jürgen / Wilke, Uta: Der Wiederaufbau der SPD nach dem Krieg, in: Demokratische Geschichte 3(1988), S. 537-558
- ↑ Martens, Holger: SPD in Schleswig-Holstein 1945-1959 (Malente 1998), Bd. 1, S. 55
- ↑ zitiert nach: Martens, Holger: SPD in Schleswig-Holstein 1945-1959 (Malente 1998), Bd. 1, S. 59
- ↑ AdsD/S-H 1: Brief von Ratz an Schumacher v. 26.8.1945 zitiert nach: Schilf, Ulrich / Schulte, Rolf / Weber, Jürgen / Wilke, Uta: Der Wiederaufbau der SPD nach dem Krieg, in: Demokratische Geschichte 3(1988), S. 537-558
- ↑ Schilf, Ulrich / Schulte, Rolf / Weber, Jürgen / Wilke, Uta: Der Wiederaufbau der SPD nach dem Krieg, in: Demokratische Geschichte 3(1988), S. 537-558