Albert Witte: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Albert Witte''', * [[6. Dezember]] [[1902]] in Kiel; † [[29. August]] [[2000]] in Kiel; Mechanikermeister. Verheiratet mit Betty Witte († 1998). Zuletzt Mitglied im [[Kreisverband Kiel]].
'''Albert Witte''', * [[6. Dezember]] [[1902]] in Kiel; † [[29. August]] [[2000]] in Kiel; Mechanikermeister. Verheiratet mit Betty Witte, mehrere Kinder. Mitglied der SPD seit [[1918]], zuletzt im [[Kreisverband Kiel]].


Im November [[1918]] trat er mit fast 16 Jahren der [[SAJ|Kieler Arbeiterjugend]] bei. Während der Weimarer Republik war er in der [[Sozialistische Arbeiterjugend|Sozialistischen Arbeiterjugend]] aktiv.<ref>Arbeitskreis "Demokratische Geschichte": ''Wir sind das Bauvolk. Kiel 1945 bis 1950'' (Kiel 1985), S. 35</ref>
== Leben und Beruf ==
Albert Witte durchlief die neunjährige Volksschule und machte dann eine Mechanikerlehre. Dies konnte seinen Bildungshunger nicht stillen. [[1925]] konnte er für ein Jahr die "Akademie der Arbeit" in Frankfurt/Main besuchen, allerdings ohne Stipendium; er musste für seinen Lebensunterhalt selbst sorgen. Weil seine Abschlussarbeit prämiert wurde, durfte er ein zweites Jahr bleiben, diesmal mit Stipendium und der Möglichkeit, sich auch als Gasthörer an der Universität zu bilden.<ref>Danker, ''Person'', S. 35</ref>


Ab [[1946]] war er persönlicher Referent der Kieler Oberbürgermeister [[Andreas Gayk]], [[Hans Müthling]] und [[Günther Bantzer]]
Nach seiner Rückkehr nach Kiel war er bei der ELAC tätig, zuletzt als Mechanikermeister. [[1933]] wurde er offenbar aus politischen Gründen entlassen, aber [[1936]] wieder eingestellt und konnte in dem Rüstungsbetrieb bis zum Ende der NS-Zeit beruflich überleben. Er war zu dieser Zeit bereits mit seiner Frau Betty verheiratet, die ebenfalls der SPD angehörte; die beiden hatten mindestens vier Kinder. Betty starb [[1998]].


Er war Mitbegründer und bis zu seinem Tod Leiter der Gruppe [[Juso 22]].  
Im Mai [[1945]] fing er bei den Kieler Stadtwerken an und wurde [[1946]] ihr Verbindungsmann zur britischen Militärregierung. Im selben Jahr ernannte ihn Oberbürgermeister [[Andreas Gayk]] zu seinem persönlichen Referenten. Die Zusammenarbeit war fruchtbar, aber nicht immer einfach:
 
: "Albert war ein sehr vornehmer Mann, auch in seiner Wortwahl, während [[Andreas Gayk|Andreas]] sehr leicht explodieren konnte, und dann hat Albert den Raum verlassen."<ref>[[Benutzer:skw|Susanne Kalweit]] (Hrsg.): ''Ich hab' mich niemals arm gefühlt. Die Kielerin [[Rosa Wallbaum]] berichtet aus ihrem Leben'' (Berlin/Hamburg 2010), S. 173</ref>
 
Nach dem Tod von Andreas Gayk war er auch für [[Hans Müthling]] und [[Günther Bantzer]] tätig, bis er [[1967]] in den Ruhestand ging.
 
Ihre letzten Lebensjahre verbrachten Albert und Betty Witte in einer Wohnung im Friederica-von Ellendsheim-Haus an der Christianistraße. Dort beklagte sich Albert, der bis zuletzt geistig rege war, gelegentlich darüber, dass es so wenige im Haus gäbe, mit denen man ein anspruchsvolles Gespräch führen könne.<ref>So einmal nach Bettys Tod telefonisch gegenüber [[Rosa Wallbaum]].</ref>
 
Die Traueranzeige der Familie ist überschrieben: "Ein Lebenskreis, erfüllt von politischem Schaffen, hat sich geschlossen. Seine stete Fürsorge galt der Familie. Danke!"<ref>''Kieler Nachrichten'', 2.9.2000</ref>
 
== Partei und Politik ==
Albert Witte bekleidete nie hohe politische Ämter, war aber immer politisch aktiv. Im November [[1918]] trat er mit fast 16 Jahren der [[SAJ|Kieler Arbeiterjugend]] bei, deren Ortsvorsitzender er von [[1927]] bis [[1933]] war.<ref> Jens-Christian Jacobsen: ''"Der Stolz der Gesamtpartei?" Die SPD Schleswig-Holstein 1918-1933'', ''Demokratische Geschichte'' 3(1988), S. 235, Anm. 97</ref>
 
[[1933]] verhafteten ihn die Nazis zweimal; beide Male wurde er nach etwa einer Woche wieder freigelassen.<ref>Danker, ''Person'', S. 35</ref> Allerdings verlor er seine Arbeit bei der ELAC. Dass er [[1936]] wieder eingestellt wurde, war einem glücklichen Umstand zu verdanken:
: "Der Beamte, der Witte verhörte, vernichtete im Jahr darauf im Rahmen seiner Versetzung die Wittesche politische Akte, so daß der Betroffene in der restlichen NS-Zeit eine "völlig weiße Weste" hatte. Im Rahmen der nationalsozialistischen Aufrüstungspolitik kam es 1936 zur Wiedereinstellung hochqualifizierter, aber politisch unzuverlässiger Arbeitnehmer [wie Albert Witte]."<ref>Danker, ''Person'', S. 35</ref>
 
=== Nach der NS-Zeit ===
Noch bevor die NS-Zeit überstanden war, gehörte er zu denen, die die SPD in Kiel neu gründeten; unter anderem fanden auch in seiner Wohnung schon früh [[Stubenzirkel]]<ref>SPD Kiel (Hrsg.): ''Kiel im Mai 1945 - Hell aus dem dunklen Vergangenen leuchtet die Zukunft empor'' (Kiel 1985), S. 14</ref> statt. Außerdem war er beteiligt an der kurzlebigen Sondierung von Möglichkeiten einer Zusammenarbeit oder [[Erklärung von Sozialdemokraten und Kommunisten Kiels vom 1. Sept. 1945|gemeinsamen Partei mit der KPD]] im August [[1945]].
 
Bis [[1957]]/[[1958|58]] hatte er den Vorsitz im von ihm wieder mitbegründeten [[Ortsverein Kiel-West]] inne. Auch zwei andere Ortsvereine erheben Anspruch auf seine zeitweilige Mitgliedschaft, und [[Ortsverein Hassee-Nord]], Letzteres sicher in seinen letzten Lebensjahren in der Christianistraße. Außerdem war er Gründer und bis kurz vor seinem Tod Leiter und Motor der Gruppe [[Juso 22]].<ref>''SPD trauert um Albert Witte'', ''Kieler Nachrichten'', 2.9.2000</ref>
 
== Stimmen ==
*"Er war und blieb bis in die letzten Monate unser politischer Ratgeber und einer der 'großen alten Männer' der Kieler Politik [...]. Gäbe es einen 'elder statesman' der Kommunalpolitik, so hätte er diesen Ehrentitel verdient." [[Rolf Fischer]] im Nachruf<ref>''SPD trauert um Albert Witte'', ''Kieler Nachrichten'', 2.9.2000</ref>
 
*"Er verstand seine Arbeit als Dienst an unserer Stadt, 'die Pflicht des Tages im guten und redlichen Sinne zu erfüllen'. Mit dieser Haltung und mit der Kraft seiner natürlichen Autorität hat er die Geschicke unserer Stadt dienend mitgestaltet." So in der von Oberbürgermeister [[Norbert Gansel]] unterzeichneten Traueranzeige der Stadt.<ref>''Kieler Nachrichten'', 2.9.2000</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==
*Susanne Kalweit (Hrsg.): ''Ich hab' mich niemals arm gefühlt. Die Kielerin Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben'' (Berlin/Hamburg 2010)
*Witte, Albert: ''Erinnerungen an den Wiederbeginn der Sozialdemokratie. Die SPD vor 1933 und im 3. Reich'', in: ''Wir sind das Bauvolk'' (Kiel 1985), S. 31-35
*[[Uwe Danker|Danker, Uwe]]: ''Zur Person Albert Wittes'', in: ''Wir sind das Bauvolk'' (Kiel 1985), S. 35


== Quellen ==
== Quellen ==
<references />
<references />
[[Kategorie:Kreisverband Kiel|Witte, Albert]]

Version vom 5. Dezember 2017, 03:19 Uhr

Albert Witte
Albert Witte
Albert Witte
Geboren: 6. Dezember 1902
Gestorben: 29. August 2000

Albert Witte, * 6. Dezember 1902 in Kiel; † 29. August 2000 in Kiel; Mechanikermeister. Verheiratet mit Betty Witte, mehrere Kinder. Mitglied der SPD seit 1918, zuletzt im Kreisverband Kiel.

Leben und Beruf

Albert Witte durchlief die neunjährige Volksschule und machte dann eine Mechanikerlehre. Dies konnte seinen Bildungshunger nicht stillen. 1925 konnte er für ein Jahr die "Akademie der Arbeit" in Frankfurt/Main besuchen, allerdings ohne Stipendium; er musste für seinen Lebensunterhalt selbst sorgen. Weil seine Abschlussarbeit prämiert wurde, durfte er ein zweites Jahr bleiben, diesmal mit Stipendium und der Möglichkeit, sich auch als Gasthörer an der Universität zu bilden.[1]

Nach seiner Rückkehr nach Kiel war er bei der ELAC tätig, zuletzt als Mechanikermeister. 1933 wurde er offenbar aus politischen Gründen entlassen, aber 1936 wieder eingestellt und konnte in dem Rüstungsbetrieb bis zum Ende der NS-Zeit beruflich überleben. Er war zu dieser Zeit bereits mit seiner Frau Betty verheiratet, die ebenfalls der SPD angehörte; die beiden hatten mindestens vier Kinder. Betty starb 1998.

Im Mai 1945 fing er bei den Kieler Stadtwerken an und wurde 1946 ihr Verbindungsmann zur britischen Militärregierung. Im selben Jahr ernannte ihn Oberbürgermeister Andreas Gayk zu seinem persönlichen Referenten. Die Zusammenarbeit war fruchtbar, aber nicht immer einfach:

"Albert war ein sehr vornehmer Mann, auch in seiner Wortwahl, während Andreas sehr leicht explodieren konnte, und dann hat Albert den Raum verlassen."[2]

Nach dem Tod von Andreas Gayk war er auch für Hans Müthling und Günther Bantzer tätig, bis er 1967 in den Ruhestand ging.

Ihre letzten Lebensjahre verbrachten Albert und Betty Witte in einer Wohnung im Friederica-von Ellendsheim-Haus an der Christianistraße. Dort beklagte sich Albert, der bis zuletzt geistig rege war, gelegentlich darüber, dass es so wenige im Haus gäbe, mit denen man ein anspruchsvolles Gespräch führen könne.[3]

Die Traueranzeige der Familie ist überschrieben: "Ein Lebenskreis, erfüllt von politischem Schaffen, hat sich geschlossen. Seine stete Fürsorge galt der Familie. Danke!"[4]

Partei und Politik

Albert Witte bekleidete nie hohe politische Ämter, war aber immer politisch aktiv. Im November 1918 trat er mit fast 16 Jahren der Kieler Arbeiterjugend bei, deren Ortsvorsitzender er von 1927 bis 1933 war.[5]

1933 verhafteten ihn die Nazis zweimal; beide Male wurde er nach etwa einer Woche wieder freigelassen.[6] Allerdings verlor er seine Arbeit bei der ELAC. Dass er 1936 wieder eingestellt wurde, war einem glücklichen Umstand zu verdanken:

"Der Beamte, der Witte verhörte, vernichtete im Jahr darauf im Rahmen seiner Versetzung die Wittesche politische Akte, so daß der Betroffene in der restlichen NS-Zeit eine "völlig weiße Weste" hatte. Im Rahmen der nationalsozialistischen Aufrüstungspolitik kam es 1936 zur Wiedereinstellung hochqualifizierter, aber politisch unzuverlässiger Arbeitnehmer [wie Albert Witte]."[7]

Nach der NS-Zeit

Noch bevor die NS-Zeit überstanden war, gehörte er zu denen, die die SPD in Kiel neu gründeten; unter anderem fanden auch in seiner Wohnung schon früh Stubenzirkel[8] statt. Außerdem war er beteiligt an der kurzlebigen Sondierung von Möglichkeiten einer Zusammenarbeit oder gemeinsamen Partei mit der KPD im August 1945.

Bis 1957/58 hatte er den Vorsitz im von ihm wieder mitbegründeten Ortsverein Kiel-West inne. Auch zwei andere Ortsvereine erheben Anspruch auf seine zeitweilige Mitgliedschaft, und Ortsverein Hassee-Nord, Letzteres sicher in seinen letzten Lebensjahren in der Christianistraße. Außerdem war er Gründer und bis kurz vor seinem Tod Leiter und Motor der Gruppe Juso 22.[9]

Stimmen

  • "Er war und blieb bis in die letzten Monate unser politischer Ratgeber und einer der 'großen alten Männer' der Kieler Politik [...]. Gäbe es einen 'elder statesman' der Kommunalpolitik, so hätte er diesen Ehrentitel verdient." Rolf Fischer im Nachruf[10]
  • "Er verstand seine Arbeit als Dienst an unserer Stadt, 'die Pflicht des Tages im guten und redlichen Sinne zu erfüllen'. Mit dieser Haltung und mit der Kraft seiner natürlichen Autorität hat er die Geschicke unserer Stadt dienend mitgestaltet." So in der von Oberbürgermeister Norbert Gansel unterzeichneten Traueranzeige der Stadt.[11]

Literatur

  • Witte, Albert: Erinnerungen an den Wiederbeginn der Sozialdemokratie. Die SPD vor 1933 und im 3. Reich, in: Wir sind das Bauvolk (Kiel 1985), S. 31-35
  • Danker, Uwe: Zur Person Albert Wittes, in: Wir sind das Bauvolk (Kiel 1985), S. 35

Quellen

  1. Danker, Person, S. 35
  2. Susanne Kalweit (Hrsg.): Ich hab' mich niemals arm gefühlt. Die Kielerin Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben (Berlin/Hamburg 2010), S. 173
  3. So einmal nach Bettys Tod telefonisch gegenüber Rosa Wallbaum.
  4. Kieler Nachrichten, 2.9.2000
  5. Jens-Christian Jacobsen: "Der Stolz der Gesamtpartei?" Die SPD Schleswig-Holstein 1918-1933, Demokratische Geschichte 3(1988), S. 235, Anm. 97
  6. Danker, Person, S. 35
  7. Danker, Person, S. 35
  8. SPD Kiel (Hrsg.): Kiel im Mai 1945 - Hell aus dem dunklen Vergangenen leuchtet die Zukunft empor (Kiel 1985), S. 14
  9. SPD trauert um Albert Witte, Kieler Nachrichten, 2.9.2000
  10. SPD trauert um Albert Witte, Kieler Nachrichten, 2.9.2000
  11. Kieler Nachrichten, 2.9.2000