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*[[Uta Wilke|Wilke, Uta]]: ''Eine enttäuschte Liebe. Otto Kelling startete [[1992]] mit großen Hoffnungen – Streit mit der SPD machte bundesweit Schlagzeilen'' (OB-Serie), ''Kieler Nachrichten'', 16.12.2015
*[[Uta Wilke|Wilke, Uta]]: ''Eine enttäuschte Liebe. Otto Kelling startete [[1992]] mit großen Hoffnungen – Streit mit der SPD machte bundesweit Schlagzeilen'' (OB-Serie), ''Kieler Nachrichten'', 16.12.2015


== Quellen ==
== Einzelnachweise ==
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Version vom 1. Oktober 2020, 09:55 Uhr

Otto Kelling
Otto Kelling
Otto Kelling
Geboren: 12. Januar 1949

Dr. rer. pol. Otto Kelling, * 12. Januar 1949 in Lingen (Ems); Diplom-Kaufmann, Diplom-Sozialwirt, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Kiel. Mitglied der SPD bis ca. 1996.

Werdegang

Nach Schule, Studium und Promotion begann Otto Kelling seine berufliche Tätigkeit in der Kämmereiverwaltung der Stadt Düsseldorf. 1986 wurde er Kämmerer von Iserlohn und dort 1989 zum 1. Beigeordneten gewählt. Am 17. September 1992 wählte ihn die Kieler Ratsversammlung bei nur drei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen zum Oberbürgermeister. Dies blieb er bis 1996.

Seit seinem Abgang als Oberbürgermeister betätigt er sich in der Wohnungswirtschaft; 2017 war er Geschäftsführer einer Wohnungsbaugesellschaft.

Otto Kelling ist in zweiter Ehe verheiratet. Mit seiner verstorbenen ersten Ehefrau hat er drei Kinder.[1]

Partei & Politik

Im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um seine Person trat Otto Kelling aus der SPD aus. Wann er ihr beitrat, ist bisher nicht ermittelt.

Oberbürgermeister in Kiel

Otto Kelling trat sein Amt als von der Ratsversammlung gewählter Oberbürgermeister am 1. November 1992 an.[2].

Der Wahl vorausgegangen war ein parteiinternes Findungs- und Auswahlverfahren, in dem er sich mit großer Mehrheit bei nur wenigen kritischen Stimmen gegen mehrere MitbewerberInnen durchgesetzt hatte. Gesucht wurde nach dem "politischen" Oberbürgermeister Karl-Heinz Luckhardt ein Verwaltungsexperte, der die Stadtverwaltung modernisieren sollte. Verwaltungsmodernisierung wurde nicht nur in Kiel als erforderlich angesehen, sondern war (Mode-)Thema in sehr vielen Kommunen. Die Schlagworte lauteten u.a. "Tilburger Modell" (die niederländische Stadt Tilburg war die erste, die mit Dienstleistungsorientierung, Vorgabe strategischer Ziele, Controlling arbeitete) und "Budgetierung" (die Ratsversammlung beschränkt sich auf Grundsatzentscheidungen, bewilligt die Mittel und läßt die Verwaltung innerhalb des vorgegebenen Rahmens selbstverantwortlich handeln). Die große Mehrheit der Ratsmitglieder war, wie die Wahl zeigte, von Otto Kellings Kompetenz überzeugt.

Die Ernüchterung über seine Arbeit setzte aber schon bald ein. Denn der neue OB "lieferte" nicht. Er bediente sich - wie viele andere - der modernen Schlagworte, ohne sie mit Inhalt füllen zu können. Es wurden theoretische Konzepte erstellt, aber nur wenig davon in die Verwaltungspraxis umgesetzt. Die Zusammenarbeit mit den anderen Mitgliedern des Magistrats, in dem der OB "Erster unter Gleichen" war, klappte parteiübergreifend nicht, wobei die Probleme nicht nur auf einer Seite gelegen haben mögen. Der OB wurde nicht nur vom politischen Gegner kritisiert - das ist normal - sondern zunehmend auch von der eigenen Partei, die ihm unter anderem vorwarf, nicht genügend präsent zu sein.[3]

Er war in drei Jahren in Kiel nicht heimisch geworden, konnte oder wollte, entgegen seiner Zusicherung bei der Wahl, keine geeignete Behausung finden. Die Familie blieb in Iserlohn; er fuhr jedes Wochenende dorthin. Bald wirkten die ausgedehnten Heimfahrten wie Fluchten aus der Verantwortung. Im dritten Jahr verlor die Partei die Geduld. Der am 4. März 1995 neu gewählte Kreisvorstand unter Rolf Fischer legte ein Verfahren zur Lösung des Konflikts fest, das vier Regionalkonferenzen und einen Sonderparteitag am 4. April 1995 umfasste.

Auf den im Wochenrhythmus stattfindenden Regionalkonferenzen musste sich der OB den Fragen der Genossinnen und Genossen stellen. Anders als bei seiner Nominierung konnte er nicht mehr überzeugen. Auf dem Sonderparteitag folgte daher in geheimer Wahl die Mehrheit (75 Ja-Stimmen bei 43 Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen) dem Leitantrag des Kreisvorstandes, der eine Neuwahl forderte, da er das Vertrauensverhältnis zwischen Fraktion/Magistrat und dem OB als zerrüttet ansah.

Gegen Ende seiner Amtszeit machte dieser sich auch juristisch angreifbar, indem er vorsätzlich gegen bindende Vorgaben der Ratsversammlung handelte (und sich ertappen ließ).

Abwahl

Für die Abwahl war eine Zweidrittelmehrheit in der Ratsversammlung erforderlich. Obwohl die CDU den Oberbürgermeister ebenso kritisch beurteilte, war sie zunächst nicht bereit, die Abwahl mitzutragen, sondern gefiel sich in der Rolle des lachenden Dritten.[4]

Erst als Ende 1996 durch den Landtag die Gemeindeordnung geändert und die Magistratsverfassung durch die Direktwahl des Verwaltungschefs ersetzt wurde, war der Weg für die Trennung vom glücklosen OB geebnet. Da ihm die nötige Legitimation für diese gestärkte Position fehlte, war Otto Kelling bereit, sich abwählen zu lassen.[5] Ein freiwilliger Rücktritt hätte dagegen seine Pensionsansprüche geschmälert.

Nach nur vier Jahren im Amt wurde Otto Kelling im 1. Wahlgang am 31. Oktober 1996 mit 39 Ja-Stimmen von SPD, CDU und GRÜNEN gegen 6 Nein-Stimmen bei einer Enthaltung von der Ratsversammlung abberufen. Im nach der Gemeindeordnung vorgeschriebenen 2. Wahlgang stimmten am 5. Dezember 1996 erneut 39 Ratsmitglieder für die Abberufung, vier dagegen, ein Ratsmitglied enthielt sich.[6] Damit war in beiden Wahlgängen die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit von 33 Stimmen übertroffen; die Abberufung wurde wirksam.

Ein großes gegenseitiges Missverständnis - so die Sicht eines nicht unmittelbar beteiligten Kommunalpolitikers - fand damit ein Ende. Seine eigene Rückschau fasste Otto Kelling in den Satz: "Was ein Mensch alles aushalten kann."[7]

Stimmen

Nach Auffassung der Journalistin Susanne Gaschke

"versuchte die SPD, mit der Wahl des vormaligen Iserlohner Beigeordneten Otto Kelling, Jahre politischen Fortschritts [in Kiel] auf einen Sprung nachzuholen. Kelling parlierte fließend über moderne Verwaltungsstrukturen, Verschlankung, Controlling und EDV. Allein, die Modernisierungsphantasien scheiterten schnell und gründlich daran, daß der Iserlohner sich selbst, den Magistrat, die Ratsherren, die Verwaltung und seine eigene Partei in einen unentwirrbaren Kommunikationsknoten schlang, der die Rathauspolitik zum Erliegen brachte. Die SPD rang sich zur Abwahl ihres eigenen Mannes durch, die CDU wollte anfangs ihre dafür notwendigen Stimmen nicht hergeben, doch inzwischen sind alle der Meinung: Kelling muß weg."[8]

Literatur & Links

  • Wikipedia: Otto Kelling
  • Auge, Oliver: Kiel in der Geschichte. Facetten einer Stadtbiografie (Kiel 2017) ISBN 978-3-529-05195-1
  • Gaschke, Susanne: Schafft es der Moralist?, DIE ZEIT, 17.5.1996
  • Wilke, Uta: Eine enttäuschte Liebe. Otto Kelling startete 1992 mit großen Hoffnungen – Streit mit der SPD machte bundesweit Schlagzeilen (OB-Serie), Kieler Nachrichten, 16.12.2015

Einzelnachweise

  1. Wikipedia: Otto Kelling, abgerufen 29.7.2020
  2. Stadtarchiv Kiel, Protokolle der Ratsversammlung vom 20.8., 14.9. und 17.9.92, Signatur PII/464
  3. Vgl. Auge, Facetten, S. 145
  4. Vgl. Auge, Facetten, S. 146
  5. Auge, Facetten, S. 146, schreibt "Rücktritt". Es handelte sich jedoch um die Zustimmung zu seiner Abwahl, wie die Ratsprotokolle belegen.
  6. Stadtarchiv Kiel, Protokolle der Ratsversammlung vom 31.10., 21.11. und 5.12.96, Signatur PII/497
  7. Zit. bei Auge, Facetten, S. 146
  8. Gaschke, Susanne: Schafft es der Moralist?, DIE ZEIT, 17.5.1996