Bezirksparteitag 1914, Eckernförde

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Bezirksparteitag Eckernförde 1914
2. August 1914
Eckernförde
Siehe auch: Beschlussdatenbank

Der Bezirksparteitag 1914, Eckernförde stand im Zeichen des Ersten Weltkrieges, der am Vortag begonnen hatte.

Nur ein Teil der Delegierten konnte kommen. Die anderen befanden sich bereits auf dem Weg zu ihren Truppenteilen. Der Bezirksvorsitzende Heinrich Kürbis erklärte einleitend, dass "im Zeichen des Kriegszustandes und des Belagerungszustandes" nicht an eine ordnungsgemäße Abwicklung der Geschäfte zu denken sei. Eduard Adler legte dann einen Antrag vor, der erst in der Nacht zuvor durch den Bezirksvorstand und die Etatkommission entworfen worden war. Er wurde einstimmig angenommen:[1]

Heinrich Kürbis
"Die Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein und das Fürstentum Lübeck hat gemeinsam mit der deutschen Gesamtpartei und den anderen Parteien in Europa ihr Bestes getan, um den drohenden Weltkrieg zu verhindern und eine friedliche politische Entwicklung der Völker zu Wohlfahrt und Freiheit zu sichern. Wir stellen fest, daß unsere Partei keine Schuld an dem Verderben trifft, das da über die Welt ziehen will; die Verhältnisse dieser kapitalistischen Zeit und deren Konsequenzen waren stärker als die Arbeit unserer Millionen und der Friedenswille mancher Regierenden. Indem wir uns gezwungen diesen Tatsachen beugen und auch unseren tiefen Schmerz darüber zum Ausdruck bringen, daß drüben in Frankreich einer unserer Besten, Genosse Jean Jaurès, als erstes Opfer der Rückständigkeit Europas fallen mußte, sprechen wir neben einer schwachen Hoffnung, daß dieser Weltenbrand trotz Kriegszustands und Mobilmachung vermieden werden kann, die sichere Hoffnung aus, daß dieses Ringen der Staaten das letzte in Europa sein möge und die Zuversicht, daß mit Hilfe der Sozialdemokratie bald der Tag kommen wird, wo unmöglich ist, was wir heute noch als blutige Tatsache vor uns sehen."[2]

Als zentrales Thema des Bezirksparteitags war ursprünglich vorgesehen, zur geplanten Änderung des Kommunalwahlrechts zuungunsten der Arbeiter Stellung zu nehmen. Dazu sagte die Entschließung, dass sich dies erübrige, da "angesichts des hereinbrechenden Krieges der preußische Landtag weder Zeit noch Mut zu solcher die Massen aufreizender Arbeit finden kann..." Keine Regierung werde es wagen, "denen, die so unsäglich viel opfern mussten, nach dem Ringen Rechte zu nehmen, die sie zuvor besaßen und liebten..."[3] In dem Beschluss hieß es:

"Für den Fall, daß Kriegszustand, Krieg und Kriegsnot es unmöglich machen, die Parteiarbeit in den gewohnten Formen weiterzuführen, sprechen die versammelten Delegierten denen, die es angeht, den Auftrag aus, im Geiste unserer Bewegung auch dann zu arbeiten, wenn die Form zerbrochen ist. Kriege und Leiden werden ein Ende nehmen, gefallene Kämpfer werden durch neue ersetzt, und die Menschheit geht vorwärts trotz allem, was sie heute noch heimsucht, vorwärts zu Frieden, Freiheit und Kultur. In dem Sinne getragen von unserer sozialistischen Überzeugung, gehen wir heim."[4]

Der Bezirksvorstand sollte mit den Rechten und Pflichten eines Parteitages die laufende Arbeit fortführen; man rechnete mit einer Kriegsdauer von einigen Monaten. Mit einem Hoch auf die "internationale, die völkerbefreiende Sozialdemokratie" gingen die Delegierten auseinander.[5]

Einzelnachweise

  1. Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o.J. [1963])
  2. Lübecker Volksbote, Ausgabe vom 3. August 1914
  3. Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o.J. [1963])
  4. Lübecker Volksbote, Ausgabe vom 3. August 1914
  5. Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o.J. [1963])