Landtagswahlen 1848-1918

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Der Preußische Landtag, ehemals Sitz des Preußischen und heute des Berliner Abgeordnetenhauses
Der Preußische Landtag, ab 1899 Sitz des Preußischen und heute des Berliner Abgeordnetenhauses

Bei den Landtagswahlen 1848-1918 wählten die Bürger in Preußen die Zusammensetzung des Preußisches Abgeordnetenhauses - der zweiten Kammer des Preußischen Landtags. Die erste Kammer, das Herrenhaus, bestand aus Vertretern des Königshauses, des Adels und aus einzelnen vom König individuell berufenen Abgeordneten.

Nach dem Krieg mit Österreich wurde Schleswig-Holstein 1866 preußische Provinz und erhielt im Abgeordnetenhaus 18 Sitze. Ab 1876 kam noch ein Sitz für das Herzogtum Lauenburg hinzu.

Bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus galt das Dreiklassenwahlrecht. Das bedeutete, die Wahl war ungleich: Die Wähler wurden nach Höhe ihrer Steuerleistung in drei Abteilungen (Klassen) eingeteilt, ihre Stimmen hatten so ein sehr unterschiedliches Gewicht. Die Wahl der Abgeordneten erfolgte indirekt: die wahlberechtigten Wähler wählten Wahlmänner, diese wiederum die Abgeordneten ihres Wahlbezirkes. Die Wahl war in der dritten Klasse nicht geheim.

"Das Wahlrecht für das Abgeordnetenhaus des preußischen Landtags seit 1849 sah die allgemeine, indirekte, ungleiche und öffentliche Wahl der Abgeordneten durch die männlichen preußischen Staatsangehörigen vor, die mindestens das 24. Lebensjahr vollendet hatten, in Preußen seit mindestens 6 Monaten ihren Wohnsitz hatten, keine Armenunterstützung bezogen und ihrer bürgerlichen Ehrenrechte nicht verlustig waren (§§8-9 WahlGPA). Ab 1874 waren Wahlberechtigte im aktiven Militärdienst von der Wahl ausgeschlossen."[1]

Das benachteiligte die ärmeren Menschen - diejenige, die den Großteil der SPD-Wählerschaft ausmachten. Überhaupt waren dadurch nur rund 20 % der Bevölkerung Preußens wahlberechtigt - 80 % davon in der dritten Klasse. Frauen durften gar nicht an Wahlen teilnehmen. Zeitweise beschlossen deswegen die SPD-Parteitage Wahl-Boykotte. 1882 beteiligte sich Karl Frohme trotz des Boykotts an der Wahl und wurde dafür im Sozialdemokrat von Eduard Bernstein kritisiert.[2]

1900 verpflichtete der Parteitag in Mainz die Gliederungen, sich an den Wahlen zu beteiligen. "Die Parteigenossen werden verpflichtet, in den deutschen Staaten, in denen das Dreiklassenwahlrecht besteht, sich mit eigenen Wahlmännern an den Wahlen zu beteiligen. Für die Landtagswahlen in Preußen bildet der Parteivorstand das Zentral-Wahlkomitee," vermerkt Franz Osterroth in seiner Chronik der Sozialdemokratie[3]. So gelang es der SPD erst bei den letzten zwei Wahlen, 1908 und 1913, einige Mandate zu erringen.

Auf dem Parteitag 1902 hielt Eduard Adler ein sehr ausführliches Referat über die Schwierigkeiten der Beteiligung an den Landtagswahlen. Dabei legte er auch einen organisatorischen 16-Punkte-Plan vor, was notwendig sei, damit das Unterfangen überhaupt eine Chance habe. Es gab absurd anmutende Herausforderungen - unter Umständen mussten die Wähler den ganzen Tag im Wahllokal verbringen, um bei einer ggf. unmittelbar folgenden Stichwahl teilnehmen zu können.[4]

In der Landtagswahl 1908 trat die SPD in allen Schleswig-Holsteinischen Wahlkreisen außer in Tondern an. Die Wahlmänner warben in Haustürgesprächen für sich. Da die Stimmabgabe öffentlich war, entstanden für die Wähler der SPD ziemliche Risiken. In den Urwahlen wurden in 15 der 19 Wahlkreise SPD-Wahlmänner gewählt.[5]

"Der preußische Parteitag der Sozialdemokratie im Dezember 1908 faßte den kühnen Beschluß, einen außerparlamentarischen Massenkampf gegen das verhaßte Dreiklassenwahlrecht und für das gleiche, geheime und direkte Wahlrecht aller über 20jährigen Männer und Frauen zu führen. Jedes Parteimitglied war zur Beteiligung verpflichtet."[5]

Am 15. November 1918 löste das preußische Revolutionskabinett aus MSPD und USPD im Zuge der Novemberrevolution das Abgeordnetenhaus auf.

Ergebnisse

Wahlergebnisse der SPD[6]
Datum Stimmanteil Veränderung Mandate
3. November 1898 2,3 % 0
20. November 1903 18,8 % + 12,3 0
16. Juni 1908 23,9 % + 5,1 6
3. Juni 1913 28,4 % + 4,5 10

Wahlkreise

  1. Hadersleben
  2. Apenrade-Sonderburg
  3. Flensburg (Stadt und Land)
  4. Tondern
  5. Husum-Eiderstedt
  6. Schleswig
  7. Eckernförde
  8. Altona (Stadtkreis)
  9. Pinneberg
  10. Steinburg
  11. Süderdithmarschen
  12. Norderdithmarschen
  13. Rendsburg
  14. Kiel (Stadt- und Landkreis)
  15. Segeberg
  16. Stormarn
  17. Plön
  18. Oldenburg
  19. Lauenburg

Zitiert nach Osterroth[5]

Links

Einzelnachweise

  1. wahlen-in-deutschland.de: Landtag von Preußen 1848-1918
  2. Der Provinzial-Parteitag für Schleswig-Holstein, Hamburg, Lauenburg und Fürstenthum Lübeck, Lübecker Volksbote, 10.9.1897, Seite 3
  3. Osterroth, Franz / Schuster, Dieter: Chronik der deutschen Sozialdemokratie. Band 1: Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (2., neu bearb. und erw. Aufl. 1975. Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001)
  4. XII. Sozialdemokratischer Parteitag für Schleswig-Holstein, Lauenburg, das Fürstenthum Lübek und die Freie Stadt Hamburg - Dritter Verhandlungstag, Hamburger Echo, 3.9.1902, S. 6
  5. 5,0 5,1 5,2 nach: Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 42
  6. Für die Wahlen vor 1898 liegen zur Parteistellung der Urwähler keine zusammenhängende Angaben der Amtlichen Statistik vor, laut wahlen-in-deutschland.de: Landtag von Preußen 1848-1918