Atomkraft: Unterschied zwischen den Versionen

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=== Atomkonsens 2000 ===
Die rot-grüne Bundesregierung beschließt den Atomausstieg in Deutschland und setzt damit eines ihrer zentralen politischen Anliegen um.
* [http://www.greenpeace.de/themen/atomkraft/atompolitik/artikel/der_atomkonsens_im_wortlaut/ Der Atomkonsens im Wortlaut]


== Quellen ==
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Version vom 30. Mai 2011, 13:31 Uhr

Atomkraft galt in der SPD zunächst als sauber und fortschrittlich. Mitte der 1970er Jahre ging aber von der SPD Schleswig-Holstein der Impuls zum Umdenken aus.

Abkehr von der Atomkraft

Landesparteitag

Auf dem Landesparteitag 1975 in Bad Oldesloe stellten die Jusos auf Initiative von Hilmar Zschach einen Initiativantrag mit dem Titel "Stoppt das Bonner Atomprogramm - gebt uns eine Denkpause.". Darin argumentierten die Jusos für ein Moratorium der Kernkraft:

"Die Antragsteller meinen nicht, daß Kernenergie grundsätzlich abzulehnen ist, vielmehr gehen sie davon aus, daß in einer befristeten Unterbrechung die schwerwiegenden Bedenken untersucht werden müssen, daß aber bei forciertem Weiterbau eine eventuelle Abkehr von der Kernenergie immer schwieriger wird"[1]

Fachkonferenz Kernenergie

Das Ergebnis der folgenden, kontroversen Diskussion auf dem Landesparteitag war der Beschluss einer Fachkonferenz Ende April 1976 in Kiel, dessen Leiter Ernst-Wilhelm Stojan war. Durch die Konferenz kam eine landesweite Diskussion ins Laufen, die immer als "ergebnisoffen" bezeichnet wurde.[2]

Baubeginn Brokdorf

Unter strengster Geheimhaltung wurde am Nachmittag des 25. Oktobers 1976 die erste Teilerrichtungsgenehmigung zum Bau des Atomkraftwerks Brokdorf im CDU-geführten Sozialministerium und man ordnete den Sofortvollzug an.

Diese Wendung veränderte auch die Diskussion.[3] Im Landtag sagt Klaus Matthiesen:

"Brokdorf ist das erschreckende Symbol für ein technokratisches Staatsverständnis und für falsches Regierungshandeln. Und dies wird von uns nicht mitgetragen, und an diesem Punkt gibt es keine Gemeinsamkeit."

Landesvorstandsbeschluss

Nach heftigen Kontroversen in der SPD und in der Landtagsfraktion zieht der Landesvorstand am 1. November 1976 einen ersten Schlussstrich und beschließt auf Initiative von Gerd Walter:

"Die Diskussion im Landesvorstand der SPD Schleswig-Holstein und die Beratung der Fachkonferenz "Kernenergie" des Landesverbandes der SPD Schleswig-Holstein haben ergeben, dass die wirtschaftliche Nutzung der Kernenergie, der Bau und der Export von Kernkraftwerken insgesamt mehr ungeklärte Probleme und unübersehbare Risiken enthalten als bisher der breiten Öffentlichkeit bekannt geworden ist."

Damit war die SPD des Landes der erste Landesverband, der die bisherige Position der SPD verließ. Die Landes-SPD verwies auf kritische Stimmen zur Kernenergie. Dennoch waren große Widerstände auch von Teilen des eigenen Landesverbandes zu erwarten. Günther Jansen versuchte anschließend in der Öffentlichkeit dem Beschluss durch die Betonung der Diskussionsbereitschaft die Radikalität zu nehmen.

Eskalation in Brokdorf

Am 13. November 1976 gab es die Großdemonstration in Brokdorf - und der Landesvorsitzende Günter Jansen demonstrierte ebenso mit wie die Jusos und erstattete Strafanzeige gegen Landesinnenminister Rudolf Titzck. Die Auseinandersetzungen am Bauplatz eskalierten, der Polizeieinsatz wurde härter, die Diskussion um Polizei, Demonstrationsrecht, Rechtsstaat verschärfte sich. Teile der Landtagsfraktion schlossen sich den Protesten an.

Der Landesvorstand beschloss daraufhin, die Fraktion mögen auf Einstellungen der Bauarbeiten hinwirken:

"Sofortige Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der ersten Teilbaugenehmigung in Brokdorf. Konsequenz: Umgehende Einstellungen der Bauarbeiten bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit der Teilbaugenehmigung. Einstellung der Bauarbeiten an den übrigen Kernkraftwerken, sobald technisch vertretbar, spätestens jedoch, wenn erteilte Teilbaugenehmigungen auslaufen. Unter keinen Umständen dürfen im Bau befindliche Kernkraftwerke in Betrieb genommen werden."

Gegenbewegung

Landesvorstandsmitglied Kurt Hamer setzte sich an die Spitze einer Gegenbewegung, die den Landesparteitagsbeschluss wieder kippen wollte. Auch die ÖTV war gegen das Moratorium - sie fürchtete um die Arbeitsplätze und organisierte Gegendemonstrationen. Beim Antrag der Landtagsfraktion auf Rücknahme der Anordnung der sofortigen Vollziehung der ersten TEG für Brokdorf enthielten sich vier Abgeordnete des Gewerkschaftsflügels: Hans Schwalbach (ÖTV-Bezirksvorsitzender), Alfred Prezewowsky (IG-Metall Bevollmächtigter), Hans-Gerd Ramler (DAG) und Jan Sierks (DGB-Landesbezirksvorsitzender Nordmark). Nach einem Beschwerdebrief, der auch an Helmut Schmidt, Egon Bahr und Herbert Wehner ging bittet Günther Jansen die Gewerkschafter "um Beachtung der Tatsache, dass in der SPD immer die Partei grundlegende Entwicklungen und Inhalte der Gesellschaftspolitik vorangetrieben habe".

Bundesebene

Auf Antrag von MdB Reinhard Ueberhorst beschloss der Landesvorstand am 18. April 1977 Unterstützung für die MdBs "in ihren Bemühungen, keine Haushaltsentscheidung zu fördern, die einen Ausbau der Kernenergie, insbesondere der sogenannten Schnellen Brüter, festschreiben könnte". 7 der 10 Bundestagsabgeordneten aus Schleswig-Holstein hatten angekündigt, den Haushalt des Bundesministers für Forschung und Technologie abzulehnen. Sie erreichten immerhin eine Sperrung der Mittel für den Brüter, die erst aufgehoben werden sollte, wenn ein Fragenkatalog des Technologie-Ausschusses zufriedenstellend beantwortet wäre.

Landesparteitag

Auf dem Landesparteitag 1977 in Tönning beschloss man das gesamte Energiekonzept auf den Prüfstand zu stellen und auch die erneuerbaren Energien zu erwägen. Der Antrag, von Günter Jansen eingebracht, wurde mit großer Mehrheit angenommen.[4] Trotz zwischenzeitlich harscher Kritik an Jansen gab es keine Kritik in der Rechenschaftsdebatte. Jansen wurde mit 138 Stimmen bei 23 Nein und 6 Enthaltungen als Landesvorsitzender wiedergewählt.

Bundesparteitag, Hamburg

Die Bundespartei hatte einen Kompromiss in der Energiepolitik vorgelegt, der im Prinzip alles offen ließ. Die Schleswig-Holsteinische Delegation stimmte trotzdem geschlossen dagegen - zu Recht: In der Fortschreibung des Entwurf setzt der Parteivorstand wieder voll auf Kernenergie. Doch die Unterstützer der Schleswig-Holsteinischen Linie waren diesmal mehr: Unter anderem war Bremen und der Juso-Bundesvorstand unter den Kritikern.

Landtagswahl 1979

Brokdorf wurde bei der Landtagswahl 1979 zum bestimmenden Thema. Erstmal waren auch die GRÜNEN dabei. Günther Jansen sagte:

"Die SPD Schleswig-Holstein ist eine der wenigen, wenn nicht die einzige Parteiorganisation, die glaubwürdig Wahlkampf auch gegen die 'Grünen Listen' machen kann und wird. Diese Glaubwürdigkeit ist das Ergebnis der konsequenten Konfliktbereitschaft, eine programmatische Aussage - wie z.B. die Baustoppforderung für KKW - auch dann durchzuhalten und zu vertreten, wenn man dafür öffentlich Prügel gar des eigenen Bundeskanzlers befürchten muss...Die Wähler in diesem Land sollen wissen und sich darauf verlassen können, dass eine SPD-geführte Landesregierung in Schleswig-Holstein den Bau von Atomkraftwerken in diesem Land verhindern wird."

Die SPD verlor zwar die Wahl, erreichte aber mit 41.7% ihr bestes Ergebnis bei einer Landtagswahl seit 1947.

Enquete Kommission

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Atomkonsens 2000

Die rot-grüne Bundesregierung beschließt den Atomausstieg in Deutschland und setzt damit eines ihrer zentralen politischen Anliegen um.

Quellen

  1. Rave, Klaus (1988) "Programmarbeit – und sie bewegt doch! Die Rolle der SPD Schleswig-Holsteins in der Programmdiskussion der sechziger Jahre" in "Demokratische Geschichte" Bd: 3 Download
  2. Rave, Klaus (1988) "Programmarbeit – und sie bewegt doch! Die Rolle der SPD Schleswig-Holsteins in der Programmdiskussion der sechziger Jahre" in "Demokratische Geschichte" Bd: 3 Download
  3. Rave, Klaus (1988) "Programmarbeit – und sie bewegt doch! Die Rolle der SPD Schleswig-Holsteins in der Programmdiskussion der sechziger Jahre" in "Demokratische Geschichte" Bd: 3 Download
  4. Rave, Klaus (1988) "Programmarbeit – und sie bewegt doch! Die Rolle der SPD Schleswig-Holsteins in der Programmdiskussion der sechziger Jahre" in "Demokratische Geschichte" Bd: 3 Download