Sozialistische Arbeiterjugend: Unterschied zwischen den Versionen
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Die '''Sozialistische Arbeiter-Jugend (SAJ)''' war ein sozialistischer Jugendverband im Umkreis der SPD. | Die '''Sozialistische Arbeiter-Jugend (SAJ)''' war ein sozialistischer Jugendverband im Umkreis der SPD. Reichsvorsitzender wurde [[Max Westphal]], sein Nachfolger [[1928]] [[Erich Ollenhauer]]. | ||
Die SAJ wurde nach dem (Wieder-)Zusammenschluss von SPD und [[USPD]] aus deren Jugendverbänden gegründet. Der SPD-nahe [[Verband der Arbeiterjugendvereine Deutschlands (VAJV)]] und die USPD-nahe Sozialistische Proletarierjugend (SPJ) schlossen sich am [[29. Oktober]] [[1922]] zur SAJ zusammen. Dabei war der VAJV mit 90.000 Mitgliedern weit größer als die SPJ mit 20.000 Mitgliedern. Eine weitere Vorläuferorganisation waren die [[1923]] gegründeten [[Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde|Kinderfreunde]]. | |||
: "Die Parteiorganisation für die 14-18jährigen (seit 1927 bis 20jährigen) war die SAJ. Charakteristisch für viele Jugendliche, die nach dem Krieg zur SAJ kamen, war ihr Bildungshunger.<ref>In Anm. 97 weist der Autor auf die Zeitzeugen [[Albert Witte]] und [[Karl Rickers]] hin</ref> Als Volksschüler, die sie als Arbeiterkinder in der Regel waren, ohnehin benachteiligt, mußten sie während des Krieges noch zusätzlich verschlechterte Unterrichtsbedingungen hinnehmen. Den großen Nachholbedarf zu befriedigen, wurde in der Arbeiterjugend unter Mithilfe von Jungsozialisten<ref>In Anm. 98 weist der Autor auf [[Wilhelm Kuklinski]] hin</ref> und vieler Professoren enorm viel geleistet. | |||
: Mit dem Bildungshunger verband sich ein besonderer Kulturenthusiasmus (Natur, Musik, Theater, Tanz), die Vorstellung, in einer 'Volks- oder Gemeinschaftskultur' den 'Neuen Menschen' zu formen.<ref>In Anm. 99 weist der Autor hin auf Gustav Radbruch: ''Kulturlehre des Sozialismus'' (Berlin 1922), S. 49 f.</ref> Unübersehbar war auch eine Verwandtschaft mit der bürgerlichen 'freideutschen' Jugend, die sich z.T. in der Kleidung ('Schillerkragen'), dem hohen Stellenwert von Wanderungen, Volksliedern und Volkstänzen, der Ablehnung von Nikotin und Alkohol und in romantischer Schwärmerei äußerte.<ref>In Anm. 100 weist der Autor hin auf Norbert Holtz: ''"Zwischen Marx und Wandervogel". Zur Geschichte der SAJ in Altona und Hamburg (1918-25)'', in: ''Das andere Altona'', hrsg. v. A. Sywottek (Hamburg 1984), S. 103-122</ref> | |||
: Den Älteren in der Partei war dieser Lebensstil fremd. Im Gegensatz zur bürgerlichen Jugend war für die SAJ das mit den Älteren gemeinsam angestrebte Ziel des Sozialismus wichtiger als der Generationskonflikt. Die Arbeit in der Partei hatte einen hohen Stellenwert: Betreuung von Falkengruppen, Mitgestaltung von SPD-Veranstaltungen (mit den Jungsozialisten), Hilfen im Wahlkampf. Zudem kam seit Mitte der Zwanziger Jahre ein mehr politischer Zug in die Arbeit der SAJ. Langsamer als die Partei hatte man sich von den Mitgliederverlusten der Inflationszeit erholt<ref>In Anm. 101 weist der Autor darauf hin, dass die SAJ unter der Konkurrenz der Jugendorganisationen von Gewerkschaft, [[Arbeitersport]] und [[Reichsbanner]] litt</ref>, Selbstkritik erwachte ([[1926]]), und: 'unter die romantische Epoche der Arbeiterjugendbewegung wurde entschlossen ein Schlußstrich gezogen...' Man gab die mit der Gewerkschaft [[1920]] vereinbarte Schwerpunktsetzung bei der Kulturarbeit auf und wollte sich auch dem 'Kampf für Jugendschutz und Jugendrecht' zuwenden. Das Ziel war 'Erziehung eines geistig klaren ... und von tiefer sozialistischer Gesinnung erfüllten Nachwuchses der Arbeiterklasse, d.h. Formung des jungen Menschen zu einem tüchtigen Staats- und Weltbürger!'<ref>In Anm. 102 weist der Autor hin auf den ''Tätigkeitsbericht 1927/28'' des Bezirksverbands Schleswig-Holstein der SPD</ref> | |||
:Die Organisation nahm in der Phase des Abwehrkampfes gegen den Nationalsozialismus wieder einen Aufschwung: die Anzahl der Ortsgruppen konnte von 27 (1930)<ref>In Anm. 103 weist der Autor hin auf die Zeitschrift "Die Neue Jugend", Nr. 12, 1930, wonach SAJ-Gruppen in folgenden Orten bestanden: Flensburg, Schleswig, Husum, Tönning, Groß-Kiel, Neumünster, Tungendorf, Bordesholm, Eckernförde, Groß-Rendsburg, Elmschenhagen, Klausdorf/Schw., Preetz, Rönfeldholz, Lütjenburg, Elmshorn, Itzehoe, Pinneberg, Burg/Dithm., Glückstadt, Kellinghusen, Ratzeburg, Mölln, Lauenburg, Bad Oldesloe, Schwarzenbek, Segeberg</ref>auf 38 (März 1932) erhöht werden, wie der Bezirksvorsitzende der SAJ, [[Gustav Schatz]] aus Kiel, auf dem [[Bezirksparteitag 1932, Rendsburg|Bezirksparteitag]] im April [[1932]] in Rendsburg bekanntgab."<ref>Jens-Christian Jacobsen: ''"Der Stolz der Gesamtpartei?" Die SPD Schleswig-Holstein 1918-1933'', ''Demokratische Geschichte'' 3(1988), S. 235</ref> | |||
Ende der 1920er Jahre kam die Bezeichnung "Falken" oder "Rote Falken" für die älteren Jahrgänge der SAJ und der Kinderfreunde auf. | |||
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In der zweiten Jahreshälfte [[1931]] spaltete sich die [[Sozialistische Arbeiterpartei (SAP)|Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP)]] von der SPD ab. Damit verließen ca. 5000 Mitglieder die SAJ und schlossen sich dem Sozialistischen Jugendverband (SJVD) der SAP an, unter ihnen [[Willy Brandt]]. | |||
Am [[17. Mai]] [[1933]] wurde die Sozialistische Arbeiterjugend in Schleswig-Holstein durch einen Beschluss des Bezirksvorstands aufgelöst. Man wollte so dem Verbot durch die Nazis zuvorkommen.<ref>[[Franz Osterroth]]: ''100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick'' (Kiel o.J. [1963]), S. 110 f.</ref> | |||
Am [[ | Am [[28. Februar]] [[1933]] waren schon alle reichsweiten Zeitungen der SAJ verboten worden. Am [[22. Juni]] folgte das Verbot der SPD und aller ihrer Nebenorganisationen, auch der SAJ, die zu diesem Zeitpunkt noch rund 50.000 Mitglieder hatte. | ||
Nach [[1945]] vereinigten sich in Westdeutschland Aktivisten der SAJ mit denen der [[Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde]] (beide Organisationen bildeten Falkengruppen, wie Jungfalken oder Rote Falken) zur so genannten Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken (SJD – Die Falken), die sich als eigenständiger Kinder-, Jugend- und Erzieherverband versteht. | |||
Nach [[1945]] vereinigten sich in Westdeutschland Aktivisten der SAJ mit denen der [[Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde]] (beide Organisationen bildeten Falkengruppen, wie Jungfalken oder Rote Falken) zur so genannten | |||
== Siehe auch == | == Siehe auch == | ||
* [[SAJ Jugendheime, Kiel]] | * [[SAJ Jugendheime, Kiel]] | ||
* {{Wikipedia|NAME=Sozialistische Jugend Deutschlands - Die Falken}} | |||
== Quellen== | == Quellen== |
Version vom 15. Oktober 2017, 04:09 Uhr
Die Sozialistische Arbeiter-Jugend (SAJ) war ein sozialistischer Jugendverband im Umkreis der SPD. Reichsvorsitzender wurde Max Westphal, sein Nachfolger 1928 Erich Ollenhauer.
Die SAJ wurde nach dem (Wieder-)Zusammenschluss von SPD und USPD aus deren Jugendverbänden gegründet. Der SPD-nahe Verband der Arbeiterjugendvereine Deutschlands (VAJV) und die USPD-nahe Sozialistische Proletarierjugend (SPJ) schlossen sich am 29. Oktober 1922 zur SAJ zusammen. Dabei war der VAJV mit 90.000 Mitgliedern weit größer als die SPJ mit 20.000 Mitgliedern. Eine weitere Vorläuferorganisation waren die 1923 gegründeten Kinderfreunde.
- "Die Parteiorganisation für die 14-18jährigen (seit 1927 bis 20jährigen) war die SAJ. Charakteristisch für viele Jugendliche, die nach dem Krieg zur SAJ kamen, war ihr Bildungshunger.[1] Als Volksschüler, die sie als Arbeiterkinder in der Regel waren, ohnehin benachteiligt, mußten sie während des Krieges noch zusätzlich verschlechterte Unterrichtsbedingungen hinnehmen. Den großen Nachholbedarf zu befriedigen, wurde in der Arbeiterjugend unter Mithilfe von Jungsozialisten[2] und vieler Professoren enorm viel geleistet.
- Mit dem Bildungshunger verband sich ein besonderer Kulturenthusiasmus (Natur, Musik, Theater, Tanz), die Vorstellung, in einer 'Volks- oder Gemeinschaftskultur' den 'Neuen Menschen' zu formen.[3] Unübersehbar war auch eine Verwandtschaft mit der bürgerlichen 'freideutschen' Jugend, die sich z.T. in der Kleidung ('Schillerkragen'), dem hohen Stellenwert von Wanderungen, Volksliedern und Volkstänzen, der Ablehnung von Nikotin und Alkohol und in romantischer Schwärmerei äußerte.[4]
- Den Älteren in der Partei war dieser Lebensstil fremd. Im Gegensatz zur bürgerlichen Jugend war für die SAJ das mit den Älteren gemeinsam angestrebte Ziel des Sozialismus wichtiger als der Generationskonflikt. Die Arbeit in der Partei hatte einen hohen Stellenwert: Betreuung von Falkengruppen, Mitgestaltung von SPD-Veranstaltungen (mit den Jungsozialisten), Hilfen im Wahlkampf. Zudem kam seit Mitte der Zwanziger Jahre ein mehr politischer Zug in die Arbeit der SAJ. Langsamer als die Partei hatte man sich von den Mitgliederverlusten der Inflationszeit erholt[5], Selbstkritik erwachte (1926), und: 'unter die romantische Epoche der Arbeiterjugendbewegung wurde entschlossen ein Schlußstrich gezogen...' Man gab die mit der Gewerkschaft 1920 vereinbarte Schwerpunktsetzung bei der Kulturarbeit auf und wollte sich auch dem 'Kampf für Jugendschutz und Jugendrecht' zuwenden. Das Ziel war 'Erziehung eines geistig klaren ... und von tiefer sozialistischer Gesinnung erfüllten Nachwuchses der Arbeiterklasse, d.h. Formung des jungen Menschen zu einem tüchtigen Staats- und Weltbürger!'[6]
- Die Organisation nahm in der Phase des Abwehrkampfes gegen den Nationalsozialismus wieder einen Aufschwung: die Anzahl der Ortsgruppen konnte von 27 (1930)[7]auf 38 (März 1932) erhöht werden, wie der Bezirksvorsitzende der SAJ, Gustav Schatz aus Kiel, auf dem Bezirksparteitag im April 1932 in Rendsburg bekanntgab."[8]
Ende der 1920er Jahre kam die Bezeichnung "Falken" oder "Rote Falken" für die älteren Jahrgänge der SAJ und der Kinderfreunde auf.
Ende
In der zweiten Jahreshälfte 1931 spaltete sich die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP) von der SPD ab. Damit verließen ca. 5000 Mitglieder die SAJ und schlossen sich dem Sozialistischen Jugendverband (SJVD) der SAP an, unter ihnen Willy Brandt.
Am 17. Mai 1933 wurde die Sozialistische Arbeiterjugend in Schleswig-Holstein durch einen Beschluss des Bezirksvorstands aufgelöst. Man wollte so dem Verbot durch die Nazis zuvorkommen.[9]
Am 28. Februar 1933 waren schon alle reichsweiten Zeitungen der SAJ verboten worden. Am 22. Juni folgte das Verbot der SPD und aller ihrer Nebenorganisationen, auch der SAJ, die zu diesem Zeitpunkt noch rund 50.000 Mitglieder hatte.
Nach 1945 vereinigten sich in Westdeutschland Aktivisten der SAJ mit denen der Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde (beide Organisationen bildeten Falkengruppen, wie Jungfalken oder Rote Falken) zur so genannten Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken (SJD – Die Falken), die sich als eigenständiger Kinder-, Jugend- und Erzieherverband versteht.
Siehe auch
Quellen
- ↑ In Anm. 97 weist der Autor auf die Zeitzeugen Albert Witte und Karl Rickers hin
- ↑ In Anm. 98 weist der Autor auf Wilhelm Kuklinski hin
- ↑ In Anm. 99 weist der Autor hin auf Gustav Radbruch: Kulturlehre des Sozialismus (Berlin 1922), S. 49 f.
- ↑ In Anm. 100 weist der Autor hin auf Norbert Holtz: "Zwischen Marx und Wandervogel". Zur Geschichte der SAJ in Altona und Hamburg (1918-25), in: Das andere Altona, hrsg. v. A. Sywottek (Hamburg 1984), S. 103-122
- ↑ In Anm. 101 weist der Autor darauf hin, dass die SAJ unter der Konkurrenz der Jugendorganisationen von Gewerkschaft, Arbeitersport und Reichsbanner litt
- ↑ In Anm. 102 weist der Autor hin auf den Tätigkeitsbericht 1927/28 des Bezirksverbands Schleswig-Holstein der SPD
- ↑ In Anm. 103 weist der Autor hin auf die Zeitschrift "Die Neue Jugend", Nr. 12, 1930, wonach SAJ-Gruppen in folgenden Orten bestanden: Flensburg, Schleswig, Husum, Tönning, Groß-Kiel, Neumünster, Tungendorf, Bordesholm, Eckernförde, Groß-Rendsburg, Elmschenhagen, Klausdorf/Schw., Preetz, Rönfeldholz, Lütjenburg, Elmshorn, Itzehoe, Pinneberg, Burg/Dithm., Glückstadt, Kellinghusen, Ratzeburg, Mölln, Lauenburg, Bad Oldesloe, Schwarzenbek, Segeberg
- ↑ Jens-Christian Jacobsen: "Der Stolz der Gesamtpartei?" Die SPD Schleswig-Holstein 1918-1933, Demokratische Geschichte 3(1988), S. 235
- ↑ Franz Osterroth: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o.J. [1963]), S. 110 f.