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Einer der strittigen Punkte zwischen Regierung, CDU-Fraktion und SPD war der Landesbeauftragte für den Datenschutz | Einer der strittigen Punkte zwischen Regierung, CDU-Fraktion und SPD war der Landesbeauftragte für den Datenschutz (Das Gesetz ist allein in männlicher Form geschrieben). Der Gesetzentwurf der Regierung sah vor, dass der Innenminister einen Beamten auf Lebenszeit vorschlägt und die Regierung ihn dann bestellt. Er sollte keiner Fachaufsicht unterstehen aber beim Innenministerium angesiedelt sein. Die CDU war der Meinung, die Kontrolle des Datenschutzes sei eine Aufgabe der Exekutive. | ||
Die SPD sah die Kontrollfunktion beim Parlament. [[Klaus Klingner]] sagte im Landtag: "Die SPD wollte und will eine effektivere Kontrolle der Exekutive. Und sie geht dabei davon aus: Die Möglichkeiten der automatischen Datenverarbeitung bedeuten automatisch einen Gewichtszuwachs der Exekutive. Sie sind zunächst ihr Instrument. Und dieser Gewichtszuwachs der Exekutive ist nach unserer Auffassung im System der Gewaltenteilung durch ein entsprechendes Gegengewicht auszugleichen. Dieses Gegengewicht will der Gesetzentwurf der SPD zur Änderung der Landessatzung schaffen."<ref name=":0">2. Lesung PlPr 8/59 09.05.1978 S. [http://lissh.lvn.parlanet.de/shlt/lissh-dok/infothek/wahl08/plenum/plenprot/XQQP08-59.pdf#page=61 4015] 4024</ref> | Die SPD sah die Kontrollfunktion beim Parlament. [[Klaus Klingner]] sagte im Landtag: "Die SPD wollte und will eine effektivere Kontrolle der Exekutive. Und sie geht dabei davon aus: Die Möglichkeiten der automatischen Datenverarbeitung bedeuten automatisch einen Gewichtszuwachs der Exekutive. Sie sind zunächst ihr Instrument. Und dieser Gewichtszuwachs der Exekutive ist nach unserer Auffassung im System der Gewaltenteilung durch ein entsprechendes Gegengewicht auszugleichen. Dieses Gegengewicht will der Gesetzentwurf der SPD zur Änderung der Landessatzung schaffen."<ref name=":0">2. Lesung PlPr 8/59 09.05.1978 S. [http://lissh.lvn.parlanet.de/shlt/lissh-dok/infothek/wahl08/plenum/plenprot/XQQP08-59.pdf#page=61 4015] 4024</ref> |
Version vom 26. April 2022, 20:09 Uhr
Der Datenschutz in Schleswig-Holstein ist stark von der Sozialdemokratie vorangetrieben worden - auch wenn bis heute noch kein Sozialdemokrat und keine Sozialdemokratin Landesdatenschutzbeauftragte gewesen ist.
Ende der 1960er, Anfang der 1970er kamen die Computer langsam in Wirtschaft und Verwaltung an. 1968 beschloss beispielsweise der Landtag die Einrichtung der "Datenzentrale" (heute: "Dataport"). Ihre Aufgabe war "die Erledigung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung im Lande Schleswig-Holstein durch elektronische Datenverarbeitung [zu] ermöglichen."[1]
Auch der Landesverband führte 1972 die elektronische Mitgliederverwaltung ein.[2] Mehr und mehr Daten wurden elektronisch verarbeitet. Dafür musste es Regeln geben. 1970 schaffte die sozialdemokratische Landesregierung von Hessen ein erstes Datenschutzgesetz. Es war damit das erste und älteste formelle Datenschutzgesetz der Welt.
Ein erster Anlauf
In Schleswig-Holstein brachte Jürgen Oldenburg 1973 für die SPD Fraktion einen ersten Entwurf für ein "Gesetz zum Schutze vor mißbräuchlicher Datennutzung (Landesdatenschutzgesetz)"[3] in den Landtag ein, der dann nicht mehr abschließend behandelt wurde. Stattdessen machte die SPD den Datenschutz zum Thema in der Landtagswahl 1975. Im Wahlprogramm hieß es:
"Gegen den Missbrauch von öffentlich oder privat gesammelten Daten über seine Person und seine Lebensverhältnisse muss der Bürger geschützt werden. Wir werden deshalb das von der SPD-Landtagsfraktion vorgelegte Datenschutzgesetz weiter verfolgen."[4]
Streit um den Datenschutzbeauftragten
Die sozial-liberale Bundesregierung von Helmut Schmidt beschloss 1977 das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)[5]. Der erste Bundesbeauftragte für den Datenschutz wurde schleswig-holsteins späterer Innenminister Hans-Peter Bull (1978-1983).
Daraufhin beschäftigte sich der Landtag wieder mit einem Landesdatenschutzgesetz. Diesmal legte die CDU-Regierung einen Entwurf vor,[6] der sich am Bundesgesetz orientierte.
Einer der strittigen Punkte zwischen Regierung, CDU-Fraktion und SPD war der Landesbeauftragte für den Datenschutz (Das Gesetz ist allein in männlicher Form geschrieben). Der Gesetzentwurf der Regierung sah vor, dass der Innenminister einen Beamten auf Lebenszeit vorschlägt und die Regierung ihn dann bestellt. Er sollte keiner Fachaufsicht unterstehen aber beim Innenministerium angesiedelt sein. Die CDU war der Meinung, die Kontrolle des Datenschutzes sei eine Aufgabe der Exekutive.
Die SPD sah die Kontrollfunktion beim Parlament. Klaus Klingner sagte im Landtag: "Die SPD wollte und will eine effektivere Kontrolle der Exekutive. Und sie geht dabei davon aus: Die Möglichkeiten der automatischen Datenverarbeitung bedeuten automatisch einen Gewichtszuwachs der Exekutive. Sie sind zunächst ihr Instrument. Und dieser Gewichtszuwachs der Exekutive ist nach unserer Auffassung im System der Gewaltenteilung durch ein entsprechendes Gegengewicht auszugleichen. Dieses Gegengewicht will der Gesetzentwurf der SPD zur Änderung der Landessatzung schaffen."[7]
Die SPD schlug deswegen vor, den Datenschutzbeauftragten beim Landtag anzusiedeln, der ihn auch auf Zeit wähle. Seine Position sollte in der Landessatzung (heute: Landesverfassung) verankert werden.[8] Die ebenfalls oppositionelle FDP unterstützte diesen Vorschlag. Die allein-regierende CDU lehnte beides im Landtag ab.
In weiser Voraussicht sagte Klaus Klingner in seiner Rede:
"Nach meiner Auffassung stehen wir am Anfang und nicht etwa am Ende der Diskussionen, auch der Auseinandersetzungen, über Möglichkeiten und Gefahren der automatischen Datenverarbeitung.- Ich darf anmerken: Dieses Thema wird uns noch vielfältig beschäftigen, auch in dieser Tagung noch, und bei vielen weiteren Gesetzen. Wir stehen deswegen am Anfang, weil sich hier heute noch nicht abzuschätzende Entwicklungen anbahnen. Nach meiner Ansicht werden planerische, organisatorische und gesetzliche Vorkehrungen gegen den Mißbrauch dieses Instrumentariums mehr und mehr darüber entscheiden, ob dem Bürger ein privater Bereich verbleibt oder ob er in einer grausamen Konsequenz - dann fällt ja immer das Stichwort '1984'- zum manipulierbaren Objekt eines- nun kommt ein weiteres Stichwort- 'Großen Bruders' wird. Dies mag heute, am Anfang solcher Entwicklung, überzogen klingen. Aber aus meiner Sicht gilt es, den Anfängen zu wehren, damit dieses '1984' und der 'Große Bruder' schreckliche Utopie bleiben. Datenschutz erscheint mir jedenfalls- und ich bitte, unabhängig von den heute eingenommenen Standpunkten alle Kollegen, in diesem Sinne mit mir an einem Strang zu ziehen - für die kommenden Jahre ein zentrales Problem des Ringens um die Erhaltung politischer Liberalität zu sein. Und dies - weil ich dies mit solchem Gewicht sehe - begründet, warum wir als SPD-Fraktion die Volksvertretung stärker einschalten wollen und warum wir diesen Datenschutzbeauftragten verfassungsmäßig verankert wissen wollen."[7]
Regierungswechsel 1988
1988 gewann die SPD die Landtagswahl und machte sich ans Werk, das Landesdatenschutzgesetz (LDSG) zu modernisieren. Unter anderem setzte sie ihr Versprechen um und siedelte den Landesbeauftragten für den Datenschutz beim Präsidenten des Landtags an[9], wie sie es schon in den 1970ern vorgeschlagen hatte.
In diesem Zuge wurde dann auch der bisherige, erste und einzige Landesbeauftragte für den Datenschutz Ernst Eugen Becker (1978-1992) abgelöst durch Helmut Bäumler (1992-2004). Helmut Bäumler erinnerte sich:
"Bei meiner Amtseinführung [1992] passten alle Beteiligten noch in das Zimmer der Landtagspräsidentin. Die Dienststelle des Landesbeauftragten umfasste seinerzeit 9 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Am Ende meiner Amtszeit waren es über 40, heute sind es bestimmt auch nicht viel weniger. Klingt nicht schlecht und ist es auch nicht. Das Land Schleswig-Holstein kann sich mit seinen Aufwendungen für den Datenschutz, vor allem auch im Vergleich zu anderen Ländern, ohne Weiteres sehen lassen"[10]
Unabhängiges Landeszentrum für den Datenschutz
Für den öffentlichen Bereich war bisher der Datenschutzbeauftragte zuständig. Für den nichtöffentlichen Bereich der lnnenminister. 1995 erließ die Europäische Gemeinschaft (EG) die Datenschutzrichtlinie (Richtlinie 95/46/EG)[11] und weitete damit die Kontrollzuständigkeit für den Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich grundlegend. Eine Neu-Organisation des Datenschutzes lag nahe.
Die Koalition von SPD und Bündnis 90/Die Grünen wollten zunächst eine neue oberste Landesbehörde für den Datenschutz schaffen. Dafür hätte sie aber mit einer Zweidrittel-Mehrheit die Landesverfassung ändern müssen - auch wenn die FDP und der SSW wohl zugestimmt hätten.[12] Dazu war die Opposition nicht bereit. Also legte die Koalition 1999 einen Vorschlag für eine Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) vor. Das geplante Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (AöR) sollte die Datenschutzaufsicht sowohl für den öffentlichen, wie auch für den nicht-öffentlichen Bereich übernehmen.[13] In der zweiten Lesung im Landtag sagte Karl-Martin Hentschel (Bündnis 90/Die Grünen):
"Schleswig-Holstein hat als erstes Land eine eigene Datenschutzbehörde eingerichtet und wir haben mit dieser Organisation als Anstalt die Dienstleistungsorientierung auch in der Organiationsform zum Ausdruck gebracht. Besonders begrüßenswert ist für mich die hierin zum Ausdruck kommende Weiterentwicklung des Datenschutzbeauftragten vom Wächter der Regeln zum Servicebüro für Verwaltung, Bürgerinnen und Bürger. Auch die vom Datenschutzbeauftragten entwickelte Idee eines virtuellen Datenschutzbüros begrüße ich außerordentlich, ebenso die Möglichkeit, sich via Internet an den Eingabenausschuss wenden zu können und Datenschutz-Software über das Netz zu beziehen."[12]
Ende des Jahres beschloss der Landtag einstimmig das Gesetz zur Errichtung des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz.[14] Zum 1. Juli 2000 wurde damit das Unabhängige Landeszentrum für den Datenschutz eingerichtet.
Der bisherige Datenschutzbeauftragte wurde auch Chef dieser neuen Anstalt und bliebt es bis zum Jahr 2004. Er genoss über alle Parteien hinweg große Anerkennung. Dann übernahm Thilo Weichert (Bündnis 90/Die Grünen) dieses Amt, der seit 1998 Helmut Bäumlers Stellvertreter gewesen war. Er blieb im Amt bis 2015. Dann übernahm Marit Hansen das Amt. Sie war vorher Thilo Weicherts Stellvertreterin gewesen.
Links
Einzelnachweise
- ↑ Gesetz über die Datenzentrale Schleswig-Holstein vom 2. April 1968. Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein Nr. 10 (1968)
- ↑ Computer sind auch nur Menschen. in: Schleswig-Holstein Post 1/1972
- ↑ Schleswig-Holsteinischer Landtag, 7. Wahlperiode: Drucksache 7/484
- ↑ Beschlussdatenbank: Demokratie sozialer machen - Schleswig-Holstein-Programm der Sozialdemokraten (1974)
- ↑ Gesetz zum Schutz vor Mißbrauch personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung (Bundesdatenschutzgesetz). in: Bundesgesetzblatt Teil 1, Bonn (1. Februar 1977)
- ↑ Schleswig-Holsteinischer Landtag, 8. Wahlperiode: Drucksache 8/868
- ↑ 7,0 7,1 2. Lesung PlPr 8/59 09.05.1978 S. 4015 4024
- ↑ Schleswig-Holsteinischer Landtag, 8. Wahlperiode: Drucksache 8/681
- ↑ Schleswig-Holsteinisches Gesetz zum Schutz personenbezogener Informationen (Landesdatenschutzgesetz - LDSG) vom 30. Oktober 1991 in: Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein 22/1991
- ↑ Dr. Helmut Bäumler, Redemanusskript, 3.9.2015
- ↑ Richtlinie 95/46/EG
- ↑ 12,0 12,1 2. Lesung PlPr 14/96 13.10.1999 S 7235-7240
- ↑ Schleswig-Holsteinischer Landtag, 14. Wahlperiode: Drucksache 14/2264
- ↑ Gesetz zur Errichtung des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz vom 25. November 1999. in: Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein