Ortsverein Neumühlen-Dietrichsdorf
[[Datei:{{#setmainimage: Kiel Neumühlen Dietrichsdorf.jpg}}|right|180px]] Nach Aufhebung des "Sozialstengesetzes" gründete sich am 20.11.1890 der Arbeiter-Bildungsverein Neumühlen-Dietrichsdorf und Umgebung. Nach Aufhebung des Preußischen Vereinsgestzes von 1850 erfolgte im Frühjahr 1998 die Umbenennung in Socialdemokratischer Verein Dietrichsdorf, Neumühlen und Umgegend. Zum 9. September 1899 fand die Verschmelzung mit den Nachbarvereinen zum Socialdemokratischen Verein Dietrichsdorf,Neumühlen,Ellerbek, Wellingdorf und Umgegend statt. Eine weitere Namensänderung in Sozialdemokratischer Verein für Dietrichsdorf und Umgegend ergab sich im März 1906, als sich die Ellerbeker Genossen zum 18. Juli 1906 im Sozialdemokratischen Verein für Ellerbek und Umgegend verselbstständigten. Am 21. September 1911 verließen nun auch die Wellingdorfer Genossen die Parteigliederung, weil sie als Distrikt Wellingdorf Teil des Sozialdemokratischen Vereins für Groß-Kiel wurden. Auch die Schönkirchener Genossen nahmen ihren Abschied, als sie nun endlich in ihrem Heimatort Versammlungen abhalten konnten. Am 13. Februar 1913 gründeten sie den Sozialdemokratischen Ortsverein Schönkirchen. Der Ortsverein Neumühlen-Dietrichsdorf gehört seit der Eingemeindung des Ortes 1924 zunächst als Distrikt Neumühlen-Dietrichsdorf dem Sozialdemokratischen Verein Groß-Kiel bzw. seiner Nachfolgeorganisation, dem Kreisverband Kiel der SPD Schleswig-Holstein an. Der Ortsverein gehört auch zu denjenigen, die über eine Traditionsfahne verfügen.
Spaltung 1917
Durch Abspaltung von der SPD hatte sich, so wie im gesamten Reich, in Neumühlen-Dietrichsdorf im April 1917 ein Ortsverein der USPD gegründet. Im Oktober 1920 (in Dietrichsdorf am 29. Oktober[1]) spalteten sich von dieser die kommunistisch orientierten Parteimitglieder ab. In der USPD verblieb nur noch eine kleinere Anhängerschar. Der Parteifunktionär und Gemeindeverordnete Karl Suhling versuchte noch ein knappes Jahr lang, mit einigen anderen die USPD vor Ort weiterzuführen. Als sich aber allgemeine Auflösungstendenzen zeigten, kehrte er am 1. Juni 1921 zu seinem alten SPD-Ortsverein zurück.[2] Er war eine prominente Persönlichkeit in Dietrichsdorf, seit 1907 Vorsitzender der "Neumühlener Rosengilde von 1821", einer der größten örtlichen Organisationen. Auch wirkte er über Jahrzehnte als Schiedsmann.
Traditionsfahne
Auf der Mitgliederversammlung des Sozialdemokratischen Vereins Neumühlen-Dietrichsdorf am 13. Oktober 1919, wurde die Bildung eines Fahnenfonds zur Anschaffung einer Parteifahne verkündet. Es ist anzunehmen, dass die dafür erforderlichen Geldmittel durch Spenden zusammengebracht werden sollten.[3] Ein halbes Jahr später, auf der Jahreshauptversammlung am 19. April 1920, wurde berichtet, dass sich im Fahnenfonds 472,70 Mark angesammelt hätten. Ortsvereinsvorsitzender war damals W. Troost (wohnhaft Schönberger Straße 17, die spätere Schönkirchener Straße). Der Ortsverein hatte damals 1009 Mitglieder![4]
In der Zeit danach sind keine weiteren Hinweise zur Fahne zu finden. Im Bericht über die Jahreshauptversammlung am 12. April 1921, wurde der Fahnenfonds nicht mehr erwähnt.[5]
Es ist ganz offensichtlich, dass die 140 X 110 cm große Traditionsfahne[6] aus den beiden Fahnen des ehemaligen Ortsvereins der USPD und des SPD-Ortsvereins zusammengefügt wurde. Über den Grund dieser Zusammenfügung gibt es keine Erkenntnisse. Es ließe sich aber denken, dass die SPD-Fahne noch nicht existierte oder erst in Arbeit war, als Karl Suhling zum Ortsverein zurückkehrte. Vielleicht wurden beide Fahnen als Symbol der "Wiedervereinigung" miteinander verbunden, vielleicht wollte man auch einfach nur Kosten sparen.
Vorderseite (ehem. USPD-Fahne)
Beschreibung: Roter Baumwollstoff, aus einem größeren und zwei kleineren Teilen zusammengesetzt. Schriftzug im oberen Teil: "S.P.D." (Ursprünglich stand dort "U.S.P."; die Einstiche der Stickfäden sind noch deutlich zu erkennen.) In der Mitte steht eine symbolisierte Fackel, links davon "Neumühlen-", rechts davon "-Dietrichsdf." (Offensichtlich reichte der Platz zur vollständigen Ausschreibung von Dietrichsdorf nicht aus.)
Die Weihe der USPD-Fahne hatte anlässlich des 1. Mai-Feiertages 1919 auf dem Marktplatz (heute Probsteier Platz) in Dietrichsdorf stattgefunden.[7] Die neue Fahne wurde wahrscheinlich erst im letzten Moment fertiggestellt, denn im gemeinsamen Aufruf der USPD-Ortsvereine Neumühlen-Dietrichsdorf, Mönkeberg und Schönkirchen am 26. April wurde nur zu einer öffentlichen Volksversammlung in den "Krug zum grünen Kranze" am Vormittag und zu einem Familienausflug zu Heuck's Gasthof in Schönkirchen am Nachmittag eingeladen.[8] Erst am 30. April druckte Die Republik eine "Ergänzung zum Maifeier-Programm". Darin wurde zur Teilnahme an der Fahnenweihe aufgefordert mit dem Hinweis, dass die Fahne von den Genossinnen des Ortsvereins gestiftet worden sei. Nach erfolgter Weihe solle "mit voller Marschmusik" der Abmarsch nach Schönkirchen erfolgen. An die Kinder sollten zuvor rote Fähnchen ausgegeben werden.
Vermutlich brachte Karl Suhling die U.S.P.-Fahne bei seiner Rückkehr zum SPD-Ortsverein mit.
Rückseite
Beschreibung: Roter Wollstoff, in der Mitte eine aufgehende Sonne mit Strahlenkranz aus goldenen Stickfäden. Darüber im Halbkreis der alte Freidenkerspruch: "Durch Nacht zum Licht!" Alle Zeichen sind mit schwarzem Baumwollfaden gestickt und goldumrandet.
Ob dies die Rückseite der ehemaligen USPD-Fahne oder bereits ein Teil der von der SPD geplanten Fahne war, ließ sich bisher nicht klären.
Verbleib der Fahne während des NS-Regimes
Zwischen 1933 und 1945 wurde die Fahne vermutlich über die Jahre von mehreren Genossinnen und Genossen versteckt. Nicht eindeutig belegt ist, dass sie u.a. in der Bettdecke der Genossin Ida Münzmay, Luisenstraße, verborgen wurde. Das letzte Versteck befand sich in der so genannten "Mühlencolonie" der Holsatiamühle. Der Müller Joseph Christel hatte dort die Fahne, in einer Plane verpackt, unter den Bodendielen in der Wohnung seiner Mutter im Steinkamp 6 versteckt. Bei einer durchgeführten Haussuchung wurde sie aber nicht entdeckt.
In den ersten Monaten nach dem Ende des NS-Regimes und des 2. Weltkriegs waren politische Parteien durch die Militärregierung noch verboten. Trotzdem trafen sich alte SozialdemokratInnen und Gleichgesinnte in sogenannten "Stubenzirkeln". Das erste Treffen in Dietrichsdorf fand im August 1945 bei Ida Münzmay statt. Einige Zeit später kam man bei Joseph Christel zusammen. Feierlich wurde die Traditionsfahne hervorgeholt und zum ersten Mal wieder aufgehängt. Genosse Kurt Herrmann, einer der fünf Teilnehmer, sagte später darüber: "Es war ein gutes Gefühl, das will ich Dir sagen, wir sind wieder da!"[9]
Heutiger Verbleib
Die Traditionsfahne wird in der Regel bei dem oder der 1. Vorsitzenden des Ortsvereins aufbewahrt, zur Zeit bei Torsten Stagars, der den Vorsitz vor kurzem abgegeben hat.
Zeitung
Von 1985 bis 2001 wurde vom Ortsverein die Bürgerzeitung Der Poggendörper in Printform herausgegeben, mit zahlreichen Beiträgen zur Geschichte des Stadtteils und des Ortsvereins. Seit einigen Jahren erscheint der "Poggendörper" jetzt digital. Die Redaktion hat Jürgen Hasch.
Einige Mitglieder
Zu den herausragenden Mitgliedern des Ortsvereins gehören
- Fritz Carstens[10]
- Sönke Petersen[11]
- Hans-Werner Tovar
- Oskar Harder, Gerd Ochmann beide verstorben, frühere Kassierer
- Helmut Hänsler Ratsherr und OV-Vorsitzender
- Günter Rabe Wahlkampfleiter,Stellvertr. Vors., Mitbegründer und Vorsitzender des AWO-OV
Sie sind aber mit Sicherheit nicht die einzigen.
Vorstände
Sonstiges
Die Verdieckstraße im Stadtteil ist nach Willy Verdieck benannt. Der Helmut-Hänsler-Platz (Wochenmarktplatz) ist nach dem Ratsherren Helmut Hänsler benannt. Er vertrat Neumühlen-Dietrichsdorf von 1973 bis 1985 in der Kieler Ratsversammlung und hat sich in dieser Zeit um die Modernisierung und Weiterentwicklung des Stadtteiles verdient gemacht.
Literatur
- Sönke Petersen: Arbeiterbewegung, Kommune und Howaldtswerke. Ein Geschichtsbild von Neumühlen-Dietrichsdorf 1864 bis 1924 (Berlin 2016), ISBN 978-3-86460-427-0
- Die Republik – Organ der USPD für die Provinz Schleswig-Holstein, 1918 bis 1922 (Republik)
- Schleswig-Holsteinische Volkszeitung (VZ)
- Hans-Werner Tovar und Sönke Petersen: Interview mit Kurt Hermann und Ernst Löwe im Februar 1985
Quellen
- ↑ Republik vom 1.11.1920 und VZ vom 2.11.1920
- ↑ VZ vom 1.6.1921
- ↑ VZ vom 16.10.1919
- ↑ VZ, 21.4.1920
- ↑ VZ, 14.4.1921
- ↑ Den Abriss über ihre Geschichte (2003, ergänzt 2013) stellte uns Sönke Petersen zur Verfügung.
- ↑ Republik vom 30.4.1919
- ↑ Republik vom 26.4.1919
- ↑ Hans-Werner Tovar und Sönke Petersen: Interview mit Kurt Hermann und Ernst Löwe im Februar 1985
- ↑ Poggendörper, November 2011
- ↑ Poggendörper, November 2011
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