Albert Witte

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Albert Witte
Albert Witte
Albert Witte
Geboren: 6. Dezember 1902
Gestorben: 29. August 2000

Albert Witte, * 6. Dezember 1902 in Kiel; † 29. August 2000 in Kiel; Mechanikermeister. Verheiratet mit Bertha 'Betty' Witte, mehrere Kinder. Mitglied der SPD seit 1918, zuletzt im Kreisverband Kiel.

Leben und Beruf

Albert A. Witte[1] kam aus einer Arbeiterfamilie. Sein Vater war als Bauarbeiter an der Errichtung des Kieler Rathauses (1907-1911) beteiligt.[2] Der Sohn durchlief als begabter Schüler neun Volksschuljahre (statt der damals üblichen acht) und machte dann eine Mechanikerlehre. Dies stillte seinen Bildungshunger nicht. 1925 konnte er für ein Jahr die "Akademie der Arbeit" in Frankfurt/Main besuchen, allerdings ohne Stipendium; er musste für seinen Lebensunterhalt selbst sorgen. Weil seine Abschlussarbeit prämiert wurde, durfte er ein zweites Jahr bleiben, diesmal mit Stipendium und der Möglichkeit, sich auch als Gasthörer an der Universität zu bilden.[3]

Nach seiner Rückkehr nach Kiel war er bei der ELAC tätig, machte auch seine Prüfung als Mechanikermeister. 1933 wurde er offenbar aus politischen Gründen entlassen, aber 1936 wieder eingestellt und konnte als Abteilungsleiter[4] in dem Rüstungsbetrieb bis zum Ende der NS-Zeit beruflich überleben. Er war zu dieser Zeit wohl bereits mit seiner Frau Betty († 1998) verheiratet, die ebenfalls der SPD angehörte; die beiden hatten mindestens vier Kinder. Sie wohnten ab 1938 am Jägersberg 21a[5], eine Adresse, die sie bis etwa 1966 behielten. Vorher stehen sie nicht im Adressbuch, möglicherweise, weil sie die Wohnung mit den Eltern teilten.

Im Mai 1945 fing er bei den Kieler Stadtwerken an und wurde 1946 ihr Verbindungsmann zur britischen Militärregierung. Im selben Jahr ernannte ihn Oberbürgermeister Andreas Gayk zu seinem persönlichen Referenten. Gleichzeitig war er für offizielle Empfänge und Besuche zuständig, auch im Rahmen der Kieler Woche.[6] Die Zusammenarbeit war fruchtbar, aber nicht immer einfach:

"Albert war ein sehr vornehmer Mann, auch in seiner Wortwahl, während Andreas sehr leicht explodieren konnte, und dann hat Albert den Raum verlassen."[7]

Nach dem Tod von Andreas Gayk war er auch für Hans Müthling und Günther Bantzer tätig, bis er 1967 in den Ruhestand ging.

Vom Jägersberg zogen Betty und Albert Witte etwa 1966 in die Christianistraße 14[8] - ein Beleg für ihre Weitsicht, denn die Wohnung war Teil einer modernen Altenwohnanlage um das Friederica-von Ellendsheim-Haus. Albert, der bis zuletzt geistig rege war, klagte gelegentlich darüber, dass es so wenige im Haus gäbe, mit denen man ein "vernünftiges" Gespräch führen könne.[9] Dies hieß für ihn: ein politisches Gespräch.

Die Traueranzeige der Familie war überschrieben: "Ein Lebenskreis, erfüllt von politischem Schaffen, hat sich geschlossen. Seine stete Fürsorge galt der Familie. Danke!"[10]

Partei und Politik

Albert Witte bekleidete nie hohe politische Ämter, war aber immer politisch aktiv. Im November 1918 trat er mit fast 16 Jahren der Kieler Arbeiterjugend bei, deren Ortsvorsitzender er von 1927 bis 1933 war.[11] Dadurch kam er in den Kreis um den Kieler Rechtsprofessor Gustav Radbruch, der sich sehr für die Bildung der Kiedler Arbeiterjugend engagierte.

1933 verhafteten ihn die Nazis zweimal; beide Male wurde er nach etwa einer Woche wieder freigelassen.[12] Allerdings verlor er seine Arbeit bei der ELAC. Dass er 1936 wieder eingestellt wurde, war einem glücklichen Umstand zu verdanken:

"Der Beamte, der Witte verhörte, vernichtete im Jahr darauf im Rahmen seiner Versetzung die Wittesche politische Akte, so daß der Betroffene in der restlichen NS-Zeit eine "völlig weiße Weste" hatte. Im Rahmen der nationalsozialistischen Aufrüstungspolitik kam es 1936 zur Wiedereinstellung hochqualifizierter, aber politisch unzuverlässiger Arbeitnehmer [wie Albert Witte]."[13]

Nach der NS-Zeit

Noch bevor die NS-Zeit überstanden war, gehörte er zu denen, die die SPD in Kiel neu gründeten; unter anderem fanden auch in seiner Wohnung schon früh Stubenzirkel[14] statt. Außerdem war er beteiligt an der kurzlebigen Sondierung von Möglichkeiten einer Einheitspartei mit der KPD im August 1945.

Bis 1957/58 hatte er den Vorsitz im von ihm wieder mitbegründeten Ortsverein Kiel-West inne. Auch zwei andere Ortsvereine erheben Anspruch auf seine zeitweilige Mitgliedschaft. In Stinkviddel/Ravensberg soll er nach Erinnerung langjähriger Vorstandsmitglieder vor 1978 Vorsitzender gewesen sein, in Hassee-Nord Mitglied - dies sicher in seinen letzten Lebensjahren in der Christianistraße.

Außerdem war er Gründer und bis kurz vor seinem Tod Leiter und Motor der Gruppe Juso 22.[15]

Stimmen

  • "Er war und blieb bis in die letzten Monate unser politischer Ratgeber und einer der 'großen alten Männer' der Kieler Politik [...]. Gäbe es einen 'elder statesman' der Kommunalpolitik, so hätte er diesen Ehrentitel verdient." So Kreisvorsitzender Rolf Fischer im Nachruf der Partei.[16]
  • "Er verstand seine Arbeit als Dienst an unserer Stadt, 'die Pflicht des Tages im guten und redlichen Sinne zu erfüllen'. Mit dieser Haltung und mit der Kraft seiner natürlichen Autorität hat er die Geschicke unserer Stadt dienend mitgestaltet." So in der von Oberbürgermeister Norbert Gansel unterzeichneten Traueranzeige der Stadt.[17]

Literatur

  • Witte, Albert: Erinnerungen an den Wiederbeginn der Sozialdemokratie. Die SPD vor 1933 und im 3. Reich, in: Wir sind das Bauvolk (Kiel 1985), S. 31-35
  • Danker, Uwe: Zur Person Albert Wittes, in: Wir sind das Bauvolk (Kiel 1985), S. 35

Quellen

  1. So in einem Kieler Adressbuch der Vorkriegszeit; wofür das A. steht, ist noch nicht ermittelt.
  2. Der "Chef des Protokolls" im Rathaus 65 Jahre alt, Kieler Nachrichten, 6.12.1967
  3. Danker, Person, S. 35
  4. Der "Chef des Protokolls" im Rathaus 65 Jahre alt, Kieler Nachrichten, 6.12.1967
  5. Lt. Kieler Adressbuch aus diesem Jahr
  6. Der "Chef des Protokolls" im Rathaus 65 Jahre alt, Kieler Nachrichten, 6.12.1967
  7. Susanne Kalweit (Hrsg.): Ich hab' mich niemals arm gefühlt. Die Kielerin Rosa Wallbaum berichtet aus ihrem Leben (Berlin/Hamburg 2010), S. 173
  8. Lt. Kieler Adressbuch aus diesem Jahr
  9. So einmal nach Bettys Tod telefonisch gegenüber Rosa Wallbaum.
  10. Kieler Nachrichten, 2.9.2000
  11. Jens-Christian Jacobsen: "Der Stolz der Gesamtpartei?" Die SPD Schleswig-Holstein 1918-1933, Demokratische Geschichte 3(1988), S. 235, Anm. 97
  12. Danker, Person, S. 35
  13. Danker, Person, S. 35
  14. SPD Kiel (Hrsg.): Kiel im Mai 1945 - Hell aus dem dunklen Vergangenen leuchtet die Zukunft empor (Kiel 1985), S. 14
  15. SPD trauert um Albert Witte, Kieler Nachrichten, 2.9.2000
  16. SPD trauert um Albert Witte, Kieler Nachrichten, 2.9.2000
  17. Kieler Nachrichten, 2.9.2000