Wilhelm Schmitt

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Wilhelm Schmitt
Wilhelm Schmitt
Wilhelm Schmitt
Geboren: 9. Mai 1888
Gestorben: 3. Mai 1945

Wilhelm Schmitt, * 9. Mai 1888 in Krefeld, † 3. Mai 1945 in der Neustädter Bucht; Schneider. Mitglied der SPD seit 1928.

Leben & Beruf

Wilhelm Schmitt wurde als ältestes von sechs Kindern eines Hausknechts geboren.[1] Seine Mutter starb 1897; der Vater war nicht in der Lage, die sechs Kinder großzuziehen, und gab den Ältesten bis zu seinem 14. Lebensjahr in eine fremde Familie. Anschließend machte dieser eine Schneiderlehre und ging auf Wanderschaft. Er bereiste Skandinavien, England, Frankreich und die Schweiz und eignete sich die jeweiligen Landessprachen an. Kurze Zeit fuhr er zur See. 1907 und 1908 hielt er sich mehrfach in Kiel auf, bis 1911 dann hauptsächlich in Hamburg. Dort wurde er schließlich zur Militärgrundausbildung eingezogen, der er sich mehrere Jahre hatte entziehen können. Die normalen zwei Jahre sollten für ihn deswegen auf drei verlängert werden, aber er hielt es nicht einmal neun Monate aus. Er hatte von der "jeder Menschlichkeit hohnsprechenden Behandlung", von Desertionen und Selbstmorden anderer an auswärtige Zeitungen berichtet; nach der Entdeckung seiner Korrespondenz floh er am 24. September 1911 wieder ins Ausland. Nach einigen Wanderjahren durch ihm schon bekannte Länder wollte er 1915 in Zürich bleiben. Er war zum Pazifisten geworden.

Er beantragte und erhielt eine Niederlassungsbewilligung auf zwei Jahre, was politischem Asyl gleichkam. Sie wurde mehrfach verlängert. Dabei unterstützte ihn ein Schweizer Politiker, dessen Vater nach der 1848er Revolution ebenso als Flüchtling aus Sachsen in die Schweiz gekommen war. Im November 1920 heiratete er die Mutter seines neugeborenen Sohnes und arbeitete weiter erfolgreich als Schneidermeister.

Das deutsche Kaiserreich war mittlerweile Geschichte; die Weimarer Republik hatte eine Amnestie für Deserteure erlassen, wie ihm im Juni 1920 mitgeteilt wurde. Seinem Wunsch, dauerhaft in der Schweiz bleiben zu können, wurde nicht entsprochen. Man setzte ihm eine Frist zur Ausreise bis Ende Juni 1921. Wie es kam, dass die Familie nach Thesdorf bei Pinneberg zog, ist offenbar nicht ermittelt. Im Oktober 1921 waren sie dort gemeldet, Wilhelm Schmitt fand Arbeit als Schneider, zugleich begann aber auch sein politisches Engagement.

Die Ehe wurde 1927 geschieden. Am 4. August 1928 heirateten Wilhelm Schmitt und die Pinneberger Fabrikarbeiterin Hertha Luise 'Liesel' Weissmann (* 15. Mai 1907 in Höfer, Krs. Celle). Sie war vor allem in der Kinderfreundebewegung aktiv. Das Ehepaar wohnte am Blauen Kamp (heute Moorkamp 2), später mit den zwei Söhnen bei Liesel Schmitts Eltern an der Prisdorfer Straße 15.

Partei & Politik

Wilhelm Schmitt trat in Thesdorf zunächst der KPD bei und vertrat für sie den Stadtteil Thesdorf (wo er zu dieser Zeit wohnte) in der Stadtverordnetenversammlung. 1928 wechselte er zur SPD, behielt aber sein Mandat in der Stadtvertretung.

NS-Herrschaft

Am 23. August 1944 wurde er im Verlauf der Aktion Gewitter verhaftet, zusammen mit anderen ehemaligen Stadtverordneten von SPD und KPD. Vier Tage später kam er ins Konzentrationslager Neuengamme. Er gehörte zu den Gefangenen, die am 20. April 1945 nach Lübeck auf die manövrierunfähige CAP ARCONA[2] gebracht wurden. Bei deren Versenkung durch alliierte Jagdbomber[3] am 3. Mai 1945 kamen nur wenige Tage vor der Kapitulation des Nazi-Regimes Tausende Gefangene aus dem KZ Neuengamme ums Leben; Wilhelm Schmitt ertrank.[4]

Ehrungen

Ende der 1980er Jahre wurde auf dem Platz vor dem Rathaus ein Gedenkstein für Heinrich Boschen, Wilhelm Schmitt und Heinrich Geick aufgestellt, der vorher auf dem Stadtfriedhof in Thesdorf stand.

Nach Wilhelm Schmitt ist die "Wilhelm-Schmitt-Straße" benannt, ein Fußweg entlang der Bahn in Pinneberg-Thesdorf.

Im Dezember 2000 vergab die Pinneberger SPD den Boschen-Schmitt-Geick-Preis für Zivilcourage, der nach Heinrich Boschen, Wilhelm Schmitt und dem Kommunisten Heinrich Geick benannt wurde.[5]

Im November 2009 wurde vor seinem letzten Wohnsitz in der Prisdorfer Straße 15 in Pinneberg ein Stolperstein gesetzt.[6]

Literatur & Links

Einzelnachweise

  1. Der Abschnitt über Leben und Beruf beruht auf Kadach, Hildegard / Schlichting, Dieter: Internationale Solidarität: Der Schneider Wilhelm Schmitt, in: Drei Leben gegen die Diktatur. Die Pinneberger Nazigegner Heinrich Geick, Heinrich Boschen und Wilhelm Schmitt (Pinneberg 1988), Seite 58-92
  2. Rudi Goguel: Cap Arcona. Report über den Untergang der Häftlingsflotte in der Lübecker Bucht am 3. Mai 1945 (2. Auflage Frankfurt/M. 1982) ISBN 3-87682-756-6, S. 87 f.
  3. Willi Lange, der ehemalige Leiter des Cap-Arcona-Museums in Neustadt, vertritt die These, dass diese Bombardierung nicht ursächlich für den Untergang war, sondern dass das Schiff gleichzeitig von der SS gesprengt wurde. Vgl. Wikipedia: Cap Arcona: Unterschiedliche Deutungen
  4. Stolpersteine (2007), in: Kiel Plön Verdi-Zeitung. Die Zahl der Toten wird in verschiedenen Veröffentlichungen stark unterschiedlich angegeben, zwischen 4.500 und 8.000. Dies beruht wohl darauf, dass beim selben Angriff zwei weitere Schiffe, die THIELBECK und die ATHEN, versenkt wurden; die Gesamtzahl der Opfer wird auf 6.000 bis 8.000 geschätzt.
  5. SPD ehrte Klaus Wegener mit dem Boschen-Schmitt-Geick-Preis, Hamburger Abendblatt, 5.12.2000
  6. Stolperstein gegen das Vergessen für Wilhelm Schmitt