Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD)

Aus SPD Geschichtswerkstatt
Signet der USPD, 1919

Die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD oder USP) war von 1917 bis 1931 eine Abspaltung der SPD.

Die USPD wurde am 6. April 1917 in Gotha, der Stadt des Vereinigungsparteitags der SDAP mit dem ADAV, gegründet. Die Abspaltung war das Ergebnis der Unzufriedenheit von Teilen der SPD mit der als allzu kriegsfreundlich wahrgenommenen Politik der SPD-Führung. Zu Vorsitzenden wurden Hugo Haase und Georg Ledebour gewählt; Luise Zietz gehörte dem Zentralkomitee an. In den wenigen Jahren ihres Bestehens wuchs die USPD zeitweise auf fast 900.000 Mitglieder an und sorgte auch in Schleswig-Holstein für heftige Auseinandersetzungen, etwa im Ortsverein Holtenau. Die Mitglieder der USPD hielten sich für die Bewahrer der "wahren Sozialdemokratie".[1]

Gründung in Schleswig-Holstein

Portrait von Alfred Henke
Alfred Henke, vor 1910

Schleswig-Holstein gehörte zum USPD-Bezirk "Wasserkante". Vorsitzender war der Bremer Reichstagsabgeordnete Alfred Henke. Zu ihrem Höhepunkt 1920 hatte die USPD in Schleswig-Holstein ca. 20.000 Mitglieder.[2] Hochburgen der USPD in Schleswig-Holstein waren Kiel, Bordesholm, Altona, Flensburg, Schleswig und Eckernförde.[1] Die USPD gab in Schleswig-Holstein die Zeitung "Die Republik" heraus.

Zu den Gründungsmitgliedern der Kieler USPD gehörte Wilhelm Schweizer[3] und Friedrich Hansen. In Kiel hatte sich schon vorher ein "Sozialdemokratischer Verein Groß-Kiel - Alter Richtung" abgespalten. Lothar Popp war bereits hier im Vorstand gewesen. Aus diesem Verein mit schon gut 1000 Mitgliedern ist die USPD in Kiel hervorgegangen.[4]

Wichtige Mitglieder der Kieler USPD waren Lothar Popp und Karl Artelt - sie spielten beim Kieler Arbeiter- und Matrosenaufstand im Jahr 1918 eine maßgebliche Rolle.[5][4] Vorsitzender in Kiel war der Metallarbeiter Max Güth. Zu den Mitgliedern in Kiel gehörte nach eigener Aussage von Januar 1918 bis zu seinem Wechsel nach Hamburg ein Jahr später der unbekannte Student Richard Sorge, der später Schriftsteller wurde und für den sowjetischen Militärgeheimdienst tätig war als Agent und Spion.[6]

Der USPD-Ortsverein Tönning wurde von Paul Dölz mitgegründet, in Eckernförde war Richard Vosgerau führend.

Zusammenarbeit

Es gab in manchen Orten eine enge Zusammenarbeit der beiden Parteien und auch die Anhängerschaft nahm sie oft weiterhin als zusammengehörig wahr:

In Hamburg sammelten Werftarbeiter im Februar 1919 Spenden für beide Parteien.[7]

Zur Kommunalwahl 1919 trat der Ortsverein Wandsbek mit einer gemeinsamen Liste mit der örtlichen USPD an.[8]

Im Mai 1919 entschied sich der Ortsverein Wentorf bei Hamburg nach „sehr eingehender Aussprache“, eine gemeinsame Mitgliederversammlung mit der Ortsgruppe der USPD durchzuführen.[9]

Diese Beispiele stehen in Widerspruch zu den oft diffamierenden und hämischen Berichten in den Parteizeitungen beider Richtungen.

Ortsgruppen

Die Ortsvereine wurden oft Ortsgruppen genannt. Manchmal wurde dieser Begriff nach der Wiedervereinigung wohl in die SPD mitgebracht, zum Beispiel in Suchsdorf. In der Hamburger Volkszeitung wird aber meist die Bezeichnung Ortsverein genutzt.[10]

Im Oktober 1920 gab es im Verbreitungsgebiet der Kieler Parteizeitung Die Republik (mindestens) diese Ortsgruppen: Kiel, Holtenau, Friedrichsort, Flensburg, Eckernförde, Kopperpahl, Neumünster, Laboe, Elmschenhagen, Büdelsdorf, Meimersdorf, Heide, Schleswig, Dietrichsdorf, Bordesholm, Dänischenhagen, Tönning, Lägerdorf, Brunsbüttelkoog, Itzehoe, Heiligenhafen, Wankendorf, St. Michaelisdonn, Rieseby, Karby, Lunden, Vogelsang, Kappeln, Stein, Gelting, Averlak, Bredenbek, Krempe, Raisdorf, St. Margarethen, Burg auf Fehmarn, Segeberg, Wittenwurth, Nortorf, Breklum, Klausdorf (Schwentine), Boostedt und Rendsburg.[11]

Weitere Ortgruppen waren: Sülfeld, Altona, Wandsbek, Escheburg, Wentorf bei Hamburg, Bosau, Hamwarde, Besenhorst, Geesthacht, Stellingen-Langenfelde, Bramfeld, Sasel-Wellingsbüttel, Schnelsen, Lokstedt, Niendorf, Eidelstedt

Viele Ortsgruppen im ländlichen Raum und in kleinen Städten wurden nach der überraschend schlecht ausgegangenen Wahl zur Nationalversammlung 1919 gegründet, bis dahin war die Partei organisatorisch eine Metropolenpartei gewesen.[12]

Die nur schwach ausgeprägte Organisation der Partei lässt sich beispielsweise daran ablesen, dass in Krempe mit Fritz Hansen zum ersten Mal am 21. August 1919 ein Vertreter der Unabhängigen sprach. Die Ortsgruppe wurde am Ende der Versammlung gegründet.[13] Selbst im direkten Umfeld Hamburgs, in Stellingen-Langenfelde, dauerte es bis zum Mai.[14]

Noch eine Abspaltung 1920

Die USPD konnte aber keinen dauerhaften politischen Erfolg erreichen. Sie zerfiel nach Kriegsende und dem Parteitag von Halle 1920, der mit der Abspaltung einer großen Gruppe "Neukommunististen"[15], die später die KPD gründete, endete. Friedrich Hansen und Max Güth berichteten in Kiel auf einem Kreisparteitag vom USPD-Parteitag. Die Versammlung begrüßte die "Scheidung" von den Neukommunisten. Nur wenige Mitglieder schlossen sich den Neukommunisten an. In Flensburg 150 Mitglieder von 1400, in Schleswig von 450 nur 16. Die "alte USPD" konnte verhindern, dass "Die Republik" zu den Neukommunisten wechselte. Sie verlor nur 2000 Abonnenten.[15]

Am 24. Oktober 1920 veranstalteten die Neukommunisten, die sich selbst "rechtmäßige USPD" nannten eine erste Bezirkskonferenz in Neumünster ab.

Wiedervereinigung mit der SPD

Zunächst verschärfte sich der Konflikt mit der MSPD,[16] aber 1922 vereinigte sich ein Teil der verbliebenen USPD wieder mit der SPD. Der Rest ging zur KPD oder schloss sich ab 1931 der SAP an, einer weiteren Abspaltung von der SPD.

In Schleswig-Holstein stimmte der MSPD Bezirksparteitag 1922 der Vereinbarung mit der USPD zu, nach der Mitglieder der USPD in verschiedenen Gremien der Gesamtpartei vertreten sein sollten.[17] Friedrich Hansen wurde Parteisekretär.[18] Die meisten schleswig-holsteinischen Mitglieder schlossen sich daraufhin wieder der SPD an. Beispielsweise kehrten von den acht USPD-Kandidaten zur Wahl zur Nationalversammlung 1919 wieder zurück zur SPD. Nur Karl Artelt wechselte zur KPD. Nur eine kleine Rest-USPD blieb übrig. In einer Versammlung in Kiel mahnte Georg Ledebour die verbliebenen Mitglieder "an ihrem Starrsinn festzuhalten"[18].

Parteitage

Jahr Art Ort Beschlüsse
1922 Bezirksparteitag Neumünster USPD; Vorbereitung der Wiedervereinigung mit der MSPD in Schleswig-Holstein
9.1.1921 Bezirksparteitag ? USPD ("alte" USPD); Vorstandswahlen
27.10.1920 Bezirksparteitag Kiel USPD ("alte" USPD); Vorstandswahlen
24.10.1920 Bezirksparteitag Neumünster USPD ("rechtmäßige" USPD, "Neukommunisten")
1918 Provinzkonferenz Kiel USPD

Literatur

Links

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Schulte, Rolf / Weber, Jürgen: Die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) in Schleswig-Holstein, Demokratische Geschichte 3(1988), S. 307-317
  2. vgl. Wheeler, Robert F.: USPD und Internationale. Sozialistischer Internationalismus in der Zeit der Revolution. Frankfurt a.M.1975, S.248 zitiert nach: Schulte, Rolf / Weber, Jürgen: Die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) in Schleswig-Holstein, Demokratische Geschichte 3(1988), S. 307-317
  3. Wolfram Sauerbrei: Wilhelm Schweizer - ein demokratisches Urgestein (Unveröffentlichtes Manuskript)
  4. 4,0 4,1 Volker Ullrich: Interview-Notizen Lothar Popp. Aufbewahrt in der Forschungsstelle für Zeitgeschichte auch als pdf verfügbar.
  5. Schulte / Weber, S. 308
  6. Deakin, F.W. / Storry, G.R.: Richard Sorge. Die Geschichte eines großen Doppelspiels (Gütersloh o.J. [1965]), S. 22-24
  7. Hamburger Volkszeitung 21.2.1919, S. 6
  8. Hamburger Echo 15.2.1910, S. 2
  9. Hamburger Echo 27.5.1919, S. 3
  10. Vgl. bspw. Hamburger Volkszeitung 6.6.1919, S. 4
  11. Hamburger Echo 7.10.1920, S. 3
  12. Vgl. Wikipedia: USPD und Siehe Dieter Engelmann, Horst Naumann: Zwischen Spaltung und Vereinigung. 1993, S. 32.
  13. Hamburger Volkszeitung 25.8.1919, S. 7
  14. Hamburger Volkszeitung 7.5.1919, S. 7
  15. 15,0 15,1 Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 72f
  16. Wettig, Klaus: Warum sich USPD und KPD vor 100 Jahren zusammenschlossen, in: vorwaerts.de, 19.10.2020
  17. Lübecker Volksbote, Ausgabe vom 18. Oktober 1922
  18. 18,0 18,1 Osterroth, Franz: 100 Jahre Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein. Ein geschichtlicher Überblick (Kiel o. J. [1963]), Seite 75