Jürgen Anbuhl: Unterschied zwischen den Versionen
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'''Dr. Jürgen "Jonny" Anbuhl''', ''(manchmal auch "Johnny" geschrieben'') * [[5. Mai]] [[1940]] in Berlin, † [[30. Januar]] [[2022]] in Eckernförde; Lehrer, Bundestagsabgeordneter. Mitglied der SPD ab [[1963]]. | |||
== Leben & Beruf == | == Leben & Beruf == | ||
Jonny Anbuhl wurde [[1940]] in Berlin geboren. Er durchlief die Schule, machte sein Abitur und studierte dann "auf Lehramt". Er promovierte und wurde Studienrat. Selbstverständlich trat er der GEW bei. | |||
Jonny Anbuhl war mit Ingrid Anbuhl verheiratet. Das Paar hatte zwei Kinder. Sie lebten um [[1976]] am Domstag 1 in Eckernförde. | |||
== Partei & Politik == | == Partei & Politik == | ||
[[Klaus Buß]] bewog Jonny Anbuhl [[1963]], in die SPD einzutreten. Zusammen mit ihm, [[Kurt Schulz]] und [[Klaus Witzig]] prägte er lange die Politik in Eckernförde.<ref name=":0">Kühl, Gernot: ''[https://www.shz.de/lokales/eckernfoerder-zeitung/Ehrenbuerger-Dr-Juergen-Anbuhl-ist-mit-81-Jahren-verstorben-id35306037-amp.html Leidenschaftlicher SPD-Kommunalpolitiker und soziales Gewissen der Stadt Eckernförde]'', ''Eckernförder Zeitung'', 8.2.2022</ref> | |||
Zunächst gehörte er mehrere Jahre dem [[Jusos|Landesvorstand der Jungsozialisten (Jusos)]] an, von [[1967]] bis [[1971]] war er Mitglied im [[Landesvorstand]], und [[1972]] übernahm er für drei Jahre den Vorsitz des [[Ortsverein Eckernförde|Ortsvereins Eckernförde]]. | |||
Jonny Anbuhls kommunal- wie bundespolitischen Schwerpunkte waren Bildungspolitik und der soziale Wohnungsbau.<ref name=":1">Kühl, Gernot: [http://www.shz.de/lokales/eckernfoerder-zeitung/spd-ehrt-drei-ihrer-ganz-grossen-id5099571.html ''SPD ehrt drei ihrer ganz Großen''], ''Eckernförder Zeitung'', 9.12.2013</ref> In Eckernförde gehörte er zu den Begründern der Initiative für eine [[Gesamtschule|Integrierte Gesamtschule (IGS)]] (heute Peter-Ustinov-Schule), deren erster Schulleiter er [[1990]] auch wurde. | |||
=== Kommunalpolitik === | === Kommunalpolitik === | ||
Jonny Anbuhl vertrat die SPD seit der [[Kommunalwahl 1966]] 32 Jahre lang in der Eckernförder Ratsversammlung, zeitweise als 1. Stadtrat und ab [[1978]] 23 Jahre lang als Bürgervorsteher. | |||
Ab [[17. Januar]] [[1980]] war er Vorstandsmitglied, von [[1988]] bis [[6. November]] [[2014]] ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender des Gemeinnützigen Wohnungsunternehmens (GWU) Eckernförde.<ref>Kühl, Gernot: [http://www.shz.de/lokales/eckernfoerder-zeitung/wechsel-an-der-gwu-spitze-klaus-buss-fuer-juergen-anbuhl-id8137511.html ''Wechsel an der GWU-Spitze: Klaus Buß für Jürgen Anbuhl''], ''Eckernförder Zeitung'', 8.11.2014</ref> Mit der GWU hat Jonny Anbuhl maßgeblich an der Realisierung des Familienzentrums Eckernförde im Saxtorfer Weg mitgewirkt. | |||
<blockquote>"Viele soziale Angebote und die Eckernförder Tafel haben dort eine neue Heimat gefunden, und zwar mietfrei."<ref name=":0" /></blockquote> | |||
[[2013]] sagte der [[Kreisverband Rendsburg-Eckernförde|Kreisvorsitzende]] [[Sönke Rix]] im Rahmen der Mitgliederehrung über ihn: | |||
<blockquote>"Als langjähriger Bürgervorsteher habe er die Stadtpolitik im Einklang mit [[Klaus Buß]] und [[Klaus Witzig]] – manchmal auch auf dem 'kleinen Dienstweg' – maßgeblich geprägt und viele richtungweisende Entscheidungen wie die Gründung der Integrierten Gesamtschule zum Wohle der Stadt getroffen."<ref name=":1" /></blockquote> | |||
== Bundestag == | === Bundestag === | ||
Am [[3. November]] [[1970]] rückte Jonny Anbuhl für [[Hans-Ulrich Brand]] in den Bundestag nach. In der [[Bundestagswahl 1972]] wurde er im Wahlkreis 02 (Schleswig-Eckernförde) direkt gewählt. Dies traf seinen CDU-Mitbewerber unvorbereitet: | |||
<blockquote>"Der schleswig-holsteinische Bauernführer Hans-Jürgen Klinker war seiner Sache ganz sicher. [[1969]] hatte der Bauernfürst, der als landwirtschaftlicher Scharfmacher bekannt ist, seinen Segeberger Wahlkreis noch mit absoluter Mehrheit für die CDU und seinen Sitz in Bonn gewonnen. Und weil ''er'' sich auch in diesem Jahr seines Sieges sicher war, verzichtete ''er'' darauf, seine Bundestagskandidatur über die schleswig-holsteinische Landesliste abzusichern. Klinker indes hatte nicht mit dem rührigen SPD-Studienrat Jürgen Anbuhl gerechnet, der den Wahlkreis des Bauern eroberte und Klinker ins politische Hinterland verbannte."<ref>Hoflmann, Wolfgang: ''[https://www.zeit.de/1972/47/die-staatsdiener-kommen/komplettansicht Die Staatsdiener kommen]'', DIE ZEIT, 24.11.1972</ref></blockquote> | |||
Im Parlament widmete er sich seinem Fachgebiet: | |||
<blockquote>"Im Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit hatte sich der Schleswig-Holsteiner zunächst eifrig um die Reform der Jugendhilfe gekümmert. Aber Kanzler [[Helmut Schmidt]] legte das umfängliche und kostspielige Reformwerk aus Rücksicht auf die angespannte Haushaltslage vorerst ad acta.<br> | |||
Außerdem bekam der Parlaments-Eleve sehr rasch die Ohnmacht der Volksvertreter gegenüber der Bonner Ministerialbürokratie zu spüren. Bei den Beratungen des Opium- wie des Volljährigkeitsgesetzes ärgerte sich der Studienrat über die Besserwisserei der Beamten, die auch geringfügige Änderungswünsche der Parlamentarier zu Fall brachten. Beim milliardenschweren Bundesausbildungsförderungsgesetz hatten die Abgeordneten, so Anbuhl, 'allenfalls die Möglichkeit, über Beiträge hinter dem Komma zu bestimmen'."<ref name=":2">''[http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41330755.html Rückzug aus Bonn]'', DER SPIEGEL, 2.2.1976</ref></blockquote> | |||
Zur Bundestagswahl [[1976]] trat er nicht wieder an, weil ihm nach sechs Jahren Parlamentserfahrung der Glaube abhanden gekommen war, etwas bewirken zu können. Er sah sich gleichermaßen von der Regierung, seiner Fraktionsführung und der Ministerialbürokratie ausgebremst und fühlte sich seinen Wählerinnen und Wählern gegenüber beinahe nur noch als "Pressesprecher der Regierung", wie er gegenüber der Presse sagte.<ref name=":2" /> Er kehrte in seinen Beruf als Lehrer zurück. | |||
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== Ehrungen == | == Ehrungen == | ||
[[Datei:Alt vorsitzende ov eckernfoerde.jpg|thumb|350px|right|Kurt Schulz, Jonny Anbuhl und Jochen Kandzora, 2012]] | |||
[[1982]] erhielt Jonny Anbuhl den Ehrenring der Stadt Eckernförde, [[2003]] wurde er Ehrenbürger der Stadt. | |||
Am [[6. Dezember]] [[2013]] ehrte der [[Ortsverein Eckernförde|Ortsverein]] ihn und seine Frau Ingrid Anbuhl für 50jährige Parteizugehörigkeit.<ref name=":1" /> | |||
Das Bundesverdienstkreuz am Bande sowie die Freiherr-vom-Stein-Medaille für kommunalpolitisch besonders engagierte Menschen erhielt er vermutlich nach [[1976]]<ref name=":0" />, da sie im Landtagsinformationssystem nicht angeführt sind. | |||
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Aktuelle Version vom 6. Dezember 2022, 03:06 Uhr
Jürgen Anbuhl |
Dr. Jürgen "Jonny" Anbuhl, (manchmal auch "Johnny" geschrieben) * 5. Mai 1940 in Berlin, † 30. Januar 2022 in Eckernförde; Lehrer, Bundestagsabgeordneter. Mitglied der SPD ab 1963.
Leben & Beruf
Jonny Anbuhl wurde 1940 in Berlin geboren. Er durchlief die Schule, machte sein Abitur und studierte dann "auf Lehramt". Er promovierte und wurde Studienrat. Selbstverständlich trat er der GEW bei.
Jonny Anbuhl war mit Ingrid Anbuhl verheiratet. Das Paar hatte zwei Kinder. Sie lebten um 1976 am Domstag 1 in Eckernförde.
Partei & Politik
Klaus Buß bewog Jonny Anbuhl 1963, in die SPD einzutreten. Zusammen mit ihm, Kurt Schulz und Klaus Witzig prägte er lange die Politik in Eckernförde.[1]
Zunächst gehörte er mehrere Jahre dem Landesvorstand der Jungsozialisten (Jusos) an, von 1967 bis 1971 war er Mitglied im Landesvorstand, und 1972 übernahm er für drei Jahre den Vorsitz des Ortsvereins Eckernförde.
Jonny Anbuhls kommunal- wie bundespolitischen Schwerpunkte waren Bildungspolitik und der soziale Wohnungsbau.[2] In Eckernförde gehörte er zu den Begründern der Initiative für eine Integrierte Gesamtschule (IGS) (heute Peter-Ustinov-Schule), deren erster Schulleiter er 1990 auch wurde.
Kommunalpolitik
Jonny Anbuhl vertrat die SPD seit der Kommunalwahl 1966 32 Jahre lang in der Eckernförder Ratsversammlung, zeitweise als 1. Stadtrat und ab 1978 23 Jahre lang als Bürgervorsteher.
Ab 17. Januar 1980 war er Vorstandsmitglied, von 1988 bis 6. November 2014 ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender des Gemeinnützigen Wohnungsunternehmens (GWU) Eckernförde.[3] Mit der GWU hat Jonny Anbuhl maßgeblich an der Realisierung des Familienzentrums Eckernförde im Saxtorfer Weg mitgewirkt.
"Viele soziale Angebote und die Eckernförder Tafel haben dort eine neue Heimat gefunden, und zwar mietfrei."[1]
2013 sagte der Kreisvorsitzende Sönke Rix im Rahmen der Mitgliederehrung über ihn:
"Als langjähriger Bürgervorsteher habe er die Stadtpolitik im Einklang mit Klaus Buß und Klaus Witzig – manchmal auch auf dem 'kleinen Dienstweg' – maßgeblich geprägt und viele richtungweisende Entscheidungen wie die Gründung der Integrierten Gesamtschule zum Wohle der Stadt getroffen."[2]
Bundestag
Am 3. November 1970 rückte Jonny Anbuhl für Hans-Ulrich Brand in den Bundestag nach. In der Bundestagswahl 1972 wurde er im Wahlkreis 02 (Schleswig-Eckernförde) direkt gewählt. Dies traf seinen CDU-Mitbewerber unvorbereitet:
"Der schleswig-holsteinische Bauernführer Hans-Jürgen Klinker war seiner Sache ganz sicher. 1969 hatte der Bauernfürst, der als landwirtschaftlicher Scharfmacher bekannt ist, seinen Segeberger Wahlkreis noch mit absoluter Mehrheit für die CDU und seinen Sitz in Bonn gewonnen. Und weil er sich auch in diesem Jahr seines Sieges sicher war, verzichtete er darauf, seine Bundestagskandidatur über die schleswig-holsteinische Landesliste abzusichern. Klinker indes hatte nicht mit dem rührigen SPD-Studienrat Jürgen Anbuhl gerechnet, der den Wahlkreis des Bauern eroberte und Klinker ins politische Hinterland verbannte."[4]
Im Parlament widmete er sich seinem Fachgebiet:
"Im Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit hatte sich der Schleswig-Holsteiner zunächst eifrig um die Reform der Jugendhilfe gekümmert. Aber Kanzler Helmut Schmidt legte das umfängliche und kostspielige Reformwerk aus Rücksicht auf die angespannte Haushaltslage vorerst ad acta.
Außerdem bekam der Parlaments-Eleve sehr rasch die Ohnmacht der Volksvertreter gegenüber der Bonner Ministerialbürokratie zu spüren. Bei den Beratungen des Opium- wie des Volljährigkeitsgesetzes ärgerte sich der Studienrat über die Besserwisserei der Beamten, die auch geringfügige Änderungswünsche der Parlamentarier zu Fall brachten. Beim milliardenschweren Bundesausbildungsförderungsgesetz hatten die Abgeordneten, so Anbuhl, 'allenfalls die Möglichkeit, über Beiträge hinter dem Komma zu bestimmen'."[5]
Zur Bundestagswahl 1976 trat er nicht wieder an, weil ihm nach sechs Jahren Parlamentserfahrung der Glaube abhanden gekommen war, etwas bewirken zu können. Er sah sich gleichermaßen von der Regierung, seiner Fraktionsführung und der Ministerialbürokratie ausgebremst und fühlte sich seinen Wählerinnen und Wählern gegenüber beinahe nur noch als "Pressesprecher der Regierung", wie er gegenüber der Presse sagte.[5] Er kehrte in seinen Beruf als Lehrer zurück.
Ehrungen
1982 erhielt Jonny Anbuhl den Ehrenring der Stadt Eckernförde, 2003 wurde er Ehrenbürger der Stadt.
Am 6. Dezember 2013 ehrte der Ortsverein ihn und seine Frau Ingrid Anbuhl für 50jährige Parteizugehörigkeit.[2]
Das Bundesverdienstkreuz am Bande sowie die Freiherr-vom-Stein-Medaille für kommunalpolitisch besonders engagierte Menschen erhielt er vermutlich nach 1976[1], da sie im Landtagsinformationssystem nicht angeführt sind.
Links
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Kühl, Gernot: Leidenschaftlicher SPD-Kommunalpolitiker und soziales Gewissen der Stadt Eckernförde, Eckernförder Zeitung, 8.2.2022
- ↑ 2,0 2,1 2,2 Kühl, Gernot: SPD ehrt drei ihrer ganz Großen, Eckernförder Zeitung, 9.12.2013
- ↑ Kühl, Gernot: Wechsel an der GWU-Spitze: Klaus Buß für Jürgen Anbuhl, Eckernförder Zeitung, 8.11.2014
- ↑ Hoflmann, Wolfgang: Die Staatsdiener kommen, DIE ZEIT, 24.11.1972
- ↑ 5,0 5,1 Rückzug aus Bonn, DER SPIEGEL, 2.2.1976